Prolog


The Rise Of The Morningstar

Kurze Rede des Autors:
Ja, also damit bin dann wohl ich gemeint, hehe. ;)

Also hallo erstmal an die, die sich hier mal reingeklickt haben und neugierig auf die Story sind. Danke an euch! Es handelt sich hier um eine FF mit Clace als Pairing, auch wenn das etwas dauert mit dem Entwickeln ihrer Gefühle.  :D

Ich habe die FF schon mal hochgeladen, dies ist jedoch die überarbeitete Fassung. Deshalb habe ich alle Kapitel gelöscht und fange von vorne an.

Achtung: Wenn ihr nicht bis zum nächsten Kapitel warten wollt, dann schaut mal auf fanfiktion.de/u/Skyllen vorbei. Dort hat die FF bereits viel mehr Kapitel!

Nun viel Spaß beim Lesen dieser Geschichte und bis bald,
Skyllen

Inhaltsangabe:
Jocelyn hat Valentin nach dem Aufstand nicht verlassen. Um einem tödlichen Urteil des Rats zu entgehen ziehen sie sich auf ein verstecktes Landgut zurück. Achtzehn Jahre später haben Jonathan und Clarissa sich zu jungen und außergewöhnlichen Schattenjägern entwickelt, trainiert von ihrem Vater um besser, schneller und stärker zu sein als jeder gewöhnliche Schattenjäger es jemals sein könnte. Doch nachdem eines von Valentins Experimenten schiefgeht, verändert sich Jonathan und töten Clary beinahe dabei. Jocelyn flieht mit Clary in das New Yorker Institut, wo sie halbherzigen Schutz finden. Clary muss die Lehren ihres Vaters hinter sich lassen und lernt eine freie und gleiche Schattenwelt kennen. Der Morgenstern lastet jedoch auf Clary, der Rat sowie beinahe alle Schattenjäger misstrauen ihr. All ihre Bemühungen ein neues Leben im Sinne der Werte der Schattenjäger zu beginnen scheinen fehlzuschlagen als sie Jace Herondale kennenlernt, der Sohn dessen Familie vor vielen Jahren von ihrem Vater ermordet wurde.

Prolog

Meine Füße landeten nach einer eleganten Pirouette auf dem Boden und die Klinge traf seine Hüfte. Der Schlag hätte nicht präziser sein können. Jonathan begann zu straucheln und machte einen schnellen Schritt zurück. Ich musste grinsen. Doch bevor ich mich versah, war er wieder sicher auf den Beinen und stürzte sich auf mich.

Ein wütendes Zischen entfuhr ihm, welches mich erstaunt aufschauen ließ. Seine dunklen Augen blitzten vor Zorn. Hatte ich ihm wehgetan? In dem Moment in dem er mein Starren bemerkte, zückte er sein Schwert und ließ es mit voller Kraft auf mich herabsausen. Im letzten Augenblick wich ich nach links aus und parierte seinen Schlag. Es benötigte all meine Kraft, um dem Gewicht seiner Klinge standzuhalten. Was dachte er sich nur? Er wusste ganz genau, dass er mich nicht mit voller Kraft attackieren durfte! Er hatte bisher noch nie die Regeln gebrochen, die unser Vater uns gegeben hatte und wir trainierten immerhin bereits mehr als zehn Jahre zusammen.

„Jonathan, was soll das?" Ich schaute ihn an, verwirrt von seinem Verhalten. Um ihn zum Aufhören zu bewegen, hob ich meine Hand auf die Höhe meiner Brust, während ich meine Verteidigungshaltung aufgab.

Frische Luft wehte durch mein Haar. Der Wald um uns herum war ungewöhnlich still geworden. Das Rascheln der Blätter war das einzige noch verbleibende Geräusch. Auch ohne den Schnee, der jeden Zentimeter der Lichtung bedeckte, hätte man sofort gewusst, um welche Jahreszeit es sich handelte. Alle Tiere waren fort, nicht einmal die Vögel waren geblieben. Dieser Winter würde sehr kalt werden.

Eine Sekunde später lag ich auf dem eiskalten Boden. Ein stechender Schmerz fuhr mir durch die Schulter. In einer schmerzhaften Bewegung hob ich den Kopf. Meine Augen trafen Jonathans, der über mir stand und jede meiner Bewegungen genauestens zu beobachten schien. Seine Augen waren so dunkel, viel dunkler als sonst. Es muss an der Kälte liegen, dachte ich fröstelnd.

Plötzlich realisierte ich, dass er der Grund dafür war, weshalb ich überhaupt auf dem Boden lag. „Jonathan, verdammt, hör auf!" Wütend versuchte ich aufzustehen, aber Jonathan unterbrach mein Vorhaben, indem er mir seinen schweren Stiefel in die Rippen drückte. Ein schmerzerfülltes Keuchen kam mir von den Lippen, als ich einen Knochen in meiner Brust knacken hörte. Ich spürte das Adrenalin, das durch meine Adern strömte und einen Augenblick später sprang ich auf und zog ihn mit mir in den Dreck.

