Kapitel 10 - The Demon In Him

Kapitel 10 - The Demon in Him

Mit jedem Wort das er murmelte, schien Mellartach noch heller aufzuleuchten, bis das Schwert in einem einzigen gleißend hellem Licht verschmolzen war. Jonathan war nicht von der Kraftwelle umgeworfen worden. Er stand immer noch hinter dem Engelsschwert, seine Hände um den Schaft geschlossen. Adam, der einige Meter neben mir auf dem Boden lag, warf mir einen Blick zu. Er sah zutiefst beunruhigt aus. Er öffnete seinen Mund, um etwas zu sagen, doch ich konnte ihn nicht hören. Ich konnte gar nichts hören. Nicht einmal ein Rauschen in meinen Ohren.


Die Sekunden vergingen und wir starrten uns stumm an. Ich schüttelte leicht den Kopf, um ihm zu signalisieren, dass ich ihn nicht verstanden hatte. In diesem Augenblick stellten sich plötzlich meine Nackenhaare auf. Mellartach hatte aufgehört zu leuchten. Jonathans Augen waren geschlossen, er sah unheimlich konzentriert aus. Das triumphierende Grinsen auf seinen Lippen war erloschen. Dann öffnete er die Augen und sein Blick traf meinen. Ich war zu sehr abgelenkt von ihm, sodass ich die Meute von Dämonen nicht kommen sah. Ich vernahm die anderen hinter mir aufspringen, doch ich blieb sitzen, unfähig mich von seinem Blick zu lösen. Als wäre es das Einzige, was mich hier halten würde.

Erst als der erste Dämon über mir war, erwachte mein Körper aus seiner Trance. Ich schaukelte zur Seite. Meine Handflächen berührten den kalten Boden und ich stemmte mich auf meine Füße. Ich hob den Kopf und sah Isabelle neben Alec, der sich bemühte aufrecht zu stehen. Dann registrierte ich erst, wie viele Dämonen es wirklich waren. Es war kein Dutzend, wie ich angenommen hatte. Es war eine ganze Armee, die mit ihren dunklen widerwärtigen Körpern jeden Winkel der riesigen Halle einzunehmen schienen. Und mittendrin waren wir. Adam, Isabelle, Alec, Jace und ich.

Ich griff meine Klingen, rief ihre Namen und streckte den Dämon nieder, der mich vor wenigen Sekunden noch überfallen hatte. Es war wie ein endloser Strom. Sobald ich einen von ihnen getötet hatte, nahmen drei von ihnen seinen Platz ein.

Ich sah Jace aus dem Augenwinkel kämpfen, Seite an Seite mit Adam. Sie bewegten sich schnell und zielstrebig, doch nicht einmal sie konnten leugnen, dass wir ihnen zahlenmäßig weit unterlegen waren und es nur eine Frage der Zeit war, bis sie uns überwältigt haben würden. Wie jeder sehen konnte, war Jonathan tatsächlich in der Lage gewesen, die Wirkung Mellartachs umzudrehen. Er würde in der Lage sein, tausende und abertausende von Dämonen heraufzubeschwören. Der Strom von Dämonen würde also niemals aufhören. Erst wenn Jonathan das Zeichen dazu gab. Und im Moment sah es nicht so aus.

Ein wütender Schrei verließ meine Kehle, als ich den nächsten Dämon niederstreckte. Ich wusste nicht, wie lange oder wie viele ich von ihnen bereits umgebracht hatte. Doch meine Muskeln glühten, mein Atem ging schnell und mein Herz raste vor Anstrengung. Ich drehte mich um und versuchte im Kampf die anderen zu erreichen. Isabelle gab sich alle Mühe, ihren Bruder und sich selbst zu beschützen. Alec war keineswegs wohlauf, doch er stand auf den Beinen und kämpfte. Ich konnte gar nicht glauben, wie er es in seinem Zustand schaffte, nicht ohnmächtig zu werden. Schließlich klaffte ein offenes Loch in seiner Brust. Sein Bogen schoss wahllos Pfeile umher und trotzdem schien er die Dämonen zu treffen. Aber man konnte ihm ansehen, dass er weitab der Bestform war. Sein Brustkorb war verbeult, einige seiner Rippen mussten durch den Schlag des Forsaken gebrochen oder gequetscht worden sein und er bewegte sich langsamer und nicht annähernd so fließend, wie man es von einem Schattenjäger erwartete.

