Kapitel Neunzehn
Pov Oikawa:
Gut gelaunt gehe ich zum Eingang der Halle. Mein Neffe hat seine ersten beiden Spiele gewonnen und ich könnte nicht stolzer sein.
Takeru kommt auf mich zugelaufen und wirft sich in meine Arme. Ohne Mühe hebe ich ihn vom Boden und wirbele ihn in der Luft herum, ehe ich ihn absetze.
"Ihr seid ja ein echtes Team geworden und deine Annahmen waren wirklich klasse", lobe ich ihn.
Dann blicke ich hinter ihn, wo gerade seine Mutter, meine Halbschwester aus der Halle tritt. Wir haben denselben Vater, zu dem ich allerdings keinen Kontakt pflege. Ebenso wenig hätte ich mit seiner Tochter zu tun, läge Takeru mir nicht so am Herzen.
"Yuuka, hey, schön dich zu sehen", begrüße ich sie dennoch.
"Ich würde ja sagen, 'gleichfalls', aber wir wissen beide, dass das gelogen wäre."
"Wenigstens vor Takeru könntest du ja so tun, als würden wir miteinander auskommen."
"Wenn es nach mir ginge, wüsste er gar nichts von dir, doch leider teilt er deine Liebe zum Sport und dafür interessiere ich mich kein bisschen. Also ist es praktisch, dass er dich damit volllabern kann und ich kriege abends dann die wirklich interessanten Dinge aus seinem Leben zu hören", versucht sie mich zu provozieren.
"Klingt als würdest du dich total für dein Kind interessieren", erwidere ich nur.
"Das tue ich. Ich interessiere mich nur nicht für dich. Aber da scheine ich ja nicht die einzige Person zu sein."
Autsch. Das tat weh. Meine Schwester weiß von vielen meiner Beziehungen, da Takeru sich zu meinem Bedauern sehr für mein Liebesleben interessiert und seinen zuckersüßen Mund einfach nicht halten kann.
Ich will Yuuka schon ignorieren und mich von meinem Neffen verabschieden, da vernehme ich plötzlich eine bekannte Stimme hinter mir.
"Ich denke, davon gibt es in deinem Leben auch genug. Nur im Gegensatz dazu, hat Oikawa auch noch Menschen um sich, die sich sehr wohl für ihn interessieren. Bei deinem Charakter kann ich da wohl lange suchen."
Meine Schwester verdreht die Augen. "Oh Mann, du redest wieder mit deinem godzillabesessenen Freund? Ist ja lächerlich, dann werd mal schön wieder sein Schoßhündchen, ich muss mir das nicht länger geben. Wenn du Takeru sehen willst, melde dich, wir gehen."
Mit diesen Worten stiefelt sie an uns vorbei und ich drehe mich zu Iwaizumi um.
"Danke."
"Ich hasse deine Schwester", kommentiert er.
"Da sind wir schon zu zweit. Ich bin nur froh, dass Takerus Vater so ein cooler Typ ist. Zumindest von dem, was er immer erzählt... Wollen wir reingehen?"
Er nickt und ich betrete hinter ihm die Halle.
Die Atmosphäre ist noch aufgeladener als beim Vorentscheid und ich merke, wie sich ein wenig Nostalgie in meinen Zellen breitmacht. Iwa steuert einen Platz nah am Spielfeld an. Unsere Schule ist schon da und wärmt sich auf. Ich habe meine alte Trainingsjacke rausgekramt, die sogar fast noch passt.
Normalerweise würde ich Kindaichi und Kunimi jetzt etwas zubrüllen und sie damit vermutlich nerven, doch gerade bin ich nicht in der Stimmung dafür. Ich weiß nicht, wie ich dieses Gefühl beschreiben soll, ich weiß nichtmal, ob es gut oder schlecht ist. Ich weiß nur, dass meine Finger kribbeln und mein ganzer Körper danach schreit, jetzt dort unten zu stehen und ihnen zuzuspielen.
