Kapitel 55.1. - Glittering Silk and Intoxicating Potions

Song Inspo: Solitude (Slowed + Reverb) by M83

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Kapitel 55 – Glittering Silk and Intoxicating Potions

Die Abkommenshalle strahlte im Schein von tausend Kerzen, deren flackernde Flammen rhythmisch im Takt der Musik auf und ab tanzten. Der Geruch nach herzhaftem Essen und süßen Getränken wickelte sich mir mit jedem Schritt, den ich tat, stärker um die Nase. Ich bekam kaum mit, wie Isabelle jemandem unsere Mäntel in die Hand drückte, als sich die schweren Mahagonitüren der Halle hinter uns schlossen, weil ich meine Augen nicht von dem Gang vor uns abwenden konnte. Abgesehen von zwei Fackeln auf beiden Seiten des Eingangs lag er in völliger Dunkelheit und der glattpolierte Marmor reflektierte das wenige Licht. Blau, knisternd, funkensprühend; Elbenfeuer in seiner reinsten Form und mit Sicherheit das Werk von Magnus Bane.

Unter dem steinernen Bogen der Decke gab der Gang den Blick auf das Zentrum der Abkommenshalle frei. Menschen – Nephilim, Werwölfe, Vampire, Hexenmeister – standen beisammen, tanzten, aßen; umgeben von Kerzenschein und lieblicher Musik. Ich spürte Isabelles Griff um mein Handgelenk nur am Rande meiner Wahrnehmung, als sie mich vorwärts zog, unter dem Bogen hindurch und hinein in die Halle. Den einen Moment hatte ich noch in der Finsternis verbracht und im nächsten stand ich inmitten von funkelnden, kreisenden Lichtern in allen Farben des Regenbogens. Der Duft von Lilien erfasste mich von allen Seiten, als würde das Aroma mich mit federleichten Berührungen in seinen Bann ziehen wollen. Der Klang von Streichinstrumenten summte an meinen Ohren und meine Füße kribbelten in dem Bedürfnis, mich im Rhythmus der Melodie zu bewegen. Dabei hatte ich keinen Tag in meinem Leben getanzt. Zumindest nicht so, wie sich die Menschen in diesem Raum tanzen vorstellten.

Meine Augen wanderten zu Isabelle, deren erwartungsvoller Blick mich bereits aufgeregt fixierte. Ihr langes Gesicht wurde von leicht gelockten Strähnen ihres obsidianschwarzen Haares umrahmt. Der Eyeliner ließ die Iriden um ihre Pupillen eher schwarz als braun wirken. „Es ist unglaublich, Isabelle", sagte ich und verspürte das seltsame Gefühl von Atemlosigkeit. Ich war nicht gut darin, meine Gefühle zu zeigen, auch wenn ich es tatsächlich unglaublich fand. „Es ist wunderschön."

Ihre kirschroten Lippen verzogen sich zu einem zufriedenen Schmunzeln. „Ich kann mit guter Gewissheit sagen, dass Magnus und ich uns selbst übertroffen haben. Es hat wirklich Spaß gemacht mit ihm zu arbeiten." In einer aalglatten Bewegung setzte sie ihren Kurs durch die Menge fort, die sich beinahe von selbst vor uns zu teilen schien. Ich ignorierte ihre Blicke und folgte Isabelle. Die Schleppe ihres scharlachroten Seidenkleids glitt über den Boden und ihre Füße bewegten sich so präzise und selbstsicher in den Highheels fort, dass man denken konnte, sie wäre in Absatzschuhen zur Welt gekommen. Selbst ohne ein Kleid wie dieses hätte sie jede Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Isabelle quiekte und riss die Arme in die Höhe. Obwohl immer noch Winter war und die Temperaturen nach Sonnenuntergang nahe dem Gefrierpunkt lagen, zeigte ihr Kleid so viel Haut wie möglich, ohne sie dabei zu entblößen. Entlang der dünnen Spaghettiträger windeten sich kohlschwarze Runen ihren Körper hinab, erstreckten sich über ihre Schultern bis runter zu den Handknöcheln. Ihre langen Haare verdeckten den größten Teil ihres Rückens, aber bei jedem Schritt konnte ich Kurven und Kanten von weiteren Malen entlang ihrer Wirbelsäule ausmachen. Allein ihre Beine waren frei von Runen, dafür aber wadentief in einem Paar goldener Highheels. Das Selbstbewusstsein, mit dem sie einen Fuß vor den anderen setzte, ließ sie von innen heraus strahlen wie ein Rubin. Bis zu meiner Flucht hatte ich nicht gewusst, dass die Kultur der Nephilim so schön sein konnte, so erhaben, so frei von Norm und Regel. Wir sind Schattenjäger und wir sind frei wie der Wind, mutig wie die Engel und stolz wie unsere Vorfahren.

