Kapitel 50 - Fairy Games and Rotten Love

Kapitel 50 – Fairy Games and Rotten Love

Meine Worte grenzten an Respektlosigkeit und enthielten einen Vorwurf, für den die Königin andere sicher schon hingerichtet hatte. Es fühlte sich an, als würde ein Tuscheln durch den Raum gehen und erst als die vielen kleinen Wesen um uns herum in Stille verfielen, nahm ich sie überhaupt wahr. Jace wandte mir in einer kontrollierten Bewegung den Kopf zu, ein warnender Blick in seinen blitzenden, goldenen Augen. Als würde er wollen, dass ich mit den Schatten der Wände verschmolz, anstatt die Kluft zu den Elben zu vergrößern. Er hoffte auf einen guten Ausgang dieser Verhandlungen und ein Teil von mir war verärgert darüber, dass er anscheinend bereit war, hier dafür auf seinen Knien herumzurutschen.

Für mehrere Sekunden lang war das Rauschen des Bluts in meinen Ohren alles was ich hörte. Ich zählte meine Atemzüge, erwiderte das nichts aussagende Starren der Königin und wartete auf ihre Reaktion. Einen Moment lang hatte ich das Gefühl, Zorn hinter ihren eisblauen Augen aufflackern zu sehen, aber es konnte sich genauso gut nur um einen Schatten handeln. Dann, all meinen Erwartungen entgegen, brach sie in Gelächter aus.

„Die Direktheit und Ehrlichkeit der Morgensterns. Das genieße ich." Die Lippen der Königin verzogen sich zu einem Lächeln, bei dem es mir schwerfiel, die Luft in meine Lungen zu befördern. „Anders als die meisten anderen Nephilim wisst ihr, dass eure falsche Höflichkeit mich langweilt."

Obwohl sie den Inhalt meiner Aussage komplett ignorierte, schaffte ich es nicht, meine Maske der Gleichgültigkeit aufrechtzuerhalten. Ihre Worte trafen mich wie ein Schlag ins Gesicht; so stark, dass ich mich kurz fragte, ob sie mich tatsächlich geschlagen hatte, weil meine Wangen zu glühen begannen. Die Welt um mich herum begann, an den Rändern zu flackern. „Ihr kennt meine Familie", stieß ich hervor und spürte, wie meine Finger leicht zu zittern begannen, als die Königin nickte und ihr Lächeln sich weitete.

„Er hat gehofft, dass sie dich schicken würden", offenbarte sie und mir wurde schlecht. Meine rechte Hand fuhr hoch zu Eosphoros Griff und ich musste nicht zu Jace schauen, um zu wissen, dass er mein Spiegelbild war. Aus dem Augenwinkel sah ich wie er sich mir näherte und einen Schritt vor meinem Privatbereich stehenblieb.

„Auf was habt Ihr euch da eingelassen?", kam es mir über die Lippen und ich wunderte mich, wie gleichmäßig meine Stimme klang. Mein Inneres schien bei dem Gedanken, dass die Königin mit meinem Vater gesprochen hatte, auseinanderzureißen.

„Als Königin habe ich die Pflicht, die Interessen meines Volkes zu wahren. Ich muss das tun, was ich meiner Meinung nach für das Richtige halte. Die Nephilim sind nicht vertrauenswürdig, das beweist die Vergangenheit."

„Also, was?", kam es von Jace, die Höflichkeit verschwunden. Die Empörung war unüberhörbar. Die Soldaten traten aus den Schatten heraus. „Weshalb sind wir dann hier, wenn Ihr euch bereits mit dem Feind verbündet habt? Seid Ihr Euch überhaupt über Valentins Pläne bewusst? Wisst Ihr, dass er das Blut eines Eurer Kinder braucht? Er hat vor, die gesamte Welt zu vernichten!"

„Oh, ich bin mir bestens über seine Pläne bewusst, Nephilim", erwiderte die Königin kalt und überheblich. „Aber wie gesagt: Eure Welt ist nicht unsere."

