Kapitel 49.2. - The Seelie Court

Ein betörender Duft kam mir entgegen, als sich der Vorhang um mich teilte. Vor mir befand sich der Thronsaal der Königin des Lichten Volkes, doch nichts daran erinnerte an einen Thronsaal. Es war warm, fast schwül und die alten Steinwände mit Moos und Ranken bewachsen. Der Boden bestand aus Gras und war mit Wildblumen in den verschiedensten, intensivsten Farben übersäht, dass es kaum möglich war, sie zu lange zu betrachten, weil sie einem Kopfschmerzen bereiteten. Die rechte Seite des Saals war zu einem Teich geöffnet, aus dem ein Bach in wahllosen Kurven durch die Erde plätscherte. Das sanfte, getrübte Licht schien von überall gleichzeitig zu kommen. Man hatte das Gefühl, draußen in der Wildnis zu sein und selbst die Mauern, vor denen eine Reihe an gesichtslosen Soldaten postiert war, machten nicht den Eindruck, dass man sich unter der Erde befand.

Die langen Körper der Garde lagen in den Schatten als wir sie vorsichtig passierten; auf dem Weg zum Thron aus Holz und orangenen, gelben Blüten auf dem eine Frau saß, die so hübsch war, dass es mir schwerfiel, die Augen von ihr zu lösen. Sie besaß scharlachrotes, glattes Haar unter denen ihre spitzen Ohren halb hervorschauten. Ihre schlanke Figur steckte in einem funkelnden, grünen Kleid aus Blättern und Wassertropfen und ihre Beine waren übereinandergeschlagen, als sie sich erwartungsvoll in ihrem Thron nach vorn beugte, um uns genauer zu betrachten.

Ein Paar klarer, blauer Augen traf mich und ich gab mir Mühe, ihrem Blick standzuhalten; ich hatte das Gefühl, dass es über den heutigen Besuch entscheiden würde. Ich zog die Schultern zurück, als ich mit neutraler Miene und streng zusammengepressten Lippen näherkam. Jace und Isabelle blieben einige Meter vor dem Thron stehen und ich folgte ihrem Beispiel, als sie sich für eine Verbeugung auf die Knie fallenließen.

„Eure Majestät", sagte Jace mit freundlicher, reizender Stimme und meine Muskeln zuckten fast in Überraschung. Als wir uns erhoben, lag auf seinem Mund ein einnehmendes Lächeln, das so gar nicht zu dem Jace passte, den ich kannte. „Ich danke Euch für den entgegenkommenden Empfang an Eurem Hofe. Mein Name ist Jace Herondale und das hier sind meine Begleiter Isabelle Lightwood, Adam Demonhunter und Clarissa Mo–"

„Morgenstern", unterbrach die Königin des Lichten Volkes, ihre Augen allein auf mich geheftet ohne Jace auch nur eine Sekunde lang zu würdigen. „Ich weiß genau, mit wem ich es hier zu tun habe, Nephilim."

Das Gesicht der Königin war von himmlischer Schönheit, ihre Züge scharf wie ein Messer aber doch sanft wie eine Feder. Ihre helle Haut war glatt und alterslos und nichts an ihr gab Aufschluss über ihre wahre Form. Soweit mein Vater mich gelehrt hatte, war sie eine Meisterin der Gestaltwandlung. Mein Magen machte einen unangenehmen Satz als ich ihrem neugierigen Blick standzuhalten versuchte. In ihre Augen zu schauen war, als würde man in ein dunkles Loch voller Geheimnisse, Weisheiten und Mysterien blicken. Mit ihren tausend Jahren Lebenserfahrung perfektionierte sie es, nur so viel preiszugeben, wie sie wollte. Und gerade jetzt wollte sie, dass ich ihre Wissbegier sah, so viel über mich zu erfahren wie möglich.

