Prolog


Flieg!

Eine sanfte Brise spielte mit meinem dunkelblonden Haar und strich mir geradezu liebevoll eine Strähne aus dem Gesicht. Sei frei, wisperte sie mir ins Ohr. Wenn ich könnte, hauchte ich zurück und folgte nur mit meinen Augen den Vögeln am Horizont.

Ich träumte davon, mit ihnen fliegen zu können, so frei zu sein wie sie. Ihre trällernden Rufe schienen mich zu locken, der Wind mich zu verführen, mich von ihm tragen zu lassen.

Doch ich war kein Vogel, der für die Freiheit bestimmt war. Geboren in einem goldenen Käfig wusste ich nicht, was wahre Freiheit wirklich bedeutete. Ohne sie je gehabt zu haben, konnte ich sie nicht vermissen, jedoch einmal auf den Geschmack gekommen sehnte ich mich nach nichts so sehr.

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"Adeena", flüsterte meine Mutter sanft und lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich. 

Ich erinnere mich noch genau an diesen Moment, als wir beide im Schlossgarten auf einer Decke saßen und die warme Frühlingssonne genossen. Es war einer der seltenen Mutter-Tochter-Momente, die ich in guter Erinnerung behalten würde.

Mit einem eleganten Nicken deutete sie auf einen großen Baum am Rande der Wiese. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich das Nest hoch oben und die Vögel darin. Fasziniert beobachtete ich, wie die hungrigen Küken von ihren Eltern gefüttert wurden.

Noch eine Weile beobachteten wir die kleine Familie. Als eines der Küken aus dem Nest fiel, blieb mir für einen Moment das Herz stehen. Ich wollte zu ihm laufen und ihm helfen, doch meine Mutter hielt mich sanft, aber bestimmt, fest.

"Schau, ihm ist nichts passiert", flüsterte sie. Tatsächlich regte sich das Küken bereits und flatterte laut zwitschernd auf und ab. "Du musst dir keine Sorgen machen, seine Eltern werden es weiter versorgen, bis es richtig fliegen kann."

Beruhigt, aber immer noch etwas besorgt, beobachtete ich es noch eine ganze Weile aus der Ferne. Meine Mutter hatte Recht, es wurde weiter gefüttert und nach einer Weile taten es ihm seine Geschwister nach und stürzten sich aus dem Nest.

Das war der Tag, an dem ich lernte, wie Vögel ihre Freiheit erlangten. Wenn man fliegen will, muss man sich fallen lassen.

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350 Wörter

Ein sehr kurzer Prolog als Einstieg. Ich hoffe, er gefällt euch. ^^

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