„Ihr habt Euch mit meinem Vater verbündet", stellte ich fest und suchte mit meinen Augen den Raum ab. Nirgends ein Zeichen von ihm oder Jonathan, aber das musste nichts heißen. Jede Faser meines Körpers schrie, dass das hier ein Hinterhalt war. „Zu welchem Preis?"

„Du erinnerst mich an Valentin", sagte sie stattdessen und ihr Lächeln wurde sanfter. „Ihr beide habt keine Scheu, die wichtigen Fragen zu stellen. Du sagst deine Gedanken geradeheraus, genauso wie er. Selbst die Art wie du sprichst, deine Stimme. Du bist wie er."

Eine Welle der Hitze prallte gegen meinen Körper und ich hatte Mühe, ihr nicht das Erstbeste an den Kopf zu werfen, was mir einfiel. Du bist wie er. Meine Hände ballten sich zu Fäusten, als die Panik in meine Adern schoss. Ich wollte nicht so sein wie Valentin. Nein. Es wäre eine Katastrophe. Ich drehte den Kopf, weil ich den Anblick der Königin keine Sekunde länger vor mir ertragen konnte, nur um Jace' Augen zu begegnen, die mich wissend betrachteten. Er schüttelte kaum merklich den Kopf. Du bist nicht wie er. Sie spielt nur mit dir.

„Das ist nichts, worüber man erzürnt sein muss", fuhr die Königin fort und die offene Genugtuung über meine Wut machte mich nur zorniger. „Dein Vater ist ein Visionär, egal was man voll ihm halten mag. Aber um deine Frage zu beantworten ..." Sie hielt inne, um sich jeden Funken Aufmerksamkeit von uns sicher zu sein. „Dein Vater war hier, vor nicht allzu langer Zeit. Er war klug genug, nicht einfach eines meiner Kinder zu töten. Stattdessen sind wir einen Kompromiss eingegangen. Falls es ihm gelingen sollte, das Blut der anderen Schattenkinder zu erlangen, dann werde ich eines meiner eigenen opfern. Im Gegenzug wird er jegliche Tore, die unsere Welten verbinden, für immer verschließen."

„Das ist Wahnsinn", lachte Isabelle ohne jede Freude. „Damit kann Euer Volk niemals einverstanden sein!"

„Das werde ich wohl am besten wissen", zischte die Königin in Antwort, ihre Augen zu Schlitzen verengt, während sie Isabelle fixierte. „Die Innenpolitik des Lichten Volkes geht dich nichts an, Nephilim."

„Ich kenne einige Elben", entgegnete Isabelle trotzig und reckte das Kinn. „Ich weiß, dass sie dem niemals zustimmen würden."

Das amüsierte Lachen der Königin klang wie ein Glockenschlag; ein Ton so rein und hell, dass man sich ihm automatisch entgegen lehnen wollte. „Ich bin mir über deine Beziehungen mit unserer Art durchaus im Klaren. Doch Meliorn ist einer meiner treusten Ritter. Was auch immer du glaubst, zu wissen, ist nichts als die Illusion eines Halbelben, der als solcher in der Lage ist, zu lügen." Sie strahlte Isabelle so triumphierend an, als wüsste sie, dass die das Spiel gewonnen hatte.

Isabelle, die gerade noch etwas hatte sagen wollen, presste bestürzt den Mund zusammen, als Meliorns Name fiel. Ich hatte keine Ahnung, um wen es ging, aber Isabelle musste ihm nahestehen, wenn sie dachte, ihn zu kennen. Zumindest so nahe, wie man einem Elben als Nephilim jemals kommen konnte.

„Fürchtet Ihr Euch nicht, dass Valentin Euch betrügt?", grätschte Jace an ihrer Stelle in die Diskussion und hob fragend die blonden Brauen. „Ihr müsst wissen, dass er kein aufrichtiger Partner ist."

