Kapitel 23 | ✔
„Ich möchte mit Ihnen über Ms Granger sprechen. Es gibt Neuigkeiten."
Harry wurden bei dieser Aussage die Knie ganz weich. Er brauchte eine Weile, um sich fassen zu können, schloss dann endlich die Tür und trat richtig in den Raum hinein.
„Setz dich", sagte seine Verwandlungs-Lehrerin und deutete auf den Stuhl vor einem Schreibtisch. Harry setzte sich nun leicht nervös – gab es denn schlechte Neuigkeiten? Ging es Hermione gut? Haben sie sie gefunden? Er hoffte, dass die Professorin ihn aufklären würde, was hier vor sich herging. Seit einigen Tagen war Snape wie vom Erdboden verschwunden. Und den Umständen zufolge war das ziemlich auffällig. Er hoffte für Snape, dass er mit dieser Sache nichts zu tun hatte.
Aufmerksam behielt er McGonagall im Blick und beobachtete, wie sie sich aufrechter hinsetzte und ihre Fingerkuppen aneinander legte ... es war mal wieder so typisch, dass sie das tat.
„Da ich Sie, Potter, nicht lange auf die Folter spannen möchte, werde ich gleich zum Punkt kommen: Sicherlich haben Sie schon bemerkt, dass Professor Snape zurzeit – nun, ja – abwesend war...", redete sie mit ernster Miene los.
***
„Der Cruciatus-Fluch. Wurde er schon einmal auf Sie gewirkt?"
Augenblicklich schossen Snapes Brauen in die Höhe und er wandte sich ihr mit verschlossener Miene zu.
Eine Weile war es totenstill.
„Ist das eine ernstgemeinte Frage?", hakte Snape skeptisch nach.
Hermione zog irritiert die Nase kraus, räusperte sich leicht und nickte schließlich, ohne den Blick von ihm zu nehmen. Snape schüttelte den Kopf. „Sie sind zweifellos eine merkwürdige Hexe, Granger", ließ er sie wissen, während er geschickt an ihrem Arm vorbei schlüpfte und den Raum verließ, „natürlich wurde der Fluch schon einmal auf mich gewirkt. Ich vermag die Male nicht zu zählen."
Sie blinzelte und sah dem Tränkemeister hinterher. In Anbetracht der Tatsache, dass Voldemort sein Herr und er ein Todesser war, erschien Hermione die Frage nach dem Fluch tatsächlich nicht allzu klug. Selbstverständlich hatte er schon einmal eine Strafe in dieser Form erleiden müssen.
Ihr kam sein vorhergegangener Satz in den Sinn, nach dem sie alles tun sollte, was ihr beliebte und eine abstruse Idee schlich sich in Hermiones Gedanken. Was er wohl tun würde, wenn sie verschwand? Ohne ihren Zauberstab würde sie nicht apparieren können, doch ein Anhalter würde sie sicherlich mitnehmen können, nicht wahr? Ehe sie sich versah, wäre sie zu Hause!
Leise, um ja nicht seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, verließ die junge Frau den Wohnraum und näherte sich der Haustür. Hermione legte ihre Hand auf den Knauf, um sie zu öffnen.
Sogleich bereute sie es.
Ein gewaltiger Stromstoß durchfuhr ihren Körper, riss sie von den Füßen und raubte ihr das Bewusstsein.
***
Währenddessen befand sich Snape in seinem Arbeitszimmer und fixierte eine Gruppe betrunkener Männer auf der Straße, welche laut am Grölen waren. Natürlich Muggel, doch wenn man nach der Tageszeit ging, waren sie eindeutig arbeitslos. Statt sich eine Arbeit zu suchen, um Geld zu verdienen und womöglich ihre Familien zu ernähren, betranken sie sich. Die Männer waren in Snapes Augen somit nichts anderes, als erbärmlich. Er selbst mochte sich des Öfteren betrinken, doch parallel zu dieser Tätigkeit erfüllte er seine Aufgaben, ließ niemals nach und sorgte folglich dafür, dass sein Alkoholkonsum sein Leben nicht beeinflusste.
Für ihn war der Alkohol willkommen.
