Kapitel 12 - A Supernatural Message
A Supernatural Message
Ich kam in einem hell erleuchteten Raum wieder zu Bewusstsein. Meine Augenlider waren geschlossen, aber das Licht war so hell, dass ich es durch die Lider wahrnehmen konnte. Ich vernahm ein leises Surren, das von weit her zu kommen schien. Und ein tiefes Schnurren, das sich klar von den anderen Hintergrundgeräuschen abhob.
Mit einem Blinzeln öffnete ich die Augen und blickte in die funkelnden Augen einer Katze. Church. Der Kater hatte sich auf meinem Schoß ausgebreitet und schien sichtlich zufrieden. Sein graues Fell leuchtete im Licht der Sonne, das durch die Fenster der Krankenstation einfiel.
„Clary", hörte ich eine vertraute Stimme sagen. Langsam drehte ich den Kopf zur Seite und entdeckte Adam, der neben meinem Bett auf einem Stuhl saß. Er schien sichtlich erleichtert, seine grünen Augen starrten mich so intensiv an, als fürchtete er, dass ich mich ansonsten in Luft auflösen würde.
„Adam." Meine Stimme klang seltsam heiser. Verwirrt kniff ich die Augen zusammen und richtete mich auf. Sie klang als hätte ich eine lange Zeit damit verbracht zu schreien... Mein Körper duckte sich automatisch, als mit einem Mal all die Erinnerungen zurückkamen. Mit einem Keuchen griff ich nach der Bettkante, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Mein anderer Arm glitt reflexartig an meinen Bauch und ich krümmte mich vor Schmerz.
„Clary, was ist los?" Adam hatte sich innerhalb einer Sekunde von seinem Stuhl erhoben und stand nun neben mir, seine Hand an meiner Schulter.
„Fass mich nicht an", knurrte ich und wich vor ihm zurück, als wäre er der Feind. Natürlich wusste ich, dass er nicht schuld an all dem hier war, doch ich konnte nicht anders. Ich wollte kein Mitleid, keine Hilfe, kein unaufrichtiges Wort von ihm.
Ich konnte es ihm an den Augen ablesen, dass er verletzt war, als er seine Hand langsam zurückzog. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihn eigentlich kaum kannte. Wie lange war ich schon hier? Es war alles in einem einzigen Wimpernschlag vergangen und das Einzige was ich von ihm wusste war, dass er aus Toronto kam und viele Geschwister hatte. Und auch wenn er wie ein netter Junge schien, hatte ich kaum Zeit mit ihm verbracht, bis auf den Nachmittag im Wintergarten. Er hätte mir die ganze Zeit etwas vorspielen können.
Erst jetzt entdeckte ich Alec, der rechts neben mir im anderen Bett lag. Seine Augen waren aufgerissen und es schien, als wäre er aus einem tiefen Schlaf erwacht, denn er sah unheimlich müde aus.
„Tut mir leid", murmelte ich in seine Richtung. „Ich wollte dich nicht aufwecken." In einer einzigen geschmeidigen Bewegung schwang ich meine Beine vom Bett, den Rücken Adam zugewandt. Church entfuhr ein unglückliches Mauzen, als er präzise wie eine Feder auf dem Boden landete. Er warf mir einen beleidigten Blick zu und lief davon.
Alec zuckte resigniert die Achseln und ließ sich wieder in sein Kissen sinken. Während ich ihn anschaute, machte sich ein dunkles Gefühl in mir breit. Wäre ich nicht gewesen, dann wäre ihm das hier niemals geschehen. Und genau das hatte Alec mir gestern gesagt. Alles was heute passiert, wird deine schuld sein. Ich spürte wie sich meine Kehle langsam zuschnürte und ich keine Luft mehr bekam. Der Druck an meinem Hals erinnerte mich an den Tag, an dem Jonathan mich durch die Vision im Trainingsraum angegriffen hatte. Doch diesmal war Jonathan nicht hier. Ich bin alleine. Vollkommen alleine.
