Kapitel 64.1. - Different Kind of Traitors

Kapitel 64 – Different Kind of Traitors

Nachdem die Inquisitorin Blakes Leute alle restlos befragt hatte und ihre Schuld restlos bewiesen war – in welcher Hinsicht auch immer –, hätte ich erwartet, dass man mit Malachi weitermachen würde. Oder mit unseren Urteilen. Doch Imogen stand weiter neben dem Befragungsstuhl, ohne Malachi, der als Einziger noch nicht gesprochen hatte, irgendwie zu würdigen. Stattdessen nickte sie zwei ihrer Wachen zu, die sich mit den anderen hinter beiden Bänken aufgestellt hatten.

Ihre Wachen nickten kaum merklich zurück und traten aus der Reihe heraus. In einer anmutigen Bewegung drehten sie sich um die eigene Achse. Wie eine einstudierte Choreografie. Es war mir vorhin bereits aufgefallen als die Garde der Inquisitorin uns aus den Zellen der Garnison geholt hatte. Sie alle bewegten sich, als wären sie Teil eines Schwarms, als gäbe es einen Verstand, der sie alle steuerte, als wären sie alle nur ein Zahnrad eines großen Systems. Die Disziplin und das Training, das hier reingeflossen sein musste, war bewundernswert.

Im Gleichschritt verschwanden die beiden Wachen hinter derselben Hintertür, durch die Malachi den Saal zuvor betreten hatte. Nicht lange. Vielleicht eine Minute, bevor sie zurückkehrten. Nur, dass sie nicht länger zu zweit waren. Zwischen ihnen ging eine dritte Person. Wobei gehen nicht das richtige Wort war. Auf die Schultern der beiden Wächter gestützt wurde die Person aus den Schatten des dahinterliegenden Raums getragen, hinein in den Ratssaal.

Es fühlte sich an, als käme die Zeit zum Stillstand. Mein Gehirn erkannte die Gestalt nicht sofort, dafür sah sie zu anders aus. Von dem aufpolierten, geordneten Auftreten nichts übrig, welches einem sonst stets Vertrauenswürdigkeit und Scharfsinn vermittelt hatte. Das braune Haar zerzaust und verklebt, als hätte man ihn direkt von einem Schlachtfeld herbeordert. Die weiße Haut leichenblass, als hätte man ihn stundenlang in der Kälte stehen lassen. Die Beine so wackelig, als hätte er seit Tagen keine Nahrung zu sich genommen.

Dort, in den Armen der beiden Soldaten, eher tot als lebendig, mit gesenktem Kopf als bereitete ihm jeder Schritt Todesqualen, hing Adam.

Adam, der seine Augen kaum offenhalten konnte, blinzelte gegen die Elbenlichter und versuchte seinen Fokus auf den Saal vor ihm auszurichten. Die Wachen der Inquisitorin schleiften ihn unbarmherzig vorwärts, geradewegs auf den Befragungsstuhl zu. Jemand in der Menge rief Adams Namen, erhob sich protestierend aus der Menge an Nephilim. Seine Mutter, die Imogen nun einen vernichtenden Blick zuwarf. Doch wenn die Inquisitorin etwas konnte, dann ihre gebündelte Aufmerksamkeit auf eine Sache allein zu fokussieren und den Rest der Welt zu ignorieren. Und so gingen die vereinzelten Aufstände in ihrer Ignoranz unter.

Adam taumelte an unserer Bank vorbei und ich wollte bereits die Luft herauslassen – erleichtert, dass er uns in seinem Gesundheitszustand nicht bemerkt hatte – als er den Kopf neigte und seine blutunterlaufenen Augen über uns streiften und schließlich an mir hängen blieben. Er stolperte über seine eigenen Füße und die Nephilim, die ihn festhielten, waren gezwungen, anzuhalten. Aber Adam interessierte sich allein für mich. Seine aufgesprungenen Lippen öffneten sich, als würde er etwas sagen wollen. Etwas Dringliches drängte sich in seine smaragdgrünen Augen.

