Sorrow

***Aus Sasukes Sicht***

Am nächsten Morgen scheint die Sonne in mein Zimmer. Es ist als würde der Himmel uns verspotten. Ich zwinge mich aufzustehen und in die Küche zu gehen. Naruto folgt mir schweigend. Ich habe keine Ahnung, wann ich ihn das letzte Mal so still erlebt habe. Mein Bruder scheint aufgebracht, als wir die Küche betreten. Er hat sein Handy am Ohr und ich weiß genau mit wem er spricht, als ich seine ersten Worte höre. „Wie wäre es, wenn du nachhause kommst!? Du kannst uns doch mit diesem ganzen Mist hier nicht alleine lassen!" Ich verdrehe die Augen. Hatte Itachi etwas anderes von unserem Vater erwartet? „Vater! Deine Söhne brauchen dich! Wie kannst du denn so kalt sein?" Ich nehme ihm das Handy aus der Hand und lege auf. „Lass gut sein, Itachi. Das bringt doch nichts." Er sieht mich verzweifelt an und lässt sich auf einen Barhocker fallen. „Ich bin so müde." Ich lege meine Hand auf seine Schulter. „Ich auch." Ich gehe zum Kühlschrank und hole eine Flasche Wasser heraus. Ich mache drei Gläser voll und reiche zwei davon an meinen Bruder und an Naruto weiter. Dass Naruto nicht spricht, zieht mir meine letzte Kraft. Ich weiß, warum er nicht redet. Keiner kann unseren Schmerz so gut nachempfinden, wie er. Er fühlt genau dasselbe, was wir fühlen. Nur dass er diesen Kummer seit über 10 Jahren in sich hat. Als es klingelt, steht Itachi auf. Dafür setzen Naruto und ich uns hin.

„Schön, dass ihr da seid. Kommt doch rein." Ich höre Itachis Stimme aus dem Flur. „Itachi, lass dich umarmen. Mein herzliches Beileid. Es tut mir so leid." Er bleibt gefasst, was ich absolut erstaunlich finde. Dann überlege ich, wem die Stimme gehört. Naruto sieht mich erstaunt an. „Das ist Mebuki." Er hat Recht. Heißt das, dass Sakura auch hier ist? Ich höre wieder Itachi. „War das Hotel in Ordnung, das ich für euch gebucht habe?" Und dann höre ich sie. Ihre Stimme sorgt dafür, dass ich am ganzen Körper Gänsehaut habe. „Es war super. Danke Itachi." Ich stehe auf um in den Flur zu schauen. Die Haustür ist immer noch offen und ich erschaudere noch mehr, als ich den warmen Luftzug von draußen wahrnehme. Ich sehe Sakura, die ihre schmalen Arme um Itachi legt. Mebuki entdeckt mich und schenkt mir ein mitfühlendes Lächeln. Ich nicke ihr kurz zu und trete dann aus dem Türrahmen. Naruto zwängt sich an mir vorbei und lässt sich dann von Sakuras Mutter in den Arm nehmen. Die beiden sagen nichts. Aber ich bin mir sicher, dass Mebuki weiß, wie dringend Naruto diese Umarmung braucht. Als Itachi und Sakura sich voneinander lösen, treffen sich unsere Blicke. Ihre grünen Augen sehen müde und erschöpft aus. Sie versucht tapfer zu sein, aber ich sehe die Tränen, die in ihren Augen stehen. Ich empfinde unfassbar viel und bin komplett überfordert, von dieser Situation. Endlich schließt Itachi die Haustür. Ich versuche durchzuatmen. Sakura macht vorsichtig einen Schritt in meine Richtung. Dabei wirft sie einen Seitenblick auf Naruto, der Rotz und Wasser heult, während er immer noch umarmt wird. Mebuki versucht ihm beruhigend über den Rücken zu streicheln. Dann breitet Sakura ihre Arme aus und ich gehe einen Schritt auf sie zu. Es ist komplett egal, dass ich wütend auf sie bin. Und es ist egal, dass ich sie gestern verlassen habe. Ich brauche sie und sie braucht mich. Als ich sie erreiche und wir uns umarmen, laufen mir Tränen über die Wangen. Es ist das erste Mal, dass ich weine, seit ich von Itachi erfahren habe, was geschehen ist. Ich nehme alles wahr. Sie ist unglaublich warm. Sie riecht ein wenig nach Vanille und mein T-Shirt wird nass, weil sie ebenfalls weint. Ich streichle ihre weichen Haare und drücke ihr einen Kuss auf den Kopf. Sie umarmt mich fester und ich höre ihre zitternde Stimme. „Es tut mir so leid, Sasuke." Ich sage nichts. Ich spüre nur, wie ich mich plötzlich fühle, als könnte sie mich auffangen. Ich habe mich nach ihr gesehnt. Ich bin tieftraurig. Und ich glaube, dass mein Herz eingefroren ist. Ich lasse das erste Mal aktiv den Gedanken zu, dass ich meine Mutter niemals wieder sehen werde. Sie ist fort.

