Kapitel 26 | ✔
Die Gryffindor betrat den Raum, doch Snape blickte nicht auf, tat es ebenso wenig, als sie das Wort an ihn richtete. Sich noch immer die erneut schmerzenden Schläfen massierend sowie in den Kamin starrend, nickte er lediglich, wartete darauf, dass sie zurück in die Küche verschwand. Es vergingen einige stille Sekunden, bis ein leises Seufzen an sein Ohr drang. Schritte entfernten sich. Der Tränkemeister blickte auf und erhaschte noch einen flüchtigen Blick auf ihre braune Lockenmähne, die um die Ecke verschwand.
Er wusste nicht, was ihn dazu getrieben hatte, einen winzigen Bruchteil seiner Emotionen und Gefühle an die Oberfläche tauchen zu lassen. Granger wusste nun, dass etwas nicht mit ihm stimmte, dass ihn das Ganze nicht völlig kaltließ. Was war es bloß, dass ihn an den Rand der Senkung seiner Wälle brachte? Erschöpfung? Resignation?
Der Duft nach Milchreis mit Zimt stieg ihm in die Nase. Also stieß Snape hart die Luft aus und erhob sich. Auf dem Weg in die Küche nahm er sich vor, noch heute Nacht den Dunklen Lord aufzusuchen und sich darum zu bemühen, dass diese Frau aus seinem Haus verschwand. Er hatte sich noch nicht allzu viele Gedanken darüber gemacht, wo genau man sie hinschicken sollte. Aber Granger verabscheute ihn, auch wenn sie sich nun, da er ihr geholfen hatte, ein wenig sicherer fühlen musste. Er wusste auch, dass er den Dunklen Lord ausspionieren sollte, was er alles über Granger wisse und, was er mit ihr vorhabe. Er selbst verspürte nicht den Drang, Voldemort zu begegnen, doch dass eine Folterung oder gar eine Vergewaltigung hier stattfinden könnten, lockte ihn genauso wenig. Er musste sie ohne Zweifel aus seinem Haus bringen, da war er sich sicher. Immerhin hatte er Dumbledore versprochen, sie bei seiner Mission zu beschützen. Außerdem war Granger ein verflucht brillanter Kopf und wäre folglich ein großer Verlust.
Erst, als Snape sich auf einem der Stühle niedergelassen und den Teller mit Essen zu sich herangezogen hatte, wurde ihm bewusst, dass ihm etwas Besseres einfallen musste. Das Mädchen würde andernfalls zum nächsten Todesser geschickt werden, wo es ihr ohne Zweifel schlechter ergehen würde.
Vollkommen abwesend entging ihm der musternde Blick seiner Gegenüber. Er begann, zu essen. Der Milchreis schmeckte nicht einmal übel, was er mit einem leichten Nicken in ihre Richtung honorierte. „Habe ich es einigermaßen hinbekommen, vernünftiges Essen zu kochen?", fragte Granger. Die Hexe blickte interessiert in seine Richtung und Snape hob eine Braue. „Vernünftiges Essen? Kochen?", entgegnete er. Sie schnaubte. „Nun sagen Sie schon. Ist es einigermaßen essbar?". Snape blickte auf seinen Teller hinab. Er tauchte den Löffel in den Milchreis hinab, hob ihn wieder an und ließ das Gemisch anschließend zurück in den Teller laufen. „Einigermaßen", antwortete er kurz. Wenn die Gryffindor erwartete, dass er sie mit Lob überschütten würde, dann war sie zweifellos an der falschen Adresse.
„Können Sie denn kochen, Sir? Können Sie es besser?", richtete sie ein weiteres Mal das Wort an ihn. Snape schluckte den soeben zu sich genommenen Löffel Milchreis herunter und sah sie über den Tisch hinweg an. Granger brachte es tatsächlich fertig, gespannt zu schauen. „Zweifellos", meinte der Tränkemeister mit amüsiertem Unterton, ehe er sich wieder seinem Milchreis zuwandte und den nächsten Löffel aß. „Wo haben Sie denn zu kochen gelernt, Sir?" Er zog den Löffel nun wieder zwischen seinen schmalen Lippen hervor, bloß um ihn ein weiteres Mal in das Essen zu tauchen.