Isabelle blieb stehen und ich trat zur Seite, um unsere Gegenüber zu erhaschen. Adam, Alec und Jace standen in einem Halbkreis, alle drei in schwarze Smokings gekleidet. Allein Größe, Körperbau und Haarfarbe unterschied sie voneinander. Ein Kichern kam Isabelle über die Lippen und sie zog am Ärmel von Alecs Jackett. „Sehen wir nicht atemberauben aus?"

„Oh ja", erwiderte Alec ironisch und verdrehte die Augen. „A-tem-be-rau-bend."

Isabelle gab ihm einen unsanften Klaps auf die Schulter, lächelte aber. Ihr spielerisch zusammengekniffener Blick schweifte über die Drei. „Ihr seht selbst nicht schlecht aus." Sie drehte sich um die eigene Achse und die Seide reflektierte das Kerzenlicht in mattem Schein. „Aber nichts im Vergleich zu Clary und mir." Sie zeigte ihnen die Zähne, lehnte sich dann zu mir herüber und flüsterte „Meliorn wird es noch leidtun, dass er die Feenkönigin nicht überredet hat, sich uns anzuschließen."

Ich musste den Mund zusammenpressen, um nicht zu lachen. „Schade, dass man keine Fotos per Feuernachricht verschicken kann." Meine Augen wanderten von Isabelle zu den Jungs und das Amüsement gefror ein wenig, als ich ihr Starren wahrnahm. Alec musterte mich neutral von Kopf bis Fuß, keine Regung in seinen eisblauen Augen, als wäre ich gerade vom Himmel gefallen. Er starrte und ich konnte nicht anders als zurückzustarren. Ihn in einem Smoking zu sehen war wohl nicht weniger seltsam als mich in einem Kleid zu sehen. Doch nicht nur er starrte. Adam und Jace ebenfalls. Sie alle starrten mich an wie eine Fremde, jeder auf seine eigene Weise.

Das Gold in Jace' Augen glühte, als ich seinem Blick für den Bruchteil einer Sekunde begegnete. Er hatte den Kopf gesenkt, wie wenn der Boden interessanter war als die Menschen um ihn herum. Seine Hände hatte er gleichgültig in den Taschen der Stoffhose vergraben. Doch aus dem Augenwinkel heraus beobachtete er mich. Genauso wie ich ihn.

Ich wusste nicht, weshalb ich es nicht auf die Reihe bekam, ihm standzuhalten. Es war irrsinnig und dennoch wurden die Innenseiten meiner Handflächen feucht, als ich daran dachte, dass ich den Großteil der letzten Tage in seinem Zimmer oder gemeinsam mit ihm in der Bibliothek verbracht hatte. Nach dem Gespräch unter der Furchtlosigkeitsrune war nichts weiter geschehen, kaum mehr als einige flüchtige, zufällige Berührungen. Wir waren in unserer Blase gewesen; waren gemeinsam zum Training gegangen, hatten gemeinsam gegessen, hatten bis tief in die Nacht nebeneinander auf seinem Bett gesessen, jeder in sein eigenes Buch vertieft. Es war unbeschwert und familiär gewesen, ich hatte mich so leicht und schwerelos gefühlt wie nie. Und trotz alldem schafften weder er noch ich mehr als einen flüchtigen Blick von der Seite. Als wären die letzten Tage nichts als ein Traum gewesen.