Ich weiß nicht, wie lange wir alle im Flur gestanden haben. Ich habe gar kein Zeitgefühl mehr. Irgendwann sind wir ins Wohnzimmer gegangen. Nachdem Sakura unsere Umarmung gelöst hat, ist sie zu Naruto gegangen. Sie hat seinen Arm genommen, ihn zum Sofa gezogen und sich gemeinsam mit ihm gesetzt. Sie umklammert ihn so fest sie kann und er tut dasselbe bei ihr. Es ist herzzerreißend. Ich hab keine Vorstellung davon, was die beiden in diesem Moment fühlen, obwohl es meine Mutter ist, die gerade gestorben ist. Ich fühle mich einfach nur betäubt. Es ist als würde ich nicht richtig an meinen Schmerz heran kommen. Naruto weint schon lange. Ich suche nach Taschentüchern und reiche sie ihm. Dann setze ich mich neben die beiden und blicke aus dem Fenster. Die Sonne scheint immer noch.

Sakuras Mutter atmet erschöpft aus. Sie saß bis eben in einem Sessel und hat uns beobachtet. „Ich bin mir sicher, ihr habt gerade keinen Hunger. Aber wie wäre es, wenn ich euch trotzdem etwas leckeres zubereite?" Sakura lächelt. „Danke Mum." Itachi läuft die ganze Zeit auf und ab. Mebuki erhebt sich aus dem Sessel. „Komm Itachi, wir gehen gemeinsam in die Küche und reden über ein paar Dinge, die noch zu klären sind." Er nickt und folgt ihr. Das erste Mal seit ich denken kann, ist unsere Küchentür geschlossen. Vielleicht ist das aber auch besser so. Ich denke nicht, dass ich hören muss, welche bürokratischen Angelegenheiten jetzt zu klären sind.

Bei uns im Wohnzimmer ist es still. Sakura lässt Naruto los, der daraufhin seinen eigenen Körper fest umklammert, wahrscheinlich um sich selbst etwas zu schützen. Dann sieht sie zu mir. „Hast du letzte Nacht geschlafen?" Ich schüttle den Kopf. Dann stellt sie Naruto dieselbe Frage. Er schüttelt ebenfalls den Kopf. Dann atmet sie tief durch. „Ich auch nicht. Vielleicht sollten wir nach dem Essen alle versuchen, etwas zur Ruhe zu kommen." Naruto seufzt. „Ja, wäre vielleicht eine gute Idee." Ich sehe meinen besten Freund fragend an. „Möchtest du ein paar Tage hier bleiben?" Er nickt. Dann legt Sakura ihm eine Hand auf den Arm. „Weiß Hinata wo du bist?" Er nickt wieder. Dann greift Sakura nach meiner Hand und streichelt sachte über meinen Handrücken. „Die Frage ist vielleicht etwas absurd. Aber wie gehts dir?" Ich weiß es nicht und das sage ich auch. „Ich hab keine Ahnung. Ich fühle mich, als wäre mein Leben aus mir heraus geglitten." Naruto lacht bitter. „Gewöhn dich dran, das wird eine Weile anhalten." Ich atme tief durch. „Das hatte ich schon befürchtet." Sakura hält meine Hand noch immer. Ihre Haut ist weich und ich sehne mich nach ihr, obwohl sie neben mir sitzt.

Unser erneutes Schweigen wird durch Sakuras Handy unterbrochen. Sie zieht es mit ihrer freien Hand aus der Hosentasche und ich kann ihr Display sehen. Sai ruft an. Ich fühle mich so betäubt, dass ich nicht mal wütend sein kann. Sie drückt ihn weg und ich sehe wie sie ihre Nachrichten durchschaut. Es ist unhöflich mitzulesen, aber ich wüsste nicht, wo ich sonst hinschauen soll. Sie lässt sich davon aber gar nicht stören, obwohl sie weiß, dass ich alles sehen kann.