„Denken Sie scharf nach, Granger. Schalten Sie Ihren brillanten Verstand ein." Seiner Stimme wohnte eine provokante Note bei und Granger schien sich eben dieser deutlich gewahr zu sein, denn er registrierte, dass sie die Augen leicht verengte. Eine Weile war es still in der Küche.
„Ich fürchte, ich denke in zu komplizierten Bahnen", lenkte die Gryffindor schließlich ein und sein Mund verzog sich zu einem Fast-Lächeln.
Er schnaubte belustigt.
„Nun, das Brauen von Tränken und Elixieren ist mit dem Kochen von Gerichten in Verbindung zu bringen. Die Zaubertrankbrauerei ist nachlässig betrachtet Kochen auf höchstem Niveau", erläuterte er das Ganze. Ms Granger ließ ihn nicht aus den Augen und Snape räusperte sich unwohl. „Richtig", murmelte die junge Frau, den Blick nun zurück auf ihren Teller senkend, aus welchem sie noch nicht allzu viel gegessen hatte. Er legte die Stirn in Falten. „Wie bescheiden von mir, nicht wahr?", meinte er spöttisch. Ms Granger begann aufrichtig zu lächeln. Sie schüttelte nahezu lautlos lachend den Kopf, blickte ihn so unvorhergesehen an, dass es ihm schwerfiel, woanders hinzuschauen, als in ihre lebendigen Augen. Sie durfte nicht sterben.
„Wo haben Sie das Klavierspiel gelernt? Können Sie spielen?", entfuhr es ihr plötzlich und seine Augen weiteten sich minimal, ehe sie einen abweisenden Ausdruck annahmen. „Das hat Sie nicht zu kümmern", erwiderte er.
Granger blickte für einen kurzen Moment beinahe verletzt drein, doch schließlich wandten sie beide sich wieder ihrem Essen zu. Sie war sein Verhalten gewohnt, müsste es eigentlich sein. Eine ganze Weile herrschte eine ihm nicht unangenehme Stille, doch als sie beide ihr Mahl beendet hatten, hob Snape letztlich den Blick. „Ich werde noch einmal das Haus verlassen müssen", kam es von ihm, während er die Gryffindor nicht aus den Augen ließ. Er würde den Dunklen Lord aufsuchen, ihn zu einer anderen Entscheidung bewegen. Sie hob abrupt den Blick von ihrem Teller und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Wo gehen Sie hin?", entfuhr es ihr gehaucht. Ihm war bloß flüchtig bewusst gewesen, dass seine Gegenwart ihr wohl ein kleines Stück Sicherheit vermittelte; spätestens jetzt begann der Professor damit, sich unbehaglich zu fühlen.
„Ich habe noch etwas zu erledigen", entgegnete er knapp.
Nach einem letzten prüfenden Blick auf die Hexe erhob er sich und ließ seinen Teller zur Spüle schweben, wo er sich selbst reinigte. „Ich werde mich beeilen", sicherte der Slytherin ihr zu, ohne zu wissen, warum er dies tat. Er lehnte sich mit typisch für ihn vor der Brust verschränkten Armen an die Anrichte. „Ich verlasse mich darauf ... - nein. Ich verlange, dass Sie sich nur in diesem Stockwerk aufhalten, Ms Granger. Das andere Stockwerk ist tabu, genauso verhält es sich mit meinem Büro", teilte er ihr mit und bohrte dabei seinen dunklen Blick in ihren. Ein schwaches Nicken genügte ihm. Er stieß sich von der Anrichte ab und verließ die Küche.
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