Kapitel 17.1. - Under Surveillance

Kapitel 17 – Under Surveillance

Mit einem Schreck fuhr ich hoch. Das Blut pochte laut in meinen Ohren und meine Sicht verschwamm für einen Moment vor meinen Augen, als ich mich versuchte aufzurichten. Meine Hände krallten sich in den festen Saum der Bettdecke und ich hob den Kopf, um den Raum zu erfassen.

Ein ungeduldiges Poltern kam von der Tür und jemand rief meinen Namen. Für einen Sekundenbruchteil fragte ich mich, ob dies das Pochen gewesen war, das mir eben durch Mark und Bein gegangen war. Bevor ich die Person hinter der Tür hereinrief, schaute ich an mir herunter, um sicherzustellen, dass sich alles noch an seinem rechten Platz befand. Der Traum hatte ein schreckliches Gefühl der Unkenntnis in mir hinterlassen und mein Körper fühlte sich vollkommen anders an als sonst.

Da ich nur spärlich bekleidet war, zog ich mir die Bettdecke bis unter Kinn und rief dann „Herein", um diesem gottverdammten Klopfen endlich ein Ende zu setzen. Keine Sekunde später wurde die Tür aufgerissen und Isabelle steckte ihren Kopf durch den Rahmen. Ihre schwarzen Haare waren in einem strengen Pflechtezopf zurückgesteckt und ihre dunklen Augen funkelten genervt. Doch als sie mich im Bett liegen sah, lief ein Anflug von Überraschung über ihr Gesicht.

„Clary– Ich wusste nicht, dass du am Schlafen warst. Tut mir leid. Auf jeden Fall soll ich dir Bescheid sagen, dass die Inquisitorin für die Befragung nach dir verlangt. Du wirst unten erwartet, also beeil dich", sagte sie hastig und zog die Tür keinen Augenblick später wieder ins Schloss. Ich hatte gerade den Mund geöffnet, um etwas zu erwidern und schloss ihn nun wieder unter einem Seufzen.

Müde ließ ich mich zurück in die Kissen sinken. Ich wusste nicht genau, wie lange ich geschlafen hatte, aber ich fühlte mich kein bisschen erholt. Wenn nicht sogar noch erschöpfter als vorher. Betrübt starrte ich an die Decke und fragte mich, wie lange ich wohl hier liegen bleiben musste, bis die Wachen in mein Zimmer platzen und mich in Unterwäsche zur Garnison schleifen würden. Ich wollte es nicht darauf ankommen lassen.

Ein zweites Mal richtete ich mich im Bett auf, doch diesmal überwand ich das Bedürfnis, mich wieder hinzulegen. In einer unbeholfenen Bewegung schwang ich meine Beine aus den weichen Decken. Ich drückte meine Zehen in den Boden, ließ sie über den Teppich streichen und kam daraufhin langsam auf die Beine.

Mit großem Unmut starrte ich auf das weiße Kleid, das zerknüllt auf meiner Tasche lag. Entweder das Kleid oder meine Schattenjägermontur, eine andere Wahl blieb mir nicht. Ich hatte natürlich noch mehr Kleidung dabei, nicht viel mehr, aber etwas. Allerdings handelte es sich bei ihnen nur um mehr anlässliche Kleidung und keine von ihnen passte zu meiner jetzigen Situation. Schließlich entschied ich mich für das Kleid. Zwar warf es Falten und roch nicht mehr so angenehm wie am ersten Tag als ich es getragen hatte, doch ich hatte die Hoffnung, dass es die Ratsmitglieder vielleicht nicht vollkommen negativ gegen mich stimmen würde. Weiß sprach für Trauer und wenn sie meine Trauer sahen, würden sie sich womöglich daran erinnern, dass ich ebenfalls nur eine Schattenjägerin war. Eine erst vor kurzem volljährig gewordene Schattenjägerin.

oOo

Unten im Flur warteten zwei Schattenjäger, gekleidet in Kampfmontur mit schwarzem Wintermantel darüber. Es waren die beiden, die mich und Luke auf dem Weg hierher verfolgt hatten, es mussten sie sein. Allerdings hatte ich auf dem Hinweg ihre Gesichter nicht sehen können, doch sie trugen dieselbe Kleidung und von der Statur passte es ebenfalls.

Als sie mich die Treppe herunterkommen sahen, richteten sie sich auf. Die Hand des Rechten, die in einem dicken schwarzen Lederhandschuh steckte, glitt zum Griff seines Schwertes. Sofort blieb ich wie angewurzelt am Treppenabsatz stehen und starrte mit beabsichtigter Auffälligkeit auf seine Hand. Der Wächter hob seine hellgrünen Augen und seine dunklen Brauen verengten sich in einer kalten Grimmasse.

Ich bewegte mich keinen Millimeter vorwärts und ahmte seinen Blick nach. Mein Vorteil war, dass sie nicht wussten, wie stark ich war. Die Inquisitorin hatte es selbst gesagt: Sie wussten nicht, worin uns mein Vater alles trainiert hatte und welche Fähigkeiten wir tatsächlich besaßen. Und vor dieser Unwissenheit fürchteten sich die Schattenjäger. Sie fürchteten sich vor Dingen, die sie nicht kontrollieren konnten.