Ich spürte, wie der hastige Atemzug mir in der Kehle stockte – wie ich mich dafür entschied stattdessen den Atem anzuhalten, als würde das eine Reaktion seinerseits verhindern. Doch in all dem Adrenalin hatte ich vergessen, dass wir nicht allein waren. Denn im nächsten Moment hob Jace plötzlich ruckartig seinen Kopf, um Adams Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Seine goldenen Iriden blitzten.

„Lauf weiter, Demonhunter", knurrte er mit brodelnder Stimme. Ein Ton so gespannt und tonlos zugleich, dass er bei jeder Form von Wiederrede Gewalt versprach. Eine Drohung so deutlich, dass klar war, wie diese Situation ohne die Augen hunderter Zuschauer geendet hätte.

Adam blinzelte abermals. Der Moment war vergangen. Seine Wachen erlangten ihre Aktivität zurück und zwangen ihn weiter. Selbst als man ihn unsanft auf dem Stuhl absetzte, klebte sein Blick auf uns. Ich brauchte mehrere Anläufe, brauchte das Gefühl von Jace' Arm um meine Schultern, um zu begreifen, weshalb Adam uns anstarrte, als hätte er uns noch nie gesehen.

„Was tut er hier?", flüsterte Isabelle gereizt.

„Die Stillen Brüder müssen entschieden haben, dass er gesund genug ist, um auszusagen. Gegen ihn wird schließlich genauso ermittelt." Jace' Stimme war gefährlich leise. Ich konnte die Genugtuung auf seinen Zügen nur teilweise nachvollziehen.

„Da war sogar ich gesünder, als ich vor dem Rat meine Rede gehalten habe. Er sieht aus, als würde er bei der kleinsten falschen Bewegung auseinanderfallen."

„Du bemitleidest ihn doch nicht etwa, oder Clary?" Isabelle schnalzte tadelnd ihre Zunge und schüttelte den Kopf. „Er hat dir doch gestanden, was er getan hat."

Meine Augen fuhren zu Adam, der von der Inquisitorin dieselbe kurzbündige Erklärung zu Rune und Zauber bekam. Er schien nicht in der Lage zu sein, ihr ununterbrochen folgen zu können. Sie schien das nicht zu kümmern, so wie sie das Wohlergehen anderer eigentlich nie kümmerte. Es war seltsam, dass die Nephilim jemanden wie sie zur Inquisitorin ernannt hatten. Aber irgendwie auch gar nicht. Wer würde die Gesetzlosen schonungsloser jagen als jemand ihres Kalibers? Als Konsul, der der Spiegel der Gesellschaft war, wäre sie hingegen völlig ungeeignet.

„Ich bemitleide ihn nicht", sagte ich schließlich.

„Aber wirklich wütend bist du auch nicht", vervollständigte Isabelle meine Gedanken. Ein weiterer zweifelnder Blick ihrerseits. „Keine Sorge, Jace und ich werden jede Wut kompensieren, die du nicht aufbringen kannst." Ihre weißen Zähne blitzten und Jace und sie wechselten einen schelmischen, selbstzufriedenen Blick.

Blaue Funken sprühten durch den Raum als Magnus seinen Zauber sprach und Adam weiter in sich zusammensackte. Die Befragung begann und ich war beinahe dankbar, mich von Isabelle fortdrehen zu können. Nachdem Imogen die typischen Anfangsfragen gestellt hatte, legte sich eine neugierige Ruhe über die Reihen der Schattenjäger.

„Welche Beziehung hattest du zu Blake Ashdown?", war ihre erste inhaltliche Frage.

