Kapitel 27 | ✔


Er stieß sich von der Anrichte ab und verließ die Küche.

Der Tränkemeister wirkte einen einfachen Zauber auf seine Bürotür, welchen sie mit ihrem Zauberstab einfach und ohne weitere Mühe hätte lösen können. Da sie ihren Stab jedoch nicht bei sich trug, würde der Zauber vollends genügen. Apropos Zauberstab. Sie würde ihm doch nicht den Verstand verlieren, weil sie den ihren nicht mehr besaß? Er wusste bestimmt nur zu gut, wie es sich anfühlte, den eigenen Zauberstab, die perfekte Verlängerung der Hand, die Lebensversicherung, den Beschützer, nicht in den Händen halten oder zumindest griffbereit haben zu können.

Snape fuhr sich über das bleiche Gesicht und begab sich in den Wohnraum. Er entdeckte Granger, die sich vor den brennenden Kamin gesetzt und in eines seiner Bücher vertieft hatte. Eine kurze Weile beobachtete Snape sie stumm, ehe er schließlich ohne ein weiteres Wort nach Malfoy Manor apparierte. Ihm blieb keine andere Wahl.

Augenblicklich schlug dem Slytherin die kühle Nachtluft entgegen, brachte sein rabenschwarzes Haar gehörig durcheinander. Seinem Kopf kam die frische Luft nur zugute und innerhalb weniger Sekunden verschloss er seinen Geist auf perfekte Weise, sodass es dem Lord unmöglich sein würde, an Informationen zu kommen, die er nicht erhalten sollte.

Snape ging geradewegs auf das schwere Eisentor zu. Eilig öffnete er die Manschettenknöpfe seines linken Ärmels, entblößte das Mal, welches ihm Zugang zum Manor gewähren würde, und schritt schließlich durch den Eingang, als wäre dieser bloß Rauch. Auf der anderen Seite angekommen, schloss er seinen Ärmel sorgfältig und betrat wenig später das düstere Manor. Die Präsenz des Lords verlieh dem Gebäude weitaus mehr Düsternis, als es ohnehin schon vermittelte.

Zügigen Schrittes begab Snape sich in den großen Saal, in welchem er ihn antraf. Ein letztes Mal überprüfte er seinen gedanklichen Wall nach Rissen, da erklang auch schon die Stimme seines Herrn: „Severus! Ich hatte nicht erwartet, dich so schnell wieder anzutreffen. Was ist dein Anliegen?" Snape verneigte sich flüchtig. „Es geht um Granger, Herr", war seine direkte Antwort. Er verdrängte sorgfältig die Tatsache, dass sein Herz ungewohnt schnell schlug. Nervosität? Nein. Angst? Natürlich nicht. Druck? Womöglich.

Der Blick des Tränkemeisters lag undurchdringlich auf dem dunkelsten Zauberer, welchen die Welt jemals gesehen hatte. Eine Weile herrschte angespannte Stille und das Rot in Voldemorts Augen bohrte sich in das Schwarz der seinen, doch er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

Schnell realisierte Snape, dass sein Gegenüber konzentriert versuchte, in seinen Geist einzudringen. Er quittierte es mit einem innerlichen Lächeln. Voldemort konnte es noch so oft versuchen und würde niemals Erfolg haben, solange Snape persönlich ihn nicht an seinen Gedanken teilhaben ließ. Der Lord hatte sich damit abgefunden, dass er nur Zugang hatte, wenn ihm dieser auch gewährt wurde. Der einzige Grund, warum Snape aufgrund dieser Dreistigkeit noch nicht tot war, war der, dass er einfach zu wichtig war.

„Was ist es, das du mir in Bezug auf meine Tochter mitteilen möchtest?", erkundigte sich der Lord nach einiger Zeit sichtlich ernüchtert aufgrund des eigenen Misserfolges. „Es ist nichts Gravierendes", beschwichtigte der Schwarzhaarige seinen angespannten Meister, ehe er ruhig fortfuhr, „Herr, ich werde bald nach Hogwarts zurückkehren, wie Ihr zweifellos wisst. Wäre es nicht adäquat, einen Zauber zu sprechen, anstatt Yaxley und Greyback zu beauftragen? Sicherlich wird die gesamte Aufmerksamkeit Eurer zwei Anhänger benötigt. Einfach einen Zauber sollte genügen, da sie ihren eigenen Stab nicht mit sich trägt."

