Kapitel 24 | ✔


Harry lag in seinem Bett und starrte an die Decke. Den ganzen Tag schon fristete er hier sein Dasein und es geschah immer das Gleiche.

Nämlich nichts.

In den letzten Jahren hatte er an Kraft und Wissen, sowie Macht dazu gewonnen.

Und nun lag er hier und fragte sich, wie er Hermione nur ohne Hermione finden konnte. Am Ende waren es immer seine Freunde, die geholfen haben, Voldemort zu bekämpfen. Denn Freundschaft ist Macht.

Und dann war da noch die vertretende Schulleiterin. McGonagall vertraute er, ja. Doch seitdem sie ihm erzählt hatte, dass Snape als Spion arbeitete und deshalb Hermione entführen musste, um Voldemorts Vertrauen zu gewinnen, nicht mehr. Nach ihren Aussagen konnte sie es nicht riskieren, dass Voldemort auf andere Art und Weise erfährt, dass Snape in Wirklichkeit zugunsten für sie als Spion arbeitete.

Harry war ein Dickkopf. Für ihn war es eine Selbstverständlichkeit, seine beste Freundin retten zu wollen. Snape hin oder her. Da konnte McGonagall ihm erzählen, was sie wollte. Er blieb bei seiner Meinung. Also überlegte er, was er tun sollte. Abwarten und nichts tun wollte er nicht länger, so blieb also die Frage, wie konnte er sie retten?

***

Hermione war mittlerweile erwacht, denn das Klirren von Glas aus der Richtung des kleinen Schrankes war nicht zu überhören gewesen. Sollte er doch trinken. Ihr kamen keine Worte in den Sinn, welche ihn von der Schädigung seiner Organe abhalten könnten und überhaupt kümmerte es sie eigentlich auch gar nicht. Es war seine Entscheidung. Sie sollte sich vielmehr um sich selbst kümmern, um von hier fortzugelangen.

Hermione blinzelte, strich sich ein paar braune Locken aus den Augen und richtete zaghaft ihren Oberkörper auf.

Die Flucht durch die Tür war keine sonderlich kluge Idee gewesen, soviel war sicher. Sie würde sich etwas anderes einfallen lassen, wobei von Snape aller Wahrscheinlichkeit nach auch keine Hilfe zu erwarten war. Oder doch? Er hatte Okklumentik angewandt, um ihre Erinnerungen vor denen seines Herrn abzuschirmen; so abgeneigt konnte er also nicht sein.

Die junge Frau verließ die Couch und ging in Richtung des Badezimmers, um sich dort zu erleichtern und die Hände zu waschen. Ihr bedachter Schritt führten Hermione zurück in den Wohnraum und schließlich auf die alte Couch zurück. Ihre Gedanken glitten zu Snape. Sie war sich nicht mehr so sicher, ob der Tränkemeister wirklich vor dieser ganz bestimmten Tat zurückschrecken würde; ganz gleich, was er ihr in Bezug auf Sicherheit versichert hatte. Er mochte einmal ihr pflichtbewusster Lehrer gewesen sein, doch immerhin war er auch grausamer Todesser, nicht wahr? Sie gedachte Snape nicht zu unterschätzen.

Ihr unruhiger Blick glitt abwesend zum Wohnzimmertisch und erfasste dort ein Buch. Sich vor lauter Neugierde nicht zurückhalten könnend, warf Hermione noch einen schnellen Blick auf den Gang und streckt dann die Hand nach dem Folianten aus. Das zugegebenermaßen recht dicke Buch trug keinen Titel, war namenlos und verringerte ihre Neugierde somit nicht im geringsten. Andächtig strich die Gryffindor über den in schwarzes Leder gebundenen Buchdeckel. Mit leuchtenden Augen schlug sie das Buch auf.

Bis Snape seinen Rausch ausgeschlafen, einen Katertrank zu sich genommen oder was auch immer getan hatte, konnte sie genauso gut ihre Zeit mit etwas Produktivem verbringen.

War sie zunächst noch voll Neugierde und Aufregung, wuchs ihr Entsetzen, je mehr Seiten sie mit den Minuten verschlang. Das Buch handelte eindeutig von tiefster Schwarzmagie, war keinesfalls für sie geeignet und gehörte somit nicht in ihre Hände. Snape würde sie vierteilen, sollte er sie jetzt und hier mit dieser Lektüre auf dem Schoß erwischen. Dieses eindeutig beängstigenden Gedankens zum Trotz konnte Hermione sich einfach nicht dazu durchringen, das Buch zurückzulegen. Stattdessen las sie weiter und musste sehr bald feststellen, dass Schwarzmagische Tränke, Flüche und Folterungen der Hauptteil zu sein schienen.