Adam räusperte sich und ich sprang beinahe in die Luft; seine Stimme wie ein Seil um meinen Körper, welches mich zurück in die Gegenwart zog. Er trat einen Schritt auf uns zu, ein warmer Ausdruck auf seinen Zügen. „Du siehst heute umwerfend aus", sagte er, ohne um den heißen Brei herumzureden. Seine Stimme klang einen Hauch aus der Bahn geworfen, was nicht zu ihm passte, weil er von uns allen der mit der größten Selbstkontrolle war, was persönliches Auftreten anging.

Ich konnte nicht anders, als zu lächeln, obwohl Isabelle mir die gleichen Worte heute sicher schon ein dutzend Mal an den Kopf geworfen hatte. Sie hatte das bodenlange, kieferngrüne Kleid für mich ausgesucht und mich dabei perfekt getroffen, obwohl ich weder zuvor in einem solchen Kleidungsstück gesteckt noch Ahnung von meinem Stil hatte. Bisher hatte meine Welt nur aus schwarzen Monturen bestanden. Isabelle hatte mich in etwas anderes verwandelt und als ich mich das erste Mal in ihrem Zimmer im Spiegel gesehen hatte, hatte mein Herz für eine Sekunde ausgesetzt, weil ich mich nicht wiedererkannt hatte.

Von der Taille aufwärts zierten goldgrüne Stickereien aus Strasssteinen den Stoff des Kleides. Mit jeder meiner Bewegungen brachen sie das flackernde Licht in der Halle und verwandelten es in ein Meer aus winzig schimmernden Punkten. Wie das Sternmeer am Horizont. Die wenigen Runen, die ich besaß, waren von den langen, enganliegenden Ärmeln verdeckt und spinksten nur an den Rändern zu meinen Schlüsselbeinen hervor. In meinen offenen Haaren klebten kleine, runde Strasssteine. Isabelle hatte darauf bestanden und ich war zu überwältigt von der Gestalt im Spiegel gewesen, um irgendwelche Widerworte zu geben. Nur zu den Highheels hatte sie mich nicht überreden können. Ich war immer noch Clarissa Morgenstern und auch wenn Isabelle in solchen Schuhen kämpfen konnte, war mir dieser Vorteil nicht gewährt.

Adam stibitzte zwei Gläser vom Tablett eines vorbeilaufenden Kellners und drückte mir eines von ihnen in die Hand. Sein Lächeln weitete sich als er den skeptischen Blick vernahm, mit der ich die blubbernde, goldene Flüssigkeit musterte. Ich roch am Glas und hob fragend die Brauen. „Champagner", sagte er und unsere Gläser machten einen hohen, klirrenden Ton, als er sie sanft gegeneinanderstieß. „Auf dich, Clary." Dann nahm er einen Schluck und ich tat es ihm nach.

Isabelle und er begannen zu kichern, als ich die Stirn überrascht in Falten legte. Der leicht säuerliche Geschmack hinterließ ein trockenes Gefühl in meiner Kehle und die Kohlensäure prickelte auf meiner Zunge. Es war das erste Mal, dass ich Alkohol trank. Adam drehte sein Glas mit einer passiven Bewegung aus dem Handgelenk und ein kleiner Strudel entstand inmitten des funkelnden Safts. Eine Sekunde später hob er es erneut an seine Lippen, legte den Kopf in den Nacken und trank es bis zum letzten Tropfen leer.

„Reicht das, um betrunken zu sein?", fragte ich und kam mir dämlich vor, als Adam und Isabelle abermals zu lachen begannen.