Jace, seine goldenen Augen nun emotionslos auf mich geheftet, ließ sich von der Königin nicht aus der Reihe bringen. Sein weites Lächeln wankte nicht und nach einigen Momenten der Stille, fuhr er fort. „Wie Ihr bereits wisst, sind wir hergekommen, um mit Euch über das Gremium der Schattenwesen zu sprechen. Ein Vertreter für jeden, Vampir, Werwolf, Hexenmeister, Elbe und Nephilim. Um unsere Welt vor Valentin und Jonathan Morgenstern zu verteidigen." Es kostete mich einiges an Willenskraft, um beim Namen meines Bruders nicht zu zucken.

„Eure Welt", murmelte die Königin und ihre roten Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln, während sie auf ihre Finger herabschaute, als würde sie diese inspizieren wollen. Sie kannte bereits alle Einzelheiten unseres Anliegens, wie auch immer sie an diese Informationen gelangt war. „Wir Feen und Elben haben unsere eigene Welt. Wir können ohne eure fortexistieren."

„Das mag korrekt sein, Eure Majestät, aber glaubt Ihr wirklich, dass Valentin vor Eurer Welt Halt machen wird, falls er sich unsere unter den Nagel reißen sollte? Wer garantiert Euch, dass er danach nicht hier einmarschiert?", fragte Jace mit einem Hauch von Herausforderung in der Stimme, ohne dabei seine Milde zu verlieren.

„Mein Leben ist so lang, kleiner Nephilim, ich habe bereits Jahrhunderte vor der Geburt von Jonathan Shadowhunter auf diesem Thron gesessen", schnurrte die Königin und beugte sich weiter zu uns hinab. „Ich habe zugesehen, wie Königreiche entstanden und gefallen sind, wie Herrscher an die Macht gekommen und sie genauso schnell wieder verloren haben. Ich hatte das Glück, aus den Fehlern und Fehlschlägen anderer zu lernen, ohne je selbst einen Finger rühren zu müssen. Ihr Nephilim habt uns nie, seit eurer Geburtsstunde nicht, mit Respekt behandelt. Ihr habt auf uns alle herabgesehen und während die anderen Schattenwesen dies anscheinend schnell vergessen mögen, vergessen wir Elben solche Vergehen nicht."

„Die Schattenjäger der vergangenen Generationen haben nicht alles richtig gemacht", gab Jace mit gehobenem Kopf zu. Er strahlte weiter eine stabile Selbstsicherheit aus, als würden ihn die Belehrungen der Königin nicht treffen oder gar verwirren. Warum hatte sie uns hierher eingeladen, wenn sie uns gegenüber so abgeneigt war? Wollte sie uns das Gefühl geben, die Teilnahme der Elben am Gremium nicht ohne weiteres erworben zu haben? „Wir sind hier, weil wir es besser machen wollen. Wir tun es bereits in diesem Moment. Alle Schattenweltler an einem Tisch ist historisch. Jeder hat eine gleichwertige Stimme, das ist historisch. Ihr könnt nicht leugnen, dass das für Euch nicht auch von Interesse wäre."

„Möglich, dass es historisch ist. Eine nette Idee, sicherlich. Ihr wollt es besser machen. Seit wann? Vor wenigen Monaten, bevor Valentins langer Schatten am Horizont aufgetaucht ist, hat sich keiner für unsere Rechte geschert. Der einzige Grund, weshalb dieses Gremium existiert ist, weil ihr uns braucht. Wer versichert mir, dass ihr nach einem Sieg über Valentin, der wohlgemerkt nicht einmal feststeht, diese Rechte nicht einfach wieder annulliert? Wie ich gehört habe, hat es im Rat nur gerade so für eine Mehrheit gereicht. Wie viele von euch genau wollen sich ändern?"

Die Königin hatte recht. Jedes ihrer Worte entsprach der Wahrheit und es ärgerte mich, dass ich mit allem, was sie sagte, übereinstimmte. Die Nephilim waren zu arrogant, zu abgehoben für ihr eigenes Wohl. Konservative wie die Ashdowns würden nicht zögern, nach einem Sieg über meinen Vater alles daran zu setzen, das Gremium wieder zu zerschlagen.