„Hör sofort auf damit." Meine Stimme war laut und ernst. Ich hatte das Gefühl, als gäbe es keinen anderen Weg, um ihm die Bedeutung hinter meinen Worten klarzumachen. Jonathan lag unter mir und ich drückte seine Arme in den Schnee. Meine erzürnte Erscheinung spiegelte sich in seinen Augen.

Er blieb mir eine Antwort schuldig. Ihn schien es nicht zu interessieren, was ich zu sagen hatte. Stattdessen presste er seine Fingernägel in meinen Unterarm und versuchte, mich von ihm niederzuringen. Er drehte seinen Körper zur Seite und ich ging mit ihm zu Boden. Die einzige Sache die ich sah, war sein helles Haar. Es schien heller als der Schnee um uns herum. Wieder spürte ich den kalten Boden in meinem Rücken und mir entfuhr ein gereiztes Seufzen. Jonathans unkontrollierte Wut schien sein Verhalten mehr und mehr zu beeinflussen. Er fletschte die Zähne und drückte seinen linken Arm gegen meine Brust, während seine andere Hand zu seinem Gürtel wanderte.

Erstaunt versuchte ich, mich aus seinen Klauen zu befreien, doch je mehr ich mich bewegte, desto stärker taten mir die Rippen weh. „Lass mich los", rief ich und spuckte in sein Gesicht. Beim Erzengel, was war falsch mit ihm? Er hatte sich noch nie so verhalten wie heute.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich seine Hand vom Gürtel löste. Eine Sekunde später schlug er mir kräftig ins Gesicht und seine Fingernägel kratzten meine Haut auf. Dann zückte er einen goldenen Dolch und mein ganzer Körper versteifte sich unter seinem Gewicht. Mit großen Augen versuchte ich mir selbst zu erklären, wie die Situation so eskalieren hatte können. Ich hatte keine Chance zu reagieren, als er den Kindjal auf mich herabsausen lies, schneller als ich ihn jemals zuvor hatte bewegen sehen.

Und doch schien alles in Zeitlupe abzulaufen. Ich sah die Spitze des Dolches, die in einem strahlendem Gold glänzte, während sie auf mich zuflog. Vielleicht wäre ich in der Lage gewesen, ihr auszuweichen, wenn ich nicht so überrascht von seinem Verhalten gewesen wäre. Er ließ mir keine andere Wahl, als dabei zuzuschauen, wie er den Kindjal in meinen Hals rammte. Ich röchelte nach Luft und versuchte, mich auf den Schmerz vorzubereiten. In einem qualvollen Schrei sackte ich unter ihm zusammen. Meine Augen schlossen sich, als ich endlich die Stimme meines Vaters vernahm.

„Jonathan", sagte er ruhig und stand von dem Baumstumpf auf, auf dem er die ganze Zeit stumm gesessen hatte. Er hatte uns die ganze Zeit zugeschaut. Wie immer. „Du musst deine Gefühle unter Kontrolle bekommen. Schau was du mit deiner Schwester gemacht hast." Seine Stimme war völlig ruhig und keineswegs verärgert, was mich unheimlich wütend gemacht hätte, wenn ich seine Worte gehört hätte. Doch in meinen Ohren rauschte es nur.

Jemand schob den Kragen meiner Montur zur Seite und ich spürte ein leichtes Brennen auf meiner Haut, als mir jemand, wahrscheinlich mein Vater, eine Iratze auftrug. Dann hob mich ein starkes Paar Arme hoch und mein Bewusstsein löste sich in Nichts auf.

oOo

"Beim Erzengel, wie konnte das passieren?"

„Jocelyn, bitte beruhige dich doch! Clarissa geht es gut, sie braucht nur ein wenig Schlaf." Mein Vater versuchte nicht einmal, zu flüstern. Seine Stimme schien immer allgegenwärtig.

„Jonathan hat sie mit einem Dolch erstochen und sie braucht nur ein wenig Schlaf?!" Meine Mutter schrie ihn ungläubig an und ich konnte es ihr nicht verübeln.

„Jonathan hat es nicht mit Absicht getan", versuchte Valentin meine Mutter zu überzeugen. „Es war ein Moment der Schwäche. Er hat die Kontrolle über seine Gefühle verloren, das ist alles."


