Kapitel 6

Wir setzen uns all an den erstbesten Tisch und ich höre, wie gleich das Geschnatter von all den Jungs losgeht. Die Mädels reden natürlich mit und schon ein paar Minuten später kann ich die ersten von ihnen kichern hören, als würden sie sich herrlich amüsieren. Geht das so schnell? Kann man so schnell Anschluss an jemanden finden, den man vorher nicht gekannt hat? Ich bin eigentlich ja immer sehr skeptisch, was neue Leute angeht, da ich zu viele schlechte Erfahrungen gemacht habe. Es muss nicht immer die Person sein, die ich da sehe. Viele verbergen ihre Persönlichkeit bewusst und man findet erst heraus, wer sie wirklich sind, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Ich vertraue Menschen nicht so schnell. Selbst bei Sonya und Newt hat es eine gewisse Zeit gedauert, bis ich sagen konnte, dass ich ihnen wirklich vertraue. Ich bin mir sicher, dass sich in der nächsten Zeit nicht so schnell jemand finden wird, für den das alles dann auch gilt. Dazu bräuchte ich wahrscheinlich erst einmal ein paar Monate und außerdem verspüre ich noch nicht einmal ein sonderlich gesteigertes Bedürfnis, hier jemanden anzusprechen oder mich generell mit jemandem zu unterhalten. Ich schätzte, ich gehe mir jetzt einfach etwas zu essen holen. Ich sehe, dass es den anderen gut geht und sie alle in ihre Konversationen vertieft sind, ich mir also keine Sorgen machen brauche, dass in den nächsten Minuten irgendwas Schlimmes passieren könnte. Auf dem Weg zur Essensausgabe sehe ich Fiona, die nicht mit mir und all den anderen an einem Tisch Platz genommen hat. Sie hat sich zu einem Tisch begeben, der ein Stück von unserem entfernt ist. Hier sitzt sie mit vielen Gleichaltrigen und unterhält sich angeregt, ich kann sie lächeln sehen und ich werde automatisch auch glücklich. Ich freue mich total, wenn ich sehe, dass sie Anschluss gefunden hat. Die ganze Zeit bei uns auf der Lichtung war etwas einsam für sie gewesen, da sie immer die Jüngste gewesen ist. Wir haben sie zwar nicht ausgeschlossen oder etwas getan, das sie verletzt hat, da sie jünger ist, doch es ist dennoch klar, dass sie sich auf Dauer wohler fühlt, wenn sie mit Gleichaltrigen zu tun hat. Sie verstehen sie natürlich auch besser und das, was in ihrem Kopf vor sich geht. Ich bin auch nicht böse, dass sie sich nicht zu uns gesetzt hat. Sie musste lange genug darunter leiden, mit niemandem so richtig über all das, was sie will, reden zu können und nun hat sie sicherlich ganz viel Bedarf, das alles aufzuholen. Ich winke ihr lächelnd und halte einen Daumen nach oben, um ihr zu zeigen, dass alles in Ordnung ist, sie sich um nichts Sorgen machen braucht und einfach mit dem, was sie da macht, weitermachen kann. Sie lächelt mich auch an und wendet sich dann wieder ihren neuen Freunden zu. Ich hole mir dann auch schnell etwas zu essen, denn langsam habe ich das Gefühl, zu verhungern. Mein Magen rebelliert schon, da ich solchen Hunger habe. Als ich sehe, was es hier alles zu essen gibt, läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Sie haben so viel hier und nicht nur das. Das Essen ist auch noch so lecker, dass ich mich auf die ganzen Mengen stürzen könnte und es mir alles wie mit Schaufeln in den Mund schieben könnte. Ich kann mich gar nicht entscheiden, was ich als Erstes auf meinen Teller nehmen soll. Hier ist sehr viel Gesundes, doch sie haben dennoch auch viel hier hingelegt, das alles andere als gesund ist. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht schmeckt. Fast Food schmeckt immer sehr gut, obwohl ich nicht weiß, warum ich mich an den Geschmack davon erinnern kann. Ich kann mich bewusst nicht daran erinnern, so etwas jemals gesehen oder gegessen zu haben, aber ich weiß dennoch, wie es schmeckt und dass ich es liebe und fast nicht mehr aushalte, bis ich es endlich essen kann. Sogar Nachtisch haben sie hier und das kann ich dann auch noch essen, wenn ich bis dahin nicht schon völlig voll bin. Ohne noch eine Sekunde länger zu zögern, lade ich mir meinen Teller mit allem Möglichen voll und begebe mich dann schnell wieder an meinen Platz zurück. Kaum, dass ich dasitze, schlage ich schon zu. Mhh! Mann, war das Essen gut! Anne hatte zwar auch immer so gut gekocht, aber dennoch hatte sie nie die Möglichkeit, so etwas zu kochen. Und ich konnte echt nur sagen, dass es einfach perfekt schmeckte. Ich esse so viel ich kann, in solch einem Tempo, dass manch anderem dabei schlecht werden würde, doch ist mir egal. Ich höre dabei die anderen immer noch lustig schnattern und zwischendurch stehen sie auch auf, um sich kurz etwas zu essen zu holen. Als ich mein Essen fertiggegessen habe und mir eigentlich noch Nachschlag holen will, werde ich allerdings zurückgehalten, denn mich hält jemand am Arm fest und ich drehe mich schnell in die Richtung. Das ist wie ein Reflex, weil ich unbedingt sehen will, wer mich da anfasst. Es ist ein Junge, den ich noch nicht kenne. Er sieht aus, als wäre er etwa 17 Jahre alt. Er ist Asiate und lächelt mich freundlich an. „Hey, warte doch kurz einen Moment. Mit dir haben wir alle doch noch gar nicht gesprochen. Du musst wohl May sein, die Anführerin, so wie die anderen es mir gesagt haben oder?" Ich setze mich wieder normal hin, sodass ich mich ihm zuwende. Er sieht eigentlich ganz nett aus und ich bin jetzt auch nicht mehr am Verhungern, da kann ich mich ja auch ein paar Minuten mit diesem Jungen unterhalten, das schadet ja nichts. „Ja genau, das stimmt. Wir sind das Labyrinth mit dem armen Newt, der nur von Mädchen umgeben ist", lache ich, „und wer bist du? Kannst du mir ein bisschen von deinem Labyrinth erzählen, ich komme mir sonst so schrecklich unwissend vor." Er lächelt und nickt. „Klar! Ich bin Minho und das ist unsere Geschichte ..."

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