Eine Kreatur mit zwei riesigen Flügeln hatte mich aus den Lüften entdeckt und stürzte von der Decke auf mich herab. Ich konnte nur ausweichen und hoffen, dass der Dämon auf dem Boden blieb und nicht wieder abhob. Denn es war weitaus schwerer einen fliegenden Dämon zu erwischen. Das schien ihm bewusst zu sein, als er wieder in die Lüfte hinaufstieg. Er stieß ein ätzendes Zischen aus, das auf eine komische und dämonische Art amüsiert klang. Es machte mich nur noch wütender, als er ein weiteres Mal begann, im Sturzflug auf mich zuzufliegen.

Doch anders als beim ersten Mal, wusste ich nun, wie der Dämon nach mir schnappen würde, sobald er in Reichweite kam. Ich trat einen Schritt zur Seite, drehte mich um meine eigene Achse und sprang. Die Seraphklingen in meinen Händen ließ ich fest umklammert.

Mit einem Stöhnen landete ich auf dem Dämon und krallte meine Finger in seinen Rücken. Er kreischte auf und streckte die Flügel aus, um durch mein Gewicht nicht die Kontrolle zu verlieren. Für einen Moment fürchtete ich, würden wir gegen die Wand fliegen, aber irgendwie schaffte es der Dämon doch noch, die Balance zu halten und der Boden entfernte sich.

Schnell rappelte ich mich auf und schwang mein Bein über seinen Rücken, um aufrecht auf ihm sitzen zu können. Der Dämon verdrehte seinen Kopf, um meine neue Position lokalisieren zu können und fauchte, als er mich auf seinem Rücken entdeckte. Allerdings war es bereits zu spät. Ich holte aus und die leuchtenden Seraphklingen bohrten sich tief in den Hals der Kreatur. Blut spritzte mir entgegen und ich presste die Lippen aufeinander, um nichts davon in den Mund zu bekommen.

Ein letztes Aufstöhnen des Dämons, dann hatten meine Klingen sein Rückgrat durchschnitten. Sein Körper löste sich unter mir in Luft auf und ich stürzte mit dem Kopf voran dem Boden entgegen. Sich in der Luft zu drehen war ein Kinderspiel. Aber aus solch niedriger Höhe unbeschadet auf den Beinen zu landen, war reine Glückssache. Ein Risiko, das ich nicht eingehen wollte.

Zu meinem Glück konnte ich mich an einem anderen fliegenden Dämon festhalten, bevor ich nach vorne schwang und meine Füße den Boden berührten. Ein Schmerzenslaut verließ meine Lippen und meine Beine gaben unter meinem Gewicht nach. Meine Hände waren schnell genug, um mich abzufangen, bevor ich mir den Kopf hätte aufschlagen können.

Ein heißer Schmerz jagte durch meine Beine hinauf. Ich stöhnte auf und presste die Lippen aufeinander, um ein Schluchzen zu verhindern. Von weit her hörte ich jemanden schreien. Ich hob den Kopf, um zu sehen wer es war, doch alles um mich herum drehte sich. Die Konturen meiner Umgebung zitterten und bewegten sich zu schnell für mein Auge. Dann nahm mir plötzlich etwas riesiges Schwarzes die Sicht. Ich konnte nicht sehen, wie es sich näherte, doch meine Hände spürten das Beben des Bodens. Woher kamen auf einmal die Schmerzen? Meine Beine pochten, dabei war ich aus keiner großen Höhe hinabgesprungen. Ich müsste völlig unbeschadet sein.

Unfähig etwas anderes zu tun, begann ich rückwärts davon zu kriechen. Ich wusste, dass ich zu langsam war, doch das Feuer in meinem Körper zwang mich, weiterzumachen. Das Adrenalin versuchte mein Gehirn anzukurbeln, mir die Sicht wiederzugeben. Das Bild vor meinen Augen wurde klarer und dennoch drehte sich alles.

Ich krabbelte schneller, so schnell wie meine Arme sich bewegen konnten. Ich war noch nicht bereit, aufzustehen. Ich wusste, dass ich das Gleichgewicht verlieren würde und dann wäre ich dem Dämon ausgeliefert. Nach Hilfe Ausschau haltend, drehte ich den Kopf zur Seite. Meine Augen trafen die von Jace, der etwa zwanzig Meter entfernt stand. Er war mit einem Dämon in einen Kampf verwickelt. Mit einer raschen Handbewegung hatte er ihn niedergestreckt. Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, vielleicht um ihn um Hilfe zu bitten. Ich wusste es nicht.

