Kapiel 16...Der Übeltäter
"Was war das?", kam Jay auf Evy aufgeregt zugeeilt, als sie das ältere Ehepaar in die blaue Lounge gebracht hatte.
Evy streckte sich bis auf ihre Zehenspitzen, um ihren Blick besser über das Restaurant schweifen zu lassen. Doch erfolglos. Und da war es wieder...dieser Knall, als würde jemand mit Servierplatten um sich werfen. Alle Gäste hatten aufgehört zu essen und sahen sich ebenfalls im Restaurant um, woher der Lärm wohl gekommen war.
Evy ging an den Tischen entlang und beruhigte ihre Gäste. "Ladies, Gentlemen! Bleiben Sie ruhig auf ihren Plätzen sitzen und genießen Sie diesen Abend!...Wir werden uns um diesen Störenfried kümmern!", richtete Evy ihre Worte an die Gäste und ging in Richtung Küche.
Jordan war ihr gefolgt. "...Aber du kannst doch nicht einfach in die...!"
"...Oh doch! Ich kann, Jay!...Und wie ich das kann!"
"Das liegt nicht in deinem Bereich!...Du bist die Empfangsdame!", erinnerte Jordan ihre Freundin daran, weshalb sie hier arbeitete.
"Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass du diesen Job heute Abend übernimmst...
Aber eines hast du wohl dabei vergessen, Jay:
Ich bin mit Teilhaberin dieses Restaurant. Also stehen mir alle Türen offen!...Ich habe dafür zu sorgen, dass es hier gesittet und entspannt und normal zugeht. Jeder soll sich hier wohl fühlen, als wäre es ein zweites Zuhause. Da kann ich solch einen Lärm nicht gebrauchen, Jay!"
Evy ging an der Theke vorbei und war im Begriff nach der Küchen - Schwingtür zu greifen, als diese aufflog und ein belegter Teller mit Salat an ihr vorbei flog.
"...Was geht hier vor sich, verdammt nochmal?", flüsterte Evy leise dem Teller hinterher. Evy konnte gerade so dem Flugobjekt ausweichen, als die Tür von innen geöffnet wurde.
Ein zweiter belegter Teller schlitterte an ihr vorbei, stoppte am Tischbein ab und kippte um, so dass alles Essen auf dem Fußboden verstreut lag. Evy blieb das Wort im Halse stecken. Erneut wurde die Tür aufgerissen und eine Putzfrau kam bereits mit Eimer, Besen, Handfeger, Kehrschaufel und Wischmopp heraus gestürmt.
"Sally! Was geht hier vor sich?", hielt Evy sie auf, ehe sie sich an das Eingemachte stürzte. Sally blieb mit allem vor Evy stehen, was sie gerade in ihren Händen hielt und sah in die Küche durch das Bullauge zurück. "Miss Easterbrook! Da ist wirklich jemand stinksauer, aber gewaltig sauer!"
Evy nickte Sally zu und bedankte sich für die kleine Information. Evy wollte die Tür gerade erneut aufmachen, als sie einen Tiegel mit gedünsteten Bohnen auf sich zufliegen sah.
"Nicht noch mehr Essen!...Nicht in meinem Restaurant und nicht in meiner Schicht!", brüllte sie durch den kleinen Türspalt zur Küche, als sie sich geduckt hatte, um der fliegenden Untertasse auszuweichen.
Als sie endlich durch die Tür in die Küche gekommen war, rempelte sie mit einem breitschultrigen Kerl im langen schwarzen Mantel von Versace zusammen. Sie hörte, wie er in der Küche herum rief.
"...Nudeln wollte ich zu meinem Essen und keinen Reis, ihr...ihr möchte - gern - Köche...Ist es denn so schwer mit Huhn und Reis meinen Teller zu füllen, das nicht so scharf ist wie der Fraß hier? So groß wird der Unterschied ja wohl nicht sein!"
Der Koch, Mister Giovanni, schimpfte auf den Gast in seiner heimatlichen Sprache italienisch, der ebenfalls so stinksauer auf den Gast reagierte und antwortete.
Evy drängelte sich durch die ganzen Angestellten in der Küche zu Giovanni durch und fragte aufgebracht: "Was ist hier passiert?"