„Er mag uns Schattenwesen vielleicht verachten, aber die Feinde meiner Feinde sind meine Freunde, nicht wahr? Zur Sicherheit habe ich ihn natürlich auf euren vergötterten Erzengel schwören lassen. Unsere Abmachung ist damit in Stein gemeißelt." Die Königin wirkte zufrieden mit sich. Sie war sich im Klaren darüber, dass sie uns alle übers Ohr gehauen hatte. Nichts anderes taten Elben schließlich lieber.

„Wie geht es dann jetzt weiter?" Jace' Finger lagen immer noch auf dem Griff seiner Seraphklinge. Als würden die nächsten Worte der Königin über alles entscheiden. „Hättet Ihr ein Bündnis mit uns einfach abgelehnt, dann wären die Elben nur eine neutrale Partei. Aber Eurer Übereinkommen mit Valentin macht uns zu Feinden. Werdet Ihr uns ziehen lassen, damit wir den Rat von Eurer Entscheidung in Kenntnis setzen können oder habt ihr eigene Pläne?"

Das Lächeln der Königin schwand. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich das Gefühl gehabt, dass sie nachdachte. Sie verzog die Lippen und legte den Kopf schief. Ihre hellen Augen fanden mich und der Blick, den sie mir zuwarf, zeugte davon, dass sie tatsächlich etwas abwägte. „Dein Vater verlangt deine Auslieferung, sollte ich die Gelegenheit bekommen, dir gegenüberzustehen", gab sie zu, ohne unsere ineinander verhakten Augen zu lösen. Sie sprach nun allein zu mir, nicht zum Rest der Gruppe. Jace neben mir spannte die Muskeln an und für den Bruchteil einer Sekunde flogen meine Augen zu ihm herüber. Ein Fehler, denn der Königin blieb meine Reaktion natürlich nicht verborgen. Das Schmunzeln, welches sich auf ihrem Gesicht bildete, zeugte davon. Ein Schauer lief meinen Rücken hinab. „Es war töricht vom Rat, dich zu schicken. Genauso töricht war es allerdings von deinem Vater, kein Versprechen von mir für deine Auslieferung zu verlangen. Ich bin zwar auf seiner Seite, aber will ich es ihm auch nicht zu leicht machen. Schließlich muss er sich das Blut eines meiner Art verdienen."

„Was schlagt Ihr vor?", fragte ich, ohne zu zögern. Ein Handel mit einem Elben geschah immer zum eigenen Nachteil, doch die Alternative war schlimmer. Ich durfte Valentin nicht in die Hände fallen. Nicht, weil ich mich vor ihm fürchtete, sondern weil ich nicht wusste, ob ich bereits in der Lage war, mich Jonathan zu stellen.

„Ich frage mich, ob du in der Lage bist, zu lieben, Clarissa Morgenstern."

„Zu lieben?" Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit.

„Ja, zu lieben", sagte die Königin und ein schelmischer Ausdruck nahm auf ihren Zügen Gestalt an. „Aber die wahre Form der Liebe. Die Art und Weise, die deine Mutter Valentin all die Jahre geliebt hat. Anders kann ich mir nicht erklären, dass sie so lang bei ihm geblieben ist. Bist du in der Hinsicht wie dein Vater oder doch wie deine Mutter?"

Stille. Der Saal drehte sich um mich herum. Sie hatte mich zu sehr aus der Bahn geworfen. Mein Hirn arbeitete auf Hochtouren, um ihre Worte zu begreifen. Langsam, aber nur ganz langsam, sickerte die Bedeutung durch und mit ihr die Furcht. Wenn du wie dein Vater bist, wie willst du diese Welt dann vor ihm befreien?

„Dein Bruder kann es nicht." Dieser eine kurze Satz versetzte mich zurück in die Realität. „Es würde mich nicht wundern, wenn Valentin diese Empfindung auch in dir ausgelöscht hat. Was soll er schließlich mit einer empathischen Kriegerin anfangen, die möglicherweise Mitleid mit seinen Feinden hat?"

