Kapitel 9

Als ich erkenne, wer es wirklich ist, bin ich total erleichtert. Ich habe schon fast einen Herzinfarkt bekommen, als es so lange gedauert hat, bis ich herausgefunden habe, wer es ist. Ich habe mir schon die schlimmsten Szenarien ausgemalt und gedacht, dass ich gleich kämpfen muss und meinen Mädchen helfen muss, sich in Sicherheit zu bringen. Ich habe schon gedacht, dass wir hier auch nicht sicher sind und wir gleich weiterfliehen müssen. Ich habe gefühlt tausende schlimme Möglichkeiten in Erwägung gezogen, doch nun bin ich so erleichtert, dass es doch völlig anders gekommen ist. „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Wenn ich gerade eine Waffe zur Hand gehabt hätte oder vielleicht auch nur eine Bratpfanne, ich schwöre dir, ich hätte dir sowas von eine übergebtraten. Bist du denn lebensmüde? Du kannst dich doch hier nicht einfach so an mich anschleichen und keinen Mucks von dir geben! Du hättest doch wenigstens sagen können, dass du es bist, dass ich hier nicht einen halben Herzinfarkt erleiden muss! Wie bist du hier überhaupt hergekommen? Wie hast du das bitte angestellt?" Newt fängt an, wie ein Verrückter zu lachen und sich den Bauch zu halten. Schnell lasse ich meine Hand vorschnellen und halte ihm den Mund zu. Er weckt sonst noch alle Mädchen hier auf und dann bin ich mir sicher, dass sie nicht so schnell wieder einschlafen werden, wenn er hier ist. Wahrscheinlich ist ihnen dann nämlich auch klar, wenn Newt hier sein kann, dann können sie ja auch einfach zu den anderen Jungs ins Zimmer. Ich würde dann wieder die Böse sein, die ihnen den Spaß verdirbt, da ich dazu natürlich nie ja sagen würde. Also sollte Newt lieber leise sein, wenn er nicht will, dass das hier völlig eskaliert. Wie ich jetzt allerdings meine Hand auf seinen Mund halte, wird mir ganz warm im Körper und ich möchte eigentlich nicht meine Hand auf seinen Lippen liegen haben, sondern lieber etwas ganz anderes, doch daran darf ich jetzt nicht denken. Er hat sicherlich einen guten Grund, warum er hier ist und dann soll ich mich nicht davon ablenken lassen, dass ich in Gedanken an seine Lippen schwelge. Das ist nicht gut. Ich muss generell aufhören, so an ihn zu denken. Er ist mein bester Freund und er darf nicht solche Gefühle in mir auslösen. Wenn er nur wissen würde, was sein Grinsen in mir auslöst, als ich meine Hand von seinen Lippen nehme. Er sieht das alles hier als großen Spaß an und sieht wahrscheinlich gar nicht den Ernst der Sache: Dass wir nämlich großen Ärger bekommen werden, wenn herauskommt, dass er sich hier bei den Mädchen im Zimmer aufhält. Es hat ja einen Sinn, dass die Leute ihn zu den Jungs eingeteilt haben und Teresa zu uns. „Einen Moment, ich muss kurz zu Teresa." So lässt er mich völlig verblüfft zurück und huscht schnell zu ihr ans Bett. Wusste ich doch, dass er wegen ihr hier hergekommen ist! Ich könnte mich gerade ohrfeigen, dafür dass ich gedacht habe, dass er womöglich wegen mir hier hergekommen wäre. Es ist wie ein Stich mit einer Lanze in meine Brust. Warum muss das so viel in mir auslösen? Das darf es doch gar nicht! Ich will das doch nicht! Die Liebe ist schlecht, sie macht einen nur schwach und lässt einen nicht mehr rational denken. Vor allem, wenn wir wenigstens in einer normalen Welt leben würden, dann hätte ich ja vielleicht Langeweile und hätte dann nichts Besseres zu tun, als mich auf den Herzschmerz zu konzentrieren, den ein Junge in mir auslöst. Doch hier haben wir weitaus besseres zu tun. Ich brauche meinen Kopf zum Klardenken und da kann ich nicht nebenbei noch meinen Kopf mit so etwas zumüllen und belasten. Das wird einfach auf Dauer nicht gut laufen. Ich will gar nicht hinsehen, wie er nun bei ihr an der Matratze angekommen ist, wie er sie sanft weckt und sich ihr gleich zu erkennen gibt, damit sie sich nicht erschreckt. Na, vielen Dank aber auch! Die liebe Teresa soll sich nicht erschrecken, aber die May darf das schon, sie ist ja die Anführerin, die muss ja sowieso alles ertragen. Als er sich nun auch noch vorbeugt, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern, kommt mir fast mein Abendessen wieder hoch. Das kann doch nicht sein! Ich weiß nicht, wie ich das ausgehalten habe, ihn mit Bianca zusammen zu sehen! Das liegt wohl daran, dass ich damals noch nicht in ihn verliebt war! Was macht das nur aus mir? Es macht einen schwachen Menschen aus mir, der von ihm abhängig ist. Ich will aber selbstständig sein und ich kann von niemandem abhängig sein. Meine Laune darf nicht von Newt abhängig sein, das darf es einfach nicht. Als ich nun wieder einen Blick zu den beiden werfe, sehe ich, wie Teresa gerade aufsteht. Nanu, was macht sie denn da? Ist er denn nicht gekommen, um hier Zeit mit ihr zu verbringen? Als ich sie wieder auf den Schacht zulaufen sehe, aus dem Newt gekommen sein muss und der wohl in das Zimmer der Jungs führen muss, krampft sich in mir alles zusammen. Er wird sie jetzt wohl mit in das Zimmer der Jungs nehmen und dort werden sie wohl die Nacht verbringen, bis Teresa dann am Morgen wieder hier aufkreuzt. Will Newt sich noch nicht einmal von mir verabschieden? Er krabbelt einfach hinter Teresa her, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Na, vielen Dank! Dann kann ich mich ja jetzt wieder hinlegen und versuchen, zu schlafen, was mir auf jeden Fall jetzt nicht mehr gelingen wird, das ist mir vollkommen klar. Ich will gerade wieder aufstehen, um es mir gemütlich zu machen, da sehe ich aus dem Augenwinkel, dass Newt zurückkommt. Und ich sehe auch keine Teresa, die ihn begleitet. Er ist also alleine. Hat er etwas vergessen oder so? Ich bin echt gespannt, was jetzt kommt. Doch er kommt nur auf mich zu, schließt seine Arme um mich und drückt mich so fest an sich, dass ich fast zerquetscht werde. Ich erwidere allerdings die Umarmung, klammere mich an ihn wie ein Ertrinkender im Ozean an das letzte Stück Holz.

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