Einen Moment lang herrschte eiskaltes Schweigen im Nebenzimmer. Ich nutzte die Gelegenheit, um mich aufzusetzen. Die Bewegung ließ mich erschaudern. Instinktiv hob ich meine Hand zu der Wunde an meinem Hals. Das Blut in meiner Kehle pulsierte wie ein schlagendes Herz. Ich saß in meinem Bett, eingewickelt in mehrere Lacken. Eine kleine Kommode stand neben dem Bett, ein Tablett stand darauf. Jemand hatte eine heiße Tasse Tee und ein paar Früchte auf mein Zimmer gebracht. Jedoch bekam ich nicht die Chance, mich über die Kommode zu beugen, denn die Diskussion meiner Eltern ging weiter.

„Valentin ... ich kann es nicht fassen ... was hast du getan?" Als der Klang ihrer Stimme meine Ohren erreichte, versteifte ich mich und begann zu zittern. Ich hatte meine Mutter nie so klingen hören. Sie hörte sich unglaublich entfernt und zutiefst erschüttert an. Leise horchte ich, während mein Vater sich verteidigte.

„Es war notwendig, verstehst du das denn nicht? Von diesem Moment an wird niemand jemals wieder die Möglichkeit haben, Jonathan oder Clarissa wehzutun. Es war ein überaus großzügiges Angebot." Die Art wie er sprach ließ mich vor Angst zusammenzucken. Was war hier los? Was war falsch mit Jonathan?

Ein überaus großzügiges Angebot?!" Jocelnys Schrei verängstigte mich zu Tode. „Wie konntest du es wagen, wie konntest du es dir überhaupt vorstellen, deinen eigenen Sohn an Lilith zu verkaufen?! Siehst du denn nicht die Konsequenzen, die deine Entscheidung für Jonathan und Clary bringt? Du hast beide leiden lassen und deinetwegen wird seine Seele wahrscheinlich sein restliches Leben leiden!" Plötzlich gab es keine Luft zum Atmen mehr. Ich würgte und fiel auf den Boden. Jonathan an Lilith verkauft? Beim Erzengel, was war hier los? Natürlich wusste ich wer Lilith war und doch verstand ich kein Stück.

„Halte den Mund, Jocelyn", blaffte Valentin meine Mutter an. „Wie kannst du es wagen, solche Dinge über unseren Sohn zu sagen? Ich habe mich auf einem realistischen Weg um das Problem gekümmert. Ich habe das getan, was für unsere Kinder am Besten ist. Ich kann nicht glauben, dass du in einer solch herablassenden Weise von Jonathan redest. Dabei weißt du genau, dass auch in Clarissas Adern mächtiges Blut fließt." Stille Die Gedanken in meinem Kopf drehten sich im Kreis. Mächtiges Blut? In meinen Adern? Was hatte das zu bedeuten? Ich war erschöpft und völlig ausgelaugt. Kraftlos krabbelte ich zurück ins Bett und ließ mich von der Dunkelheit einlullen.

oOo

Als ich aufwachte lag ich wieder in meinem Bett. Die Sonne schien durch das Fenster in den Raum und die Wärme unter den Decken schien unerträglich. Ich wollte aufstehen, doch eine vertraute Hand drückte mich zurück in die Kissen.

Mit einer verwirrten Miene schaute ich auf und erkannte meine Mutter, die am Rande des Betts saß. Sie lächelte, aber etwas unfassbar Trauriges lag in ihren grünen Augen. Ich verstand nicht, warum sie überhaupt lächelte. „Clary, du bist endlich wach. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, dass du mehr Zeit der Erholung bräuchtest." Sie musterte mich mit einem fürsorglichen Blick.

Ich widerstand dem Drang, meine Gefühle vor ihr zu verstecken. „Mom, was ist hier los?" Meine Stimme klang verletzlich und unsicher.

„Wir müssen gehen, Clary. Es wird sicherer für uns sein. Ich weiß, dass du wahrscheinlich nicht verstehst, was los ist. Später werde ich dir alles im Detail erklären, wenn wir außer Reichweite deines Vaters sind. Und wenn du dich dafür entscheidest, zu ihm zurückzukehren, dann kannst du dies tun. Ich habe deine wichtigsten Sachen bereits gepackt, du musst dich nur anziehen." Also würde sie mir eine Antwort schuldig bleiben. Erst jetzt realisierte ich, wie ernst die Situation wirklich war. Sie wollte Valentin und Jonathan verlassen. Sie wollte ein neues Leben irgendwo anders beginnen. Aber wie? Sie waren Schattenjäger, sie würden uns überall finden. Meine Kehle war wie zugeschnürt und so nickte ich nur und stand auf.