Der Schmerz darüber, dass Jonathan hier gewesen war und die Königin bestätigen konnte, dass er nichts weiter als eine emotionslose Hülle seines alten Ichs war, brannte ein Loch in meine Brust. Dabei war dies schon mit seiner Ermordung meiner Mutter Tatsache gewesen. „Ich habe meinen Bruder geliebt. Und meine Mutter."

Wieder Stille.

„Tragisch, wie sie ihr Leben verloren hat", murmelte die Königin ohne den Hauch von Sympathie in der Stimme. „So tragisch, dass es beinahe wieder amüsant ist."

Zorn kochte in mir auf. Wie eine heiße Flamme, die in meinem Inneren brodelte und jeden Augenblick alles in Schutt und Asche reißen würde. Aber genau das war, was sie von mir erwartete; was sie hoffte. Und ich wollte dieser Frau nichts dergleichen geben. Also verschloss ich dieses überladene Fass und schob es tief hinab in den entlegensten Winkel meines Körpers.

„Wurdest du jemals bedingungslos geliebt?", fragte die Königin dann, als ihr klar wurde, dass ich niemanden sonst in meiner Liste aufzählen würde.

„Es gab zwei Menschen", brachte ich hervor und wusste selbst nicht, woher ich die Kraft dafür nahm. „Eine von ihnen ist tot, der andere existiert nicht mehr." Anders als meine Mutter und mein Bruder hat Valentin mich nie geliebt. Zumindest nicht so, wie ein Vater sein Kind lieben sollte. Er war vernarrt in sein Experiment und seine Vision. Mehr nicht. Ich hatte zu lange gebraucht, um das zu erkennen.

„Was soll das? Was für einen Zweck haben diese Fragen?", fuhr Jace knurrend dazwischen, als die Königin erneut ihren zierlichen Mund öffnete. Seine Geduld mit ihr schien zu Ende zu sein. Ich war froh darum, denn ich wollte nicht eine einzige ihrer weiteren Fragen beantworten.

Die klaren Augen der Königin fuhren erzürnt zu Jace, milderten sich jedoch schnell. Sie neigte den Kopf und ihr rotes Haar fiel wie ein Vorhang zur Seite. „Ich verspreche euch freies Geleit zurück nach Idris. Unter einer Bedingung. Eine simple Aufgabe, die ihr erfüllen müsst. So simpel, dass es eigentlich gar nicht fair für mich ist."

„Was für eine Aufgabe?", fragte Isabelle misstrauisch. Das Misstrauen war berechtigt. Sich auf ein Spiel mit der Feenkönigin einzulassen, konnte nur schiefgehen.

„Da wir Elben nicht lügen können ist unsere Gesellschaft auf totalitärer Ehrlichkeit aufgebaut. Ihr hingegen ... in der Hinsicht seid ihr wie die Menschen. Ein Großteil eurer Welt basiert auf Lügen und Unwahrheiten. Ich finde Gefallen daran, euch dabei zuzuschauen, wie euch das Eingestehen der Wahrheit solch großes Unbehagen bereitet."

„Fragt mich, was Ihr wollt und ich werde die Wahrheit sagen", sagte ich und machte einen Schritt nach vorn. Es gab sicher vieles, was die Königin nur allzu gern über Valentin oder mich im Speziellen gewusst hätte. Ich hatte das Gefühl, dass sie eine Vorliebe für Dramen hatte. Außerdem war ich ohnehin bereits ein offenes Buch. Dank Imogen Herondale kannte jeder in Alicante bereits alles über mich.

Doch die Feenkönigin bewegte das Kinn, als würde sie verneinen wollen. „Nicht du wirst dich der Aufgabe stellen", erklärte sie und das Schmunzeln wurde weiter als ihr Blick über Jace zu Isabelle und Adam wanderte. „Ich habe dich gefragt, ob du jemals bedingungslos geliebt wurdest, und du hast mir zwei Personen aufgezählt, bei denen du die Antwort kanntest. Was ist, wenn ich dir sage, dass jemand in diesem Raum ähnlich für dich empfindet?"