Ohne jegliche Regung in seinen Zügen blickte er Voldemort entgegen.

Snape dachte bei sich, dass er hier gerade weit mehr riskiere, als ihm lieb wäre, doch bereits, seit er den Saal betreten hatte, gab es kein Zurück mehr. Ihm blieb lediglich zu hoffen, dass dem Lord in dieser Nacht nicht allzu schlecht zumute war. Wenn Salazar ihn nicht im Stich ließ, würde er Granger mit seinem Vorschlag aus der Schusslinie ziehen und folglich das Fadenkreuz des Lords von ihrer Stirn entfernen können.

Verwunderung trat in die kalten Augen Voldemorts, während sein lauernder Blick sich hart in Snapes bohrte.

„Du widersprichst meinem Befehl? Ein weiteres Mal, auch wenn du dir der sicher folgenden Strafe bewusst bist? Mutig, Severus. Liege ich richtig in der Annahme, dass du dich meiner Tochter offensichtlich zugeneigt fühlst?"

Innerlich vor Wut kochend dehnte Snape seine Fingerknöchel, sodass diese kurz knackten. Er ließ seinen Blick wie beiläufig durch den Raum schweifen, um sich ein wenig zu beruhigen und sah dann zurück zu Voldemort. In was hatte er sich hier nur hineinmanövriert?

„Nein, Herr. Es geht allein um das Geschehen in meinem Haus. Das Mädchen ist mir gleich", entgegnete er schließlich beherrscht und ohne das winzigste Anzeichen seines Zornes in der Stimme. Äußerlich strahlte er eine überzeugende Ruhe aus, während in seinem Inneren nichts mehr war, wie es vor wenigen Minuten gewesen war. Der Lord würde ihn für seine Worte nicht töten, doch eine harte Bestrafung auszuschließen, wäre ausgesprochen töricht. Wie kam er auch nur ansatzweise auf den Gedanken, so etwas wie Gnade von dieser Kreatur zu erwarten?

„Du bewegst dich innerhalb des gefährlichen Territoriums, Severus. Auf fremdem Terrain. Jeden Moment könnten die Bestien über dich herfallen, denn auch du kannst dir nicht alles herausnehmen. Du magst wichtig sein, doch das ändert nichts an der Tatsache, dass ich dich so lange foltern kann, wie es mir beliebt", zischte der Dunkle Lord mit einem Mal hinter ihm.

Abrupt fuhr Snape herum. Er war so abwesend gewesen, dass er nicht registriert hatte, dass Voldemort ihn nun langsamen Schrittes umkreiste, den Zauberstab in den langen Fingern drehend. Leise räusperte Snape sich. Wie hatte er nur so unüberlegt und überstürzt handeln können? Es war nicht einmal seine Art! Wie weit war es mit ihm gekommen, dass er sich für dieses Mädchen vor den Lord begab und eine Strafe auf sich nahm?

Voldemort war mindestens so stur und stolz wie er selbst und sollte eine Person auch nur im Geringsten versuchen, ihm in seine Pläne hineinzureden, quittierte er dies mit Wut sowie Schmerz als Bestrafung. Dieses Weib lenkte ihn von seiner Aufgabe ab und brachte ihm nichts als Probleme; so wie es aussah nun auch Schmerzen.

Mit zusammengepressten Lippen verfolgte Snape jede noch so kleine Bewegung des Lords. Seine Augen ruhten schließlich auf seinem Zauberstab. Snape wappnete sich, denn aus dem Augenwinkel sah er die blutleeren Lippen Voldemorts sich hämisch verziehen.

„Crucio!", hallte es von den steinernen Wänden wider.

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