Anders als seine Vorredner hatte Adam nicht die physische Kraft, sich gegen den Zauber zur Wehr zu setzen. Die Worte sprudelten aus ihm heraus, ohne dass er zögern oder sich zusammenraffen konnte. „Dadurch, dass unsere Eltern bereits befreundet waren, haben Blake und ich uns angefreundet, als ich vier Jahre alt war. Je mehr Leute er in seine kleine Gruppe aufnahm, desto mehr veränderte sich unsere Freundschaft. Mal war ich sein erster Anlaufpunkt, wenn er seinen Gedanken Luft machen musste. Aber es gab auch Phasen, wo er mich und die Beziehung meiner Eltern im Rat nur als Mittel zum Zweck gesehen hat."

„Freundschaft also", fasste Imogen neutral zusammen. „Es klingt, als wärst du Teil seiner ... Gruppierung gewesen. Ist das wahr? Welchen Sinn hatte sie?"

„Es war nicht wie ein Club, in den man offiziell eintreten konnte. Wir waren keine Mitglieder. Zuerst waren wir alle nur Blakes Freunde, ohne uns untereinander wirklich zu kennen. Zuerst trafen wir uns einfach, trainierten zusammen oder machten Ausflüge in Kanada. Blake mochte es, Spiele zu spielen und irgendwann verwandelte er diese Ausflüge in eine Jagd. Auf Tiere und Schattenwesen gleichermaßen, alles was nicht menschlich war. Der Fokus verschob sich mit der Zeit hin zu Schattenwesen. Blake hasste sie. Die meisten von uns hegten zumindest eine Abneigung gegen sie. Für eine Weile war die Jagd auf Unterweltler unser gemeinsames Hobby. Bis Blake irgendwann entschied, dass es nicht reichte, hier und da einige von ihnen umzubringen. Er wollte mehr, wollte eine größere Bedeutung erreichen. Lange wusste er nicht wie. Töten reichte nicht mehr. Er studierte Geschichtsbücher, öffnete sich für die Gerüchte in der Unterwelt, gewann fast schon fanatisches Interesse an der Bewegung des Kreises und Valentin Morgenstern persönlich. Ich glaube er wollte etwas Ähnliches aufziehen."

„Also war Valentin Morgenstern euer Vorbild?"

Adam schüttelte den Kopf und wirkte bestürzt. „Nein. Keineswegs. Blake nahm sich nur ein Vorbild an der Art seines Schaffens, wie er den Kreis zu Macht gebracht hatte. Inhaltlich wollte er zwar ebenfalls die Auslöschung der Unterweltler, aber aus anderen Gründen als Valentin. Blake war besessen von dem Gedanken, dass Wesen existierten, die im Rang unter ihm waren. Es spornte ihn an, anderen Schaden zuzufügen, ohne dass man ihn selbst zur Verantwortung ziehen konnte. Für Blake gab es nie so etwas wie ein übergeordnetes Wohl, welches es zu verteidigen gab. Alles, was er tat, tat er aus Eigennutz, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Valentin will die Schattenwesen auslöschen, weil er sie aufgrund ihres dämonischen Bluts als Bedrohung sieht. Blake interessiert sich nicht für solche Dinge. Allein die Tatsache, dass sie weniger wert sind, spornt ihn an."

Empörung von den wenigen Schattenwesen, die heute anwesend waren. Imogen ging darauf nicht ein. „Weshalb hat er dann mit Valentin Morgenstern zusammengearbeitet?", hakte sie nach.

„Zum einen verfolgten sie indirekt dasselbe Ziel, wenn auch aus verschiedenen Beweggründen. Zum anderen suchte er nach einer Gelegenheit, um an Clary heranzukommen", Adam drehte den Kopf in unsere Richtung, aber ich war mir unsicher, ob er uns tatsächlich sehen konnte. Ein Schleier lag über seinem Blick und ihn anzuschauen reichte, um mich an das Gefühl der Rune auf meiner eigenen Haut zu erinnern.

„Was hat Clarissa mit alldem zu tun? Wieso verabscheute Blake sie so sehr? Wieso würde Blake all diese Dinge tun, nur um an sie heranzukommen?"