Ihre Augen ruckten von links nach rechts, saugten den Inhalt des Buches förmlich in sich auf und ihre leicht zittrige Hand blätterte eine Seite nach der nächsten um.

***

Eindeutig zufrieden mit sich selbst beendete Snape seine Arbeit, sobald er den Stapel um ein großes Maß verringert hatte und atmete erleichtert auf. Mit einem letzten Zug leerte er sein Glas, erhob sich und begab sich vergleichsweise gut gelaunt in seinen Wohnraum. Im Türrahmen stoppte der Professor jedoch, verengte die Augen zu bedrohlichen Schlitzen und seine ohnehin schon recht finstere Miene verdüsterte sich weiter. So vertrieb sich die Nervensäge also ihre Zeit!

Lauernd trat Snape von hinten an die Gryffindor heran. Sie schien ihn bisher noch nicht bemerkt zu haben, was zweifellos daran lag, dass sie eines seiner besten Bücher las. Ihre Wangen waren leicht gerötet und das Buch schien sie in der Tat zu fesseln. Snape hatte sich im Stillen schon immer gedacht, dass Granger sich sicherlich auch gut als Slytherin gemacht hätte, doch der Hut hatte vollkommen andere Pläne gehabt. Außerdem befand er, dass ihre Intelligenz in den Reihen der Todesser vergeudet worden wäre.

„Ms Granger, Interesse an der dunklen Magie ist nicht gesund für Sie, meinen Sie nicht?"

Einen Schwenk seines Zauberstabes schlug das Buch direkt vor ihrer Nase zu. Granger zuckte heftig zusammen und Genugtuung brandete über ihn hinweg, als er ihren ziemlich gehetzten und zugleich verängstigten Blick bemerkte. Ein weiterer Schlenker seines Stabes entwendete ihr das Buch aus den Händen und beförderte es zurück in eines der Regale an seinen angestammten Platz zurück. „Verzeihen Sie, Sir", murmelte Ms Granger leise, doch er winkte lediglich ab und steuerte auf ein bestimmtes Regal zu. „Wenn Sie sich so schrecklich langweilen, dann empfehle ich dieses hier", meinte er sachlich, tippte mit der Spitze seines Zeigefingers auf einen dunkelroten Buchrücken, zog das Buch zwei Zentimeter hinaus und fuhr schließlich wieder herum.

„Sie können in den Büchern dieses Regales stöbern. Der Rest ist tabu!", wies er sie harsch, aber gnädig für seine Verhältnisse zurecht und ließ sich dann in dem Sessel vor seinem Kamin nieder, dessen Feuer längst erloschen war. Snape füllte sein Glas erneut mit Feuerwhiskey und schaltete dabei wie üblich sein Gewissen ab, welches sich ohnehin kaum noch meldete. Gelegentlich kroch es vielleicht aus den Schatten, wurden kurz danach jedoch wieder von der Dunkelheit niedergekämpft. Den geflüsterten Dank der Braunhaarigen nahm er bloß am Rande wahr, während er den Inhalt des Glases hinunterstürzte.

„Unglaublich!"

Seine Mundwinkel hoben sich ein winziges Stück. Also konnte man selbst die Know-it-all noch mit Büchern beeindrucken, die sie noch niemals gesehen und folglich nicht gelesen hatte. Der Zaubertränkemeister blickte nachdenklich aus dem Fenster und nippte an seinem Feuerwhiskey. Während des zweiten Glases spürte Snape, wie er sich ein wenig entspannte. Was sollte er nun mit ihr anstellen? Sollte er sie nach Hogwarts zurückbringen? Nein, das durfte er nicht. Selbst ein falscher Schritt könnte ihm Wichtiges kosten. Er durfte sie um keinen Preis freilassen, wenn das Misstrauen des Lords weiterhin vergraben bleiben sollte.

„Sie haben wirklich eine große Auswahl", vernahm er aus Ms Grangers Richtung und sein Blick flog zu ihr herüber. Die junge Frau hatte sich seine Empfehlung ausgesucht, auf der Couch niedergelassen und blickte ihn nahezu bewundernd an.

„Sir?", entfuhr es ihr fragend. Er ahnte, was nun folgen würde, sah jedoch keinen Weg daran vorbei, nickte leicht und blickte konzentriert auf das Glas in seinen Händen. „Warum haben Sie mir geholfen?", flüsterte Granger, „in Bezug auf Ihren Herrn, meine ich. Sie hätten mich mühelos ins offene Messer laufen lassen können. Warum haben Sie das nicht getan?"

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