Kapitel 21 | ✔
Niemals hatte sie sich vorstellen können, wie schmerzvoll es wirklich war, Opfer des Cruciatus zu werden; vor allem, wenn gleichzeitig durch die Erinnerungen gewühlt wurde. Doch, wenn sie sich in ihr Gedächtnis rief, dass Nevilles Eltern bei einer Folter wie dieser ihren Verstand verloren hatten, erschien es ihr zweifellos nicht mehr abwegig. Womöglich war Pettigrew nicht einmal ein sonderlich begabter Folterer und es war für gewöhnlich weitaus schmerzvoller; beispielsweise von der Hand Voldemorts persönlich. Sie erschauerte. Ob Snape bereits einen solchen Fluch hatte erleiden müssen? Wenn sie hier wieder herauskam, würde sie der Sache einmal auf den Grund gehen, so beschloss die Gryffindor.
„Keine Widerrede, Snape, du hast mir zu gehorchen!", donnerte es plötzlich durch den großen Saal und sie fuhr heftig zusammen, „vor rund zwei Dekaden versprachst du mir ewige Treue und Loyalität, Severus. Wie du weißt, nahm ich dich damals beim Wort und verlange somit, dass du mir gehorchst und meinen Befehlen nichts entgegensetzt!"
Snape schien zu protestieren, da ihm eben dieser Befehl allem Anschein nach missfiel. „Herr ... -", begann er ein weiteres Mal, doch anstatt ihn fortfahren zu hören, drang ein ersticktes Stöhnen an Hermiones Ohr.
Wurde er durch einen Zauber zum Schweigen gebracht? Womöglich sogar durch den Fluch, welcher ihr nur Minuten zuvor zuteilgeworden war?
„Severus", erklang die gefährlich ruhige Stimme Voldemorts, „wage es nicht, mir ein weiteres Mal zu widersprechen. Erinnerst du dich an deine letzte Strafe oder benötigst du vielleicht eine weitere, denkwürdigere?" Eine Weile war es still und in genau diesem Moment dämmerte Hermione etwas. Was sollte sie tun, wenn Snape nicht mehr da war? Ein Gefühl in ihrem Inneren sagte ihr, dass er sie beschützen würde. Egal, was auch passierte. Auch glaubte sie, dass ein anderer Todesser sie um Längen derber behandeln würde, als er es tuen würde.
„Ja, Herr", vernahm sie unvermittelt die emotionslose Stimme des Professors. Es kam ihr nahezu unwirklich vor, dass Severus Snape einem Meister untergestellt war, dessen Befehle er befolgen musste. Der Slytherin war imposant, mächtig und immer ohne Angst, weshalb es nicht leicht fiel, das Diener-Meister-Bild zu verinnerlichen.
Schritte näherten sich.
Hermione versuchte noch rechtzeitig auf die Beine zu kommen, doch da wurde sie auch schon hochgerissen. Alles in ihrem Körper protestierte und sie stöhnte schmerzerfüllt auf. „Mitkommen", befahl Snape. Er zerrte sie unsanft hinter sich her aus dem Saal, woraufhin die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel. Das letzte, was sie von Voldemort sah, war ein glühender Blick aus rot funkelnden Augen, welcher ihr eiskalte Schauer das Rückgrat hinabsandte.
Sie wehrte sich mit ihrer verbliebenen Kraft gegen Snapes ruppigen Griff, ließ es jedoch schnell wieder sein, da er aufgrund ihrer Gegenwehr nur fester zupackte. Dieser elende Bastard!
„Ich muss schon sagen, Ms Granger", zischte er plötzlich an ihrem Ohr, „da haben Sie sich aber eine überaus ... passenden Freund ausgesucht." Hermiones Augen weiteten sich. „Sie! Sie waren in meinem Kopf!", stieß sie anklagend und mit vor Scham geröteten Wangen hervor. „Seien Sie lieber dankbar, dass ich es getan habe, Granger. Wenn ich keine Okklumentik angewandt hätte, würde der Lord nun all das wissen ...", schnaubte der Tränkemeister. Unzählige Fragen schwirrten in Hermiones Kopf umher; nichts schien Sinn zu ergeben. „Aber, warum sollten Sie mir helfen wollen, Sir?".
