Kapitel 20 | ✔
Die Steinwände waren von einem kalten Grau bedeckt und der dunkle Marmorboden ließ das Gebäude trotz der zahlreichen Verzierungen trist wirken. Ein paar wenige Fackeln erhellten die Eingangshalle und warfen die Schatten der einen Person, welche soeben aufgetaucht war, flackernd an die Wand.
Schnellen Schrittes rauschte Snape voran, während er seine Okklumentik einsetzte, um dem Lord nicht all seine Gedanken preis zu geben. Der Zaubertränkemeister erreichte wenige Sekunden später schließlich den großen Saal, in welchem Voldemort auf seinem Thron saß und auf einen verwundeten Körper blickte. Anscheinend wurde sie gefoltert. Hermione Granger wurde gefoltert. Er verabscheute Menschen, die so etwas Grausames taten.
„Severus", erklang mit einem Mal Voldemorts Stimme. Er winkte ihn zu sich, während er sich erhob, um seinem vermeintlichen Anhänger auf die Schulter zu klopfen. Severus trat einen Schritt nach vorne und je näher er Voldemort kam, desto größer wurde auch sein brodelnder Hass auf ihn sowie der Drang, diese Kreatur auf qualvollste Weise zu töten.
Mit einer weißen langfingrigen Hand streichelte Voldemort seine Schlange Nagini. Sie schien sich in der Gegenwart ihres Herrn nicht ein Stück unwohl zu fühlen, was durch das sachte Zischeln bloß bestätigt wurde. Als Snape nun vollständig beim Dunklen Lord angelangt war, durchschnitt die hohe, herrische Stimme des schlangenähnlichen Geschöpfes die eisige Stille und selbst Snapes Rücken rann eine unangenehme Schauer hinab: „Da ist er ja. Mein treuester Anhänger. Davon solltet ihr alle euch eine Scheibe abschneiden!"
Beim Letzteren hatte Voldemort seine anderen Todesser angeschaut, welche auf den Boden starrten. Feiglinge!
Voldemort hatte bloß Augen für die kleine Gryffindor und warf somit nicht einen noch so winzigen Blick in die Richtung seines vermeintlich loyalsten Dieners. Gier beherrschte den Blick des Lords. Leichte Zuckungen waren bei Grangers Körper zu erkennen. Anscheinend würde sie bald wieder aus ihrer Ohnmacht erwachen. Snape befiel das Gefühl, irgendetwas Wichtiges vergessen zu haben und die Zahnräder begannen sich in seinem Kopf zu drehen.
Da kam ihm ein Gedanke: Der Dunkle Lord war keineswegs dumm und würde in ihren Geist eindringen, um Informationen über Potter und sie selbst zu erlangen. Das wäre nicht gut. Granger weiß viel. Viel zu viel. Er musste das unbedingt verhindern!
Konzentriert richtete Snape seine Aufmerksamkeit auf Grangers Geist, fand ihn und schlüpfte unbemerkt an den brüchigen Schutzwällen vorbei.
***
Langsam öffnete Hermione ihre müden Augen und musste zunächst einmal realisieren, wo sie überhaupt war, was gerade passierte. Doch, bevor sie noch länger in Gedanken herumirren konnte, blickte sie in das Gesicht von Voldemort. Sie war ihm zuvor noch nie begegnet und bloß durch Harrys Erzählungen hatte sie eine ungefähre Vostellung von ihm gehabt, doch Harry hatte in keinster Weise übertrieben. Allein der Anblick Voldemorts ließ sie erzittern.
Dann schaute sie zu Snape. Er hatte sie entführt. Ja, genau er war es. Sie musste hart schlucken und eine Träne rannte unbewusst ihre Wangen hinunter. Wieso passierte nur das alles? Warum immer sie? Konnte sie denn kein normales Leben wie jeder normale Mensch führen?
„Peter!"
Hass wallte in Hermione auf, als der gedrungene Zauberer, welcher Lily und James Potter verraten hatte, hinter dem Thron Voldemorts hervortrat und sich tief vor seinem Herrn verneigte. Erbärmlich. Verhielt Snape sich in der Gegenwart seines Herrn auch unterwürfig und stimmte Voldemort in allen Angelegenheiten zu? Sie erschauerte, denn der Gedanke, dass der Tränkemeister keinen eigenen Willen und Geist besaß, während er sich bei seinem Herrn aufhielt, war durchaus beängstigend.