Etwas in seinen Augen blitzte auf. Seine Gesichtszüge waren hart und er musterte mich für einen Moment quer über das Schlachtfeld. Die Welt um uns herum schien kurz stillzustehen. Er machte keinerlei Anstalten, mir zur Hilfe zu kommen. Der Blick in seinen Augen sagte nichts anderes. Wütend über mich selbst, wandte ich den Kopf ab. Der Dämon war kaum noch zwei Meter von mir entfernt und kam schnell näher.

Ich spürte Jace' Blick auf mir, als ich mit einer Hand eine meiner Klinge hob und sie schützend vor meine Brust hielt. Meine andere Hand stützte ich auf dem Boden ab, um mich ein wenig zu erhöhen. Meine Beine protestierten. Warum schwächelte mein Körper plötzlich so sehr? Es konnte nicht allein an der Erschöpfung des vergangenen Morgens liegen, dafür hatte sich mein Gesundheitszustand gerade viel zu rasant verschlechtert.

Dann stand der Dämon über mir. Er war so groß wie ein Forsaken, nur bestand sein Körper aus einem einzelnen Körperteil, aus dem vier Arme sich in meine Richtung drängten. Es war mir ein Rätsel, wie er sich überhaupt vorwärtsbewegen konnte. Er fletschte seine riesigen Fangzähne und sein dunkler Körper nahm meine gesamte Sicht ein. Ruckartig hob ich den Kopf und der Schwindel kehrte augenblicklich zurück. Schwankend kniete ich auf meinen Fußballen, eine Hand am Boden, um mich zu stabilisieren. Doch es half nichts. Ich spürte, wie mein Körper sich nach hinten neigte, um erschöpft gegen die Wand zu sinken.

Ein eiserner Schmerz fuhr mir über die Schulter, meinen rechten Arm herab. Sofort ließ ich das Schwert los, um den Schmerz zu vertreiben. Die Fangzähne des Dämons bohrten sich in meinen Oberarm. Ein Keuchen verließ meine Kehle. Zu meiner letzten Verteidigung hob ich meinen linken Arm, um meinen Kopf zu schützen. Mein rechter Arm hing nutzlos an meinem Körper herab und brannte. Auch wenn ich nichts erkennen konnte, war ich mir sicher, dass er in Flammen stehen musste. Ich wartete auf den nächsten Hieb des Dämons. Er würde mich töten, dessen war ich mir sicher. Jace würde mir nicht zur Hilfe kommen. Er konnte, aber er würde nicht.

Der Dämon ließ sich Zeit, lebte seinen Triumph aus. Ich nutzte diese letzte Sekunde, um an Jonathan zu denken. Ich hatte ihn seit der Beschwörung nicht mehr gesehen. Wenn ich die Augen schloss, konnte ich sein Gesicht vor meinem geistigen Auge sehen. Was würde ich geben, um ihn noch ein letztes Mal lächeln zu sehen. Die Sekunde war vergangen. Der Schatten des Dämons beugte sich über meinen Körper und ich hörte bereits das Zischen, als er seine Arme auf mich herabsausen ließ. Ich atmete ein letztes Mal ein und wartete. Doch nichts geschah. Verdutzt öffnete ich die Augen.

Der Dämon war in ein helles Licht getränkt. Er stieß einen Laut aus und taumelte einen Schritt zurück, bevor er am Boden in Rauch aufging. Ein erschrockenes Keuchen verließ meine Kehle, als ich den Kopf hob, um Jace ins Gesicht zu schauen. Wieso hatte er sich umentschieden? Wieso hatte er mich die Dämonen nicht zum Fraß vorgeworfen? Als sich meine Sicht klärte, sah ich den Grund. Mein Retter war gar nicht Jace gewesen, sondern Adam. Als er merkte, dass ich nicht drauf und dran war aufzustehen, kniete er sich neben mich und beäugte mich unsicher. „Was ist los?"

Ich öffnete meinen Mund, um etwas zu sagen, doch meine Stimme war nicht mehr als ein raues Krächzen. Ich schluckte und versuchte es noch einmal. „Irgendwas stimmt mit meinen Beinen nicht", sagte ich so laut wie möglich. „Und mein Arm ... ich kann meinen Arm nicht bewegen."

Adam schaute an meinem Körper herunter. Seine Augen blieben an meinem rechten Arm hängen. Er nickte, dann griff er meinen linken Arm und hievte ihn sich über die Schultern. Langsam stand er auf und zog mich mit sich.