Die junge Hexe erhielt keine Antwort, denn in diesem Moment begegnete ihnen eine grinsende Bellatrix Lestrange. Snape ignorierte die Todesserin vollkommen. Er rauschte an Bellatrix vorbei, was diese dazu verleitete, nun verstimmt weiterzustolzieren, auch, wenn Hermione ihren Blick förmlich in ihrem Rücken spürte. Diese Wahnsinnige hatte sie ebenfalls gefoltert und gehörte nach Azkaban!
Weiterhin hinter Snape herstolpernd, verließ sie schließlich mit ihm zusammen das Manor. Keuchend rang Hermione nach Atem, als er sein Tempo noch weiter erhöhte und sie so langsam das Gefühl bekam, dass er sie absichtlich quälte. Seine langen Beine waren zu weitaus größeren Schritten fähig als ihre und so hatte Hermione ihre Probleme, mit dem Professor Schritt zu halten.
Mit einem Mal disapparierte er.
Sie erschienen in Snapes Wohnraum und Hermione riss erschrocken die Augen auf. „Das hätte verdammt nochmal schiefgehen können!", rief sie ihm zu. Erneut versuchte die Gryffindor sich loszureißen. „Lassen Sie mich los!", wimmerte sie mit dem Gedanken, dass sie mit Sicherheit blaue Flecken an ihrem Oberarm bekommen würde. Sie konnte den Arm mittlerweile nicht einmal mehr spüren. Snape wirbelte mit einem Blick herum, den man ausschließlich als mörderisch bezeichnen konnte. Er umfasste nun auch ihren anderen Arm, was sie mit einem weiteren Wimmern quittierte. Mit riesengroßen Augen blickte sie in seine vor Abscheu funkelnden Augen.
Mit einem Mal ließ Snape sie los, als hätte er sich verbrannt.
Schmerzhaft kehrte das Blut in Hermiones Arme zurück und ließ sie leise aufstöhnen. Eilig trat sie einige Schritte zurück, um sicherzugehen, dass er sie nicht wieder packen konnte. Unsicher hob die Gryffindor den Blick, sah ihn zögerlich an und rieb sich die noch immer pochenden Arme, um die Blutzirkulation anzuregen und beobachtete ihren Lehrer verwirrt. Der Slytherin fuhr sich fahrig über das blasse Gesicht und erhielt in Hermiones Augen so etwas an Menschlichkeit zurück.
„Ich kann Sie nicht schützen, wenn Sie allein sind, Miss Granger. Wenn ich mich auf Hogwarts befinde, werden Sie den Todessern ausgeliefert sein." Er betrachtete sie nachdenklich. Sich unter seinem Blick unwohl fühlend, senkte Hermione den Kopf wieder. Beschützen? Snape hatte sie soeben verletzt und wollte sie nun vor etwas anderem als sich selbst schützen? Was wurde hier gespielt?
Der Tränkemeister machte Anstalten aus dem Raum zu rauschen, doch Hermione streckte ruckartig eine Hand aus und brachte ihn so zum Stehen. „Wären Sie so freundlich, Ihren Arm aus meinem Weg zu entfernen, Miss Granger?" Hermione nahm all ihren verbliebenen Mut zusammen, sammelte sich und schüttelte dann entschlossen den Kopf. „Nein, Sir", richtete sie das Wort an ihn. Snape legte die Stirn in Falten, bohrte seinen Blick unsanft in ihren und schien etwas sagen zu wollen, doch sie war schneller. „Der Cruciatus-Fluch. Wurde er schon einmal auf Sie gewirkt?"
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