„Bei weitem nicht", erwiderte Adam und nickte zu meinem Glas. Einladend. Ermutigend. Isabelle hatte sich ihr eigenes Glas geschnappt und ich ahmte ihre kreisende Bewegung nach, bevor sie selbst einen Schluck nahm. Nur dass ich meines leerte, so wie Adam. Mein Körper hustete in Antwort, verwirrt von dieser Art von Getränk.

„Man gewöhnt sich an den Geschmack. Es geht eh nur um den Effekt." Adam grinste, ein Lodern in seinen tiefgrünen Augen, welches eben noch nicht da gewesen war.

Ich legte den Kopf schief, betrachtete ihn für einen langen Moment schweigend und ließ den Champagner auf mich wirken. Obwohl er kalt war, fühlte sich der Alkohol warm in meinem Hals an. Adam machte einen weiteren Schritt vorwärts und stand nun keinen Meter mehr von mir entfernt. Er streckte seinen rechten Arm aus. Eine weitere Einladung. „Komm, ich will dir ein paar Leute vorstellen." Wieder klang seine Stimme anders. Rauer, selbstsicherer, bestimmter, wobei er sonst darauf achtete, nicht zu viel Intention preiszugeben.

Ich zögerte, bevor ich seinen Arm nahm. Ich vertraute Adam. Er war mein bester Freund. Aber der Gedanke, weitere Schattenjäger kennenzulernen, die mir sehr wahrscheinlich feindlich gesinnt sein würden, behagte mir nicht. Wenn ich mich in der Abkommenshalle umsah, waren es zumeist die Schattenwesen, die sich amüsierten. Die Nephilim standen in eigenen separaten Grüppchen zusammen und nur die wenigsten mischten sich. Ich erlaubte es mir nicht, zu Jace zu schauen, als ich mich bei Adam einhakte. Das Gespräch in den Basilias pochte immer noch in meinem Hinterkopf und der Gedanke, dass sowohl Isabelle als auch Jace Adam eher skeptisch gegenüberstanden, gab mir ein seltsam verwundbares Gefühl. Während wir davongingen, überkam mich immer mehr das Gefühl, als würde meine Freundesgruppe sich langsam aber sicher entzweien; als würde ich mich bald schon zwischen Isabelle, Jace und Adam entscheiden müssen. Es gelang mir, diesen sich am Horizont aufbrausenden Konflikt von mir zu schieben. Zumindest für hier und jetzt.

Adam und ich verbrachten die nächsten zwei Stunden damit, durch die Menschenmenge zu laufen, mit verschiedensten Schattenjägern ins Gespräch zu kommen und Smalltalk auszutauschen. Viele der Nephilim, die er mir vorstellte, waren gut darin, ihre Feindseligkeit vor mir zu verstecken. Manche waren sogar geradeheraus freundlich. Würdenträger aus dem Rat, Mitglieder der Brigade aus Toronto und zum Schluss seine Familie. Seine Eltern schüttelten meine Hand, strahlten mich an und bekundeten ihr Beileid über den Tod meiner Mutter. Sie erzählten von ihren Aufgaben im Rat und wie glücklich sie waren, dass wir befreundet waren. Ich konnte nicht sagen was es war, aber entweder sie waren nervös mir gegenüberzustehen oder sie verbargen etwas vor mir. So viel konnte ich dank der Stunden in Psychologie bei meinem Vater ermitteln. Ihr Benehmen war rundum seltsam, ihre Lächeln zu breit, ihre Stimmen zu aufgesetzt, ihre Gestik zu hektisch.