Ich schaute auf meine Beine. Sie schmerzten beide bei zu großer Gewichtsbelastung, aber Adam nahm es schweigend auf sich, als ich ihm den Großteil meines Gewichts aufbürdete. Erst jetzt wurde mir klar, warum ich eben so plötzlich zusammengebrochen war. Ein Stachel steckte in meinem linken Unterschenkel, hatte einen Großteil der Wade aufgeschnitten. Adam schien es nicht zu merken, denn das dunkle Dämonenblut hatte eine ähnliche Farbe wie meine Montur. Wir bewegten uns langsam durch den Raum, auf die anderen zu. Als Jace in mein Blickfeld kam, senkte ich den Blick, um ihn nicht anschauen zu müssen. Aber er hatte sowieso keine Augen für mich. Er war zu beschäftigt damit, den Ravener vor ihm zur Strecke zu bringen. Isabelle stand neben Alec und kümmerte sich um einen anderen Dämon. Alec war auf seinen Knien und keuchte. Meine Sicht war immer noch nicht völlig klar.

„Clary!" Es hätte noch so laut sein können, ihre Stimme würde ich immer erkennen. Ich drehte so schnell meinen Kopf, dass ich etwas in meinem Nacken knacken hörte. Dann sah ich sie. Jocelyn, Maryse und Hodge hatten die Halle durch einen anderen Gang betreten. Alle drei waren bewaffnet bis auf die Knochen. Ein Seufzen verließ meine Kehle. Wenigstens waren sie kampfbereit.

Meine Beine setzten sich in Bewegung, doch Adam hielt mich zurück. Erstaunt musterte ich sein Gesicht und stellte fest, dass er an mir vorbei starrte. Ich folgte seinem Blick und entdeckte Jonathan, der wie aus dem Nichts wieder aufgetaucht war. Er musste die Stimme unserer Mutter ebenfalls gehört haben, denn sein Blick ruhte auf ihr. Valentin war nicht bei ihr. Ich war mir nicht sicher, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war.

„Mom", antwortete ich und wollte meinen Arm nach ihr ausstrecken, als ihn ein unglaublicher Schmerz durchfuhr. Ich keuchte auf.

Plötzlich blieben die Dämonen wie festgefroren stehen. Verwirrt schaute ich auf und sah, wie Jonathan durch die Halle schritt. Ich presste die Lippen aufeinander und streckte meinen Rücken soweit wie es ging. Wenn es jetzt zu einem Kampf kommen sollte, wäre ich ihm definitiv unterlegen. Ich war zu schwach. Doch Jonathan schien nicht erpicht auf einen Kampf zu sein. Zumindest jetzt noch nicht. Er hob seine Hand und die Dämonen machten den Weg frei. In seiner anderen Hand hielt er Mellartach. Er musste den Dämonen befohlen haben, aufzuhören. Jocelyn nutzte den Moment aus, und rannte zu uns herüber. Maryse und Hodge folgten ihr eilig.

Jace und Isabelle standen neben dem knienden Alec, immer noch in Angriffshaltung. Adam und ich standen etwas abseits von ihnen. Ich lehnte immer noch gegen ihn, genauso wie mein Gewicht auf ihm lastete. Jocelyn strich mir besorgt über die Wange, als sie mich stürmisch erreichte. Ich schenkte ihr ein halbherziges Lächeln, um ihr zu versichern, dass ich okay war. Durch den Blick in ihren Augen konnte ich davon ausgehen, dass ich genauso schlimm aussehen musste, wie ich mich fühlte. Ich blickte an mir herunter und bemerkte, dass mein Arm zu bluten begonnen hatte, wo der Dämon mich gebissen hatte. Verdammt.

„Wie schön", sagte Jonathan, als er auf uns zu stolzierte, ein lässiges Grinsen auf den Lippen. „Da scheint die ganze Familie wieder vereint. Ich bin mir sicher, Vater wird sich freuen, euch wiederzusehen. Er ist ein wenig sentimentaler als ich." Der letzte Satz klang beinahe entschuldigend.

Er blieb einige Meter vor uns stehen und strich sich in einer arroganten Geste die Haare aus dem Gesicht. Sein Blick fiel auf Maryse und Hodge. Dann grinste er. „Na sieh mal einer an", lachte er süffisant und machte einen Schritt auf sie zu. „Hodge Starkweather. Es freut mich wirklich, deine Bekanntschaft zu machen. Ich habe ja bereits so viel von dir gehört." Ein boshafter Ausdruck lag auf seinem Gesicht und das Grinsen wurde breiter.

Hodge starrte ihn mit großen Augen an, erschrocken. Schweißperlen liefen ihm über die Stirn. Er hatte seine Lippen aufeinandergepresst und senkte demütig den Blick. Der sonst so höfliche Hodge, der selbst mir gegenüber Achtung gewahrt hatte, sah aus wie ein geprügelter Hund. Sein Anblick verwirrte mich.