Giovanni hob das Fleischbeil an und richtete es auf den Mann im langen schwarzen Versace - Mantel. Mit scharfer Stimme sagte er zu ihm und für jeder Mann und Frau in der Küche verständlich:
"Mein Personal putzt niemand herunter und macht es für etwas verantwortlich, was es nicht getan hat! Spielen Sie sich hier nicht so auf, als wären Sie hier der Boss, Sie aufgeblasener Gockel!...Und noch etwas: Sie haben in dieser Küche nichts zu suchen!...Also verschwinden Sie!", gab Giovanni dem Gast zu verstehen.
"Dieser Mann beleidigt meine Angestellten und wirft ihnen vor, ihm verpfeffertes Essen serviert und vorgesetzt zu haben und seinen Essenswunsch nicht akzeptiert zu haben. Was bilden Sie sich überhaupt ein, hier in die Küche einzudringen? Ihr Platz ist da draußen bei den anderen Gästen!", fluchte Giovanni den Mann im Mantel an.
"Ich würde gern wissen, was ihr Vorgesetzter dazu zu sagen hat, Herr Koch aus Italien!...Ich habe jedes ihrer Worte verstanden. Sie hätten ruhig in meiner Muttersprache mich zurecht weisen können...Wer ist ihr Vorgesetzter?...Ich will ihn sofort sprechen!", donnerte der Kerl in der Küche herum.
"Ich!...Ich bin die Vorgesetzte!", kam es hinter seinem Rücken mit einer sanften und doch festen, starken Stimme, die ihm sehr wohl bekannt vor kam.
Noch immer hatte der Mann Evy den Rücken zugewandt, als er sich langsam zu ihr herum drehte. Nebenbei faselte er. "Gehen Sie an ihren Platz zurück, Miss! Das hier ist nicht ihr Problem...sondern Meines!"
Doch Evy dachte überhaupt nicht daran, die Küche zu verlassen. Sie fing an sauer zu werden. "Das ist schön zu hören, dass Sie sich ihres Fehlers bewusst sind!° Aber Sie können hier nicht einfach so, mir nichts, dir nichts, in die Küche hinein stolzieren, wo Gäste keinen Zutritt haben, Geschirr durch die Gegend werfen und es zertrümmern, meine Küche und mein Restaurant in ein Schlachtfeld verwüsten und meine Mitarbeiter zur Schnecke machen, wie es Ihnen gerade passt! Mangelt es Ihnen vielleicht an Respekt?..."
"...Respekt?", fragte er immer noch aufgebracht.
"Genau! Sie haben schon richtig gehört!...Ich rede von Respekt!" und Evy klang außerordentlich wütend gegenüber dem Gast. Sie war nicht sauer auf das, was sich hier gerade vor ihren Augen abspielte, sondern weil sie sich mit jemanden angelegt hatte, der es nicht für nötig hielt, den Augenkontakt mit ihr zu suchen, während sie mit ihm diskutierte. Solange sie dieses Restaurant mit führte, hatte es noch niemand gewagt, sich über irgendetwas zu beschweren, noch flogen gefüllte Teller, Tiegel und böse Worte und Beschimpfungen an das Personal durch das Restaurant.
Und nun schneit dieser Protz hier herein und ruiniert den Ruf des Restaurants in dieser Stadt Palmdale. Evy wollte das nicht auf sich sitzen lassen. Der Mann drehte sich langsam zu ihr um und auch langsam nahm sie seine Kontur wahr.
Evy stemmte ihre Arme in ihre Hüften und fauchte ihn an:
"SIE?...
Was wollen Sie denn hier?"
Er schaute sie finster an ."Ich tue hier essen...Was denn sonst?", rebellierte er.
"Ernsthaft?...Sie wollen hier essen?...Diese Aufführung nennen Sie - Essen?", fragte sie ihn barsch.
"Sollten Sie nicht....", begann er boshaft ihr gegenüber zu werden.