Von Ino:
>>Sakura, ich hab im Radio gehört was passiert ist. Es tut mir leid. Sag mir, wenn du was brauchst. Oder wenn Sasuke irgendwas braucht. Vielleicht sollten wir in ein paar Tagen mal miteinander sprechen. Ich hab dich lieb<<

An Ino:
>>Danke Ino, ich weiß das wirklich zu schätzen. Ja, wir müssen reden. Ich muss dir was wichtiges sagen. Aber gib mir noch ein paar Tage. Hab dich auch lieb<<

Von Temari:
>>Hi Saku, hab gehört du bist wieder in der Stadt. Und ich hab auch gehört, warum. Sagst du Sasuke, dass es mir leid tut. Ich weiß nicht, was ich ihm gerade schreiben könnte. Ich denk an euch.<<

An Temari:
>>Hey Tema, mach dir keine Sorgen. Er versteht das schon, ich richte es ihm aus. Und danke :) <<

Von Hinata:
>>Ich danke dir, dass du für Naruto da bist. Ich kann mit der Situation nicht umgehen. Und grüß Sasuke von mir, ich bin für euch da, wenn was ist.<<

An Hinata:
>>Ist kein Problem. Mach dir nicht zu viele Gedanken. Hab dich lieb, Hina<<

Es ist genau wie bei Itachi. Ich bin so fasziniert, wie gefasst Sakura mit den anderen umgeht. Ihr geht es selber schlecht. Sie leidet für uns mit. Sie hatte meine Mutter sehr gerne, auch wenn die beiden nie viel miteinander geredet haben. Aber unsere Familien kennen sich schon so lange. Und wie es Naruto geht, das geht ihr besonders nahe. Sie hat den Verlust seiner Eltern mit ihm gemeinsam durchlebt. Und trotzdem versucht sie allen das Gefühl zu geben, dass sie das schon irgendwie hinbekommt. Ich finde es unangebracht, aber ich kann auch nicht anders. Ich drücke ihr einen kleinen Kuss auf die Wange. Sie versteht mich. Das tut sie immer.

Fast eine Stunde später kommt Mebuki und holt uns zum Essen. Anders als sonst, sitzen wir nicht am Tresen um zu essen, sondern benutzen unseren riesigen Esstisch im angrenzendem Esszimmer. Mebuki hat uns einen Gemüseauflauf zubereitet. Itachi stochert in seinem Essen rum und schiebt alles auf dem Teller nur von links nach rechts. Sakura lächelt ihn freundlich an. „Es ist total okay, wenn du jetzt nichts essen möchtest. Aber du solltest vielleicht wenigstens schlafen, oder?" Mein Bruder schüttelt den Kopf. „Ich hab noch so viel zu tun." Mebuki legt eine Hand auf seine, sodass er sich traut, seine Gabel wegzulegen. Dann steht sie auf und verlässt kurz das Esszimmer. Naruto isst langsamer als sonst, aber er isst. Ich schaffe es auch zu essen, denn Sakura hält meine freie Hand unter dem Tisch, während ich Gabel für Gabel zu mir nehme. Als Mebuki zurück kommt, reicht sie Itachi zwei Tabletten und Naruto, Sakura und mir jeweils eine. „Ich hab hier was zum schlafen für euch. Das sollte keine Dauerlösung werden, aber heute halte ich es für richtig." Itachi hält die Tabletten zögernd in den Händen. „Ich weiß nicht. Ich muss noch mit dem Floristen reden und beim Notar anrufen und..." Sie unterbricht ihn. „Du musst das aber nicht alles sofort erledigen. Das hat auch noch bis morgen Zeit." Er seufzt. „In Ordnung." Dann nimmt er die Tabletten und kippt einen Schluck Wasser hinterher. Mebuki sieht zu uns. „So, ich werde jetzt ein wenig Haushalt machen und später fahre ich zum Einkaufen. Ihr sagt Bescheid, wenn ihr was braucht. Okay?" Wir nicken nur. Dann räumt sie unsere Teller ab und geht wieder in die Küche. Ich sehe meinen Bruder an. „Wirst du jetzt schlafen?" Er seufzt. „Muss ich wohl." Ich strecke meine Hand aus. „Gib mir dein Telefon." Er tut was ich sage und legt es in meine Hand. Ich schalte es aus und stecke es ein. Dann stehen wir auf.

