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Schon lange haben wir sehr viel Zeit bei der Nachbarsfamilie verbracht. Sie haben einen Jungen der ein Jahr jünger ist als ich und so hatten wir zu viert immer sehr viel Spaß. Auch wenn Alena noch nicht einmal sechs Jahre alt war. Wir liebten es den Geschichten von Opa Sergej, wie den Großvater von unserm Nachbar immer nannten, zuzuhören. Er hat viel erlebt und hat die ganze Welt gesehen. Am liebsten haben wir seiner Geschichte von dem verlorenen Amulett zugehört, da er in dieser gegen echte Piraten gekämpft hatte. Manchmal erzählte er auch, wie er einem Jungen das Leben gerettet hatte, als dieser beinahe in der Kälte erfroren ist. Er ist ein wirklich tapferer Mann und hat so viel Gutes getan.

Das Jahr, nachdem unsere Großeltern verstorben sind haben wir sehr viel bei Opa Sergej verbracht. Unsere Eltern haben sich auf ihre Arbeit gestürzt und gerade meine Mutter hat dies nicht nur einmal übertrieben und hat im Büro geschlafen. In der Zeit, in der sie nicht da sind, passe ich auf meine jüngeren Geschwister auf.

So auch heute. Wir haben Mitte Februar und es hat die letzten Tage ein wenig geschneit. Somit haben wir vor der Türe eine angenehme Schneedecke und da sogar die Sonne raus gekommen ist, beschließe ich mit meinen Geschwistern nach draußen zu gehen. Ich biege in unser Wohnzimmer ab und erblicke meine Schwester schon mit großen Augen am Fenster sitzend. Sie liebt den Schnee so sehr und könnte am liebsten den ganzen Tag vor der Türe verbringen. "Alena, Artjom, kommt. Wir ziehen uns an und gehen dann in den Garten hinters Haus!", rufe ich und ernte direkt erfreute Rufe der Beiden. Alena rennt an mir vorbei uns Artjom folgt ihr dicht auf den Fersen. Ich lache leicht und schaue den Beiden kopfschüttelnd nach.

Alena ist gerade einmal sechs Jahre alt, doch sie hat die ganze Familie um ihre kleinen Finger gewickelt. Man kann ihr absolut keinen Wunsch abschlagen und beschützt sie vor allem und jedem, das ihr böses will. Artjom wird in wenigen Wochen schon dreizehn Jahre alt und ich wurde letzte Weihnachten schon sechzehn Jahre alt. Ich bin zwar selber noch nicht volljährig, doch für meine Geschwister übernehme ich die volle Verantwortung.

Wenn ich das doch nur nicht geglaubt/gesagt hätte...

Als ich nun den Beiden geholfen habe sich anzuziehen und mich selber angezogen habe, gehen wir gemeinsam nach Draußen und verbringen den ganzen Mittag im Garten. Es ist wundervoll und die Sonne, die auf den weißen Schnee fällt, macht das Bild einfach noch schöner. Wir haben einen riesigen Schneeberg gefunden und unsere Höhlen hinein gebaut und nun hat jeder ein eigenes Haus. Ich merke gar nicht wie die Zeit vergeht und als es langsam dunkel wird, stoppe ich meine Verfolgungsjagd auf Artjom und halte nach Atem ringend inne. "Was ist los? Kannst du nicht mehr?", zieht er mich lachend auf, doch auch er stützt sich auf seinen Händen im Schnee ab und atmet schwer. 

Ich werfe ihm einen bösen Blick zu und lache dann. "Nein, das ist es nicht. Aber wir sollten langsam wieder nach drinnen gehen. Es wird dunkel und kalt und Mama und Papa müssten bald wieder kommen.", erkläre ich und schaue mich um. Ich habe schon eine Weile nichts mehr von Alena gehört. Sie war sehr intensiv dabei ihre Schneehöhle perfekt zu bauen und so steuere ich diese als erstes an. "Alena kleine, komm mit. Wir gehen nach drinnen. Ich mache dir auch einen heißen Schoki!", rufe ich sie, als ich an ihrem Höhleneingang angekommen bin, doch sie antwortet mir nicht. Verwirrt knie ich mich hin und schaue in die Höhle. Alena sitzt am hintersten Ende und hat den Kopf gesenkt.

"Alena? Alles okay?", frage  ich sie und krabbel zu ihr, doch noch immer reagiert sie nicht. Als ich meine Hand an ihre Wange lege und ihren Kopf dabei anhebe, gefriert mir der Atem. Sie hat total blaue Lippen, während der Rest ihrer Haut sich kaum vom Schnee abhebt. Zu meiner Erleichterung sehe ich aber kleine Atemwolken, die sich in sehr großen Abständen vor ihrer Nase bilden. "Artjom! Schnell! Helf mir! Sie muss ins Warme!", rufe ich über meine Schulter und beginne mit seiner Hilfe Alena aus der Höhle zu ziehen.

Als wir sie draußen haben nehme ich sie auf den Arm und renne schon fast mit ihr zum Haus. Artjom macht uns die Türe auf und wir stolpern in die Wärme. Schnell ziehe ich Alena die vom Schnee ganz kalten und nassen Klamotten auf und ihren Kuschelschlafanzug an, ehe ich sie mit mehreren Decken auf das Sofa vor den Kamien setze. Als ich ebenfalls fertig umgezogen bin mache ich ihr einen heißen Schoki und setze mich zu ihr. Sie schaut mich aus müden Augen an und murmelt ein "Danke" als ich ihr den Schoki gebe. Doch mir fällt ein Stein vom Herzen als ich sehe, wie sie ihn langsam trinkt. Einen Moment habe ich gedacht, sie verloren zu haben...

Doch wie falsch ich mit der Annahme lag....

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