„Weise unseren Gast ein", befahl der schlangengesichtige Zauberer Pettigrew mit einem boshaften Grinsen auf dem lippenlosen Mund. Hermione beschlich ein ungutes Gefühl, welches sich bestätigte, als Pettigrew sich ihr zuwandte, den Zauberstab hob und einen Zauber murmelte, dessen Wortlaut sie nicht zu bestimmen vermochte. Dumpfer Schmerz durchzuckte ihren Körper und sie konnte den Schrei, welcher ihr unweigerlich entfloh, nicht unterdrücken.
Das furchtbare Brennen in ihren Gliedern schien sie jeglicher Kraft zu berauben, zwang die junge Frau hart zu Boden. Der Zauber, der sie zum Schweben gebracht hatte, wurde aufgehoben. Hermione keuchte auf, denn sie spürte mehr als bloß deutlich, wie sie unsanft mit dem rauen Steinboden kollidierten. Sie zitterte am ganzen Körper und versuchte mit zusammengepressten Zähnen das Wimmern zurückzuhalten, das ihr unfreiwillig entfahren wollte, doch es gelang nicht. Ihr gesamter Körper schien in Flammen zu stehen, welche sie quälend langsam von innen nach außen zu verzehren schienen. Sie wimmerte und stöhnte vor Schmerz, schrie von Zeit zu Zeit auf.
Kaum schien der Fluch von ihr genommen zu werden, spürte Hermione auch schon einen unangenehmes Ziehen in ihren Schläfen. Voldemort drang in ihren Geist ein!
Panisch, atemlos und noch immer bebend versuchte die Gryffindor den Fremden aus ihrem Kopf zu verdrängen, hatte jedoch keinen Erfolg. Weder beherrschte sie Okklumentik, noch hatte Hermione sich eingehend mit dieser Kunst beschäftigt. Bis heute hatte sie niemals auch nur einen Gedanken daran verschwendet, selbst einmal Opfer Voldemorts Legilimentik sein zu können. Die Grobheit, mit welcher durch ihre Erinnerungen gewühlt wurde, lenkte Hermione von ihrer Gegenwehr ab, doch selbst wenn dem nicht so gewesen wäre, war Voldemort schlicht und einfach zu stark. Sie war völlig unerfahren auf diesem Gebiet und er praktizierte die Kunst sicherlich des Öfteren an seinen Opfern, um an die Information zu gelangen, welche er begehrte.
Irritiert bemerkte sie mit einem Mal, dass ihre Erinnerungen sich vereinzelt in dichtem Nebel verbargen und so unerreichbar für Voldemort waren.
Wie war der Nebel zustande gekommen und wer oder was hatte ihn verursacht?
„Severus", erklang mit einem Mal wieder Voldemorts Stimme. Der Schmerz in ihrem Kopf verebbte und ihr entwich ein leises, erleichtertes Seufzen. „Du bekommst von heute an hin und wieder spontanen Besuch von Fenrir oder Yaxley. Sie kümmern sich um meine Tochter, wenn du arbeiten bist. Vielleicht ist sie mir oder gar dir noch von Nutzen."
Langsam und vorsichtig drehte Hermione sich zu Snapes Gestalt herum, welche stolz mit erhobenem Hauptes in der Nähe des Eingangs stand. Sie zuckte leicht zusammen, da seine schwarzen Augen konzentriert auf ihr lagen; ganz so als würde er tief in ihr Innerstes blicken können. Hatte er den Nebel in ihrem Geist verursacht? Doch warum sollte er seinem Herrn wichtige Informationen vorenthalten, wenn er ihm doch gehorchte und diente?
Verwirrt drehte Hermione sich wieder zu Voldemort und Pettigrew herum, deren Blicke beide auf Snape lagen. Was hatte Voldemort soeben gemeint, als er Snape darüber informierte, dass Todesser sein Heim besuchen würden, wenn er arbeiten war? Hermione wollte sich nicht vorstellen, was Fenrir oder Yaxley wohl mit ihr anstellen würden ...
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