Der Wächter wollte gerade den Mund aufmachen, als ihm sein Nachbar zuvorkam. Er hob den rechten Arm und schob ihn seinem Kollegen vor die Brust, als würde er ihn so zurückhalten können. Erst jetzt, wo ich dem anderen Schattenjäger Beachtung schenkte, fiel mir ihre Ähnlichkeit auf. Beide hatten dieselben dunklen Haare und hellgrünen Augen. „Miss Morgenstern", begann der Linke nun mit einem amerikanischen Akzent zu sprechen. „Mein Name ist Malik, das hier", er deutete auf den Mann neben ihm „ist mein Bruder Kadir. Wir wurden von der Inquisitorin beauftragt, Sie zur Garnison zu begleiten."

Für einen Augenblick betrachtete ich Malik genauer. Er trug ebenfalls eine Seraphklinge an seinem Gürtel und ich war mir sicher, dass die beiden bis unter die Zähne bewaffnet waren. Doch er schien völlig ruhig, seine Schultern waren nicht gestrafft, sein Puls ging gleichmäßig und seine Muskeln waren nicht angespannt. Ganz im Gegenteil zu seinem Bruder. Kadir war ein winziges Stück kleiner als Malik und besaß ein runderes Gesicht. Sie hätten sich noch ähnlicher sehen können, würden Kadirs Züge nicht von unverhohlenem Misstrauen zeugen.

Ich nickte und knöpfte mir den eigenen Wintermantel zu, während ich auf die beiden zuging. „Freut mich euch kennenzulernen", antwortete ich, als ich den Mantel geschlossen hatte und hob den Kopf. Natürlich wussten wir alle, dass ich keineswegs erfreut war. Aber wenn ich in Zukunft schon mehr Zeit mit ihnen verbringen musste, dann konnte ich dies auch in einer neutralen Atmosphäre tun.

Maryse' Stimme drang aus dem Wohnzimmer. Der Klang von Stiefeln kündigte sie an und kurz darauf erschienen sie und Isabelle im Türrahmen zum Flur. Auch sie hatten ihre Mäntel übergestreift, sie allerdings nicht verschlossen. Maryse und Isabelle hatten sich fein herausgeputzt, als würden sie einer wichtigen Veranstaltung beiwohnen. Die Haare der beiden waren in feinen Zöpfen zurückgesteckt, ihre Stiefel besaßen Absätze und waren poliert worden. Das Emblem der Schattenjäger in Form eines kleinen goldenen Steckers prangte über ihren Herzen.

Maryse warf mir ein förmliches Lächeln zu, als sie mich sah. „Schön, dass du endlich wach bist. Ich habe gehört, Isabelle hatte Probleme, dich zu wecken", sagte sie beinahe beiläufig, während sie sich ihren Mantel zuknöpfte.

Ich zuckte mit den Schultern, obwohl ich wusste, dass Maryse es nicht sehen konnte. „Ich habe etwas Erholung gebraucht. Trotzdem fühle ich mich, als hätte ich Nächte nicht geschlafen."

Isabelle, die schräg hinter ihrer Mutter stand, betrachtete mich mit einem leeren Blick. „Ich denke das ist normal, wenn man bedenkt, was passiert ist", mutmaßte sie wie aus gefühlt weiter Ferne. „Desto mehr Zeit vergeht, desto besser wird es dir gehen."

Ich heftete meine Augen auf Isabelle, als hätte ich einen Geist gesehen. Isabelle war bisher nie wirklich freundlich mir gegenüber gewesen und diese Worte schienen das erste halbwegs Nette gewesen zu sein, was sie bisher zu mir gesagt hatte. Ich musste an unser Gespräch vor einigen Stunden in der Küche zurückdenken. Sie erwiderte meinen Blick für den Hauch einer Sekunde und wandte ihn dann ab. Ihr Gesicht verriet keinerlei Regung. Sie hatte ihre Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst und ihre Augen schienen undifferenziert.

Mein Blick wanderte ihren Körper herunter und ihr herausgeputztes Aussehen stieß mir wieder ins Auge. Auf einmal fragte ich mich, wofür sie sich überhaupt zurecht gemacht hatten. In einer hastigen Bewegung hob ich den Kopf und ich war mir sicher, Kadir hinter mir unsicher zucken gehört zu haben. „Wo geht ihr eigentlich hin?"

Isabelle drehte ihr Gesicht wieder in meine Richtung und sie hatte ihre Augenbrauen gehoben, als hätte ich etwas Offensichtliches übersehen. „Wir gehen zur Garnison", antwortete sie in einem beinahe belustigten Ton. „Was glaubst du denn, wo du hingehst?"

Sie warf mir einen amüsierten Blick zu, den ich nur verwirrt erwidern konnte. „Zur Garnison? Meine Befragung wird gleich abgehalten. Ich dachte ... Wird sie etwa öffentlich abgehalten?" Die Panik in meiner Stimme war unüberhörbar.

Die Belustigung verschwand aus Isabelles Augen verschwand und sie lehnte sich gegen die Wand neben der Treppe. „Das wusstest du nicht? Sie werden dich im Rahmen einer Ratsversammlung befragen, ganz Alicante wird da sein."

Ich starrte sie fassungslos an. „Das hat mir keiner gesagt. Das wird eine Katastrophe, sie– Es würde mich nicht wundern, wenn sie mich dort einfach umbringen!"

„Wir sind doch keine Barbaren", schnaubte Kadir hinter mir empört. „Ich weiß ja nicht, was Valentin dir eingetrichtert hat, aber wir haben Gesetze, an die es sich zu halten gibt. Wir sind nicht gesetzlos, so wie dein Vater."


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Was kommt da bloß auf Clary zu? Habt ihr Vermutungen, wie diese Befragung ablaufen wird? Was haltet ihr von Kadir und Malik? Ich bin gespannt auf eure Gedanken!

Bis nächste Woche

Skyllen

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