Kapitel 4
Wir werden am Anfang wie die Viecher behandelt. Wir sollen uns alle in eine Reihe stellen und bekommen einen Stapel an Handtüchern, Waschlappen, Seife und neuen Klamotten in die Hand gedrückt und dann müssen wir in genau dieser Reihenfolge einfach weiterlaufen, dem Rattenmann hinterher und durch viele Gänge, bis wir uns vor den Duschräumen befinde. Das alles ging in einem solch schnellen Tempo, dass ich mich echt frage, ob er nicht mal ein bisschen Rücksicht auf uns nehmen kann. Ich merke es an mir, kann es der kleinen Fiona und anderen Lichtern, die noch nicht so alt sind, sogar ansehen und ich merke es sogar Newt an, dass er total am Ende ist. Er ist ein Junge und er hat eigentlich immer sehr viel Energie, aber ich kann ihm auch ansehen, dass er total müde und erschöpft ist und dass er zwar schnell essen will, aber dennoch will er auch nicht so gehetzt werden. Ich frage mich, ob er einen eigenen Schlafraum bekommt oder ob wir es nun dennoch schaffen, dass er bei uns im Raum übernachten kann. Bei mir fängt alles an, zu kribbeln, wenn ich daran denke, dass er direkt neben mir schlafen würde und es dieses Mal sogar in einem geschlossenen Raum wäre. Wir würden dieselbe Luft einatmen und ich würde mich ihm so nahe fühlen. Ich würde mich am liebsten sogar mit ihm auf eine Matratze liegen und ein bisschen kuscheln, doch ich weiß gar nicht, wie ich überhaupt auf diese Gedanken komme. Es hat sich in letzter Zeit so viel verändert, wenn ich daran denke, was ich denke, wenn ich ihn sehe. Ich habe ihn doch immer nur als besten Freund gesehen und habe an so etwas nie gedacht und wenn dann nur, dass ich ihn als Freund nahe an mir hätte. Wie kann es sich so ändern, dass ich in seiner Nähe auf einmal nervös werde und mir manchmal auch ganz komische Fragen stelle, die einfach keinen Sinn machen? Da geht wohl meine Nervosität mit mir durch. Ich hasse das, ich habe eigentlich genug zu tun. „Hey, May, ist alles okay? Du wirkst schon wieder so abwesend! Das ist mir jetzt in letzter Zeit schon ein paar Mal aufgefallen, als wenn du in einer völlig anderen Welt sein würdest und auch, wenn andere dich ansprechen und was von dir wissen wollen, dann hörst du es auch oft einfach nicht." Ich zucke zusammen und werde knallrot, da er mich erwischt hat. Jetzt darf ich aber auf keinen Fall sagen oder zu erkennen geben, dass er etwas damit zu tun hat. Das würde mein Untergang sein und zudem noch so peinlich, dass ich im Erdboden versinken wollen würde. „Ich denke ständig daran, was mit den Mädels ist, die nicht mit uns geflüchtet sind. Ob wohl die Griewer deaktiviert wurden, da WICKED angregriffen wurde? Ich weiß nicht, ob unsere Retter es auch geschafft haben, einige Dinger zu deaktivieren, damit nicht jede Nacht die Griewer zurück auf die Lichtung laufen und sie alle ermorden. Ich frage mich, ob sich irgendjemand um sie kümmert und auch dafür sorgt, dass sie irgendwo hinkommen, damit sie dort leben können. Sie können ja nicht einfach sagen, dass es ihnen egal ist, was aus ihnen passiert, denn uns haben sie ja auch von dort weggebracht. Ich mag sie zwar gar nicht, Ella und Bianca sind der Horror, aber die anderen Mädchen, die bei ihnen sind, sind teilweise doch total in Ordnung. Sie sind noch zu jung, um sich eine richtige Meinung zu bilden, wer die richtigen Personen sind, mit denen man sich abzugeben hat. Die falsche Entscheidung werden sie wohl jetzt ihr ganzes Leben bereuen. Wenn sie überhaupt noch lange genug leben. Ich denke, du verstehst, dass ich mir da große Sorgen mache. Ich habe doch eigentlich die Aufgabe gehabt, alle heil rauszubekommen und ich bin schuld, wenn sie sterben. Wir alle hier sind in Sicherheit, haben zu essen und einen Schlafplatz und sie müssen uns Überleben kämpfen. Das ist einfach nicht fair." Jetzt, da ich damit angefangen habe, bemerke ich, dass das alles stimmt. Anfangs wollte ich irgendetwas erfinden, damit Newt nicht mitbekommt, was mit mir eigentlich los ist. Ich habe zwar genau in dieser Sekunde nicht daran gedacht, doch es bedrückt mich dennoch ziemlich stark. Das wird mir gerade ziemlich stark bewusst und ich weiß nicht, was ich machen soll, damit ich mich davon ablenken kann. Wenn ich mich davon ablenke, dann denke ich an Newt und von ihm will ich mich ja gerade eigentlich auch ablenken. Das ist eine nicht so gute Kombination, muss ich zugeben. Vor mir laufen die Lichter immer weiter nach vorne, da die ersten schon in die Dusche gehen. Schon in ein paar Minuten werden wir sicherlich auch an der Reihe sein. Ich kriege es gerade nicht auf die Reihe, aufzuschließen, da Newt etwas tut, was mich kurz zusammenzucken lässt und dann einen Stromschlag durch meinen ganzen Körper sandt, bei dem mir augenblicklich total warm wird. Er legt seinen Finger unter mein Kinn und sorgt dafür, dass ich ihm in die Augen sehe. Sie strahlen eine solche Wärme aus, dass mir automatisch noch ganz wärmer wird. Ich grinse wie eine Bekloppte und hoffe gleichzeitig, dass es die anderen nicht mitbekommen. Er nimmt mich nun auch noch in den Arm, so wie er es schon oft getan hat, doch jetzt ist es dennoch irgendwie anders. Es ist so herzlich und ich fühle mich augenblicklich so geborgen. Ich drücke mich eng an ihn und ignoriere, dass uns wohl alle anderen anstarren. Sie wissen, dass wir beste Freunde sind und ich denke auch nicht, dass jemand von ihnen auf die Idee kommen könnte, dass es etwas anderes ist, denn darüber muss ich auch erst einmal mit mir selbst ins Klare kommen. Es passiert einfach zu viel auf einmal. Ich will mich erst einmal ausruhen. Dann kann ich weiterdenken.
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