Doch dann streifte Jonathan bereits an ihm vorbei zu Maryse. „Da ist ja die Hüterin des Instituts. Maryse Lightwood. Ich musste bedauerlicherweise feststellen, dass sich nicht gut um meine Schwester gekümmert wurde." Die Belustigung in seiner Stimme hatte sich in Wut verwandelt und in einer blitzschnellen Bewegung fuhr Jonathans Hand hoch und umklammerte mit seinen Fingern ihr Kinn. Ein bestürzter Laut entfuhr Isabelle, doch sie bewegte sich keinen Zentimeter.

Jede Farbe wich aus Maryse' Gesicht. Die Sekunde die sie brauchte, um ihre Selbstsicherheit wiederzugewinnen reichte aus, um Jonathan zum Lachen zu bringen. Es war kein schönes Lachen. Ein grauenhaftes, dunkles Lachen, das mir die Nackenhaare aufstellte. „Nicht so gesprächig, bist du?" Er begutachtete sie aus seinen schwarzen Augen, schaute dann zur Seite und sein Blick blieb erneut an Isabelle, Alec und Jace hängen. „Was ist denn los mit dir Maryse? Sonst bist du doch auch so aufsässig."

Maryse blieb stumm und ihr Blick wurde hart. Jonathan drückte seine Finger zusammen und ließ dann ihr Kinn los. Seine Miene wurde noch heller, als er einen Schritt auf die drei Jugendlichen zumachte. Mir entging das Funkeln in seinen Augen nicht. Boshaft. Plötzlich wusste ich, was er tun würde. „Wen haben wir denn hier?" Sein Blick blieb an Alec hängen, der immer noch auf dem Boden kniete.

Alec hob den Kopf und stieß vor Anstrengung einen Atemstoß aus. Doch er schwächelte keine Sekunde. Seine Augen bohrten sich emotionslos in Jonathans. Das war sein erster Fehler. Schneller als alles andere, schnellte Jonathans Hand nach vorne und er packte Alecs Schulter und zog ihn zu sich. Alec strauchelte und kam stolpernd auf die Beine. Isabelle machte einen Schritt nach vorne, doch Jonathan hielt sie zurück, indem er Mellartach an seine Kehle hob. „Ich würde lieber da stehen bleiben", wies er sie an.

Isabelles Augen blitzten wütend, doch ihr kam kein Laut über die Lippen. Sie ballte ihre Hand zur Faust und griff mit der anderen nach ihrer Seraphklinge. Maryse neben uns hatte scharf die Luft eingezogen.

Jonathan wanderte durch den Raum, mit Alec im Schlepptau. Alec sagte kein Wort, seine Augen waren aufgerissen, doch er folgte Jonathan gefällig.

„Hör auf damit, Jonathan", sagte Jocelyn scharf und richtete sich auf. Ihre roten Haare schimmerten im Elbenlicht. Sie trug ebenfalls ihre Kampfmontur und ihre Finger umklammerten ihr Schwert. Ein langer schwarzer Kratzer verlief über ihre Wange.

Jonathans Augen bohrten sich wie Messer in ihre. „Du hast mir gar nichts zu sagen", spie er und seine Augen verdunkelten sich zornig. „Mich überrascht es, dass du überhaupt den Mund aufmachst. Ich an deiner Stelle würde schweigen. Schäm dich, Jocelyn, für das was du getan hast."

„Wir sind gegangen, weil es nicht mehr sicher war, Jonathan. Dein Vater hat dir etwas angetan, was wir niemals wieder hätten rückgängig machen können", erwiderte sie sanft, nur der Ausdruck in ihren grünen Augen strahlte Trauer aus.

„Ich brauche dich nicht mehr. Ich habe eine Mutter, die sich wirklich um mich sorgt. Sie hat mir ein Geschenk bereitet, dass du mir nie gestattet hättest." Der Anblick meiner Mutter schien ihn so zornig zu machen, dass das Engelsschwert in seinen Händen zu zittern begann. Er hielt es Alec immer noch an die Kehle. Blut lief ihm den Hals hinab und Isabelle unterdrückte einen Schrei.

„Lilith ist ein Dämon, Jonathan. Du musst einsehen, dass sie niemals deine Mutter-"

Schweig!", schrie er so laut, dass ich erzitterte. Seine Augen wurden schwarz vor Wut und das Zittern stärker Er konnte seine Gefühle nicht kontrollieren. Er würde uns alle umbringen. „Du bist ein Monster!" Sein Arm kollidierte mit Alecs Brust und Alec stürzte mit einem Schmerzenslaut zu Boden. Doch Jonathan schien das nicht zu kümmern. „Ich sollte euch alle umbringen", zischte er bedrohlich und ich konnte sehen, wie sich der Griff um das Englesschwert anspannte. Dann erst fiel sein wilder Blick auf Alec, der auf dem Rücken lag, unfähig sich aufzusetzen. Sein Hals blutete und man konnte ihm ansehen, dass er starke Schmerzen litt.

