PoV. Namjoon

Seufzend lehne ich mich für einen kurzen Moment gegen meinen Spind. Der Vorfall mit Jin liegt eine Woche zurück, doch traue ich mich noch immer nicht, mit ihm zu sprechen.

Was ist, wenn er mich erkennt? Was ist, wenn er mich nun für komisch findet? Er ist der erste, der wirklich mit mir befreundet sein möchte. Und doch habe ich Angst.

Angst, dass er nur mit mir spielt. Angst, ihn zu verletzen. Angst, ihn zu verlieren. Wir kennen uns noch nicht lange und doch löst er in mir Gefühle aus, die ich bisher noch nicht kannte. Komische aber schöne Gefühle.

Am Ende würde es mich nur zerstören. Er tut das alles bestimmt nur, um mich irgendwann bloßzustellen. Oder tut er das nur aus Mitleid? Immerhin musste es elendig ausgesehen haben, wie ich immer alleine war, wohingegen die anderen immer jemanden hatten. Ich war niemand, mit dem jemand gerne etwas zu tun hätte. Ich bin langweilig, habe nichts, was mich besonders macht. Meine Talente kenne ich nicht und alles was ich anfasse geht zu Bruch.

Bestimmt findet er mich einfach nur elendig komi-

"Oh Namjoon? Du alleine? Was eine Seltenheit. Wo ist denn deine kleine Prinzessin?"

Erschrocken reiße ich meine Augen auf, als ich die bekannte Stimme meines Mobbers vernehme. Schnell stoße ich mich vom Spind ab und möchte gehen, doch werde ich am Kragen gepackt und kräftig gegen den Spind gedrückt. "Wo möchtest du hin huh? Ich habe doch noch gar nicht angefangen zu spielen" grinst Minyoong.

"Bitte nicht, ich habe euch doch nichts getan" Murmel ich und schlucke unter seinem düsteren Blick. "Deine Anwesenheit reicht schon, um mich zum kotzen zu bringen. Wieso verschwindest du nicht endlich?! Selbst deine Prinzessin hat genug von dir, weshalb du nun wieder alleine bist...alleine und ungeliebt" schmollt er und ich sehe ihn nun stumm an.

Hat er Recht? Hat Jin wirklich genug von mir? Klar, ich meide ihn aber dennoch...vielleicht lässt ihn das mich nur noch mehr hassen..

Anscheinend gefällt es ihm nicht, das ich so still bin, weshalb sein Griff um meinen Kragen fester wird und mich seine Augen anfunkeln. "Ich habe mit dir geredet! Ich erwarte eine Antwort!" Faucht er und ich zucke kaum merklich zusammen. "Ich...ich weiß es nicht" antworte ich unsicher.

Laut lacht er auf und sieht zu seinen beiden Kumpels. "Habt ihr das gehört? Unser kleiner Freak hat keine Ahnung, ob die pink Princess ihn verlassen hat...aber wer würde nicht? Bei diesem Anblick!"

Ich möchte gerade etwas sagen, als ich schon seine Faust in meiner Magengrube spüre. Schmerzhaft keuche ich auf und drücke mich so fest wie möglich gegen den Spind, um ihm irgendwie zu entkommen.

"Der kleine Freak hat Angst! Angst Angst Angst. Heul doch. Heul heul! Niemand wird dich retten. Nicht Mal die pink Princess" höhnisch lacht er und schon spüre ich seine Faust ein zweites Mal.

Dadurch muss ich husten und spüre die Tränen in meinen Augen schießen.

"Achja? Was lässt dich da so sicher sein?" ertönt eine Stimme und meine Augen weiten sich ein zweites Mal.

Minyoong schaut hinter sich und schon sehe ich ihn.

Jin.

Ist er hier, um bei ihnen mitzumachen? Wird...wird er mir auch weh tun?

Erschöpft schließe ich meine Augen und warte auf einen weiteren Schlag, als sich die Hände an meinem Kragen plötzlich lösen. Verwirrt öffne ich meine Augen und sehe, wie Minyoong sich vor Jin aufbäumt.

Jedoch scheint es Jin nicht zu interessieren. Nein, es scheint ihn nur noch wütender zu machen. "Oh kleiner Minyoong. Denkst du wirklich, vor einem mikrigen Zwerg wie dir habe ich Angst? Da kannst du dich noch so groß machen. Und nun..." Jin bricht mitten im Satz ab und was als nächstes passiert, lässt mich scharf die Luft einziehen.

Jin dreht sich für eine Sekunde weg, als er sich dann schnell wieder umdreht, seine Faust hebt und Minyoong plötzlich direkt in das Gesicht schlägt.

Minyoong stolpert einige Schritte zurück und Jin hebt seinen Kopf etwas an. "Was lässt dich annehmen, dass ich Namjoon alleine lasse? Nur weil wir nicht jede Sekunde zusammen sind? Oh wie mutig von dir! Du bist ein verdammter Freak. Gehst auf andere los, dabei bist du nur eine halbe Portion. Lass dir eines gesagt sein. Sehe ich dich auch nur in der Nähe von Namjoon, dann wird nicht nur dein Gesicht meine Faust kennenlernen!" Droht Jin und vernichtend sieht Minyoong ihn an. "Wir sprechen uns noch!" Und schon haut er mit seiner Gefolgschaft ab.

Ich lasse mich an dem Spind heruntergleiten und sehe auf zu Jin. Dieser lächelt mich warm an und hockt sich vor mich. "Alles okay Joonie? Haben sie dir weh getan?" Stumm starre ich in seine Augen, die pure Wärme ausstrahlen.

Jin, er ....er hat mich vor schlimmeres bewahrt. Er...er hat mich beschützt. Wieso...

"Wieso.." hauche ich dann auch schon und verwirrt zieht er seine Augenbrauen zusammen. "Was wieso?" "Wieso...wieso hilfst du mir?" Frage ich leise. "Wieso...wieso ignorierst du mich nicht. Wieso willst du so unbedingt mit mir befreundet sein?"

Jin sieht mich ruhig an und dann setzt er sich ganz hin. "Das habe ich dir doch schonmal gesagt. Ich möchte dich kennenlernen. Und das wirklich. Ich möchte wissen, wie du denkst. Wie du die Welt siehst. Ich möchte deine Interessen Herausfinden, was du gerne magst und was du hasst. Ich möchte wirklich gerne dein Freund sein und ich versichere dir, ich werde dich niemals verlassen. Egal was ist. Versprochen"

Am Ende lächelt er mich an und das erste Mal seit langem kann ich ehrlich lächeln. "Danke...Jin"

"Na komm. Gehen wir noch etwas essen, bevor die Pause zuende ist" schmunzelt er und steht auf, ehe er mir seine Hand hin hält.

"Warte...du bist...nicht sauer?" Frage ich zögerlich und er legt seinen Kopf schief. "Weshalb sollte ich sauer sein?" "Ich habe dich ignoriert.." Murmel ich. "Natürlich hat es mich etwas verletzt. Dennoch akzeptiere ich deine Entscheidung, da du sicherlich einen Grund zu hattest. Außerdem liegt es in der Vergangenheit. Und der Vergangenheit sollte man nicht so viel Achtung schenken" kichert er und lächelnd nehme ich seine Hand. "Ich danke dir. Wirklich. Und...danke, dass du mir die Zeit lässt" wisper ich und er nickt.

"Übrigens...deine Grübchen sind wirklich süß"

Und dies ließ meine Wangen richtig heiß werden.