26 | s e c h s u n d z w a n z i g
[sweet creature - harry styles]
WIR HÖREN SCHON die Musik, als wir noch nicht mal im Haus drinnen sind. Laut wummert der Bass hinaus auf die Straße und jede Menge Autos stehen davor. Ein betrunkenes Pärchen knutscht auf der Terrasse herum und lässt sich nicht einmal stören, als wir dicht an ihm vorbei gehen.
Ich staune nicht schlecht. Eigentlich war ich noch nie auf einer richtigen High-School Party, dafür war ich einfach nicht in den richtigen Freundeskreisen. Stattdessen war ich mit Clary im Club oder wir haben zur zweit alte Disneyfilme geschaut, bis wir eingeschlafen sind.
Aber Mason ist genau in diesen Freundkreis und bestätigt damit schon wieder meine Annahme, dass er ein typisch amerikanischer Junge ist, wie es im Buche steht. Natürlich stört mich das nicht. Ich finde es irgendwie toll, dass er so normal ist, obwohl das eigentlich auch nicht das richtige Wort ist. Denn er ist viel zu toll, um nur normal zu sein. Auch wenn normal natürlich nichts schlechtes bedeutet. Okay, meine Gedanken sind gerade wirklich zu verwirrend.
»Bist du bereit?«, fragt er und sieht mich lächelnd, aber zögernd an. Doch ich nicke nur, weil ich mich wirklich auf seine Freunde freue. Also öffnet er die Tür und wir betreten den Hausflur.
Überall stehen Teenager und unterhalten sich angeregt, in den Händen halten sie die berüchtigten roten Plastikbecher, die ich wirklich in jedem Film sehe, aber noch nie einen in der Hand hatte.
Und genau so einen drückt mir nun irgendein fremder Typ in die Hand, als wir im Wohnzimmer ankommen. Er legt einen Arm um Mason und den anderen um mich und schaut uns grinsend an. »Hey, willkommen bei der tollsten Party seit langem.«
Mason verdreht die Augen. »Jake, das sagst du bei jeder Party von dir.«
Jake zuckt nur mit den Schultern und sieht dann mich an. »Oh, hallo«, gibt er dann von sich und grinst mich breit an. »Schön dich kennenzulernen.« Seine Stimme ist flirtend und ich verdrehe belustigt die Augen.
»Hey«, entgegne ich, »ich bin Syndey.«
Er grinst noch breiter. »Sydney ist eine schöne Stadt. Passt zu dir.«
Ich schaue ihn mit einem amüsierten ist-das-dein-Ernst? Blick an und er grinst nur breiter.
»Okay, das reicht, Jake. Sie ist mit mir hier, schon vergessen?«, schaltet sich Mason ein und Jake lacht.
»Beruhige dich, Mason. Ich mach doch nur Scherze. Schön, dass ihr da seid.« Er lächelt jetzt sanfter und ich mustere ihn nun genauer. Er hat blonde, kurze Haare, ein rundliches Gesicht und braune, warme Augen.
»Das ist Jake, mein bester Freund«, verkündet Mason nun. »Und normalerweise ist er nicht so aufdringlich.« Er schaut strafend zu Jake, aber bald grinsen sie sich nur an und Jake zuckt mit den Schultern.
»Habt Spaß«, sagt er schließlich, klopft Mason gut gelaunt auf den Rücken, zwinkert mir zu und verschwindet.
Mason schüttelt amüsiert den Kopf und dreht sich zu mir. »Er kann ziemlich nervig sein.«
Ich lache. »Das glaube ich dir aufs Wort.«
Er grinst mich an und irgendetwas hindert mich daran, wieder weg zu schauen. Ein seltsames, tiefes Gefühl macht sich in mir breit und ich habe keine Ahnung, was es ist. Aber es ist schön. Es gefällt mir und deshalb schaue ich ihn einfach weiter an.
Mason scheint wohl zu merken, das ich erstmal nicht vorhabe, weg zu sehen, denn sein Lächeln wird breiter und schließlich greift er nach meiner Hand. »Willst du tanzen?«
»Wie könnte ich bei diesem guten Tänzer nein sagen?«, wiederhole ich seine Worte von unserem ersten Treffen und er schmunzelt.
»Du sagst es.« Lächelnd zieht er mich auf die Tanzfläche und schließt die Lücke zwischen uns.
Ich atme überrascht ein, als er plötzlich so nah vor mir steht und auf mich herab lächelt. Dann lägt er die Hand auf meine Taille und die Berührung hinterlässt ein angenehmes Gefühl auf meiner Haut. Diese fühlt sich an, als würde sie glühen.
Bedächtig lege ich beide Hände auf seine Schultern und so stehen wir in einer engen Umarmung da, bis er sich langsam anfängt, zu bewegen und ich einfach mitmache.
Und wieder passiert das, was immer auf der Tanzfläche passiert. Ich fühle mich selbstbewusst und wohl in meiner Haut und weiß genau, wie ich mich bewegen soll. Doch ich reagiere nicht so, wie bei Cade und Will, bei denen ich mich an sie heran geschmissen habe. Das will ich bei Mason nicht. Er ist keine einmalige Sache und ich will nicht, dass er dieses Gefühl bekommt. Denn er ist mir wirklich wichtig, trotz meiner Vertrauensprobleme, die ich mit mir herum trage.
