Kapitel 3
Alles ist rein weiß hier. So steril, wie wenn wir uns hier in einem Operationssaal befinden würden. Es ist alles still, zu still. Neben mir sehe ich meine Freunde stehen, hinter uns haben sich gerade unsere Retter ins Gebäude begeben und die riesige Tür ist gerade dabei, sich zu schließen. Die Cranks müssen sie wohl alle aus dem Weg geräumt haben, denn sie sehen nicht so aus, als hätten sie sich einen Kampf mit ihnen liefern müssen. Ich keuche und sehe in die verschwitzten Gesichter der anderen, sehe ihnen die Erschöpfung und die Müdigkeit an. Wir alle wollen dasselbe, etwas zu essen und einfach nur unsere Ruhe, dann würden wir alle momentan wunschlos glücklich sein. Ich habe mich ganz eng an Newt gedrückt, ich weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll, doch ich bin momentan einfach nicht in der Verfassung, mich vor die anderen zu stellen und ihnen etwas zu erklären oder ihnen etwas zu befehlen. Ich habe irgendwie das Gefühl, als hätte ich meine Rolle als Anführerin in gewisser Art und Weise verloren, als wir in diesen Helikopter gestiegen sind. Unsere Retter werden uns nun alles sagen, was wichtig ist. Sie werden dafür sorgen, dass wir in Sicherheit sind und sie werden uns herumführen, sie werden sicherlich auch unsere Ansprechpartner sein. All das, was vorher meine Aufgabe war, ist jetzt sozusagen damit abgelöst worden. Sicherlich werde ich in dieser Position jetzt einfach nicht mehr gebraucht. Ich will es auch nicht verbocken und weiter darauf beharren, denn so würde ich sicherlich nur Ärger mit den Leuten hier bekommen. Sie sind so gütig und haben uns gerettet und hier hergebracht, hier werden wir bleiben können und ich bin ihnen so dankbar, dass meine Mädchen in Sicherheit sind. Da werde ich mich ihnen keinesfalls in den Weg stellen. Auch wenn ich mich gerade nicht wirklich wohl deshalb fühle. Es ist, wie wenn einem ein wichtiger Teil des Lebens gestohlen werden würde und ich glaube, ich werde eine Weile brauchen, um darüber hinwegzukommen. Newt unterstützt mich wortlos, indem er nach meiner Hand greift und sie sanft drückt. In diesem Moment ist es mir auch egal, ob das jemand mitbekommt und ich bemerke, dass ich keinen panischen Blick um mich werfe, um auszumachen, ob uns jemand beobachtet. Sollen sie es ruhig sehen. Ich werde ja wohl noch die Hand meines besten Freundes halten dürfen. „May, da vorne kommt ein Mann auf uns zu! Er breitet die Arme so gruselig aus. was soll das, er macht mir Angst!" Ich sehe erst zu Fiona, die wirklich panisch aussieht. Sie tut mir leid, das alles muss sie so verstört haben, dass sie es wohl sehr lange nicht verarbeiten kann. Ich würde ihr so gerne helfen können. Doch ich will natürlich auch sehen, von wem sie da gesprochen hat. Und tatsächlich: Ein Mann kommt auf uns, die Arme ausgebreitet, als wären wir alte Freund und er wäre überglücklich, uns nach so vielen Jahren endlich wiederzusehen. Er hat graue Haare, einen grauen, kurzen Bart und er trägt grau-schwarze Kleidung. „Der sieht ja aus, als wenn er von Ratten abstammen würde", flüstert Sonya mir ins Ohr und danach auch Newt. Wir beide nicken ihr zu. Damit hat sie völlig recht. Seine Visage sieht bei genauem Betrachten wirklich aus, als hätte er Ratten in der Familie und sie hätten dann ihr Gesicht an ihn vererbt. „Willkommen hier bei uns. Ihr seid nun in Sicherheit und ihr könnt euch vollkommen entspannen und freuen. Hier könnt ihr sein wie ihr seid, ihr braucht nicht auf der Hut sein vor Gefahren, ihr müsst nicht mehr bangen, nicht genug zu essen zu haben, denn hier haben wir immer genug für euch. Fühlt euch hier wie zu Hause. Sehr bald werden wir euch sogar zu unseren Ärzten bringen, damit sie euch gegen alle Möglichen Krankheiten impfen können, damit ihr hier nicht an einer Grippe oder anderen sinnlosen Krankheiten leiden müsst." Er lächelt uns an, doch ich habe sehr stark das Gefühl, dass dieses Lächeln total unecht ist, zumindest sieht es vollkommen danach aus. Er scheint wohl nicht so froh zu sein, diesen Job zugewiesen bekommen zu haben. „Mein Name ist Janson. hat jemand von euch noch Fragen an mich, bevor wir loslegen?" Er lässt seinen Blick über die Menge gleiten und bleibt bei mir hängen. Ich spüre, wie ich zusammenzucken, als ich in seine Augen blicke. Er wirkt gar nicht vertrauenswürdig auf mich. Fiona hebt den Arm, da sie wohl eine Frage zu haben scheint. Ich muss ein bisschen schmunzeln. Die Kleine kann einen echt gut aufmuntern, da sie immer so unschuldig denkt und oft noch nicht wirklich versteht, wie böse die Welt wirklich ist. Sie sieht immer nur das Beste im Menschen. Dieser Janson lächelt sie an und fordert sie auf, ihre Frage zu stellen. Als sie sie dann allerdings stellt, bleibt mir fast die Spucke im Hals stecken. „Wir werden doch bald geimpft! Werden wir dann auch gegen den Brand geimpft? Ich habe diese Cranks draußen gesehen und ich will nicht so werden wie die. Sie machen mir große Angst. Bitte, könnt ihr uns helfen, dass wir nie so werden?" Mir treten Tränen in die Augen. Sie ist so süß und es ist so lieb, dass sie sich so um uns alle sorgt. Ich würde sie nun am liebsten in den Arm drücken und ihr sagen, dass ich sie lieb habe. Jansons Miene verändert sich für den Hauch einer Sekunde, ich denke schon, dass seine Fassade bröckelt, doch dann bekommt er sich gleich wieder in den Griff und er blickt Fiona gefühlskalt an. „Mach dir da mal gar keine Sorgen, Kleines. Hier kommen keine Cranks rein. Nun folgt mir alle bitte, ihr habt als erst einmal eine Dusche nötig, ihr stinkt nämlich höllisch. Beeilt euch, dann gibt es schneller Abendessen." Damit dreht er sich um und wir können nichts anderes tun, als ihm hinterherzulaufen. Es macht mich wütend, dass er nicht mal annähernd auf Fionas Frage geantwortet hat. Er konnte ihr nicht mal versichern, dass uns so etwas nicht passiert. Was ist, wenn das heißt, dass wir alle auch zu Cranks werden können?
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