Ich blinzelte. Mehrmals. Was sagte sie da? Ich drehte den Kopf herum und spürte, wie mein Herz schneller zu schlagen begann. Erneut scannte ich die Wände und Ausgänge, die ich eben erst geprüft hatte. Kein Jonathan. Kein Valentin. Niemand außer den Elbensoldaten. Verwirrt drehte ich mich wieder zur Königin und legte die Stirn in Falten.

Diese verdrehte theatralisch die Augen, als hätte ich etwas Offensichtliches übersehen und ich hatte den Kopf bereits wieder halb gedreht, als sie zu sprechen begann. Mein hektischer Blick blieb an Jace hängen, über dessen Gesicht sich seine übliche, unbeteiligte Maske gelegt hatte. Er schaute nicht mehr zu mir, sondern musterte die Königin mit einer Neutralität, die zu intensiv war, als dass sie echt sein konnte.

„Die Aufgabe simpel", wiederholte die Königin in heiterem Ton. „Ihr seid frei zu gehen, wenn Clarissa von der Person geküsst wird, die es sich am meisten ersehnt."

„Das ist lächerlich", brachte ich protestierend hervor, als mir plötzlich klar wurde, dass sie nicht auf meine Familie anspielte. Ich spürte, wie sich die anderen hinter mir regten. Unruhig, als wüssten sie selbst nichts mit der Aufgabe anzufangen.

„Es ist die Wahrheit", entgegnete die Königin lächelnd. „Und eure einzige Chance, lebend hier rauszukommen."

Liebe. Ich war fähig zu lieben. Doch konnte ich geliebt werden? Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet, weil ich wusste, wer ich war und jeder andere es ebenso wusste. Ich war Valentin Morgensterns Tochter. Die Hälfte der Zeit war ich gefühllos und abweisend und während der anderen Hälfte furchtzerfressen und rachsüchtig. Zumindest sah ich mich selbst auf diese Weise.

Ich blinzelte und wartete. Was sonst sollte ich tun? Schließlich war ich nur die Person, die geküsst werden sollte. Adam hinter mir verlagerte das Gewicht seines Körpers und meine Muskeln versteiften sich. Nein, das konnte nicht sein. Adam hatte alles getan, um zu beweisen, dass er mich nicht einmal als Freundin sah. Das konnte keine Liebe sein.

Adam bewegte sich und ich drehte mich halb in seine Richtung, starrte ihn mit geweiteten Augen an, während er es nicht schaffte, mich anzuschauen. Ich machte instinktiv einen Schritt zurück, weil jede Faser meines Körpers danach schrie, mehr Abstand zu ihm zu gewinnen. Es war nur ein blöder, nichtsbedeutender Kuss, aber nachdem er Blake gestern vor mir beschützt hatte, hatte sich etwas in meinem Bild auf ihn verschoben.

Adam hob den Kopf und seine grünen Augen trafen meine in dem Moment, in dem jemand mein Handgelenk umfasste. Er hielt inne und ein Schatten huschte über sein Gesicht, der seine Pupillen verdunkelte. Ich blickte hinab zu Jace' Fingern, die meinen Arm umfassten; sanft, vorsichtig, unsicher. Die Emotionen spiegelten sich nicht im harten Gold seines Ausdrucks. Stattdessen wirkte er verstimmt und finster zu gleich.

„Das bedeutet nichts", war alles was Jace sagte, bevor er sich in einer hektischen Bewegung zu mir herunterlehnte. Alles, was ich noch zustande brachte, war das verblüffte Öffnen meiner Lippen. Die Erwiderung blieb mir im Hals stecken, als sein Mund auf meinen prallte; hart und schonungslos, als würde er es so schnell wie möglich hinter sich bringen wollen. Während die Finger seiner linken Hand immer noch mein Gelenk umfassten, hatte seine Rechte meine Taille gefunden. Ich wollte zurückweichen, aber Jace' Griff war beständig. Gerade als ich dachte, dass wir aus dem Kuss auseinanderbrechen würden, wurden seine Lippen weicher. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, für die sie warm und harmonisch gegen meine glitten. Dann löste Jace sich so abrupt von mir, dass ich nichts als ein entgeistertes, atemloses Starren zustande brachte. Doch er hatte mir bereits den Rücken zugewandt.