Adams jüngere Geschwister hingegen waren eine angenehmere Angelegenheit. Die jüngsten beiden waren zu schüchtern, um über ein Händeschütteln hinaus mit mir zu interagieren. Stattdessen starrten sie mich mit aufgerissenen Augen an, als eilte mein Ruf mir bereits voraus. Der Älteste von ihnen hieß Caleb und war fünf Jahre jünger als Adam. Er war höflich, wenn auch etwas distanziert, wie wenn er mir nicht vollends über den Weg traute. Seine Augen – identisch zu Adams – glitten wieder und wieder zu meinen Händen, als würde er dort eine Waffe suchen.

Schließlich verschränkte Caleb die Arme vor der Brust und weil er kleiner war als ich, musste er den Kopf etwas in den Nacken legen, um mich vollends mustern zu können. „Ist es wahr, dass er der mächtigste Schattenjäger aller Zeiten ist?", fragte er und sein jungenhafter Ton klang neugierig und ernst zugleich. Irgendwie nicht ganz seinem Alter entsprechend.

„Wer?" Gerade noch hatte Adam mir von Calebs Traum berichtet, ein Zenturio zu werden. Aber Caleb hatte das Thema gewechselt, ohne auf die Erzählungen seines großen Bruders einzugehen. Stattdessen ruhten seine erwartungsvollen Augen auf mir.

„Na, dein Vater", antwortete Caleb verwirrt. „Gerüchten zufolge ist Valentin Morgenstern stärker als jeder andere Nephilim."

Halb verdattert halb erstaunt hob ich die Augenbrauen und wusste nicht recht, was ich erwidern sollte. „In Ordnung, genug Familie für heute", grätschte Adam dazwischen, bevor meine Lippen sich bewegen konnten. „Wir sehen uns später, Caleb." Dann zog er mich fort von seiner Familie. Nicht schnell genug, um den tadelnden Ausdruck auf dem Gesicht seiner Mutter zu sehen, die sich Caleb zuwandte.

Ich drehte den Kopf in Adams Richtung und wollte fragen, was es mit diesem Gerücht auf sich hatte, als er mir bereits ein neues Glas in die Hand drückte. Diesmal mit einer pinken Flüssigkeit gefüllt. „Vergessen wir das", sagte Adam und sah peinlich berührt aus, als wäre ihm das Auftreten seines Bruders unangenehm. „Wir sind hier, um zu feiern. Um die Realität für einen Abend zu vergessen."

Wir stießen an – eine Geste, die keinen Sinn für mich ergab – und das Klirren der Kristallgläser ging in der schillernden Melodie des Lebens um uns herum verloren. Zu laut waren Gelächter, Musik und das allgemeine Rauschen der Leute. Adam warf mir einen intensiven Blick über den Rand seines Glases hinweg zu und während ich den Geschmack des Getränks auf meiner Zunge zergehen ließ, wärmten sich seine Wangen, als ich seinen Augen nicht auswich.

„Besser als der Champagner?", wollte er wissen und ich musste mich zu ihm herüberbeugen, um die Worte zu verstehen. Wieder drehte er sein Glas, bis sich in der Mitte des Getränks ein kleiner Strudel auftat und leerte es in einem Zug. Wieder legte ich den Kopf schief und betrachtete Adam, seine gesamte Erscheinung, bis ich schließlich nickte und mein eigenes Glas austrank. Das Aroma war süß und fruchtig und vom bitteren Nachgeschmack des Champagners keine Spur. Ich konnte nicht einmal sagen, ob in dem Saft Alkohol gewesen war.

Adams Lachen hellte sein gesamtes Gesicht auf und meine Wangenmuskeln formten sich wie von selbst zu einem Spiegelbild seiner Züge. Eine Hitze schoss durch mich hindurch, breitete sich durch meine Glieder aus und erinnerte mich ein wenig an das Gift des Dämons, welches einige Wochen zuvor durch meine Adern gejagt war. Nur dass sie meinen Körper diesmal zu beleben schien. Ich konnte spüren, wie das Herz in meiner Brust schneller zu schlagen begann, wie die Emotionen in meiner Brust mit einem Mal eine neue Tiefe bekamen. Ein lautes, glückliches Lachen kam mir über die Lippen, ein Klang, wie ein heller Glockenschlag und ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so gelacht hatte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal glücklich gewesen war, ohne dabei Hintergedanken zu haben. Dieses Gefühl in meiner Mitte, diese aufwallende Wärme, machte es für einen Moment leicht, die Sorgen und Ängste von mir zu schieben. Plötzlich war da nur mein Bedürfnis nach Euphorie, Zugehörigkeit und Genuss. Vergiss wer du bist. Heute Nacht kannst du Clarissa Morgenstern vergessen. Sei, wer und was du sein willst. Amüsiere dich.