"Ich sollte ihrer Meinung nach -WAS -? ...Im Bett liegen, bei meiner Tochter sein?...Sagen Sie mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe...wann und wo!...Sie mögen der Ältere von uns beiden sein, aber das gibt Ihnen noch lange nicht das Recht, mir zu sagen was ich darf und was nicht! Ich arbeite hier und sorge mich um das Wohlergehen unserer Gäste und des Personals. Ich bin ihnen keinerlei Erklärungen schuldig. Entweder gehen Sie wieder hinaus auf ihren Platz oder Sie verlassen das Restaurant!...Wie wäre es mit einer Entschuldigung an das Personal und an die Gäste draussen im Restaurant und begleichen den Schaden, den Sie hier gerade vollbracht haben, Mister Richard Crowe? Das ist ja wohl das Mindeste!", forderte sie ihn wütend auf und zeigte ihm die Tür zum Restaurant.
"Was tun Sie denn eigentlich?", fragte er sie fassungslos.
"Haben Sie mir nicht zugehört, Mister Richard Crowe?...Ich arbeite hier und verdiene meinen Unterhalt für mich und meine Tochter. Was Sie hier sehen, das Restaurant und die Gäste und unsere Mitarbeiter, die sich Abend für Abend den Arsch für unsere Gäste, wie Sie einer sind, aufreißen, gehört zum Teil mir. Und Sie spazieren hier einfach herein und stören diese fast familiäre Idylle! Wenn Ihnen das Essen hier nicht zusagt, gehen Sie doch woanders hin!", putzte Evy den Mann stocksauer herunter.
Richard stand jetzt ganz nah vor ihr und knirschte sie durch seine Zähne an.
"Junge Dame!...Ein bisschen mehr Respekt den älteren Gästen gegenüber wäre hier wohl gerade angebracht oder etwa nicht?", und kam ihr bei jedem Wort an sie gerichtet immer näher heran.
Evy glaubte sich gerade verhört zu haben. Sie blitzte ihn mit ihren Augen an, ohne mit der Wimper zu zucken. "Sie verlangen von mir Respekt für Sie, während Sie hier alles verwüsten? Soll ich das mir von Ihnen gefallen lassen? Na soweit kommt's noch!"
Richard steckte wütend und grob seine Hände in seine Manteltaschen und konnte es nicht fassen, das Evy sich ihm über seinen Kopf hinweg erhob. Keine Frau hatte ihm zu widersprechen, ganz im Gegenteil, sie hatte ihm zu gehorchen. Doch Eveline war anders als die anderen Frauen und mit so etwas konnte er nicht umgehen.
Hatte sie es vergessen, wie er sich um sie sorgte, als Amanda in der Nacht auf dem Gelände erschien und er sie schützend in seinen Armen gehalten hatte? Er hatte ihren rasenden Puls bemerkt und ihren schnellen Herzschlag an seiner Brust gespürt. Wollte sie ihm damit vermitteln, dass sie nichts für ihn empfand? So ein Schwachsinn! An dem Abend fühlte es sich aber ganz anders an. Wollte sie es unterdrücken, was sie für ihn fühlte?
"Also irgendetwas raffe ich hier nicht so ganz, Mister Crowe!...", schnauzte sie ihn an.
"Ich auch nicht, Miss Evy!", fügte er hinzu, fasste sie an ihrer rechten Hand und zog sie aus der Küche, durch das Restaurant, hinaus auf den Parkplatz.
Alle Gäste schauten den Beiden im Restaurant hinterher und zum Teil hingen sie mit ihren Gesichtern an den Fensterscheiben mit den Augen zum Parkplatz gerichtet, um mitzuerleben, wie der Streit nun zwischen den Beiden ausgehen würde. Einer der Gäste schlug vor eine Wette abzuschließen, ob die Sache feindlich oder leidenschaftlich ausging. Böse Blicke von Jordan hatte derjenige eingefangen und ließ die Wette sein.
Alle warteten nun ab, was da draußen passieren würde, denn der Streit in der Küche war nicht zu überhören gewesen. Sogar Jack wurde ebenfalls darauf aufmerksam und fragte Jordan: "Was ist hier vorgefallen?"
"Ein Gast hat die Küche gestürmt und das Personal dort drin zusammen gefaltet. Nebenbei hat er Geschirr zu Bruch gehen lassen und das Essen auf dem Boden im Restaurant verteilt. So ein Mistkerl! Was glaubt er, wer er ist?", stammelte Jordan.
"Er ist mein älterer Bruder!", antwortete er kleinlaut und stand nun ebenfalls an einem der großen Fenster, mit Blick auf den Parkplatz.
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