Ich presste die Lippen aufeinander und schloss für einen Augenblick die Augen, um nicht in Tränen auszubrechen. Das Einzige was ich sehen konnte, war meine Mutter, wie sie mit aufgerissenen Augen in ihrer eigenen Blutlache gelegen hatte. Das Bild hatte sich in mein Hirn gebrannt und ich wusste, dass ich es niemals wieder loswerden würde.
Ich durfte keine Schwäche zeigen. Ich durfte kein weiteres Mal die Beherrschung verlieren. Das eine Mal mit Jace war genug gewesen. Von allen Menschen in diesem Institut war er der Letzte, der mich so hätte sehen dürfen. Ich hatte meine Mauern fallengelassen, auch wenn es nur für eine kurze Zeit gewesen war. So etwas durfte nie wieder passieren. Ich war stärker als das. Zumindest versuchte ich es mir in diesem Augenblick einzureden. Ich musste die Kontrolle zurückerlangen. Nie wieder.
„Du kannst noch nicht gehen", hörte ich Adam von weit her sagen. „Hörst du mir überhaupt zu?" Er stand direkt vor mir, sein Gesicht lag im Schatten der Sonne.
„Ich gehe aber", gab ich zurück und meine Stimme war eine einzige Katastrophe. Zittrig und rau, als hätte ich tagelang nicht gesprochen. „Wie lange bin ich schon hier?"
„Einen Tag", antwortete Adam und er schien froh darüber, dass ich überhaupt auf ihn einging. „Die Ereignisse haben gestern stattgefunden."
Die Ereignisse. So versuchte er also das Massaker meines Vaters und Bruders, sowie den Mord an meiner Mutter zu bezeichnen, ohne selbst Stellung beziehen oder darüber urteilen zu müssen. Als wäre nicht plötzlich nach achtzehn Jahren der meistgesuchte Mann der Schattenwelt einfach wieder aufgetaucht. Doch ich sprach keinen dieser Gedanken laut aus. Adam versuchte mich in Watte zu packen. Ich hasste das. Ich schnappte mir meine wenigen Habseligkeiten vom Nachttisch, meine Stele und meinen Mantel und drehte mich zum Gehen um.
„Man hat mir ausdrücklich gesagt, dass du erst gehen darfst, wenn du genesen bist." Adam stellte sich mir in den Weg und verschränkte die Arme vor der Brust. Er konnte das hier nicht wirklich ernst meinen. Beinahe hätte ich aufgelacht, wäre ich nicht so unglaublich wütend. Ich fühlte mich genesen, mir war weder schwindelig noch hatte ich Schmerzen.
Meine Augen fixierten seinen Körper und ich entdeckte Schwachstellen an seiner Haltung. Auch wenn er sich demonstrativ vor mich gestellt hatte, schien er keine defensive Intention gehabt zu haben, sonst würde er aufmerksamer dort stehen. Ich studierte seinen Körper innerhalb einer Sekunde, so wie mein Vater es mir beigebracht hatte und im nächsten Moment beugte ich meine Knie und lehnte mich ein Stück nach vorne.
Für Adam musste meine nächste Bewegung wie ein Sturz ausgesehen haben, denn er kam mir mit seinen Händen entgegen, als würde er mich auffangen wollen. Mit beiden Händen ergriff ich seine Unterarme und sprang. Er zog scharf die Luft ein und für einen Moment fürchtete ich, dass ich mit ihm kollidieren würde. Seine Arme dienten mir als Stütze, als wären sie die hölzernen Pfeiler eines Barrens, über den ich mich bewegen wollte. Ich spürte, wie er seine Arme anspannte, als ich mein volles Körpergewicht darauf verlagerte. Zeitgleich spannte ich jede Faser in meinem Körper an und richtete mich kerzengerade in der Luft auf, als ich in einem Bogen über ihn flog. Kurz bevor meine Füße den Boden berührten, ließ ich seine Arme los, sodass er nicht in meine Richtung gerissen wurde. Der Aufprall ging mir durch Mark und Bein, doch ich ließ es mir nicht anmerken.