Jonathan hob den Arm. Ohne nachzudenken, hievte ich mich vorwärts, auf ihn zu. Mein Körper protestierte. Bei jedem Schritt jagte ein neuer Schmerz durch meine Beine und mein Arm schien immer noch in Flammen zu stehen. Jonathan sah mich nicht kommen, er konzentrierte sich auf Alec und hatte mir den Rücken zugedreht. Mellartach raste viel zu schnell auf Alecs leblosen Körper herab. Ich hatte das Gefühl, als wäre seine Handlung aus dem Nichts gekommen und doch hatte ich sie vorhersehen können. Bevor Jonathan Alec mit dem Schwert berühren konnte, schaffte ich es trotz der Höllenqualen, meinen rechten Arm zu heben und stelle mich ihm mit meiner Seraphklinge in den Weg.

Das Engelsschwert rauschte mit voller Kraft auf meine Klinge herab und mir entfuhr ein schmerzhaftes Keuchen. Meine Lungen brannten. Ein lautes metallisches Krachen durchbrach die Stille, als Metall auf Metall prallte. Die Ränder meiner Sicht wurden schwarz. Ich durfte nicht ohnmächtig werden. Wenn ich jetzt das Bewusstsein verlor, würde er ihn töten. Und mich wahrscheinlich gleich hinterher. Es grenzte an ein Wunder, dass die Kraft seines Schwertes mich noch nicht in die Knie gezwungen hatte. Als ich sicher war, den Schmerz halbwegs unter Kontrolle zu haben, stellte ich mich aufrecht hin. Mein Schwert schwebte immer noch über Alecs Kopf, ohne sich zu bewegen.

Jonathan betrachtete mich mit einem Ausdruck, den ich noch nie gesehen hatte. „Geh mir aus dem Weg, Clary", knurrte er. Sein Blick war wie tausend Dolche, die sich in meinen Körper bohrten, um alles zu zerstören, was ihnen in die Quere kam. Weißblondes Haar klebte verschwitzt an seiner Stirn.

Es kam mir wie ein kleines Wunder vor, als ich ihm standhielt und ruhig erwiderte: „Lass ihn in Ruhe, Jonathan. Er hat nichts damit zu tun. Wenn du dich revanchieren willst, dann tu es gefälligst mit mir, nicht mit ihm."

Jonathan schnaubte und ließ sein Schwert sinken. Sofort trat ich einen Schritt vor, damit er Alec nicht mehr sehen konnte. „Ich kann nicht glauben, dass du das hier gerade wirklich tust, Schwesterherz. Du verrätst deinen eigenen Bruder."

Ich blickte ihn voller Bedauern an. „Es tut mir leid, aber das, was du tust, ist falsch und dein altes Ich wüsste das auch. Mein Bruder wüsste, dass es falsch ist. Aber du ... du bist nicht mein Bruder. Nicht mehr."

Seine Kiefer spannten sich an und er ballte seine Hand zur Faust. „Du bist Schande, Clarissa. Du bist eine Schande für alle!"

Doch ich ließ mich nicht von ihm beirren. „Du bist ein fremdes Wesen in der Gestalt meines Bruders. Nichts weiter. Und wenn du denkst, ich würde den Unterschied nicht erkennen, dann liegst du falsch."

Ich wusste, dass das Schwert kommen würde, noch bevor ich es kommen sah. Blitzschnell hob ich meinen verwundeten Arm und stolperte beinahe rückwärts, so stark war die Wucht mit der Jonathan sein Schwert auf meins schmetterte. Ich musste es mit beiden Händen umklammern, um es nicht vor Schwäche und Schmerz fallenzulassen. Es folgten eine Reihe von Hieben, die ich so gut wie möglich zu parieren versuchte. Er war unglaublich schnell und der Zorn machte ihn noch schneller. Es kostete all meine Kraft, um nicht sofort aufzugeben und ohnmächtig umzufallen. Die Welt um uns begann sich zu drehen. Das Einzige, das ich sah, war Jonathan. Der Rest des Raumes war schwarz.

