Kapitel Fünfundzwanzig
Pov Oikawa:
Am nächsten Morgen werde ich schon früh wach.
Sanft lege ich Iwas Arm, der sich nachts um meine Hüfte geschlungen hat zurück auf die Bettdecke und tapse dann möglichst leise ins Bad.
Ich dachte nicht, dass ich so nervös sein würde, aber wenn ich so darüber nachdenke, war es absehbar. Ich meine, diese zwei Wochen entscheiden über meine Zukunft!
Dazu kommt, dass ich seit Ewigkeiten nicht mehr richtig trainiert habe und auch Iwaizumi ist ja aufgefallen, dass ich nicht mehr so durchtrainiert bin, wie vor zwei Jahren. Ich meine, ich war noch nie so muskulös wie er, aber mein Körper sah wesentlich definierter aus.
Aus einem Reflex bücke ich mich und mache fünfzehn Liegestütze. Ohne großartige Beschwerden stehe ich wieder auf und beginne meine Zähne zu putzen.
Das geht also noch.
Als ich schließlich das Bad verlasse, sehe ich als erstes Iwa, der gerade dabei ist in der kleinen Küchennische Kaffee zu kochen.
Ich muss schon sagen, das Management meines hoffentlich zukünftigen Teams hat einen klasse Job geleistet, wenn es um unsere Unterkunft für die vierzehn Tage des Probetrainings geht.
Es ist ein Hotel, nur etwa fünfzehn Minuten Fußmarsch von der Halle entfernt und das Zimmer beinhaltet sowohl Badewanne, als auch Dusche. Frühstück ist inbegriffen, Mittag und Abendbrot müssen wir uns in der kleinen Küche selbst kochen. Wobei ich Mittag vermutlich eher in einem der Restaurants in der Nähe der Halle essen werde.
"Morgen", rufe ich meinem besten Freund zu.
"Morgen, Shittykawa. Ich hab Kaffee gemacht, aber wir haben bis jetzt weder Milch noch Zucker da, also hab ich erstmal nur Wasser für eine Tasse gekocht."
Angeekelt verziehe ich das Gesicht. "Ja, dann verzichte ich danke."
Stattdessen nehme ich mir ein Glas Wasser und lasse mich dann damit an dem kleinen Tisch nieder. "Und was machst du heute so, Iwa-Chan?"
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich noch etwa eine Stunde habe, bevor ich aufbrechen sollte. Mit seiner dampfenden Tasse gesellt er sich zu mir. "Als erstes wohl einkaufen. Milch und Zucker."
Bei seinen Worten muss ich schmunzeln.
"Wahrscheinlich auch noch ein paar andere Sachen", fährt er fort. "Irgendwas müssen wir die nächsten vierzehn Tage ja essen. Und danach... mal schauen. Vielleicht erkunde ich ein bisschen die Stadt oder so. Schaue, wo du bald leben wirst."
Während er spricht, schleicht sich ein trauriges Lächeln auf seine Lippen und ich bin kurz davor, alles erneut hinzuschmeißen und mit ihm zurück nach Japan zu fliegen.
Doch stattdessen erwidere ich sein Lächeln nur. "Klingt nach nem Plan."
"Und du lernst dein neues Team kennen", wechselt er das Thema.
"Hoffentlich. Sie müssen mich erst noch annehmen."
"Werden sie sicher. Auch, wenn du die letzten Jahre nicht viel trainiert hast, du warst damals schon verdammt gut und ein Ausnahmetalent. Ich denke nicht, dass sich daran so viel geändert hat."
Ich zucke mit den Schultern. "Und was, wenn ich nicht mit ihnen klar komme? Wenn sie mich nicht mögen oder meine Art zu passen nicht abkönnen? Oder ich kann erst gar nicht mit ihnen reden, wegen der Sprachbarriere!", steigere ich mich immer weiter hinein, bis Iwa mir die Hand auf den Mund legt und plötzlich auf Englisch mit mir spricht.
"Du hattest in der Schule in Englisch nicht einmal weniger als 90%, das sollte also kein Problem werden. Außerdem warst du derjenige, der immer mit unserer Austauschschülerin geredet hat, die dich problemlos verstanden hat."
"Stimmt, mit Englisch hatte ich tatsächlich noch nie Probleme." Wie er, spreche ich nun auf besagter Sprache.
"Na dann. Das wird schon alles werden, Tōru."
Er sieht mir fest in die Augen und mein Herz beginnt zu stolpern. "Und wenn nicht, suchen wir dir ein anderes Team, bei dem du spielen kannst. Und dann besiegst du die Idioten, die sich nicht wollten."
Ich muss lächeln und am liebsten würde ich ihm jetzt um den Hals fallen.
"Du musst jetzt aber langsam los, wenn du einen guten ersten Eindruck hinterlassen und pünktlich kommen willst", reißt er mich von meinem Vorhaben los. Ich blicke auf die Uhr. "Oh stimmt."
Schnell schnappe ich mir meine bereits gepackte Tasche und die Zimmerkarte, bevor ich Iwa ohne groß darüber nach zu denken einen Kuss auf die Stirn gebe und anschließend aus der Tür stürme.
Vor der Halle atme ich einmal tief durch, um meine Nervosität unter Kontrolle zu bekommen, bevor ich eintrete. Etwas verloren blicke ich in die beiden Gänge links und rechts von mir, suche einen Hinweis, in welche Umkleide ich muss, als mit eine junge Frau entgegen kommt.