„So gut das auch ausgesehen haben mag", begann plötzlich eine scharfe Stimme zu sprechen. „Ich habe noch etwas zu sagen, bevor du gehst." Isabelle trat aus den Schatten der Tür hervor in den Raum und musterte mich mit hochgezogenen Augenbrauen. Ein kaltes Grinsen hatte sich auf ihre Lippen geschlichen. Sie sah umwerfend aus. Ihr schwarzes Haar fiel ihr mit strahlendem Volumen um die Schultern und ihr enges dunkles Kleid schien nur für sie geschaffen zu sein. Man konnte die Ansätze ihrer Muskeln darunter erkennen und doch ließ es sie unglaublich feminin und geheimnisvoll wirken. Auf der Krankenstation hatte sich Stille ausgebreitet und das Hämmern ihrer Stiefel auf dem harten Marmorboden durchschnitt sie wie das laute Pulsieren eines Herzens.
Isabelle kam vor Alecs Bett zum Stehen und ein besorgter Ausdruck huschte über ihr Gesicht, während sie ihn betrachtete. „Wie geht es dir?"
„Besser", antwortete Alec mit matter Stimme. „Ist doch auch egal, bis heute Nachmittag bin ich wieder fit." Wenn ich ihn so betrachtete, war ich mir da nicht so sicher. Seine Wangen glühten rot und einzelne Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet. Der Ausdruck in seinen Augen sprach von tiefer Müdigkeit.
Doch Isabelle nickte nur, als vertraute sie voll und ganz auf die Einschätzung ihres Bruders. Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln, bevor sie sich wieder uns zuwandte und ihre Miene automatisch kälter wurde. „Ich habe gerade mit meiner Mutter gesprochen", begann sie das Gespräch. „Der Rat ruft alle aktiven Schattenjäger die abdingbar sind zurück nach Alicante, zu einer Vollversammlung des Rates. Außerdem haben sie ausdrücklich verlangt, dass du uns begleitest, Clary. Der Rat möchte dich kennenlernen."
Doch natürlich konnte ich nichts davon laut aussprechen. Sie würden mich für eine Verräterin halten, eine Anhängerin meines Vaters. Abgesehen davon wusste ich gar nicht, ob das was Valentin mir erzählt hatte wirklich stimmte. Also nickte ich und beobachtete, wie Adam auf und ab durch den Raum wanderte.
„Ich halte das für keine so gute Idee", sagte er schließlich und blieb mitten im Raum stehen, den Rücken zu uns gewandt und die Hände in die Hüften gestemmt. „In den Augen des Rates ist sie eine tödliche Kreation Valentins und jetzt wo Mellartach verschwunden ist, werden sie ihr noch weniger Glauben schenken."
Seine Aussage verletzte mich nicht. Ich wusste, dass er es nicht böse meinte, und es erleichterte mich, dass er endlich Klartext sprach. Ich brauchte keine Sonderbehandlung. Und er hatte recht. Der Rat hatte keinen Grund, mir auch nur ein Sterbenswörtchen zu glauben.
Isabelle zuckte nur die Achseln. „Wir haben keine Wahl. Wenn wir Clary nicht mitbringen, wird es aussehen, als würden wir sie vor dem Rat verstecken. Außerdem habe ich keine Lust meine Karriere für sie auf's Spiel zu setzen."
Bei ihren Worten musste ich lachen. Isabelle warf mir einen niederträchtigen Blick zu. „Wie gut kannst du schon sein?" Vielleicht mochte es arrogant oder egozentrisch rüberkommen, doch Isabelle hatte mich in den letzten Tagen wie eine Aussätzige behandelt. Sie konnte sagen was sie wollte, doch den einzig wirklich talentierten Schattenjäger, den ich bisher getroffen hatte, war Jace gewesen. Ich hatte ihren Bruder vor dem Tod bewahrt, ein wenig mehr Respekt hatte ich erwartet.