„Magnus Bane der oberste Hexenheister von Brooklyn wird uns helfen. Ich habe ihm bereits eine Nachricht zukommen lassen", sagte meine Mutter aus weiter Ferne. Ich war zu abwesend, um ihr volle Aufmerksamkeit zu schenken. Immer wieder musste ich an meinen Vater denken ... und an Jonathan und sein wütendes Gesicht, das sich wie eine Maske angefühlt hatte, welches seinem üblichen Verhalten gar nicht ähnlich sah.

oOo

Mit einem Seufzen drehte ich mich zu meiner Mutter. Wir ritten auf unseren Pferden in Richtung Westen, weg vom versteckten Landgut und hinfort von Alicante. „Mom", begann ich in einem unsicheren Tonfall, überzeugt dass ich die Antworten auf meine Fragen nicht ertragen würde. „Was ist mit Jonathan passiert?" Ich warf ihr einen schnellen Blick zu und sah, wie ihre Gesichtszüge sich qualvoll anspannten. „Bitte", ich flehte sie an, irgendetwas zu sagen. „Ich muss die Wahrheit erfahren. Du musst sie mir sagen. Hör auf mich vor allem zu beschützen. Egal was es ist, ich werde es ertragen."

„Nein, wirst du nicht." Es brauchte all Jocelyns Kraft, um ihre Stimme halbwegs neutral klingen zu lassen, als sie nickte und begann, mir die Geschichte ihres Lebens zu erzählen. „Dein Vater war nie wie andere Männer ... wie gewöhnliche Schattenjäger. Er begehrte immer etwas Größeres, wofür ich ihn zu Beginn sehr bewundert habe. Schon in jungen Jahren hatte er einen anderen Blick auf die Natur der Schattenjäger und er forderte öffentlich-„

"Was ist los?" Warum hatte sie aufgehört? Ich studierte sie eingehend. Ihre Augen fixierten einen weit entfernten Punkt. Es schneite und kleine weiße Schneeflocken verfingen sich in ihrem strahlend roten Haar. Der Wind war eiskalt, doch sie schien es nicht zu bemerken oder es interessierte sie einfach nicht.

"Ich denke, ich werde ganz am Anfang starten müssen", erklärte sie und fuhr fort. „Das erste Mal als ich deinen Vater traf, war in der Schule in Alicante. Er war nicht in unserem Jahrgang, sondern eines darüber und-„

„Warte", unterbrach ich sie abrupt. „Wen meinst du, wenn du uns sagst?"

„Mit uns meine ich mich und meinen besten Freund Lucian. Lucian Graymark. Wir kannten uns schon seit einer Ewigkeit und deshalb gingen wir auch zusammen zur Schule. Während ich stets gut in der Schule war, hatte Lucian seine Probleme. Dann lernte er Valentin kennen und er half ihm. Er gab ihm Nachhilfe, verbrachte viel Zeit mit ihm und gab Lucian das Gefühl, jemandem wichtig zu sein, abgesehen von mir. Jeder war begeistert von Valentin, während ich mich mit meiner Begeisterung etwas zurückhielt. Bald schon merkten die Schattenjäger, dass Valentin eine sehr besondere Meinung gegenüber Schattenwesen hatte. Irgendwann gründete er den Kreis. Der Kreis, früher fühlte es sich eher an wie eine Jugendrevolte, repräsentierte den Gedanken von Idris mit klaren und strengen Grenzen für Schattenweltler, weil sie Dämonenblut in sich trugen. Lucian war Valentin vollkommen ergeben, so wie viele andere junge Schattenjäger auch. Manchmal nannte ich sie Valentins Fanclub."

„Eines Tages kamen Valentins Eltern bei einer Dämonenattacke ums Leben. Es veränderte ihn. Er bekam oft Wutanfälle und ich fürchtete, Lucian würde seinen Freund verlieren. Valentin schien immer mehr Kontrolle über sein Leben zu verlieren."

„Ich hatte Mitleid mit ihm und ich fand es seltsam, so einen starken Mann wegen einer Attacke leiden zu sehen, die hätte verhindert werden können, wenn der Rat ihm mehr Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Er litt und so ... Ich half ihm mit seinem Verlust klarzukommen. Wir verbrachten viel Zeit zusammen und verliebten uns irgendwann ineinander. Dann heirateten wir und ich hoffte, es würde ihm helfen zu vergessen. Wie du sehen kannst, hat es das nicht. Valentin begann sich abzukapseln, seine Ansichten wurden immer extremer. Plötzlich war Reden nicht mehr genug, er musste aktiv werden. Seit dem Tod seiner Eltern war sein Hass auf Schattenweltler und Dämonen immer stärker geworden. Die Entwicklung seines Plans, die Vernichtung aller dämonischen Kreaturen, war seitdem seine oberste Priorität."

„Nachdem Jonathan geboren war, ging er mit Lucian auf eine Mission, um einem Wolfsrudel in der Nähe den Gar auszumachen. Als Valentin ohne Lucian zurückkehrte, erklärte er mir, dass Lucian von einem Werwolf gebissen worden war. Wir warteten einen Monat bis zum nächsten Vollmond und waren am Boden zerstört, als Lucian sich verwandelte."