„Wir werden nicht zulassen, dass es dazu kommt", versprach Jace, aber er wusste, dass es nichts gab, womit er seine Worte in Stein meißeln könnte.

„Keine Lüge, aber sicher auch nicht die Wahrheit." Die Königin hatte aufgehört zu Lächeln. Ihre eisblauen Augen fuhren von Jace zu etwas hinter ihm und obwohl jeder meiner Instinkte schrie, sich umzudrehen, bewegte ich mich keinen Zentimeter. „Wie ehrlich ist dieses Angebot, wenn Ihr bereits einen Nephilim hierherbringt, der uns offensichtlich nicht ausstehen kann?"

Nun konnte ich mich nicht mehr halten. Ich wirbelte herum, nur um mit Adams verschlossenem Gesicht konfrontiert zu werden, der einige Schritte hinter mir stand, Isabelle an seiner Seite. Sie warf ihm einen unverhohlenen, verärgerten Blick zu und ich spürte, wie meine Finger sich bei seinem Anblick zu Fäusten ballten. Adam, der nun plötzlich das Zentrum des Raums zu sein schien, erwachte aus seiner Starre und neigte unterwürfig den Kopf.

„Verzeiht, wenn ich einen solchen Eindruck gemacht habe, Majestät. Ich würde mir niemals anmaßen, über Euch oder Euer Volk zu urteilen, ohne mir ein persönliches Urteil gebildet zu haben. Ich hege definitiv nichts Böses Euch gegenüber." Adams Stimme klang wie ein einziges, ergiebiges Säuseln. Es ging ihm geübt über die Zunge, als würde er die Worte tatsächlich ernst meinen.

„Euresgleichen magst du mit dieser Art Lüge täuschen, mich jedoch nicht", erwiderte die Königin ruhig. Eine Ruhe, die mir nicht bekam, weil all die Insekten und Vögel mit einem Mal verstummten. „Ich durchschaue menschliche Tricks wie diese. Vielleicht verabscheust du uns nicht, aber du bist uns definitiv nicht zugetan. Es ist mir aber auch egal."

Adam öffnete den Mund, um der Königin zu widersprechen, doch sie brachte ihn mit einer simplen, abweisenden Handbewegung zum Schweigen. Ein Teil von mir fand Gefallen an der Szene, auch wenn sie der Spannung zwischen unseren Lagern bestimmt nicht guttat. „Die Nephilim sind verzweifelt und gespalten, weil eure Furcht vor Valentin rigorose Ausmaße angenommen hat. Wie heuchlerisch, wenn man bedenkt, wie viele von euch seine Ansichten doch heimlich geteilt haben. Selbst nach dem Abkommen waren die Schattenwesen euch nie gleichrangig. Öffnet euch erst der direkte Blick ins eigene Verderben die Augen?"

In der Art und Weise wie die Feenkönigin mit uns sprach lag nicht der Funken an Feindschaft oder Bitterkeit. Alles hier wirkte mehr Traum als Realität zu sein; wie eine große Inszenierung mit ihr in der Hauptrolle. Valentin hatte mich oft genug gewarnt, dass die Feen gern Spielchen spielten; dass sie einem gern mit dem Messer in den Rücken stachen, sobald man sich einmal umgedreht hatte. Sie waren klug, listig und geduldig, vor allem aber eigennützig.

Meine Füße machten einen Schritt nach vorn, sodass ich nun auf gleicher Höhe wie Jace stand. Meine Worte waren laut und furchtlos, beruhend auf einem Instinkt noch aus den Lehren meines Vaters. „Warum haltet Ihr uns hin? Ihr habt bereits eine Entscheidung getroffen."


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Ein eher kurzes Kapitel, aber ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen! 

LG

Skyllen :)

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