„Blake war daran gewöhnt, dass man ihn aus Respekt mied. Die meisten Schattenjäger unseres Alters gingen ihm aus dem Weg aufgrund der Gerüchte, die er über sich selbst verbreiten ließ. Er mochte es, dass man ihm nicht widersprach; dass man ihn vielleicht verachtete aber nicht herausforderte. Er mochte es, gefürchtet zu sein. Doch dann kam Clary und der Ruf der Morgensterns eilte ihr so weit voraus, dass sie innerhalb weniger Tage das verkörperte, worauf er lange hatte hinarbeiten müssen. Jeder mied sie, fürchtete sie, hatte Respekt vor ihr – auf einem Level, das Blake niemals erreichen hätte können. Und als wäre das nicht genug, zweifelte sie ihn vom ersten Moment an und stellte ihn bloß. Er hat sich durch dieses neue Machtgefüge bedroht gefühlt. Und Blake war jemand, der die Dinge direkt auf brutalste Weise regelte. Clarys Herausforderung war in seinen Augen nichts anderes als ein direkter Angriff mit dem Schwert."

„Warum hat er sie dann entführt und an Valentin ausliefern wollen?"

„Das hat sich so ergeben, weil Malachi auf ihn zugekommen ist. Eigentlich hat er zuerst versucht, sie umzubringen, aber ohne Erfolg." Ein Raunen ging durch die Menge. Erstaunen. Doch das war nichts Neues, wie man Imogens Miene ablesen konnte. Einige wenige wussten davon, hatten direkt nach meiner Entführung davon erfahren.

„Offensichtlich" bemerkte die Inquisitorin mit einem kurzen Seitenblick zu mir. Etwas anderes hatte sie wohl von mir auch nicht erwartet. Ich war immer noch Clary Morgenstern. Vielleicht hätte sie da sein sollen, in dieser Nacht am Kanal. Vielleicht täte es ihr gut zu sehen, dass ich doch viel verwundbarer war als sie mir zugestand. Mit präzisen Bewegungen schritt sie um Adam herum, wie ein Räuber auf der Jagd, während ihre schwarze Robe hinter ihr her wirbelte. „Erkläre mir eines, Adam. Du warst Blakes Freund, hast dich andererseits aber mit Clarissa angefreundet. Wie passt das zusammen?"

Adam zögerte. Sein schwächelnder Körper versuchte in einem verzweifelten Versuch seines Unterbewusstseins, die Lippen zusammenzupressen und zu schweigen. Einen Wimpernschlag später wurde er von einem Tremor erschüttert, der ihn vor Qual zucken ließ. „Es gab Gerüchte in der Unterwelt", platzte es schließlich aus ihm heraus. Wie das undichte Leck in einem Rohr, welches von jetzt auf gleich dem Wasserdruck nachgab. „Gerüchte, dass Valentin Morgenstern noch am Leben war. Blake arbeitete bereits eng mit der ultrakonservativen Fraktion zusammen, die in vielen Belangen eine ähnliche Meinung besaß wie Valentin. Da ich kurz davor war, meinen Auslandsaufenthalt anzutreten, haben sie mich beauftragt, nach New York zu gehen. Die Lightwoods sind eine der wenigen ehemaligen Mitglieder des Kreises, die heute immer noch Macht innehaben. Ich war zur Spionage dort. Um herauszufinden, ob die Lightwoods immer noch Kontakt zu Valentin besaßen. Ich war nur einer von vielen, die eine solche Stellung antraten, in verschiedenen Instituten auf der ganzen Welt."

„Valentin hat Spione im Rat", stellte Imogen mit unzufriedenem Beigeschmack in der Stimme fest. „Sicher einige unter den Ultrakonservativen. Warum habt ihr euch nicht an sie gewandt?"

„Wir kennen sie nicht", murmelte Adam kaum hörbar. „Sie geben sich niemandem zu erkennen. Nicht einmal uns."

Diese Tatsache wunderte mich nicht. Mein Vater war kein Narr. Er wählte die Leute, denen er vertraute, sehr sorgfältig aus. Sie würden alle für ihn sterben. Und jemanden einzuweihen, wenn es auch jemand aus dem eigenen politischen Spektrum war, stellte eine Gefahr für seine Integrität dar. Es gab einen Grund, weshalb Valentin für fast neunzehn Jahre unentdeckt geblieben war.

