Kapitel 15

PoV. Namjoon

Zögerlich blicke ich in den Spiegel, welcher direkt vor mir platziert ist, und betrachte meine Klamottenauswahl. Ein größeres, dunkelblaues Shirt hängt von meinem schmalen Oberkörper herunter und um meine Beine schmiegt sich eine etwas unbequeme, graue Jeans. Auf meinem Kopf ruht eine Beanie und passt farblich zu den Rest meiner Klamotten.

Heute gehe ich mit Jin ins Kino. Ich habe absolut keine Ahnung, welchen Film er ausgewählt hat, ich hab ja nicht Mal eine Ahnung, welche neuen Filme überhaupt am laufen sind.

Noch nie war ich in einem Kino gewesen, auch nicht in meiner Kindheit, da meine Eltern strikt dagegen waren. Sie wollen unbedingt, dass meine Noten über den Durchschnitt liegen, weshalb sie mir alles verboten hatten, was mit Spaß verbunden wird.

So kam es das, anstatt dass ich draußen mit Freunden herum laufe und Erinnerungen schaffe, ich eher drinnen saß, vor einem Lehrbuch hockte und mir somit wissen aneignete, welches ich zu dieser Zeit noch gar nicht gebraucht hatte.

Leise seufze ich, schnappe mir mein Handy, welches auf der Kommode gelegen hatte, und verlasse mein Zimmer.

Unser Haus ist groß. Fast schon so groß wie ein Anwesen. Durch die Arbeit meiner Eltern können wir uns dieses große Haus leisten, da sie wirklich gut verdienen.

Natürlich weiß ich, was sie beruflich arbeiten, es ist für mich oft sehr stressig und auch bekomme ich viel Druck, doch habe ich zum Glück einen Rückzugsort, wo ich mich dann entspannen kann, ohne das die Arbeit meiner Eltern auf mich prasselt.

Nun bin ich auf den Weg zum Kino und insgeheim freue ich mich wirklich sehr, dass Jin mich dazu eingeladen hat. Aber andererseits möchte ich ihm nicht unter die Augen treten, da mir dieser Kuss noch immer sehr unangenehm ist. Ich weiß nicht, wieso ich das getan habe, noch weiß ich, wieso ich mich so hinreißen lassen habe.

Noch nie habe ich sowas...komisches gefühlt. Dieses Gefühl ist so neu und ich kann es nicht deuten, geschweige denn beschreiben. Es lässt mich verrückt werden, verpasst mir immer einen Herzmarathon, wenn ich auch nur in Jins Nähe bin und lässt meinen Bauch so komisch kribbeln. Die Worte bleiben mir im Halse stecken, trauen sich nicht ausgesprochen zu werden und wenn ich etwas sage, dann ist es ein Zusammenspiel aus Stottern und Stammeln.

Ich habe das Verlangen ihn stundenlang zu betrachten, seine Schönheit zu würdigen und jedes einzelne Detail von ihm kennenlernen. In seine schönen braunen Augen zu versinken und die verborgenen Galaxien zu erkunden, die in ihnen hausen. Seine weiche, schöne Haut zu berühren und jeden Winkel seines Körpers zu ertasten. Durch seine, wahrscheinlich, weichen Haare streichen, ihm somit ein angenehmes Gefühl geben und ihm so vielleicht auch ein wenig näher kommen. Ihn bei mir haben, wenn ich wieder am lesen bin, um seine ruhige, angenehme Nähe zu spüren, die mir so viel Komfort verschafft.

All diese Gefühle sind so neu für mich. die Gefühle, die schön aber gleichzeitig auch so beängstigend sind, da ich nicht weiß, was noch geschehen kann. Mein Kopf besitzt zwar viel wissen, doch über Gefühle besitze ich kaum welches, was mir nur noch mehr Sorgen bereitet. Außerdem sind da noch meine Eltern, die eine Beziehung mit einem Jungen bestimmt nicht gutheißen würden.

So viele negative Aspekte und doch überwiegt in mir die positive Seite. Sein Lachen, dass mich immer schmunzeln lässt, da es unglaublich süß ist. Seine Art zu sprechen, die mich immer wieder fasziniert.

