Kapitel 1
Wir flogen nicht lange. Höchstens eine oder zwei Stunden. Nachdem wir alle ein Weile lang aus dem Fenster gestarrt, uns aber an all dem Neuen gar nicht satt sehen konnten, überkam uns der Schlaf. Es ist schließlich alles so anstrengend gewesen, da braucht man Schlaf, um wieder zu Kräften zu gelangen. Obwohl ich ziemlich schnell weggedöst bin, konnte ich mich in keine Phase des Tiefschlafs begeben. Es ist wohl so, dass mein Körper noch immer in dauernder Alarmbereitschaft ist und denkt, dass wir in jeder Sekunde wieder kämpfen müssen. Ich muss erst einmal registrieren, dass wir es nun geschafft haben und in Sicherheit sind. Wir werden uns alle ein neues Leben aufbauen können. Sicherlich können wir eine Weile an dem Ort bleiben, an den wir jetzt gebracht werden und wenn wir uns alle wieder regeneriert haben, dann können wir uns zusammen auf den Weg machen und unser eigenes Leben leben. Was mir allerdings Sorgen macht, ist die Welt um uns herum. All die Zeit über, die wir geflogen sind, haben wir uns in der Wüste befunden. Das heißt, dass Ava Paige, die Frau von WICKED die Wahrheit gesagt haben muss. Die Sonneneruption muss wirklich fast die gesamte Welt verbrannt haben. Ich will nicht daran denken, wie viele Leute ihr zum Opfer gefallen sind und auch nicht, wie es nun mit den Cranks ist, die den Brand haben. Ich will einfach nur daran denken, dass wir nun in Sicherheit sind. Wir sind den Fängen von WICKED entkommen und nun kann uns niemand mehr etwas anhaben. Ich werfe einen weiteren Blick aus dem Fenster, als ich bemerke, dass wir langsam zur Landung ansetzen. Mittlerweile ist es schon so dunkel geworden, dass man fast die Hand vor Augen nicht mehr erkennen kann und auch die Wüste in kompletter Dunkelheit verschwunden ist. Ich kann nur sehr viele grelle, kleine Lichter ausmachen, die sich in unmittelbarere Entfernung befinden. „Das wird euer neues Zuhause sein. Dort werden wir euch hinbringen und ihr könnt euch ausruhen, bekommt saubere Klamotten und etwas zu essen." Ich blicke in die Gruppe meiner etwa 20 Mädchen und natürlich Newt und sehe in ihren Augen, dass sie begriffen haben, was das bedeutet. Das ist wie ein Sechser im Lotto für uns. Ich kann einige Mägen knurren hören und merke, dass mein eigener ebenfalls dazugehört. Es ist wie ein Besuch im Schlaraffenland für uns, wenn wir alle ein anständige Portion zu essen bekommen, wie ein Festmahl. Vielleicht bekommen wir endlich bald wieder etwas auf die Rippen. „Was gibt es zu essen?", höre ich Fiona mit piepsiger Stimme fragen. Sie kling so schüchtern und das ist in dieser Situation so süß, dass wir alle anfangen, zu lachen. Es ist ein herzliches Lachen, das uns allen klar macht, dass nun bessere Zeiten beginnen. „Alles, was du willst. Wir haben Burger, Pizza und Nudeln und auch noch ganz viele süße Nachtische." Ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie die Kleine jetzt gerade wohl strahlen muss. „Also ich bin für Pizza, was ist mit euch?", frage ich in die Runde. Ich weiß, was Pizza ist und mir läuft das Wasser im Mund zusammen, wenn ich daran denke, doch ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich es das letzte Mal gegessen habe. „Eine Runde Pizza für alle, würde ich mal sagen", lacht Newt und alle stimmen ihm zu.
Nachdem der Hubschrauber gelandet ist, wird die Tür geöffnet und wir begeben uns alle nacheinander hinaus, der Mann, der uns verraten hat, was es zu essen gibt, hilft uns dabei. Ich bin auch nach Sonya und vor Newt an der Reihe. Ich bin wirklich erstaunt, dass es hier in der Wüste so kalt sein kann. Obwohl ich mich ganz schwach erinnern kann, irgendwann mal gelernt zu haben, dass es in der Wüste tagsüber wirklich heiß ist und nachts ebenso sehr kalt sein kann. „Bereit?", fragt Newt mich und drückt lächelnd meine Hand. Ich erwidere den Handdruck und lächle ebenfalls breit. „Aber sowas von. Ich kann es kaum erwarten, frisch geduscht, in neuen Klamotten und pappsatt in ein gemütliches Bett zu fallen. Ich werde sicherlich Tage schlafen und gar nicht mehr aufwachen. Höchstens, um wieder etwas zu essen. Ans Essen werde ich mich wirklich gewöhnen können." Newt lacht und das löst ein warmes Gefühl in mir aus, das sich in meinem ganzen Körper ausbreitet und kribbelt. Ich würde gerne weiter mit ihm reden, doch nun bin ich an der Reihe. Der Mann reicht mir seine raue Hand, die sich so anfühlt, als wenn er schon viel damit arbeiten musste, und hilft mir, auszusteigen. Ich mache einen kleinen Hüpfer aus dem Hubschrauber hinaus und lande weich im Sand. Sofort gehe ich in die Hocke und lasse meine Hand durch den Sand gleiten, fühle die kleine Körner und lasse sie durch meine Finger gleiten. Der Sand ist noch immer sehr warm, da er sich durch die Sonne aufgeheizt hat. Wenn es Tag wäre, hätte ich mir sicherlich daran die Finger verbrannt. „Schön, nicht wahr? Bei all dem Grün auf der Lichtung bin ich gar nicht davon ausgegangen, dass es hier draußen so anders aussehen kann." Der Wind, der hier bläst, lässt Newts Haare im Wind wehen und das sieht an ihm echt toll aus. Und ich bin froh, dass er dieses Lächeln hat, denn es macht mich auch glücklich. Es lässt mich fühlen, wie wenn ich zu Hause wäre. „Cranks! Schnell, alle müssen hier weg!", höre ich einige Männer bellen und zucke in der nächsten Sekunde auch schon zusammen, als sie losfeuern und die grelle Patrone etwas in die Brust trifft. Es ist nicht ein jemand, es ist ein Es. Ich kann nicht viel erkennen, da es hier ja stockfinster ist und die Lichter ein Stück entfernt sind, doch die vergammelte Haut, die ich sehen kann und der widerliche Geruch reichen mir schon völlig aus, dass ich Newt an der Hand nehme und mit ihm so schnell wie möglich den anderen hinterherrenne. Wir sind die Letzten, was bedeutet, dass die anderen wohl schon in Sicherheit sein müssen. Wir nähern uns immer näher den Lichtern, im Hintergrund hören wir das Grunzen der Cranks und die Gewehrsalven unserer Retter, die sie vernichten. Ich muss schlucken. Was ist, wenn wir nun doch nicht in Sicherheit sind? Was ist, wenn uns Cranks angreifen?
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