Kapitel 38.2. - From Enemies to Allies

Bei dem Treffen mit Luke waren mehr Werwölfe anwesend, als ich vermutet hatte. Neben seinem Zweiten und Dritten in der Rangfolge war noch ein weiteres Mitglied seines Rudels gekommen. Sie alle waren sehr große und breite Männer, in die ich alle dreimal hineinpassen würde. Luke saß in der Mitte eines langgezogenen Tisches, während sein Rudel sich in einer respektvollen Distanz hinter ihm aufgestellt hatte und jeden von uns argwöhnisch und misstrauend aus ihren gelben Augen musterten. Ihre angespannte, aufmerksame Körperhaltung verriet, dass sie sich in ständiger Alarmbereitschaft befanden, falls etwas schief gehen sollte. Sie gaben sich Mühe, einschüchternd zu wirken.

Ihre Demonstration der Stärke zeigte Erfolg bei mir. Jede Faser meines Körpers war wachsam und in meinen Ohren tönten die Warnungen und Flüche meines Vaters wie bei einer Dauerbeschallung.

Zu meinem Missfallen hatte die Inquisitorin mich nicht informiert, dass auch Vertreter der anderen Schattenwesen anwesend sein würden. Magnus Bane belegte den Stuhl rechts von Luke und zwinkerte mir entgegen, als erste den Raum der Verhandlungen betrat, die anderen in geschlossener Formation hinter mir. Neben Magnus hockte eine bleiche Gestalt, die mir unbekannt war. Einem Vampir war ich noch nie begegnet, aber ich wusste sofort, dass er einer von ihrer Sorte war. Er besaß kurzes, glänzendes, schwarzes Haar, ein Paar schwarzer, raubtierhafter Augen und die blasseste Haut, die ich je gesehen hatte. Und dennoch musste er vor seinem Tod mittel- oder südamerikanischer Abstammung gewesen sein, denn seine Haut hatte immer noch die funkelnde Note eines blassen Olivetons.

Der Vampir musterte mich mit offener Feindseligkeit und bleckte die Zähne, als ich mich vor sie, auf der anderen Seite des Tisches niederließ. Es reichte aus, um Adam zu triggern. Seine Hand flog zu dem Griff seines Schwertes, was dem Kind der Nacht nicht entging. Er lächelte dämonenhaft in Adams Richtung. In meinen Ohren pochte das Blut. „Nur zu, Nephilim", sagte der Vampir mit einem leichten mittelamerikanischen Akzent. „Ich warte schon viel zu lange, einen von euch in die Finger zu bekommen."

„Ruhe jetzt, Raphael", tadelte Magnus und lächelte charmant, während er seinem Begleiter leicht eine Hand auf den Arm legte. „Hast du etwa schon wieder vergessen, was der Grund für unseren Besuch ist?"

Der Vampir, Raphael, antwortete nicht, aber er blähte seine Nasenflügen in stiller Reaktion. Ich starrte ihn unsicher an. Magnus verdrehte die Augen und winkte ab. „Keine Sorge, er bellt aber beißt nicht." Raphael knurrte und wandte den Kopf ab.

Mein Blick wanderte zwischen den drei Vertretern der Schattenweltler hin und her. Die Feenwesen fehlten. Ich wartete darauf, dass auch die anderen sich setzten. Isabelle und Adam beanspruchten die Plätze auf beiden Seiten von mir. Jeder war bis an die Zähne bewaffnet. Jeder außer Isabelle und mir. Isabelle, weil sie die Unterweltler gut genug kannte, um das Signal unserer Waffen zu verstehen. Ich, weil es mir nicht gestattet war, Waffen zu tragen. Vielleicht hoffte die Inquisitorin, dass mich eines des Schattenwesen einfach umbringen würde.

„Vielen Dank für euer Erscheinen", begann ich schließlich die Verhandlungen und steckte all meine Kraft in meine Stimme, um das Zittern in ihr zu unterdrücken. Ein Raum voller Dämonenblut; alle meine Instinkte schrien zur Flucht. Ich konnte die verwirrten Blicke von Adam und Alec auf mir spüren. Genauso wie ich fragten sie sich wohl, weshalb mehr als ein Vertreter anwesend war. Jace hatte es möglicherweise geahnt. Isabelle schien es egal zu sein. Ich entschied mich, dieses Detail zu ignorieren und die Karten so zu spielen, als würde mich ihre Anwesenheit in keinster Weise überraschen. „Kann mir jemand erklären, warum sich kein Abgesandter des Lichten Volkes heute Abend zu uns gesellt hat?"