Als Adam mir das nächste Glas in die Hand drückte, sein neues bereits zur Hälfte in seinem Rachen entleert, zögerte ich nicht. Ich hakte mich bei ihm ein, nahm den nächsten Schluck und kicherte, als Adam sich über den Konsul lustig machte, der in einigen Metern Entfernung an uns vorüberging und ein finsteres Gesicht zog. Isabelle hatte es bis zum letzten Moment geschafft, diese Feier an ihm und der Inquisitorin vorbeizukoordinieren und als sie davon erfahren hatten, wusste bereits halb Alicante von den heutigen Feierlichkeiten. Für einen Rückzieher war es bereits zu spät gewesen.

Wir schlenderten umher, probierten uns durch das Buffet und die verschiedenen Getränke. Immer mal wieder, wenn wir in Reichweite waren, spürte ich die Blicke von Jace und Alec auf mir. Wie Dolche auf meiner Haut, die ein kribbelndes Empfinden auf ihr hinterließen. Jedes Mal, wenn meine Augen Jace' aus Zufall trafen, schien seine Miene grimmig und mit jedem weiteren Glas, das ich trank, wurde meine Verwunderung darüber größer. Jedes Mal, wenn wir nah genug waren, um ihn auszumachen, stellte ich fest, wie gut er in dem Anzug aussah. Er passte wie angegossen und Jace schien ihn mit jeder Faser seiner Arroganz und Gleichgültigkeit auszufüllen.

Finger streiften meinen Arm, ein amüsiertes Kichern drang an mein Ohr und als ich meinen Blick wieder einmal von Jace' goldenen Augen löste, hatte Isabelle mich in eine halbe Umarmung geschlossen. Ich ließ Adams Arm los, um ihn ihr unter die Achseln zu legen und spürte ihr kitzelndes Haar an meinen Schultern. Ihre Pupillen wirkten riesig, nur übertroffen von dem Grinsen auf ihren knallroten Lippen.

„Oh, Clary, sieh', wen ich gefunden habe!" Ich neigte das Kinn zur Seite und spähte an Isabelle vorbei. Meine Augen wurden groß, als ich Raphael Santiago erkannte. Der Vampir, mit dem wir den Vertrag verhandelt hatten, der heute geehrt wurde. Raphael stand starr wie eine Statue neben Isabelle, die Leichtigkeit eines Unsterblichen in der Bewegungslosigkeit seines Körpers. Als könnte er stundenlang so reglos verharren. Das letzte Mal als wir uns begegnet waren, hatte er die Nephilim als klare Feinde deklariert. Das Innere seiner dunklen Augen wirkte weiter kühl, aber ein kaum merkbares, fast boshaftes Schmunzeln zierte seine bleichen Lippen.

„Amüsierst du dich?", fragte ich über das Stimmengewirr um uns herum und Isabelle bedachte Raphael mit einem Ausdruck, der mehr sagte als tausend Worte. Sie lebten beide in New York und kannten sich wahrscheinlich schon seit Jahren. Auf einmal wirkte Raphaels Abneigung mehr wie ein Spiel.

Isabelle strich das Haar vor meinem Ohr zurück, senkte ihren Mund herab und flüsterte „Meliorn wird diesen Tag bis zu seinem Tod bereuen, das sag' ich dir." Unsere Blicke begegneten sich und sie zwinkerte. Anscheinend waren Adam und ich nicht die einzigen mit guter Laune.