Ich merke erst, dass meine Finger nervös auf der Tribüne trommeln, als Iwa seine Hand darauf legt. Mein Blick trifft auf ein wunderschönes Waldgrün. Weder seine Geste, noch sein intensiver Blick sorgen dafür, dass meine Nervosität vergeht.
"Hey, alles okay bei dir, Shittykawa?"
Ich nicke.
"Und jetzt die Wahrheit."
"Es ist nichts, Iwa-chan. Wirklich, ich bin nur ein wenig nervös", sage ich mit einem Lächeln.
Er beäugt mich noch einen Moment länger misstrauisch, ehe er seinen Blick wieder dem Spielfeld zuwendet.
Dort betritt gerade die Karasuno die Halle. Mit ihren schwarzen Trainingsanzügen und den grimmigen Gesichtern einiger Spieler, könne man meinen, man hört die Schreie einer Krähe. Als würde sie so eine mysteriöse Aura umgeben. Gruselig.
"Krass, wie sie auftreten. Da bekommt man als Gegner richtig Angst", höre ich plötzlich eine Stimme neben mir.
"Mh, ich dachte gerade etwas Ähnliches", ist alles, was ich darauf antworte, da mir in diesem Moment auffällt, dass Iwas Hand immer noch auf meiner liegt, die aufgrund dessen beginnt zu kribbeln.
Kurz überlege ich, ob ich meine Hand wegziehen soll, bevor ich beschließe, dass ich das Gefühl mag.
Das Spiel wird angepfiffen und mein kleiner Schützling macht den ersten Aufschlag. Er hat mittlerweile gelernt, ihn zu kontrollieren, weshalb seine Aufschläge nun fast so gut sind wie meine. Aber nur fast.
Wobei... Ich habe sie schon länger nicht mehr trainiert. Ich würde gern mal wieder einen Ball mit voller Wucht auf das gegnerische Feld schmettern.
Der Aufschlag wird angenommen und es folgt ein längerer Ballwechsel, auf den wiederum ein ziemliches Hin und Her des ersten Satzes zu sehen ist.
Knapp, mit 22-25 geht dieser an die Karasuno.
Ebenso, wie der zweite.
Scheiße, ist der Knirps seit früher etwa noch schneller geworden? Und seit wann gibt es außer der Brillenschlange noch andere große Blocker?
Im dritten Satz ist unsere Startaufstellung geändert. Statt einem Zweitklässler steht nun Yuuto als Mittelblocker auf dem Feld. Vermutlich soll er den orangehaarigen Zwerg aufhalten.
"Denkst du, das ist klug?", frage ich Iwa, dessen Hand sich im Übrigen die letzten zwei Sätze nicht bewegt hat.
"Ich weiß es nicht, aber es ist erstmal eine Veränderung. Dadurch kommt frischer Wind rein. Mit der Aufstellung von eben konnten sie nur mit Mühe und Not mit der Karasuno mithalten. So ist der Angriff vielleicht ausbaufähig, doch dafür haben sie eine knallharte Abwehr."
Und tatsächlich. Yuuto braucht zwei Bälle von Hinata, ehe er ihm folgen kann. Ein Ball nach dem anderen wird abgeblockt und der Großteil in einen Punkt für uns verwandelt.
"Wahnsinn", staune ich.
Dank dieser erstaunlichen Abwehr entscheiden wir den dritten Satz für uns.
"Scheiße, die Jungs müssen total fertig sein. Ich habe noch nie so viele lange Ballwechsel in einem Spiel gesehen!", kommentiert Iwa, als der Ball im vierten Satz erneut gute drei Minuten am Stück in der Luft ist.
"Die Annahmen von Karasuno haben sich echt merklich verbessert", bemerke ich.
"Stimmt. Vor allem der Kapitän. War der nicht früher nur Pinchserver? Und jetzt sieh dir das an. Seine Angriffe sind zwar nicht kraftvoll, aber immer taktisch durchdacht und gut platziert und seine Annahmen sind auch solide."