Während ich zur Haustür gehe, höre ich im Hintergrund die lauten Stimmen meiner Eltern, die am streiten zu sein scheinen und ich seufze leise.

Schnell schüttel ich den Kopf, damit keine Gedanken in meinem Kopf gelangen, die für eine schlechte Stimmung sorgen, denn ich will mich voll und ganz auf das Treffen mit Jin konzentrieren.

Zwar möchte ich noch immer nicht in seiner Nähe sein, da ich etwas überfordert bin mit den neuen Gefühlen, doch möchte ich ihn auch nicht hängen lassen.

Er ist der erste, der wirklich mit mir befreundet sein möchte, ohne irgendwelchen Vorurteilen oder Anforderungen. Auch wenn ich so kalt zu ihm war, er hat nicht locker gelassen, sondern hat immer wieder versucht, mit mir zu reden. Er verteidigt mich vor unseren Mitschülern, auch wenn er dies eigentlich nicht tun muss. Jin ist einfach... unglaublich.

Ein Lächeln huscht auf meine Lippen und so gehe ich meinen Weg weiter, um noch rechtzeitig beim Kino anzukommen.

Langsam wächst die Aufregung in mir immer mehr und schon von weitem kann ich das Kino erkennen. Bisher sehe ich noch nicht, ob Jin schon da ist, doch denke ich mir nichts weiter bei.

Tief ziehe ich die Stadtluft ein und atme sie wieder aus. Zwar war ich schon lange nicht mehr auf dem Land, jedoch muss ich gestehen, dass ich die Landluft viel lieber mag, als die Stadtluft. Die Stadtluft ist voller Abgase, während die Landluft rein und frisch ist.

"Namjoonah?" Höre ich plötzlich die Stimme von Jin und erschrocken zucke ich zusammen, da ich, dadurch das ich in Gedanken versunken war, nicht mitbekommen habe, dass er zu mir gekommen ist.

Schnell drehe ich mich um und als ich ihn sehe, verschlägt es mir die Sprache.
Seine Haare sind gekämmt und liegen glatt am Kopf herunter, während sein Pony fast seine Augen küsst. Ein großes pinkes Sweatshirt ziert seinen zierlichen Oberkörper und er trägt eine schwarze Jeans, die ihm wirklich gut steht.

Wow...er ist wunderschön.

"Uhm ...eh ..hey" antworte ich leicht stammelnd, da mir die Worte fehlen und als Jins kichern ertönt, macht mein Herz einen Satz und schlägt deutlich schneller, als das es eigentlich sollte. "Ich hab dich eigentlich schon vorher gerufen, aber du scheinst mich nicht gehört zu haben. Aber nun gut. Lass uns rein gehen, der Film fängt gleich an!" Spricht er und schon schnappt er sich meine Hand, ehe er mich mit sich zieht.

Meine Haut kribbelt angenehm, doch will ich dieses Gefühl abschütteln, als sei es irgendein Parasit.

Deshalb ziehe ich schnell meine Hand von ihm weg und augenblicklich verschwindet dieses angenehme Kribbeln. Kurz schien es, als wäre Jins lächeln abgestorben, doch war das wahrscheinlich nur Einbildung, da er noch immer so breit lächelt.

Gemeinsam betreten wir das Gebäude und staunend betrachte ich das Innenleben des Kinos. Viele Menschen stehen an, um Karten zu bekommen oder sich Snacks zu kaufen. Andere wiederum reden aufgeregt mit ihren Freunden oder ihrer Familie und begeben sich in die Richtung des Saals, wo ihr Film stattfinden wird.

"Zwei Karten für Titanic bitte"

Titanic? Seit wann gibt es von der Titanic einen Film?

Lächelnd hoppelt Jin zurück zu mir, da ich an einem Tisch gewartet habe, natürlich habe ich ihm auch Geld von mir gegeben, um nicht alleine zahlen zu müssen, und reicht mir breit grinsend eine von beiden Karten. "Jetzt nur noch die Snacks und dann kann es losgehen!" Sagt er aufgeregt und ich bemerke, dass er schnell hintereinander blinzelt.