„Die Feenkönigin ist um einiges schlauer als wir und durchschaut eure Lügen", gab Raphael von sich, schien es jedoch nicht für nötig zu halten, mich anzuschauen.

„Das ist schade", gab ich zu und faltete meine Hände vor mir auf dem Tisch, um den Drang zu unterdrücken, mit ihnen herumzuspielen. „Aber ich bin mir sicher, dass wir auch so zu einer Einigung kommen werden. Für die unter euch, die mich noch nicht kennen, ich bin Clary Morgenstern und die Vertreterin der Nephilim in dieser Sache." Dann stellte ich meine Begleiter einen nach dem anderen vor. Luke würdigte jeden von ihnen mit einem kurzen Nicken, seine Augen blieben an den Lightwoods hängen. Magnus' Blick glitt lautlos über jeden von uns und Raphael zischte erneut.

„Wir wissen, wer du bist, Morgenstern", sagte er mit drohender Stimme und streckte seinen Rücken durch, als er mir hasserfüllt entgegenstarrte. „Es ist eine Frechheit, dass der Rat dich entsandt hat, um dieses Problem zu klären. Das zeigt doch nur, wie wenig sie sich tatsächlich um uns scheren."

Ein Seufzen blieb mir in der Kehle stecken, während ich überlegte, wie ich darauf antworten sollte. Isabelle kam mir zuvor. „Clary ist eine von uns. Wenn wir ihr vertrauen, dann könnt ihr das auch, Raphael. Solange wir das Problem im Auge behalten und uns nicht an unseren Vorgeschichten aufhängen, können wir die Sicherheit für all unsere Völker hoffentlich bald wieder garantieren."

„Weise Worte, meine Liebe", warf Magnus nachdenklich ein und schaute zu niemandem im Besonderen. „Doch euer Rat macht es schwierig, euch Glauben zu schenken. Die Schattenjäger haben das Abkommen gebrochen, als sie die Unterwelt schutzlos in den Städten dieser Welt zurückgelassen haben. Diese Verhandlungen werden keine Lösung finden, außer die Schattenjäger entschließen sich dazu, zurückzukehren."

„Lasst es uns wenigstens versuchen", bat ich in die Runde. „Wir wollen euch entgegenkommen und das Abkommen zu dem machen, was es war, bevor mein Vater sich der Schattenwelt offenbart hat."

„Wenigstens gibt sie zu, Teil des Problems zu sein", bemerkte Raphael und zog eine Grimasse, die ich nicht deuten konnte.

Wut stieg in mir hoch. War ich dem hier gewachsen? Ich zweifelte daran. Würde es nach meinem Vater gehen, sollte ich diese Kreaturen töten und nicht mit ihnen verhandeln. Und doch konnte ich nicht anders, als ihre Beweggründe zu verstehen. Sie waren genauso Verstoßene wie ich, wenn auch in einer anderen Art und Weise. Es änderte nichts an der Stimme in meinem Kopf, die verrücktspielte vor Angst.

Das Treffen mit den Gesandten der Schattenweltler fand in einem abgeschiedenen Raum der Garnison statt. Vermutlich, damit die breite Bevölkerung die Unterweltler nicht kommen oder gehen sah. Obwohl Raphaels Gemüt sich im Verlauf des Gesprächs nicht wirklich beruhigte, war Magnus die treibende Kraft, die ihn davon abhielt, eine Linie zu überschreiten. Luke fiel uns nur selten ins Wort und überließ Magnus das Reden. Er machte nur Bemerkungen, wenn er es für wichtig hielt. Magnus war wirklich hilfreich. Er gab sich Mühe, seinen Ärger auf den Rat zu vergessen, denn er erkannte schnell, dass wir genauso wenig für ihr Handeln konnten sie die Schattenwesen. Seine Ideen waren hilfreich ebenso wie seine Kritik, wenn er unsere Vorschläge zu oberflächlich oder einseitig fand. Und doch stellte sich die Ausarbeitung eines Plans, der für beide Seiten von Vorteil war, als genauso schwierig heraus, wie erwartet. Wir wussten, dass der Rat allem, was wir zusammentrugen, kaum zustimmen würde. Die Nephilim waren zu stolz, als dass sie den Schattenweltlern auch nur irgendwie entgegenkommen würden. Und doch würde ich ihnen in der nächsten Ratssitzung klarmachen müssen, dass genau das der einzige realistische Schritt war, wenn sie einem Krieg mit der Unterwelt entgehen wollten. Denn den Krieg würde es geben, das machten uns Luke und Magnus mehr als deutlich, wenn der Rat nicht von seinem jetzigen Kurs abwich und die Schattenwesen mit Valentin allein ließ.