Wir tanzten durch den Raum und für einen Moment kam es mir vor, als würden wir einfach nur miteinander trainieren, wie wir es all die Jahre getan hatten. Ich drehte mich um meine eigene Achse und machte einen Schritt zurück als er auf mich zusprang. Sein Schwert zischte in der Luft und verfehlte nur knapp meine linke Schulter. Ich wollte zum Gegenschlag ausholen, doch als ich den Arm hob jagte mir ein solch heftiger Schmerz durch den Arm, den Rücken hinunter, dass ich laut aufstöhnte, stolperte und auf die Knie fiel.

Aus weiter Ferne hörte ich Jonathans verzerrtes Lachen. Er war einen Meter von mir stehen geblieben. „Für eine solche Verletzung hältst du dich unheimlich gut, Clary. Aber nicht gut genug. Denn das Leben gibt keine zweiten Chancen." Ich hob meinen Kopf, um ihn anschauen zu können. Mein Herz raste in meiner Brust. Jonathan stand direkt über mir. „Tu mir den Gefallen und steh auf", hörte ich ihn sagen. „Kein Morgenstern sollte auf den Knien sterben. Komm, steh auf und sterbe ehrenhaft."

Ich wusste, dass er mich nicht töten würde. Er durfte nicht. Valentin hatte es ihm verboten. Er wollte uns nicht tot sehen, nein, das wäre eine viel zu milde Strafe. Er wollte uns lebend, damit er uns eine Hölle auf Erden bereiten konnte. Jonathan balancierte Mellartach in seiner Hand und grinste zu mir herunter. Ich antwortete nicht, zu sehr war ich noch damit beschäftigt, zu Atem zu kommen.

„Lass sie in Ruhe, Jonathan. Sieh nur was du getan hast! Sie ist deine Schwester!" Jocelyn. Sie war vorgetreten und fixierte Jonathan mit kalten, emotionslosen Augen.

Jonathan drehte sich schlagartig um, wieder diesen wilden Ausdruck in seinen Augen. Er hatte mich innerhalb einer Sekunde vergessen. Ich konnte die Wut, die er für unsere Mutter empfand, förmlich spüren. Ich fragte mich, woher er sie nahm. „Halt du dich da raus! Das geht dich nichts an!"

„Und ob es mich etwas angeht, wenn du meiner Tochter schaden willst", zischte sie in einer Antwort und machte einen weiteren Schritt nach vorne, in ihrer Hand blitzte ein Kindjal. Plötzlich lief es mir eiskalt den Rücken herunter.

„Deine Tochter", spie Jonathan und richtete Mellartach auf sie. „Und was war ich all die Jahre? Der Sohn zweiter Klasse?" Seine Stimme war ein bedrohliches Knurren geworden und er senkte den Blick. „Aber sorg dich nicht, ich habe eine Mutter. Eine Mutter, die sich wirklich um mich kümmert. Und nun schau mich an. Ich bin mächtiger als alle hier!"

Falls Jocelyn getroffen war, versteckte sie es gut. Sie verzog keine Miene. „Ich bin deine Mutter, Jonathan. Dein Vater hat dich an sie verkauft. Du bist nicht mehr als ihr Sklave. Sie benutzt dich für ihre eignen Zwecke."

„Ich bin nicht ihr Sklave." Seine Hände zitterten und er bleckte die Zähne, als sie einen weiteren Schritt näherkam.

„Und ob du es bist. Du trägst ihr Blut in dir, du kannst nur ihr Sklave sein." Ich verstand nicht, wie meine Mutter ihre Fassade so gut aufrechterhalten konnte. Ich verstand nicht, wie sie es über sich brachte, all diese Dinge zu sagen, ohne in Tränen auszubrechen, weil jedes ihrer Worte stimmte.

Jonathan war verstummt. Er hatte sich nicht unter Kontrolle. Ich wunderte mich, ob er es je haben würde. Er stand einfach nur einen Meter von mir entfernt und starrte meine Mutter an. Sein wütender Ausdruck war verschwunden, nur ein wilder Funke war geblieben.

Im nächsten Augenblick passierten zwei Dinge. Zu schnell, dass ich sie hätte verhindern können. Aus dem Gang hallten Schritte und im nächsten Moment stand Valentin in der Tür. In voller Pracht mit polierter Kampfmontur. Sein Gesichtsausdruck war blank. Als er uns sah, spiegelte sich eine verblüffende Erleichterung in seinen Augen.