Ihr blonder Pferdeschwanz wippt bei jedem Schritt hin und her und sie pustet sich ihren etwas rausgewachsenen Pony aus der Stirn, während sie ihr Klemmbrett studiert.
Bevor sie in mich reinrennt, räuspere ich mich und sie blickt mich aus klaren grauen Augen an, bevor ein strahlendes Lächeln ihre weißen Zähne preisgibt.
"Hey, du musst Tōru sein, oder?", begrüßt sie mich auf Englisch. "Ich bin Valentina, freut mich, dich kennenzulernen. Ich bin die Managerin des Teams, es passt gerade super, dass du dich gemeldet hast, unser bisheriger Zuspieler ist nämlich letztes Jahr in den Ruhestand gegangen und der neue ist zwar gut, aber nicht herausragend, verstehst du? Die Jungs freuen sich schon drauf, dich kennenzulernen. Sie sind im rechten Gang, Kabine 6. Da kannst du dich auch umziehen, weitere Erklärungen kriegst du nachher, wenn der Coach dabei ist, aber ich lasse dich jetzt erstmal ankommen. Wir sehen und gleich drinnen."
Mit einem weiteren Lächeln klopft sie mir auf die Schulter und verschwindet dann im linken Gang. Etwas verdutzt, aber lächelnd blicke ich ihr hinterher. Na, die ist auch nicht auf den Mund gefallen.
Sympathisch, die Kleine.
In der Umkleide angekommen, werde ich direkt von elf Augenpaaren empfangen. Verlegen kratze ich mich am Hinterkopf. "Ähm... hey Leute. Ich bin Oikawa. Aus Japan. Zuspieler", stammele ich, woraufhin ein relativ kleiner Mann mit schwarzen Haaren auf mich zukommt und mir einen Arm um die Schultern legt. "Ratterst du gerade nen Steckbrief runter? Mach dich mal locker, Kumpel, wir freuen uns, dich hier zu haben, das ist kein Bewerbungsgespräch, Alter."
"Irgendwie schon", murmele ich, etwas verdattert.
"Ach quatsch, der Coach hatte schon vor drei Jahren ein Auge auf dich geworfen und internationale Spieler findet er immer toll. Ich bin übrigens Thiago. Bin der Libero."
"Ähm... Okay, also ich bin Tōru."
Verwirrt zieht er eine Augenbraue in die Höhe. "Ich dachte, du heißt Oikawa."
Sein Kommentar lässt mich schmunzeln und ich beginne, ihm das japanische Namenssystem zu erklären, wobei mir auch seine Mannschaftskollegen interessiert zuhören.
Anschließend ziehe ich mich schnell um und gehe mit ihnen in die Halle.
Das Team ist einfach toll!
Nachdem der Coach, aber vor allem auch Valentina mir alles erklärt und ich eine kleine Führung durch die Halle erhalten habe, beginnt auch schon das Training. Es ist hart, aber ich liebe es. Das Brennen meiner Muskeln, den Schweiß, der mir die Stirn runterläuft, das Quitschen der Schuhe auf dem Hallenboden, aber vor allem das Gefühl, wenn der Ball in meinen Fingern liegt und genau dort hinfliegt, wo ich ihn haben will.
Ziemlich schnell habe ich mich an die Jungs anpassen können, sodass sie in der Lage sind, meine Bälle perfekt zu schlagen. Lediglich das Timing von Antonio, einem der Mittelblocker habe ich noch nicht ganz durchschaut. Aber es ist ja auch erst der erste Tag.
Gegen Ende des Trainings bilden wir zwei Mannschaften und spielen ein Match. Es ist ein ausgeglichenes Hin- und Her, bis ich schließlich mit meinem Aufschlag dran bin.
Ich stelle mich hinter ß Körper eine Gänsehaut.
Dieses Gefühl. Der Ball in meiner Hand, das Geräusch der Pfeife in meinen Ohren, die absolute Konzentration beim Absprung. Dieses Gefühl, das ist es, was ich liebe. Dafür spiele ich. Und als der Ball mit einem lauten Knall auf der gegnerischen Seite aufkommt, schleicht sich ein leichtes Grinsen auf mein Gesicht.
Vier Punkte hole ich mit meinem Aufschlag, ehe Thiago in der Lage ist, ihn anzunehmen.
Nach dem Spiel kommt der Libero auf mich zu und pfeift anerkennend. "Nicht schlecht. Du hast echt Wumms hinter deinen Schlägen", lobt er mich, bevor wir gemeinsam in Richtung Umkleide gehen.
Frisch geduscht und lachend verlassen wir die Halle. Iwaizumi steht mit verachränkten Armen lässig an einer Straßenlaterne und als ich ihn sehe, verabschiede ich mich von den anderen, gebe Thiago noch meine Nummer, als er danach fragt und hüpfe dann gut gelaunt auf meinen besten Freund zu. Er drückt sich von der Laterne ab und kommt mir entgegen.
"Na, liefs gut?"
"Und wie!", schwärme ich, bevor ich ihm zur Begrüßung meine Arme um den Hals werfe.
"Wie wäre es, wenn du mir das alles bei selbstgemachtem Curry erzählst", schlägt er vor und erntet dafür ein erfreutes Nicken. Ich sterbe vor Hunger!
Mit der einen Hand winke ich den anderen noch einmal zu, mit der anderen greife ich nach Iwas Fingern und veschränke sie mit meinen, bevor wir so zum Hotel laufen.
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