„Für Valentin war es ein riesiger Rückschlag, er liebte Lucian wie seinen eigenen Bruder. Aber er glaubte immer noch daran, dass das dämonische Blut jeden Schattenweltler in ein Monster verwandelte. Valentin trauerte um Lucian, als wäre er bereits tot und ich glaube, dass er es in seinen Augen wirklich war. Kurz darauf verschwand Lucian spurlos, Monate vergingen, aber wir hörten nichts mehr von ihm. Valentin hielt ihn für tot, doch ich war sicher, dass er lebte, ich bin es immer noch. Aber der Fakt, dass er nie zurückkehrte, um mich zu sehen, nach all den Jahren der Freundschaft. Ich weiß nicht ... So viel Zeit ist seitdem vergangen."

„Valentins Paranoia wuchs Tag um Tag und als ich wieder schwanger wurde, fürchtete er um das Kind, sodass er ... etwas Unverzeihliches tat. Besonders da ich zu der Zeit selbst durch eine schwierige Phase ging. Die vergangenen Geschehnisse hatten mich erschöpft. Lucian war fort und wir wussten nicht, ob er noch am Leben war, das war zu viel für mich. Ich aß nicht, ging nicht nach Draußen und schlief die meiste Zeit. Valentin nannte es eine Depression, aber das ist eher ein menschlicher Begriff. Während dieser Zeit kümmerte er sich um mich und bereitete auch mein Essen zu. Das Problem war und ist immer noch, dass die Speisen, die er mir zu Essen gab, keine gewöhnlichen Speisen waren. Clary, du musst mir glauben, wenn ich sage, dass ich es erst gestern herausgefunden habe." Sie hörte auf zu reden und senkte den Blick.

"Sag es mir", sagte ich. Meine Finger zitterten. Obwohl wir seit Stunden auf unseren Pferden saßen, war ich außer Atem. „Ich muss die Wahrheit erfahren." Sie wich meinen Augen aus und presste ihre Lippen zusammen, als würde sie etwas Unerträgliches zurückhalten wollen. Mit einem tiefen Atemzug öffnete sie ihren Mund.

„Engelsblut", sagte sie. „Er mischte es in mein Essen und hoffte, es würde mich ... glücklicher und aktiver machen ... Und das tat es tatsächlich. Aber der Punkt ist, dass ich schwanger war, mit dir." Sie lächelte traurig.

„Das Engelsblut beeinflusste mich, eine erwachsene Frau in ihren späten Zwanzigern. Stell dir nur vor, welchen Effekt es dann auf ein, sich noch entwickelndes, Lebewesen haben könnte. Auf ein Ungeborenes wie du es warst. Er sagte mir, dass er es getan hat, um uns vor der Schattenwelt zu beschützen. Aber in Wahrheit waren wir nur ein weiteres seiner Experimente. Ich glaube, er hat nie verstanden, dass Schattenjäger auch Teil der Schattenwelt sind."

„Alte Legenden sagen, dass Engelsblut Schattenjägern übernatürliche Kräfte verleihen kann. Es ist in der Lage, dich schneller, stärker und auch glücklicher zu machen. Valentin mischte getrocknetes Engelsblut in mein Essen, in der Hoffnung es würde meine Depression heilen. Das tat es. Es machte mich nicht stärker oder mächtiger, aber es half mir, aktiver zu werden. Als er damit begann, es mir zu verabreichen, merkte ich schnell, dass sich mein Körper veränderte. Ich dachte, es wäre ein natürlicher Teil der Schwangerschaft."

„Stop", ich rang nach Luft. Mein Puls raste und ich konnte nicht atmen. Unglaublicher Schmerz schoss mir durch die Adern und ich spürte die Tränen in meinen Augen. „Aber wie- Woher hatte er das Engelsblut? Es ist nur eine Legende, es gibt keinen Ort auf der Erde wo- Vaters einzige Chance an Engelsblut zu kommen war durch einen Engel selbst ... Und-„

„Ich weiß, Clary", die Augen meiner Mutter spiegelten meinen Schmerz wieder. „Und die Engel würden einem Schattenjäger niemals freiwillig ihr Blut geben..." Ihre Stimme war nicht mehr als ein Wispern. Eine einzelne Träne rannte ihr die Wange hinab. Wir wussten beide, dass es keine größere Sünde gab, als einem Engel wehzutun. Wir standen den Engeln nie nahe, wir waren ihre Nachkommen aber in all den Jahren seit Jonathan Shadowhunter gab es niemanden, der jemals einen Engel gesehen oder mit einem gesprochen hatte. Aber wir wussten, dass sie da waren und uns beobachteten. Nicht einmal mein Vater war mächtig genug, um einen Engel heraufzubeschwören. Auch wenn er das Blut von irgendwem anders bekommen hatte, irgendjemand musste es einem Engel entzogen haben. Mein Herz schmerzte.