Jace und Isabelle drehten sich zu ihm um. Sie kannten ihn nicht, hatten ihn wahrscheinlich noch nie gesehen. Doch sie wussten sofort, wer er war. Jace zog die Luft ein. Wie lange hatte Jace auf diesen Moment gewartet? Wie oft hatte er von diesem Mann geträumt? Doch mein Vater, der für den Tod seiner Eltern verantwortlich war, beachtete ihn gar nicht. Er hatte nur Augen für uns. Augen für Jonathan, der als er ihn sah, für einen Moment aus dem Konzept geriet.

Dann erwachte Jonathan aus seiner Starre. Der wilde Ausdruck in seinen Augen war von einem ernsten und berechnenden Gesichtsausdruck ersetzt worden. Als wüsste er genau, was er tun würde. Ich wusste es nicht. Ich rechnete nicht damit und hätte es niemals in Erwägung gezogen.

Als das Schwert ihren Unterleib durchbohrte, starrte ich perplex auf die Szene vor mir, nicht sicher, ob ich träumte oder wirklich wach war. Es erschien mir so abwegig, dass er sie töten würde, schließlich war sie seine Mutter. Und auch wenn er etwas anderes behauptete, wusste er doch tief in seinem Herzen, dass es stimmte. Er würde es nicht tun, niemals.

Erst ihr Keuchen und ihre weit aufgerissenen Augen holten mich in die Realität zurück. Es fühlte sich an, als würde jemand an meiner Haut ziehen, als würde jemand versuchen, meinen Geist von meinem Körper trennen. Von weit her hörte ich jemanden schreien. Ich spürte, wie ich die Augen aufriss und spürte, wie der Boden unter mir nachgab und wie mein Gesicht ohne Vorwarnung auf den Boden prallte. Der Schmerz störte mich nicht. Ich wollte mich aufrappeln, wollte zu ihr stürmen, doch meine Muskeln waren wie versteinert.

Ich sah Valentin, der auf uns zu gerannt kam. Er riss Jonathan von Jocelyn fort, die sofort auf dem Boden zusammenbrach. Ich konnte meinen Augen nicht trauen. Ich konnte mich nicht bewegen. Mein Körper schien schwer wie Blei. Mein Atem blieb aus. Die Person schrie immer noch. Wie in Trance drehte ich mich um und suchte nach ihr. Sie musste doch hier irgendwo stehen. Doch es war niemand da. Nur Maryse und Hodge, die mindestens zwanzig Meter von uns entfernt standen und mit geschockten Gesichtern die Szenerie verfolgten. Und dann waren da noch Jace, Adam und Isabelle und Alec. Alec hatte die Augen geschlossen und sein Kopf lag in Isabelles Schoss, doch der Rest starrte zu uns herüber. Niemand von ihnen schien zu schreien.

Mein Blick blieb unwillkürlich an Jace hängen. Ich konnte nicht anders, denn sein Gesicht schien sich in Emotionen aufgelöst zu haben. Seine Augen starrten mich mit einem Ausdruck des Entsetzens an und für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, dass sich meine Emotionen in seinen spiegelten. Sein Mund stand offen und sein Gesicht war so qualvoll verzerrt, dass ich Angst hatte, er würde zerbrechen.

Jemand berührte mich an der Schulter und ich wandte den Blick von Jace ab. Erst als die Stimme meines Vaters an meine Ohren drang, wurde mir klar wer schrie. „Clarissa. Beruhige dich. Clary ..."

Ich hatte geschrien. Ich schrie immer noch wie am Spieß. Die Geräusche, die aus meiner Kehle kamen, klangen übermenschlich. Nicht von dieser Welt. Ich hatte mich noch nie in meinem Leben so schreien hören. Als mein Vater sich vorbeugte und mir zitternd über die Wange streichen wollte, zuckte ich zurück und war im Nu fünf Schritte zurückgewichen. „Fass mich nicht an!"

Jonathan stand regungslos neben Jocelyns Körper und starrte auf sie herab. Dann drehte er sich um und unsere Blicke trafen sich. Seine Lippen formten sich zu einem triumphierenden Lächeln. „Jetzt ist die Welt endlich wieder im Gleichgewicht."

Ich wusste nicht wie. Mein Verstand handelte, noch bevor mein Körper reagieren konnte. Meine Schmerzen waren vergessen. Im nächsten Moment stürzte ich mich mit einem wilden Schrei auf ihn.



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Hallo Leute,

ich hoffe wie immer, dass euch das neue Kapitel gefallen hat. Das Kapitel war ja schon ziemlich intense, vor allem Jocelyns Tod. Was haltet ihr von allem was passiert ist?

Schaut bei https://www.pinterest.de/ccskyllen/the-rise-of-the-morningstar-fanfiction/ vorbei, wenn ihr mehr zur FF sehen wollt! :D

Bis bald

Skyllen :)

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