Äußerlich ließ sich Isabelle nicht aus der Fassung bringen. „Wir werden uns morgen auf den Weg machen, sobald es Alec besser geht", sagte sie mit einem so abschließenden Tonfall, dass kein Raum für Diskussionen blieb. Und doch konnte ich an ihrem zusammengepressten Kiefer erkennen, dass meine Worte sie wütend gemacht hatten. Sie erinnerte mich an Maryse.
Daraufhin verließ ich die Krankenstation. Was sollte ich noch dort? Mir ging es gut und für eine ernste Auseinandersetzung war ich nicht in Stimmung.
Für eine Weile wanderte ich einfach nur durch das Institut. Ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Während ich lautlos durch die langen Flure schlich, betrachtete ich all die hohen Wände mit ihren verschiedenen Malereien. Auf den meisten sah man ein Abbild des Erzengels Raziel, wie er mit den Engelsinsignien aus dem Lynn-See aufsteigt.
Clarissa.
Erschrocken drehte ich mich um, um nach der Person zu suchen, die meinen Namen gerufen hatte. Doch ich war alleine im Flur. Scharf zog ich die Luft ein und machte mich auf eine weitere Attacke Jonathans bereit. Es hatte sich genau so angehört, wie das eine Mal als er mir in dem Wahrtraum im Trainingsraum erschienen war.
Clarissa.
Es war eine laute majestätische Stimme. So laut, dass es mir eiskalt den Rücken hinablief. Und doch hatte sie einen so lieblichen Klang, dass ich nicht zurückschrecken konnte. Ich wollte einen Schritt zurückmachen, doch meine Beine gehorchten mir nicht. Wie von selbst bewegten sie sich in die Richtung der Stimme. Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch meiner Kehle entsprang kein Laut. Einen Augenblick später stand ich am anderen Ende des Flurs. Vor mir an der Wand hing ein altes Ölgemälde, in dessen Mitte ein weiterer Engel zu sehen war.
Doch diesmal war es nicht Raziel. Ich hatte diesen Engel bereits zuvor gesehen, wusste jedoch nicht, wo das gewesen sein konnte. Er war kein Erzengel. Und doch schien eine so starke Energie von ihm auszugehen, dass mir der Atem wegblieb. Für einen Moment war ich wie gebannt vom Anblick des Gemäldes. Es fühlte sich an, als würde mich irgendetwas hier herdrängen. Ich konnte dieses zwanghafte Gefühl in meiner Brust nicht beschreiben. Und ich konnte es auch nicht ignorieren, es war wie ein innerer Zwang, der mich hier stehen ließ.
Clarissa Morgenstern. Tochter des Himmels. Die Zukunft wird dir einiges abverlangen.
Dann mit einem Schlag war das Gefühl verschwunden. Die Stimme in meinen Kopf war fort und hinterließ eine inständige Sehnsucht, wie ich sie noch nie zuvor verspürt hatte. Für einige Zeit stand ich einfach verwirrt vor dem Gemälde und betrachtete es, ohne wirklich zu wissen, was ich hier überhaupt tat. Dann fiel mein Blick auf eine kleine Inschrift am linken unteren Rand des Bildes. Zuerst dachte ich, dass es sich um die Signatur des Künstlers handeln würde. Ithuriel. Ich kannte den Namen tatsächlich, doch ein Künstler war er definitiv nicht. Er war ein Engel.
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Hallo zusammen,
ich werde für die nächste Zeit öfter updaten, wenn ich es nicht vergesse. Geplant ist einmal pro Woche, die Kapitel werden dann aber kürzer werden.
Wie fandet ihr das Kapitel?
Liebe Grüße
Skyllen
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