Die Spannung in dem Raum war kaum zu ertragen. Jeder von uns wusste, dass eine falsche Bewegung eine rasche Folge aus Handlungen herbeiführen könnte. Die Nervosität fiel keine Sekunde von Lukes Wölfen ab, die hinter den Abgesandten permanent auf und abliefen. Mit einem Vampir im selben Raum zu sein, unterstützte ihre Selbstbeherrschung wahrscheinlich nicht unbedingt. Aber auch von unserer Seite lief nicht alles glatt. Adam neben mir war genauso nervös wie ich. Seine Augen huschten zwischen den Schattenwesen hin und her und man konnte ihm ansehen, dass er sich mehr als unwohl fühlte. Sein sonst freundliches und offenes Gesicht war zu einer starren Maske des Missfallens verfallen. Anders als Jace, der die Verhandlungen mit einer fast schon gelangweilten Neutralität beobachtete, schien er auf der Hut zu sein. Seine rechte Hand ruhte ohne Unterbrechung auf dem Heft seiner Waffe, was mir Sorgen bereitete. Bei jeder auch nur kleinsten Bewegung zuckten seine Finger, als könnte er sich nicht kontrollieren. Ich musste ihn mehr als einmal warnend mit dem Fuß anstupsen, um ihn daran zu erinnern, weshalb wir hier waren. Er hatte wohl nicht untertrieben, als er heute Morgen seine Abneigung gegen seine Anwesenheit hier kundgetan hatte.

Obwohl das Kommando der Verhandlung in meinen Händen lag, war ich kein allzu reger Teil davon. Ich hatte weder Ahnung, wie man mit Schattenwesen sprach noch, wie ich meine Vorurteile ihnen gegenüber ausschalten sollte. Deshalb hielt ich mich den Großteil der Zeit zurück und überließ Isabelle das Steuer, die gemeinsam mit Alec ein verhandlungssicheres Duo bildete. Sie lieferte die Kommunikation und er die Ideen, wie man die Lösungsansätze für den Rat verpacken musste, damit er sie nicht gleich allesamt in der ersten Sitzung abschmetterte. Obwohl er sich sichtlich unwohl in seiner Position fühlte, verdiente er sich im Laufe der Zeit sichtbaren Respekt von Werwölfen und Hexenmeister.

Die Stunden liefen dahin und für lange Zeit hatte ich nicht das Gefühl, dass unsere Bemühungen irgendeinen Zweck haben würden. Doch als aus dem Abend langsam Nacht wurde und unsere aller Geduld dahinschwand, wurden von beiden Parteien schließlich einige Eingeständnisse gemacht. Die Schattenwesen schienen zum Ende zwar etwas zufriedener als zu Beginn der Verhandlungen, jedoch war unser Entwurf nichts weiter als das: Ein Entwurf.

Luke drückte mir einmal die Schulter, bevor er die Garnison verließ und fügte murmelnd hinzu „Auch wenn wir auf verschiedenen Seiten stehen, können wir Verbündete sein. Das hast du heute nicht nur mir gezeigt. Ich kann nichts versprechen, was den Entwurf betrifft. Jeder von uns wird ihn unserem Volk schmackhaft machen müssen, aber ich hoffe auf das Beste. Wir können uns jetzt keinen weiteren Krieg leisten."

Ich war dankbar für seine Worte, auch wenn mir seine Berührung eine Gänsehaut verpasste. Ein Krieg mit den Schattenwesen wäre eine Katastrophe; für beide Seiten. Valentin und Jonathan würden lachend an den Seitenlinien stehen und warten, bis sich unsere Reihen genügend dezimiert hatten, um diese Welt ohne weitere Mühe zu unterjochen. Das war es, was wir dem Rat in der nächsten Ratssitzung würden beibringen müssen: Die Schattenwesen nicht als Feinde oder Kollateralschäden sondern als Verbündete zu betrachten. 


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Wie fandet ihr es? :)

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