„Können wir gehen?", hörte ich ihn fragen. Seine Stimme klang dumpf, als würde eine Glasscheibe uns trennen. Das verzerrte Lachen der Königin drang von weit her an mein Ohr. Irgendwie gelang es mir, sie anzuschauen. Ihre geweiteten, selbstzufriedenen Augen ruhten auf mir. Sie lächelte, anders als zuvor; ein Lächeln, welches meine Haut zum Frösteln brachte und mich daran erinnerte, warum man sich nie auf Elben einließ.

„Es steht euch frei, zu gehen", sagte die Feenkönigin.

Und zu meiner eigenen Überraschung war ich es, die wie ein Wind auf dem Absatz kehrtmachte und aus dem Saal stürmte, noch bevor die anderen auch nur einen Fuß vor den anderen gesetzt hatten. Mein Magen machte einen Satz und ich hatte das Gefühl, mich jeden Moment auf meine eigenen Stiefel zu übergeben. Ich spürte die Hitze, die in meine Wangen strömte und die Tränen, die sich in meinen Augenwinkeln bildeten. Nicht vor Wut. Aus Scham.

Die Elben fanden Freude daran, Menschen hereinzulegen und hinters Licht zu führen. Die Königin hatte Jace gezwungen, mich zu küssen, weil sie es amüsant fand, uns daran zerbrechen zu sehen. Sie wusste, dass Jace nichts Derartiges für mich empfand. Wie könnte er auch? Ich hatte den Blick auf seinem Gesicht gesehen, Sekunden nachdem er mich geküsst hatte. Abscheu. Ekel. Abneigung.

Ich wusste nicht, wann ich aufhörte zu laufen. Alles, was ich wusste, war, dass ich irgendwie meinen Weg durch den Wald zurück zur Lichtung fand. Das Portal wartete bereits auf uns. Ich schritt hindurch, ohne mich nach irgendwem umzudrehen. Ich fürchtete mich davor, was sie auf meinem Gesicht sehen würden. Ich hatte nicht das Gefühl, meine Emotionen länger unter Kontrolle zu haben. In Idris angekommen ignorierte ich die verärgerten Rufe von Konsul und Inquisitorin, sondern floh aus der Garnison, ehe mich jemand einholen konnte. Zu meiner Erleichterung versuchte niemand, mich zurückzuhalten, sodass ich ohne weiteres auf das nächste Dach klettern und davonrennen konnte.

Niemand könnte Clarissa Morgenstern jemals lieben. Genau das hatten Jace' Augen in diesem kurzen Moment nach dem Kuss ausgesagt. Ich spürte, wie etwas in mir entzweiriss; so laut, so schmerzhaft, dass meine Sicht für eine Sekunde weiß wurde.

Welche Beziehung auch immer ich in den letzten Wochen zu Jace glaubte aufgebaut zu haben, verpuffte von jetzt auf gleich. Ich war es nicht würdig geliebt zu werden. Das hatten Valentin und Jonathan mir genommen. Valentin hatte mich zu dem verkommenen Menschen gemacht, der ich heute war. Jonathan hatte den einzigen Menschen getötet, der auf dieser Welt noch irgendeine Form der Liebe für mich empfand.

Wurdest du jemals bedingungslos geliebt? Ja, das wurde ich. Das war Teil der Vergangenheit.

Wirst du jemals wieder geliebt werden? Nein. Dafür war es Jahre zu spät. Dafür war ich zu weit vom Licht entfernt. Dafür war meine Seele zu verdorben.


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Naaa wie findet ihr dieses Zusammentreffen mit der Feenkönigin? :)

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