Das ist mir schon öfters aufgefallen. Jedes Mal, wenn Jin aufgeregt ist oder sich freut, dann blinzelt er schnell hintereinander, jedoch nur für wenige Sekunden.

Gemeinsam bezahlen wir die Snacks, bestehend aus süßem Popcorn und Nachos mit Käsedip, und die Getränke, ehe wir unsere Sachen nehmen und zum Kinosaal 4 gehen.

Dort suchen wir uns unsere Plätze und aufgeregt lasse ich mich auf meins nieder, als wir diese endlich gefunden haben. Ich stelle das Essen auf die kleine Ablage vor mir ab und auch das trinken findet dort seinen Platz.

"Du wirst den Film lieben. Hoffentlich. Ich habe mir schon viele Trailer angeschaut, der soll echt dramatisch aber auch schön sein" wispert Jin neben mir, um nicht allzu laut zu sein und ich zucke nur mit den Schultern.

Dadurch, dass er es geheim halten wollte, welchen Film wir schauen, konnte ich mir nichts dazu ansehen, geschweige denn vorstellen, was das Hauptthema sein könnte.
Doch da ich nun weiß, dass es sich um die Titanic handelt, kann ich mich darauf gefasst machen, dass es traurig werden könnte.

Immer mehr Leute betreten den Saal und die Plätze füllen sich. Jin brabbelt neben mir etwas aufgeregt, während ich nur ab und zu nicke und keinen Kommentar zu abgebe.
Irgendwann hört auch Jin auf zu reden und schaut nach vorne. Ab und zu greift er in seine Popcorn Tüte und steckt sich ein, zwei Popcorn in den Mund.

Der Film beginnt und der Saal wird still, damit auch jeder etwas vom Film verstehen kann. Laut dröhnen die Stimmen durch die Lautsprecher und verschaffen mir ein wenig Kopfschmerzen, da ich diese Lautstärke nicht gewohnt bin. Jedoch gewöhne ich mich schnell daran und fange an, den Film zu genießen.

Oft höre ich Jin neben mir etwas Murmeln, etwas essen oder einfach nur Geräusche, die mir verdeutlichen, dass er äußerst beeindruckt vom Film ist. Für eine Sekunde sehe ich zu ihm rüber und bin wie gefesselt von dem Anblick, welcher sich mir bietet. Seine dunklen Augen sind leicht geweitet, in ihnen wiederspiegelt sich Freude, Bewunderung und Faszination, während er nicht sieht wie ich ihn anstarre sondern weiterhin zur Leinwand schaut.

Leicht sind seine vollen Lippen gespaltet, schimmern verlockend dunkelrot im Licht des Projektors und auch in seinen Augen stellt sich mir eine unbekannte, aber ziemlich schöne Galaxie dar, mit kleinen, funkelnden und leuchtenden Sternen.

Ohne es zu bemerken fange ich an zu lächeln und kann mein Blick nicht mehr von ihm lösen, da er für mich gerade viel interessanter ist, als das Schauspiel an der Leinwand.

Vielleicht...vielleicht sollte ich diese Gefühle einfach zulassen und schauen, wohin sie mich bringen. Vielleicht sind das ja gute Gefühle. Und...ich würde sie schon gerne erforschen wollen. Diese neuen Gefühle lassen mich zwar komisch fühlen, doch fühle ich mich auch leichter, sorgloser. Jin bringt mich zum Lächeln, auch wenn ich es bisher selten gezeigt habe.

Ich möchte mich ihm öffnen. Ihm zeigen, dass ich seine Anwesenheit und seine Art schätze und nicht verabscheue. Ich will ihm zeigen, dass ich froh bin, ihn zu haben. Er hat mir in Zeiten beigestanden, in denen ich wirklich Hilfe brauchte, auch wenn er es nicht wusste, dennoch bin ich ihm unendlich dankbar. Zwar bin ich nicht gut mit Gefühle zeigen, doch werde ich ihm durch Taten zeigen, wie wichtig er mir in den letzten Wochen doch eigentlich geworden ist.