Adams Antwort schien Imogen nur wenig für ihn einzunehmen. Sie blieb vor ihm stehen, ihre Größe vor ihm aufragend wie dieser eine Felsen im Meer, an dem jedes Boot zerschellte. „Du hast immer noch nicht erklärt, wie Clarissa Morgenstern da reinpasst. Also?"

„Als Clary nach New York gekommen ist, war sie für die Fraktion ein weitaus bedeutenderes Ziel als die Lightwoods. Von da an bestand meine Aufgabe darin, sie im Bezug auf Valentin auszuspionieren. Wir wussten zwar, dass er lebte, konnten aber nicht einfach Kontakt zu ihm herstellen. Zu dem Zeitpunkt war auch noch unklar, ob Clary nicht selbst vielleicht im Namen ihres Vaters handelte."

Ich spürte, wie meine Finger sich zusammenballten. Auf einmal fiel es mir schwer, Adam anzuschauen. Adam. Mein Freund. Jemand, dem ich vertraut und der dieses Vertrauen anscheinend von der ersten Minute an ausgenutzt hatte. Was gab es Schlimmeres als Lügner? Ein Kampf, eine offene Feindschaft, war direkt und brutal, aber ehrlich. Was Adam getan hatte, war hinterlistig und feige. Und so schmerzhaft, dass ich keine Energie fand, um den Zorn in mir heraufzubeschwören. Es fühlte sich wie eine Demütigung an, wie er da vor der Nephilimgemeinschaft in dritter Person von mir sprach. Als wäre ich dumm. Als hätte ich es besser wissen müssen. Er führte mich vor, wenn auch unabsichtlich.

„Also war die Freundschaft zu Clarissa nichts als ein Schauspiel, um Informationen über ihren Vater zu erlangen?", bohrte die Inquisitorin nach.

„Nein." Das Wort verließ Adams Mund in der Geschwindigkeit eines Blitzschlags. Irgendwie gelang es seinem zerstörten, geschwächten Körper, sich in meine Richtung zu drehen. Irgendwie gelang es ihm, den Schleier von sich zu schieben, der über seinen Pupillen lag und mir direkt in die Augen zu schauen. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was das bedeutete. „Nein", flüsterte er ein zweites Mal und auf einmal konnte ich nicht mehr hinsehen. „Die Freundschaft, die wir aufgebaut haben, war echt."

Und doch hatte er sich letzten Endes für Blake entschieden. Ich wollte schreien, weinen, wollte irgendetwas kaputtschlagen. Am liebsten wollte ich aber einfach fortlaufen und diesen Saal – seine Worte – hinter mir lassen.

Jace' Arm, der immer noch hinter mir auf der Lehne der Bank ruhte, bewegte sich als er sich zur Seite beugte. Seine Finger streiften meine Schultern, glitten sanft über meinen Rücken. Er verlagerte den Mittelpunkt seines Arms und auf einmal kitzelten seine Finger gegen mein Haar, drückten sich kaum merklich gegen den Ansatz meines Nackens, als würde er mit seiner Hand von hinten an meinem Hals entlangfahren wollen.

Ich hob den Blick von meinen Schuhen und suchte nach seinen Augen, deren Iriden mir bereits golden entgegenstrahlten. Die Milde auf seinen Zügen zog mich einige Sekunden lang in ihren Bann, bis ich genauer hinschaute und klarwurde, dass sie nichts als Fassade war. Meinetwegen. Ein frustriertes Seufzen entkam mir und ich wandte mich wieder von Jace ab.

„Was?" Seine gepresste Stimme verriet ihn.

„Du bist wütend", stellte ich fest. „Wofür diese Szene?"