„Nun da dein Vater mir endlich die Wahrheit erzählt hat, macht vieles endlich Sinn. Ich glaube, ich war zu alt, um alle Effekte des Engelsblutes zu durchleben. Aber die Auswirkungen könnten bei einem ungeborenen Lebewesen viel stärker zu Tage treten. Wenn ich mir die letzten achtzehn Jahre ins Gedächtnis rufe, dann bin ich ziemlich sicher, dass es dich mehr verändert hat, als es mich veränderte. Ich glaube, es ist immer noch in deinen Adern. Das bedeutet, dass es eine dauerhafte Wirkung auf dich hat, während ich es täglich einnehmen musste. Wie eine Droge."

Diese Dinge, die Jocelyn sagte. Ich wusste, dass sie wahr waren, es gab keinen Grund für sie zu lügen. Und doch konnte ich keines ihrer Worte wirklich glauben. Es klang falsch und schrecklich und verrückt. Von den einen auf den anderen Moment löste sich mein Wissen über meinen Vater in Luft auf. Meine ganze Weltansicht drehte sich auf den Kopf und dieser Vorgang war unumkehrbar. „Du willst mir sagen, dass Engelsblut in meinen Adern fließt? Noch mehr als bei gewöhnlichen Schattenjägern? Auch wenn das wahr sein sollte, es hat mich kein bisschen verändert. Ich bin eine gewöhnliche Schattenjägerin. Nichts ist besonders an mir." Natürlich wusste ich, dass meine Worte nicht wahr waren. Wir, die Morgenstern Kinder, waren besonders. Trainiert um schneller, besser und leiser zu töten. Eine Armee von Schattenjägern konnte uns nicht aufhalten. Auf jeden Fall hatte unser Vater das immer gesagt.

„Du bist nicht gewöhnlich, Clary", sagte meine Mutter. Natürlich würde das jede Mutter seinem Kind erzählen, aber sie lag richtig und falsch zugleich. Wir waren stärker als alle Nephilim des Rates, aber es war unser hartes Training, das uns zu den Kriegern gemacht hatte, die wir heute waren. Trotzdem war ich nicht schneller oder stärker als Jonathan und er hatte weniger Engelsblut im Körper als ich, also konnte das Blut keinen allzu großen Einfluss haben.

„Ich weiß, dass du besonders bist, ich habe dich aufwachsen sehen. Du warst ein begabtes Kind, talentiert in allem, was dein Vater und ich dich lehrten. Du warst wohlwollend und freundlich und ruhig. Als du sehr jung warst, um die drei oder vier, begannst du plötzlich, starke emotionale Ausbrüche zu bekommen. Es geschah nicht oft. In einem Moment warst du unheimlich glücklich, aber nur eine Sekunde später warst du dann auf einmal sehr wütend. In diesen Momenten gab es nichts, was wir tun konnten. Uns atmen zu hören war schon genug, um dich zum Explodieren zu bringen. Diese Ausbrüche dauerten nie länger als wenige Augenblicke, aber sie waren von so einer immensen Kraft, dass wir uns davor fürchteten, dir zu Nahe zu kommen oder dich zu unterbrechen. Du hättest uns niemals wehgetan, aber in diesen Momenten schienst du nicht du selbst zu sein, als hätte jemand anders die Kontrolle über dich." Obwohl die Geschichte eher unheimlich und entsetzlich klang, schenkte sie mir ein warmes Lächeln.

„Warum habt ihr mir nie davon erzählt? Ich kann es nicht mal glauben, dass ich solche Dinge getan haben soll, ich meine ..." Die Geschichte meines vierjährigen Ichs hörte sich seltsam an, als wäre ich für ein paar Minuten alle paar Monate einfach verrückt geworden. Als wäre ich besessen gewesen. „Was habe ich getan?"

„Du hast dich sehr aufgeregt. Manchmal bist du so schnell durch den Raum gelaufen, dass wir dich nicht einmal haben bewegen sehen. Du schlugst gegen die Wände mit solch einer Kraft, dass wir manchmal fürchteten, du würdest hindurchbrechen. Die Beulen in den Wänden ... erinnerst du dich an sie? Dein Vater hat es nie geschafft, sie völlig zu überdecken. Handwerken war nicht seine Stärke."

„Du meinst diese Beulen in den Wänden sind von meinen Ausbrüchen?" Ich erinnerte mich sehr gut an die Wände. Manchmal habe ich im Treppenhaus gesessen und habe den Erwachsenengesprächen im Wohnzimmer gelauscht, während meine Finger über die Beulen gewandert waren.