Und zwar sehr wichtig.

"Ich liebe Jack...er ist so ein Gentleman und verurteilt Rose nicht wegen ihrem Wohlstandes...er will ihr zeigen, wie schön sich das Leben anfühlen kann und auch wieso es sich lohnt, dieses zu leben. Er spricht mit ihr so respektvoll, während Cal ein richtiges Arschloch ist. Rose hat so viel besseres verdient" murmelt Jin und ich nicke, nachdem ich zurück zur Leinwand geschaut habe. "Er ist wirklich ein Mann, den niemand an seiner Seite haben will. Aber Jack...ich hoffe, die beide werden am Ende glücklich" antworte ich und Jin kichert. "Dann sind wir ja einer Meinung" erwidert er und ich kann im Augenwinkel sehen, wie er lächelnd zu mir schaut.

Dies lässt die Schmetterlinge wieder wild in meinem Bauch tänzeln und mein Herz vor Freude Purzelbäume schlagen.

So schauen wir den Film weiter und als der Film sich langsam zum traurigen wendet, schaue ich zu Jin, dessen Augen verdächtig schimmern. Seine Nase nimmt einen Rosaton an und auch auf seine Wangen ist die Färbung deutlicher zu sehen. "Weinst du?" Frage ich und schnell schüttelt er den Kopf. "Wieso sollte ich weinen? Nur weil...weil sie fast am...am ertrinken sind?" Stammelt er und innerlich muss ich schmunzeln, weil er gerade total niedlich aussieht. "Aww, nicht weinen" Murmel ich und zögerlich lege ich meine Hand auf seine, um sie dann sanft drücken zu können.

Überrascht schaut mich Jin an, doch spiegelt sich die Dankbarkeit in seinen Augen.

Als Jack im Wasser und Rose auf der Tür ist, höre ich neben mir ein ersticktes schluchzen und wieder sehe ich zu dem schönen Jungen neben mir. Eine Träne rollt seine Wange herunter und hinterlässt eine nasse Spur. Sein Druck an meiner Hand wird stärker und ich kann erkennen, dass sein Oberkörper bebt, da er anscheinend die Schluchzer zu unterdrücken scheint. "Du darfst ruhig weinen" hauche ich sanft und er sieht mich zögerlich an.

"Aber das ist nicht männl-" "Scheiß auf die Norm und Weine, wenn dir danach ist. Nur weil du ein Mann bist, heißt es nicht, dass du nicht weinen darfst. Du darfst weinen, ich verurteile dich deshalb nicht oder sehe dich anders. Gefühle sind menschlich" unterbreche ich ihn, ein wenig zu harsch, und senke sofort meinen Kopf. "Es tut mir leid, ich hätte nicht-" "Danke Joonie" wispert er nur und ich sehe ihn überrascht an.

Er ist nicht sauer?

Ein wohliges Gefühl rollt durch meinen Körper, welches mich breit lächeln lässt. Ich schaue zum Film und dieser nimmt langsam sein Ende. Jin neben mir ist am weinen und sanft lege ich einen Arm um seine Schulter und drücke ihn an mich. "Aww, nicht weinen" Murmel ich und lege meine andere Hand auf seine Wange, ehe ich sanft die Träne mit meinem Daumen wegstreiche.

Mit großen Augen sieht Jin mich an und ich könnte schmelzen, da er so süß und unschuldig aussieht. "Besser?" Frage ich leise, als dann auch schon der Abspann läuft und Jin nickt leicht. "Es war....ein toller Film" flüstert er als Antwort und ich nicke lächelnd. "Allgemein...auch ein toller Abend...ich.." stammelt er und scheint nicht die richtigen Worte zu finden. "Komm. Ich begleite dich noch mit nach Hause" sage ich und stehe auf.

Auch er steht schnell auf und ich nehme den Müll mit, ehe wir den Saal verlassen.

Jin ist so niedlich...ich will mehr mit ihm unternehmen und diese süße Seite sehen. Ja. Ich werde es zulassen.

Ich werde diese Gefühle zulassen und mit Jin glücklich sein.

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