Ich stimme meinem besten Freund da zu. Ich weiß noch, wie er gezittert hat bei unserem ersten Spiel, als er seinen Aufschlag machen sollte. Und jetzt strahlt er ein unfassbares Selbstbewusstsein aus.
Was ein einfaches Hobby doch alles bewirken kann...
Plötzlich spüre ich einen Stich in meiner Brust. Unerwartet balle ich meine Hände zu Fäusten, woraufhin Iwa, der jetzt erst bemerkt zu haben scheint, dass seine Hand immer noch auf meiner liegt, diese weg zieht.
Verdammt, ich will das auch. Ich will auch wieder in einer großen Halle Volleyball spielen.
Meinen Entschluss gefasst, teile ich meinem besten Freund mit, dass ich auf die Toilette müsste, was aber nicht mein tatsächliches Ziel ist.
Stattdessen gehe ich in den Flur und krame mein Hamdy aus meiner Tasche. Ich scrolle eine halbe Ewigkeit in meiner Kontaktliste, bis ich den Namen finde, den ich suche.
Den Coach des Club Athletico San Juan.
Oikawa Tōru: Guten Tag, ich weiß, dass es nun schon eine lange Zeit her ist, seitdem Angebot, bei Ihnen zu Spielen, doch ich brauchte diese, um mich selbst als Person weiterzuentwickeln und mein Leben soweit zu ordnen, um zu erkennen, dass Volleyball alles ist, was ich machen möchte.
Ich bitte Sie also, sollte ihr Angebot eines Probetrainings noch stehen, mir eine Chance zu geben und sich bei mir zu melden.
Liebe Grüße,
Oikawa
Mit zitternden Fingern drücke ich auf Senden, stecke anschließend mein Handy weg und begebe mich zurück zu meinem besten Freund.
Dort hat unsere Schule gerade den vierten Satz gewonnen.
"Jetzt entscheidet sich also, ob die Seijoh nach Jahren mal wieder zur Nationalmeisterschaft fährt", kommentiert Iwaizumi.
Ich erwidere nichts, setze mich stumm neben ihn, während mein Bein vor Nervosität auf und ab wippt.
Die Ballwechsel werden jetzt jedoch kürzer, da beide Teams am Ende ihrer Kräfte sind und so viele unnötige Fehler passieren. Trotzdem bleibt der Punkteunterschied unverändert, bis plötzlich ein schmerzerfüllter Laut von Seiten Karasunos kommt. Ihr grünhaariger Kapitän hält sich die Schulter. Er hat sie sich wohl bei dem Schnellangriff eben ausgekugelt.
Das Spiel wird angehalten und Karasunos Brillenschlange ist der erste, der bei dem Verletzen ankommt. Sie reden kurz mit ihrem Coach, ehe der blonde Riese seinem Kapitän einen Kuss auf sie Stirn drückt und dieser anschließend in Richtung Krankenzimmer verschwindet.
Die fehlende Kraft und dazu die belastete Psyche aufgrund ihres verletzten Kapitäns kostet Karasuno schließlich den fünften Satz und somit das Ticket zur Nationalmeisterschaft.
Mein Bein hört schlagartig auf zu wippen und ich halte für einen Augenblick den Atem an, als der Schlusspfiff ertönt.
"Sie haben es tatsächlich geschafft. Sie fahren nach Tokio", wispert mein bester Freund.
Ich nicke. "Ja."
Ich will das auch. Ich will diese Erschöpfung, diese Euphorie, die schmerzenden Muskeln und die gemeinsame Freude des Teams! Ich will...
"Iwa... Ich will wieder Volleyball spielen."
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Hallihallo, ihr Süßen, ich wollte mich kurz für über 500 Reads bedanken. Es ist so krass, wenn ich darüber nachdenke, dass tatsächlich Leute das hier lesen. Den Kack, den mein kleines Fangirlhirn produziert lmao.
Also dankiiii <3
Man sieht sich, Tschüssi
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