Meine Mutter nickte. "Desto älter du wurdest desto seltener wurden deine Ausbrüche. Damals dachte ich, dass es einfach nur eine Phase war, die manche Kinder eben durchlebten. Aber nun glaube ich, dass es andere Gründe hatte. Ich bin mir sicher, dass es das Engelsblut in dir war."

„Aber die Engel sind freundlich und geduldig. Du hast mir die Geschichte eines jungen Mädchens erzählt, die sich wie ein Monster aufführt", sagte ich und schaute auf meine Hände. Ich konnte nicht glauben, dass ich zu sowas im Stande war.

„Auch die Engel sind Krieger, Clary. Auch sie haben eine dunklere Seite in sich. Es gibt genügend Legenden, die von den unberechenbaren Gemütern der Engel berichten. Sie können freundlich sein, aber wenn sie es begehren, können sie dich in Sekunden töten. All das ist neu für dich und ich wünschte, wir hätten mehr Zeit, um darüber zu reden. Aber jetzt muss ich dir erst den Rest der eigentlichen Geschichte erzählen." Sie musterte mich kurz, als wenn sie sich fragte, wie lang ich noch aushalten könnte, ohne auseinanderzubrechen.

„Ich war nicht die Einzige, der Valentin Engelsblut verabreichte. Nach Lucians Verschwinden brauchte dein Vater einen neuen Stellvertreter. Er entschied sich für Stephen Herondale. Stephens Frau Céline war ebenfalls schwanger. Dein Vater gab ihr eine Medizin, die sie jeden Tag vor dem Zubettgehen einnehmen sollte. Es war dieser Teil seiner gestrigen Erklärung, als ich erkannte, dass er uns nicht hatte beschützen wollen. Es war alles Teil seines Plans gewesen, er wollte die stärksten Krieger schaffen, die die Welt jemals gesehen hatte. Stärker als jeder gewöhnliche Nephilim sein konnte. Er kannte den Grund deines Benehmens die ganze Zeit, er hat mir all die Jahre etwas vorgemacht."

„Er konnte seinen Plan nie zu Ende bringen, da Stephen bei einem Angriff auf ein Vampirnest verstarb. Céline ... sie war nur ein junges Mädchen, sie konnte es nicht ertragen. Sie starb kurz nachdem sie einen gesunden Jungen zur Welt brachte. Sie nannte ihn Jonathan, nach unserem Jonathan. Selbst zu diesem Zeitpunkt war sie Valentin immer noch treu ergeben, nach all dem was er ihr und ihrer Familie angetan hatte. Céline war eine sehr schöne und freundliche Frau, aber zu jung und zu naiv." Jocelyns Blick wanderte in die Ferne.

„Was geschah mit dem Kind?" Mein Vater war ein strenger Mann, meistens distanziert aber ich hätte ihn nicht für so grausam gehalten. Normalerweise hätte ich mit meiner Urteilsbildung warten sollen, bis er die Chance hatte, sich zu verteidigen. Aber etwas sagte mir, dass das hier nicht nötig war.

„Valentin hatte kein Glück. Jonathan wurde von den Lightwoods adoptiert. Auch sie waren einst Teil des Kreises gewesen, doch sie verließen ihn, nachdem ihr erster Sohn geboren war. Jonathan Herondale war außerhalb Valentins Reichweite, sein Experiment war fehlgeschlagen."

Ich nickte und strich über das weiche Fell des Pferdes, es war überraschend warm. Der eisige Wind hatte nachgelassen, doch der Schnee fiel immer noch und es schien kein Ende in Sicht. „War das alles? Jonathan Herondale wurde vor den Klauen unseres Vaters gerettet, aber was änderte dies für uns?"

„Es veränderte viel", antwortete meine Mutter in ernstem Ton. „Es lenkte seine Aufmerksamkeit zurück auf seinen eigentlichen Plan."

Ein zerbrechliches Lachen entfloh meiner Kehle. Es hörte sich mehr nach einem Schluchzen als einem Lachen an. „Sein eigentlicher Plan?" Als hätte er nicht bereits genug angerichtet.

„Die Vernichtung der Schattenwesen. Der Rat plante die Erneuerung des Abkommens mit den Schattenweltlern, um Frieden zu sichern und unnötige Gewalt auf beiden Seiten zu bestrafen. Es passierte noch bevor du auf der Welt warst. Natürlich war dein Vater gegen das Abkommen, er und andere Mitglieder des Kreises planten die Sabotage der Unterzeichnung. Als die Jahre verstrichen und merkte ich, wer Valentin wirklich war. Seine ehemaligen Ideale waren ihm nicht mehr wichtig. Lucian war der Grund, weshalb ich seine Schwester Amatis, die kurz vorher aus dem Kreis ausgestiegen war, darum bat, den Plan deines Vaters in der Schattenwelt zu verbreiten."