Deshalb handle ich anders. Ich drücke mich einfach noch ein Stück näher an ihn heran und schließe die letzte kleine Lücke zwischen uns, bis kein Blatt Papier uns mehr trennen könnte.
Etwas verwundert über diesen Schritt sieht er mich an, hat aber anscheinend nichts einzuwenden, sondern lächelt wieder breit.
Wir drehen uns einmal im Kreis und ich muss lachen, als er mich dabei beobachtet, als wäre ich das achte Weltwunder.
Mason grinst zurück und legt dann die Hände um meinen Rücken, zieht mich in eine feste Umarmung. So bleiben wir erstmal stehen und es fühlt sich so gut an, seine Hände auf meinem Rücken.
Dann löst er sich wieder von mir und wieder beginnen, wir zu tanzen. Das Lied wechselt zu einem lauten Popsong und wir gehen etwas auf Abstand, aber er hält mich an der Hand. So tanzen wir einfach wild herum, ohne darauf zu achten, ob uns jemand blöd ansieht. Wir sind in unserem eigenen kleinen Film, springen auf und ab, grinsen uns an und halten uns an den Händen.
Ich drehe mich einmal um meine eigene Achse und meine offenen Haare fliegen in der Luft herum. Lachend wende ich mich wieder zu ihm und er sieht mich mit halb geöffnetem Mund an.
»Du bist so wunderschön«, entweicht es seinen Lippen dann und sofort verschwindet mein Lächeln.
Die Vertrauensprobleme machen sich schlagartig in mir breit und meine einzige Reaktion ist, ihn schockiert anzusehen. Er mag dich nur wegen deines Aussehens. Ich schlucke und wende mich enttäuscht ab.
Er hat sofort kapiert, dass er das wohl nicht hätte sagen dürfen, denn sofort reißt er erschrocken die Augen auf. »Nein, Sydney, dass war so nicht gemeint, ich schwöre es. Sydney ... Warte, wo willst du hin?«
Aber ich höre ihm schon nicht mehr zu und dränge mich durch die Menschenmenge. Schon spüre ich auf meinen Wangen Tränen und verfluche mich dafür. Mit meinen Augen suche ich nach einem ruhigen Platz und erspähe schließlich eine Tür, die aus dem Wohnzimmer führt.
Schnell eile ich darauf zu und hoffe inständig, dass Mason mich dabei nicht sieht. Kaum bin ich durch die Tür geschlüpft, atme ich wieder auf und wische mir verärgert die Tränen vom Gesicht.
Doch sie laufen weiter meine Wangen hinab.
Seufzend schaue ich mich um und stelle fest, dass ich mich in der Küche befinde. Zum Glück ist hier drinnen niemand. Auf dem Boden stehen jede Menge Bierkasten und auf den Küchentresen stehen andere Alkoholflaschen, Becher und Mischgetränke.
Ich balanciere um die Kasten herum und lehne mich an den Tresen. Kurz schließe ich die Augen und seufze dann wieder tief. Habe ich überreagiert? Aber ... was wenn er mich wirklich nur wegen meines Aussehens mag? Wenn das alles nur eine Masche ist, um mich herum zu bekommen?
Wieder laufen mir die Tränen über das Gesicht und ich presse mir die Hände vor den Mund. Ich will nicht heulen. Ich will stark sein. Aber es funktioniert nicht. Ich bin schwach, so verdammt schwach.
Entschlossen schnappe ich mir eine der Flaschen und setzte sie an meine Lippen, ohne nachzusehen, um was für einen Alkohol es sich handelt. Die Flüssigkeit brennt in meinem Mund, aber ich nehme das Gefühl beinahe schon dankbar entgegen. Es lenkt mich ab. Also nehme ich mehrere große Schlucke, bevor ich die Flasche wieder absetze und mich in einem großen Satz auf den Tresen schwinge.
Genau in dem Moment, wo mir ein Schluchzen entweicht, öffnet sich die Tür und ich atme so heftig erschrocken ein, dass ich mich verschlucke und husten muss.
Jake steht im Rahmen und sieht mich verwundert an. Langsam geht er auf mich zu, ist scheinbar ziemlich unsicher, was er jetzt tun soll. Wahrscheinlich ist er es nicht gewöhnt, heulende Mädchen auf seinem Küchentresen vorzufinden. Bei diesem Gedanken hätte ich fast trocken aufgelacht, so absurd ist diese Situation.
»Ähm«, beginnt er. »Geht's dir ... gut?«
»Ja, total, deswegen sitze ich auch hier und heule, weil es mir gut geht.« Mein Antwort ist genervter er als beabsichtigt. »Tut mir leid.«
Er schüttelt nur den Kopf. »Schon gut.« Vorsichtig nähert er sich mir und lehnt sich dann über die Flaschen. »Wo ist denn ...«, sein Blick fäll auf die Flasche in meinen Händen, »aha, du hast den Wodka geklaut.« Er nimmt ihn mir weg und ich lasse es kommentarlos zu. »Ich mache uns jetzt einen Wodka auf Eis.« Er beginnt, zwei Gläser zu befüllen. »Und dann kannst du mir sagen, was los ist, wenn du willst.«
Ich sage nichts dazu, aber das scheint ihn nicht zu stören. Er hantiert munter herum, bis er mir ein volles Glas reicht und sich neben mich an den Tresen lehnt.