Wir gehen die Treppen nach oben und Itachi geht in sein Zimmer. Sakura geht ihm hinterher und wartet bis er sich hingelegt hat. Naruto und ich beobachten das durch die geöffnete Tür. Sie legt eine Decke über ihn und kniet sich dann hin. Sie streicht ihm über die Wange und lächelt. „Versuch zu schlafen. Das wird dir gut tun." Er nickt und sieht sie betrübt an. „Ich denke das bekomme ich hin. Die Tabletten wirken langsam. Danke Saku." Sie nickt nur. Dann macht sie seine Vorhänge zu, damit es im Zimmer dunkel ist. Es bringt nicht allzu viel, da die Nachmittagssonne sich durchzusetzen weiß. Ich greife ins Zimmer hinein und betätige den Lichtschalter, damit Sakura wieder heraus findet. Dann drücke ich den Schalter für die Außenrollos, die sich nun automatisch herunter fahren. Jetzt ist es wirklich dunkel hier drin. Sakura geht noch zum Schreibtisch und greift nach Itachis Laptop. Sie kennt meinen Bruder scheinbar ziemlich gut. Dann kommt sie aus dem Zimmer und macht das Licht aus und die Tür zu. Während wir in mein Zimmer gehen, reicht sie mir Itachis Laptop. Diesen nehme ich an mich und lege ihn, gemeinsam mit seinem Handy, in eine Schublade in meinem Zimmer. Naruto legt sich auf die Couch in meinem Zimmer und nimmt ebenfalls die Schlaftablette ein. Sakura reicht ihm Wasser zum Nachspülen und deckt ihn dann zu. „Brauchst du noch was?" Er schüttelt den Kopf. „Nein, glaub nicht." Dann schließt er die Augen und schläft überraschend schnell ein.

Sakura sieht mich unsicher an. „Ich werd dann nach oben gehen." Ich greife nach ihrer Hand. „Du könntest auch hier bleiben." Sie denkt darüber nach. „Bist du sicher?" Ich nicke und ziehe sie zu meinem Bett. Sie setzt sich darauf und ich gehe nochmal zur Zimmertür und drücke ebenfalls die Schalter für die Rollos. Mein Zimmer wird dunkel. Sakura betätigt die Lampe auf meinem Nachttisch, sodass ich ebenfalls den Weg zum Bett finde. Wir legen uns beide mit viel Abstand zwischen uns hinein. Sie deckt mich zu und berührt noch einmal kurz meine Hand. Dann nehme auch ich die Tablette, weil ich sicher bin, dass ich ohne diese nicht schlafen könnte. Sakura tut dasselbe und sieht mich traurig an. „Es tut mir wirklich leid. Nicht nur die Sache mit deiner Mutter." Ich nicke und sehe sie auffordernd an. „Möchtest du mir jetzt erzählen, was passiert ist?" Sie wirkt unsicher. „Ich hab Angst, dass du das nicht aushältst." Ich rolle mit den Augen. „Ich glaube, viel schlimmer kann es nicht mehr werden. Also?" Sie atmet tief durch und hält meinem Blick stand. Das schätze ich gerade sehr. Denn es heißt, dass sie absolut ehrlich zu mir sein wird. „Ich habe letzte Woche eine Nachricht von Sai erhalten. Er wollte, dass ich zu ihm komme. Und er hat darum gebeten, dass ich ohne dich vorbei komme. Also bin ich ins Krankenhaus gefahren. Wir haben uns draußen getroffen und sind eine Runde durch den Park spaziert. Er brauchte eine Pause und dann haben wir uns hingesetzt. Ich weiß gar nicht mehr, worüber wir geredet haben. Aber irgendwann hat er mich geküsst. Und ich war total perplex. Ich hab nicht mitgemacht, Sasuke. Aber Sai hat gesagt, dass es ein Ausrutscher war, weil er gerade so durch ist mit allem. Und er hat gesagt, ich soll es dir nicht sagen." Es tut weh, das aus ihrem Mund zu hören. „Und wieso hast du es mir nicht erzählt?" Sie seufzt. „Sai ist unser Freund. Er hat gesagt, da war nichts. Also dachte ich, man müsste nicht weiter darüber reden. Und ich will nicht daran denken, wie sauer du auf ihn sein wirst." Ich reibe mir müde die Augen, die Tablette wirkt langsam. „Und wieso hast du dich mir gegenüber so abweisend verhalten?" Sie gähnt. Sie muss genauso müde sein, wie ich. „Ich hatte ein schlechtes Gewissen." Ich traue mich kaum das zu fragen, tue es aber trotzdem. „Hat dir der Kuss mit Sai etwas bedeutet?" Sie schüttelt den Kopf. „Nein, ich liebe nur dich." Mein Herz schlägt so schnell, dass mir davon flau im Magen wird. „Sakura?" Sie nickt und wartet darauf, dass ich weiter spreche. „Können wir wann anders nochmal darüber reden?" Sie lächelt traurig. „Okay. Ich bin sooo müde." Ich breite meine Arme aus und sie versteht die Aufforderung. Sie rutscht näher an mich heran und legt ihren Kopf auf meinen Brustkorb. „Sakura, ich kann dir das nicht einfach verzeihen. Du hast mich angelogen und hier sitzen lassen. Aber ich schätze sehr, dass du gerade für mich da bist." Sie verliert eine Träne, was mir weh tut. „Ich verstehe das. Und ich bin immer für dich da." Ich umarme sie und wir schlafen ein, bevor ich das Licht ausschalten kann.

***Sasukes Sicht Ende***

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