„Also hast du ihn hintergangen", sagte ich und war unsicher, ob ich überrascht von ihrem Mut oder bestürzt von der Gefahr sein sollte, der sie sich ausgesetzt hatte. „Er hat es nie herausgefunden, oder?"

Jocelyn schüttelte den Kopf in einer stummen Antwort. Ihre hellen grünen Augen funkelten wie Smaragde. „Am Tage der Unterzeichnung strömten Schattenweltler aller Art in die Abkommenshalle in Alicante, bevor die Mitglieder des Kreises ihren Plan in die Tat umsetzen konnten. Es war ein schrecklicher Kampf. Ein Massaker, das der Kreis am Ende verlor. Bevor der Rat uns festnehmen konnte, flüchteten wir. Valentin brannte das Haus meiner Eltern nieder, um unsere Spuren zu verwischen. Der Rat sollte denken, wir wären tot, dass wir uns lieber umgebracht hatten als uns ihnen zu stellen. Eine Menge Mitglieder des Kreises starben an diesem Tag. Valentins Plan war wieder fehlgeschlagen und ich glaube, das ist der wahre Grund, weshalb dein Bruder nun durch die Hölle gehen muss."

Ich starrte sie an, ohne zu wissen, wie ich diese Fakten jemals als Wahrheit akzeptieren sollte. Mein Vater war ein Mörder. Der Mörder von unzähligen Lebewesen. Noch bis gerade eben hatte ich geglaubt, dass die Welt sich gegen uns verschworen hatte; dass mein Vater den einzig richtigen Weg kannte. Doch wir hatten uns gegen die Welt verschworen. „Was hat er Jonathan angetan?"

„Valentin gab Jonathan an Lilith, die Mutter aller Dämonen." Ihre Stimme klang zerbrechlicher als jemals zuvor. Ich war kurz davor, mich zu übergeben obwohl ich nicht verstand, was sie überhaupt zu sagen versuchte. „Lilith war nie fähig, selbst lebende Kinder zu gebären. In Jonathan erhoffte sie sich den Sohn, den sie nie haben durfte. Also gab sie Valentin etwas von ihrem Blut, um Jonathan in ... ihren Sohn zu verwandeln."

Mein Pferd schien meine Panik zu spüren. Es tänzelte nervös hin und her, anstatt geradeaus zu laufen. „Ich verstehe das nicht, du sagtest die Auswirkungen des Bluts wären größer, wenn sich das Kind immer noch entwickelt ..."

"Das stimmt auch bei Engelsblut, es hat eine ähnliche Konsistenz wie unser Schattenjägerblut, weil wir bereits ein wenig Engelsblut in uns tragen. Dämonenblut hingegen ist dickflüssiger als unser Blut, weshalb es dominiert, wenn es in unseren Körper gelangt. Das ist auch der Grund, wieso Schattenjäger als auch Menschen sich in Schattenwesen verwandeln, aber nicht andersherum."

„Bedeutet das, Jonathan ist nun ein ... Dämon?! Hat er sich so verhalten, wegen des Dämonenbluts? Wie kann das überhaupt sein? Die Nachkommen von Schattenjägern und Dämonen kommen tot zur Welt."

„Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen", flüsterte Jocelyn ohne jede Emotion und ich konnte sehen, dass sie in Tränen ausgebrochen war. „Ich habe keine Ahnung, warum Jonathan noch lebt, oder warum das Blut ihn überhaupt verändert hat. In der Geschichte gibt es einige Ausnahmen von dieser Regel. Aber es hat ihn verändert, er ... ist nicht mehr dein Bruder. Valentin hat es selbst gesagt. Er hat nicht erwartet, dass das Blut Jonathan so stark verändern würde. Valentin hat selbst Probleme, ihn unter Kontrolle zu halten."

„Mom", wisperte ich und beugte mich über das Pferd, um ihre Schulter mitfühlend zu berühren.

Sie drehte den Kopf weg. „Wir müssen uns beeilen, wenn wir die Grenze bald erreichen wollen. Magnus Banes Portal wartet in Frankreich auf uns", bemerkte sie und gab ihrem Pferd die Sporen.

Ich konnte nicht glauben, dass Jonathan verloren war. Ich liebte ihn mehr als mich selbst. Alles was meine Mutter gesagt hatte schien so surreal und die Zukunft würde zeigen, ob alles davon wirklich wahr war. Aber für's Erste musste ich ihr wohl vertrauen. Mein Herz schmerzte bei dem Gedanken an Jonathan, er war alles was ich hatte. Sich ihn als eine Art dämonischen Schattenjäger vorzustellen war weitaus schlimmer als der Gedanke an seinen Tod.

Jocelyn lag jedoch in einem Punkt falsch. Jonathan würde immer mein Bruder sein.

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