»Ist es wegen Mason? Er kann manchmal ein Arsch sein, aber innendrin ist er die liebste Person, die ich kenne«, versichert er mir und ich senke den Blick. »Wirklich, er kann nicht mal einer Fliege etwas zuleide zu tun. Deswegen finde ich es seltsam, dass du wegen ihm heulst. Du heulst doch wegen ihm?«
Ich nicke und nehme einen Schluck.
»Was ist denn passiert?«, will er behutsam wissen.
Unsicher zucke ich mit den Schultern. »Er hat gesagt, dass ich wunderschön bin.«
Jake wirkt wie vor den Kopf gestoßen, seine Brauen sind verwirrt zusammen gezogen und auf seinen Lippen bildet sich ein kleines Grinsen. »Ja, ich kann dich verstehen, da würde ich auch heulen.«
Ich seufze und schaue ihn böse an. Sofort wird er wieder ernst. »Es ist kompliziert«, gebe ich zu und nehme wieder einen großen Schluck.
»Ich habe Zeit«, entgegnet Jake nur.
»Die meisten Typen wollen nur etwas von mir, wegen meines Aussehens«, beginne ich schließlich zögernd. »Ich dachte Mason ist anders.«
Jake schweigt und wir trinken jeder weiter. Doch dann sieht er mich an und sagt zögernd: »Also, ich habe keine Ahnung, was da zwischen euch beiden läuft, aber ich kann dir nur so viel sagen, dass er vor dir noch nie eine Freundin hatte. Er war einfach immer zu gut für alle. Die Mädchen haben ihn nicht gewollt, weil sie lieber einen Typen mit einer härteren Attitude wollten, nicht so einen freundlichen mit diesem guten Herzen, wie Mason eins hat. Sie wollten Spannung oder so einen Scheiß. Wahrscheinlich haben alle zu viele klischeehafte Filme gesehen, wo sich der abgefuckte Typ nur für das Mädchen ändert.« Kurz hält er inne und ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt und Bedauern für Mason in mir aufkommt. »Jedenfalls habe ich ihn noch nie ein Mädchen so anschauen sehen, wie dich vorher. Eigentlich hat er es schon aufgegeben, jemals ein Mädchen zu finde, was nicht nur etwas Einmaliges will. Vielleicht ähnelt ihr euch doch viel mehr, als dir bewusst ist. Ich bin mir sicher, er wollte dir nur ein Kompliment machen, um dich lächeln zu sehen und nicht, um dich auf dein Äußeres zu reduzieren.«
Stile breitet sich zwischen uns aus und ich denke über seine Worte nach. Die Tatsache, dass kein Mädchen jemals etwas festeres mit Mason wollte, nur weil er die liebste Person überhaupt ist, bricht mein Herz. Und wahrscheinlich hat Jake recht.
Nachdenklich trinke ich wieder einen Schluck, als die Tür aufgerissen wird und Mason im Rahmen steht. Als er mich sieht, hellt sich sein Gesicht augenblicklich auf. »Es tut mir so leid, Sydney, ich habe nicht nachgedacht und –«
Weiter kommt er nicht, weil ich aufgesprungen bin und ihm in die Arme falle. Ich schmiege mich eng an ihn und er legt bereitwillig die Arme um mich, während ich mein Gesicht an seiner Schulter verberge.
»Meine Arbeit ist hier getan«, höre ich Jake – schmunzelnd, wenn ich es richtig auffasse – sagen, dann fällt die Tür wieder ins Schloss.
Ich löse mich etwas von Mason, um ihn ansehen zu können. »Es tut mir leid, ich habe einfach –«
»Entschuldige dich nicht für die Vertrauensbrüche, die dir widerfahren sind, schon vergessen? Es war mein Fehler«, unterbricht er mich sanft und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Berührung lässt mein Gesicht angenehm kribbeln und es beginnt, zu glühen.
Ohne zu überlegen, küsse ich ihn.
Diesmal ist derjenige, der überrascht ist, aber erwidert den Kuss nach wenigen Sekunden. Ich hatte keine Ahnung, dass ein Kuss so einfühlsam und zärtlich sein kann, aber er kann es definitiv. Und obwohl er nicht leidenschaftlich oder lustvoll ist, entflammt ein Feuer in mir, welches mich von innen angenehm wärmt.
Als wir uns lösen, lächle ich ihn an. »Ich mag dich, Mason.«
Er grinst und nimmt wieder meine Hand. »Wäre auch dumm von dir, wenn nicht.« Dafür kassiert er einen Schlag auf den Oberarm und jault gespielt auf. Doch dann senkt er seinen Kopf und sieht mir direkt in die Augen. »Und ich mag dich, Sydney. Sogar sehr.«
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