Bevor ich etwas erwidern konnte, verstummte die Musik mit einem abklingenden Summen der Streichinstrumente, bis nur noch das allgemeine Rauschen der Menschen zu hören war. Eine Sekunde später erhob sich die eiserne Stimme der Inquisitorin durch die Halle, so kalt und unbeeindruckt, dass man den Kontrast zur Stimmung der Menge förmlich fühlen konnte.

Isabelle verdrehte mit einem theatralischen Seufzen die Augen, tätschelte Raphael verabschiedend die Schulter und zog mich mit ihrem Körper mit, da mein Arm immer noch um ihren Rücken geschlungen war. „Die Formalitäten beginnen", stellte sie nüchtern fest, jede Aufgedrehtheit von jetzt auf gleich weggewischt, als hätte man sie gewaltsam aus einem Traum geweckt.

Über meine Schulter hinweg winkte ich Adam zu, der mir zurief, dass er sich zu seiner Familie gesellen würde. Dann trennte uns die Menschenmenge und auch Raphaels Gesicht verschwand inmitten der Duzend anderen. Wir kamen nicht weit, vielleicht zehn Meter, bevor uns die nächste Person anhielt. Luke. Isabelle windete sich aus meinem Griff heraus und verschwand allein zwischen den Menschen, während ich stehenblieb, als hätte sie gar nicht realisiert, dass ich stehengeblieben war.

Der förmliche Smoking, in dem Luke steckte, passte nicht zu ihm. Nachdem ich ihn all die Tage nur spärlich gekleidet gesehen hatte, war es fast schon anstrengend für mein Hirn, seine Erscheinung zu verarbeiten. So wie wenn man einen Brillenträger ohne Brille sah und das gesamte Gesicht plötzlich anders wirkte.

Lukes braune Augen lagen auf mir, musterten das Kleid und dann den Saal um uns herum. Langsam breitete sich ein fast nostalgischer Ausdruck auf seinem Gesicht aus, traurig und glücklich zugleich. „Deine Mutter wäre super stolz auf dich", war alles was er sagte, bevor er seinen Weg durch die Menge fortsetzte, wahrscheinlich auf der Suche nach seinem Rudel.

Isabelle wieder auf den Fersen konnte ich die Tränen plötzlich kaum zurückhalten. Ich fand sie beim Rest der Lightwoodfamilie und stelle mich schweigend neben Jace, während die Aufmerksamkeit des Raumes sich nach vorn zum Altar verschob. Imogen ließ nicht lange auf sich warten und man sah ihr und Malachi an, dass sie über die heutige Veranstaltung ziemlich erzürnt waren. Der Konsul begann eine Rede und kurz darauf traten Alec und sein Komitee nach vorn, um sich vorzustellen. Magnus, Raphael und Luke. Sie alle schienen froh, hier zu sein. Sie alle außer Imogen und Malachi, die Köpfe der Nephilim. Dafür wirkte Alec umso solider. Er hatte sich neben Magnus gestellt und schien sich wohl in seiner Rolle als Vertreter der Nephilim zu fühlen. 


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Ich würde hier jetzt gerne Links für die Kleider von Clary und Isabelle einfügen, damit ihr seht, wie sie aussehen, aber das geht ja leider nicht. Deshalb kann ich nur nochmal betonen, dass es sie in meinem Pinterest Ordner für diese Fanfiction zu sehen gibt. Den Link findet ihr in meinem Profil, oder ihr googlet "ccskyllen Pinterest" darüber findet ihr meinen Account auch. Die Kleider sind wirklich ultra schön.

Was haltet ihr vom Kapitel? Es ist super lang geworden, sodass ich es in zwei Teile machen musste. Hier kommt auf jeden Fall einiges an Clace auf euch zu!

Skyllen :)

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