Plötzlich drang ein deutlich vernehmliches, dumpfes Geräusch an Snapes Ohr, das sich verdächtig nach einem Aufprall anhörte. Sogleich entfuhr ihm ein genervtes Schauben. Die Gryffindor hatte doch nicht allen Ernstes versucht, das Haus zu verlassen? Er musste zugeben, dass er ihr mehr Verstand zugetraut hatte. Die ganze Situation schien Granger wohl mehr zu schaffen zu machen, als er zunächst angenommen hatte. Bisher war sie nicht mit Fragen über ihn hergefallen, hatte ihre Angst und die daraus resultierenden Befürchtungen erfolgreich in Schach gehalten. Ungewöhnlich.
Mit einem letzten finsteren Blick auf die Betrunkenen kehrte er dem Fenster den Rücken und verließ mit wehendem Umhang sein Büro. Wie erwartet traf er die junge Frau ohnmächtig auf dem kalten Boden des Flures an. Er verzog das Gesicht. „Sie machen Umstände und das ist nicht gerade etwas, das ich begrüße", knurrte Snape leise, während er auf sie herabstarrte. Ein kurzer Schwung seines Zauberstabs hob die Gryffindor in die Luft und innerhalb weniger Sekunden befand sie sich auf der Couch seines Wohnraumes.
Wirre braune Locken rahmten Grangers blasses Gesicht ein und ließen sie verletzlich und unglaublich unschuldig wirken. Der magische Impuls war nicht stark genug gewesen, um sie ernsthaft verletzen zu können, also rauschte Snape eilig aus dem Raum und kehrte in sein Büro zurück. Mit wenigen Schritten durchquerte er den Raum und ließ sich hinter seinem Schreibtisch nieder. Stumm legte er den Kopf in seine schlanken Hände. Der Schwarzhaarige bemühte sich, ihn schleunigst freizubekommen, da er mit Sicherheit wusste, dass zu viel Nachdenken ihm im Endeffekt ohnehin nichts Gutes brachte.
Die Gedanken trafen ihn dennoch.
Seit wann zehrte all das so sehr an seinen Kräften? Seit wann erschöpfte ihn seine Arbeit so sehr? Es war schon immer so gewesen, doch mit der Zeit hatte er einfach das Gefühl, dass es nicht aufhören wollte und immer mehr wurde, was er auch tat. Immer tiefer war er in das Ganze verwickelt worden, bis er schließlich eine wichtige Figur in dieser grausamen Welt geworden war. Unverzichtbar und doch bloß ein Instrument Dumbledores. Es war kein Wunder, dass man nach nahezu zwei Dekaden - und das ohne ein Licht in all der Dunkelheit - langsam, aber sicher die Hoffnung verlor. Menschen ohne jegliche Hoffnung waren generell zu allem fähig und das war der Grund, warum Snape niemals vor einem Mord zurückschreckte.
Zumindest nahm er an, dass sein Herz völlig taub war, während er solcherlei Dinge tat, da es weder schmerzte noch sonst irgendwie protestierte. Die Wahrheit jedoch war, dass der Schmerz sich mit jeder Tat weiter in den Tränkemeister hineinfraß; auch, wenn er sich dessen nicht gänzlich bewusst war.
Ein leises Seufzen entfuhr dem Slytherin, als sein Blick zu einem großen Stapel glitt, welcher sich aus verschiedensten Pergamenten zusammensetzte. Wenn er die Arbeit nicht auf den letzten Drücker erledigen und vollkommen übermüdet nach Hogwarts zurückkehren wollte, so sollte er langsam damit anfangen, sich durch den Stapel zu arbeiten. Dem Meister der Tränke mochte es zwar vor seiner Rückkehr ins Schloss grauen, doch er musste sich eingestehen, dass es keinen Weg gab, der daran vorbeiführte.
Mit grimmigster Miene erhob er sich.
Snape machte sich auf den Weg in den Wohnraum, um dort ein Glas Feuerwhiskey zu besorgen, da ihn die Gedanken aus dem Konzept brachten sowie von der Arbeit ablenkten. Ein wenig Alkohol würde das Ganze stoppen. Das Gefühl, welches ihm zeigte, dass es nichts Gutes war, sich ständig Whiskey die Kehle hinunterzuspülen, hatte der Todesser längst betäubt. So goss er sich ein Glas ein, trank den ersten Schluck direkt aus der Flasche und kehrte anschließend in sein Büro zurück.
Snape zog den Stapel zu sich heran, atmete tief die Luft der Arbeit ein und begann.
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