„Natürlich bin ich wütend." Er ließ die Maske fallen und die Rage in seinen Augen ließ mich innehalten, wenn doch seine Finger in meinem Nacken nicht weniger sanft waren als gerade noch. „Ich konnte ihn sowieso nicht leiden. Und jetzt kommt raus, dass er die ganze Zeit ein verdammter Spion war. Er hat die Lightwoods ausspioniert, meine Familie. Er hat so vieles getan – er so vieles nicht getan. Und du, die sonst immer wie Feuer ist, lässt es ihm einfach durchgehen."

„Ich bin müde, Jace", erwiderte ich leise. „Sie haben mich entführt, gefoltert und ausspioniert, aber es ist nicht das erste Mal, dass man mich verraten hat. Es ist nicht das erste Mal, dass eine mir wichtige Person hingeht und die Seiten wechselt. Es ist nicht das erste und wird sicher nicht das letzte Mal sein. Und nach Jonathan könnte die gesamte Welt in sich zusammenfallen, ohne dass es mich auf die gleiche Weise verletzen würde."

Jace schwieg für eine lange Weile. In der Zwischenzeit hatte Imogen bereits alle Geständnisse über Adam aus ihm herausgequetscht. In der Zwischenzeit hatte Adam zugegeben, dass er von der Entführung gewusst und sich dazu entschieden hatte, sie Blake durchführen zu lassen. Mir war so schlecht, dass ich meine Finger ineinander verschränken und zupressen musste, um nicht hier und jetzt zu erbrechen. Ich musste mich nach vorne beugen, musste mich auf den Fußboden und meine Atmung konzentrieren, um dieses Gefühl des Verlassens im Griff zu behalten.

Adam hatte sich erst im Nachhinein, als die Entführung bereits lief, dazu entschieden, dass er doch nicht bereit war, mich an meinen Vater auszuliefern. „Warum?", wollte Imogen wissen. „Woher dieser Sinneswandel, wenn die Freundschaft zu Blake dir mehr bedeutet hat?"

„Ich ... es ist nicht so, dass mir Blakes Freundschaft wichtiger war. Aber ich stand in seiner Schuld, ich kannte ihn schon mein ganzes Leben." So viel hatte ich bereits in dem ausschlaggebenden Punkt vor dem Landhaus der Ashdowns mitbekommen, als Blake und Adam sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe hatten schieben wollen. Adam windete sich immer noch, ballte die Hände zu Fäusten und schüttelte vehement den Kopf, als würde er lieber sterben als weiterzusprechen. „Sich gegen Blakes Anweisungen zu stellen war nichts anderes als ihn persönlich zu verraten. Ich hatte Angst, dass Blake ihr die Wahrheit über unsere Freundschaft erzählen würde. Ich wollte nicht, dass sich ihre Sicht auf mich änderte. Also wollte ich sie da rausholen."

Zu Jace' und meiner Überraschung begann Isabelle zu kichern. Diese Unpassendheit lenkte mich für den Moment ab. Ich legte den Kopf schief und hob verwirrt die Augenbrauen. Isabelle musste sich die Hand vor den Mund halten, um nicht laut loszulachen. „Stell dir das vor. Er wollte dich da rausholen. Ganz allein. Gegen wie viele seiner Freunde? Wie dumm ist er eigentlich?"

Dasselbe schien sich Imogen anscheinend ebenfalls zu fragen. Nur dass sie das ganze kein bisschen amüsant fand. Es musste ihr eher wie ein Kindergarten vorkommen. Diesmal antwortete Adam, ohne seine Worte zu überdenken. „Ich liebe sie. Ich musste zwischen Blake und ihr wählen und habe mich für sie entschieden. Weil ich sie liebe. Auch wenn ich diese Entscheidung viel zu spät getroffen habe." 


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Willkommen zurück!

Das Kapitel endet zwar nicht mit einem richtigen Cliffhanger, aber Adams Aussage will ich dann doch mal so stehenlassen haha. Wie hat es euch gefallen? Hinterlasst mir gerne einen Like und Kommentar! :)

Skyllen

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