Twelve
Twelve:
Wiedergutmachung
„Du hast was getan?!"
Marcel lachte ungläubig und schüttelte den Kopf, ehe er seiner besten Freundin den Vogel zeigte.
„Sag mal, tickst du noch ganz sauber?"
„Ich wusste nicht, wem ich es erzählen soll." Rachel seufzte.
„Rachel, dieser Mann hat dir das Herz gebrochen."
„Ich weiß."
„Du hast wegen ihm Teddys Aufführung verpasst."
„Ich weiß", wiederholte sie und sah auf ihren Couchtisch.
„Sideswipe könnte in Lebensgefahr geraten."
„Ich weiß!" Sie hob den Blick und sah Marcel in seine grünen Augen. „Ich weiß das alles, okay?", sagte sie und strich sich ihr Haar nach hinten. „Es ist nur so... ich vermisse ihn."
„Rachel." Er schnaubte. „Du vermisst ihn?!", hakte er nach und deutete nach draußen. „Er hat dich belogen! Er hat dir seine Frau und sein Kind verschwiegen. Monate lang."
„Ja, aber-"
„Er hat dich verlassen. Und dann hat er beschlossen, Sideswipes Familie zu jagen und zu ermorden."
„Ich dachte du verstehst mich", murmelte sie und atmete tief ein.
„Süße, nein." Er schüttelte den Kopf. „Ich verstehe es nicht. Zum ersten Mal in unserem Leben verstehe ich dich nicht." Er hörte nicht auf, seinen Kopf zu schütteln. „Er hat dir so viel Kummer und Sorgen bereitet und trotzdem siehst du ihn einmal an und-"
„Ich kann es mir selbst nicht erklären, okay?", fuhr Rachel ihn an und er zuckte zusammen. „Das Einzige, was ich spüre, ist, vollkommen zu sein, wenn er da ist. Ich fühl mich, als wäre ich nicht kaputt, wenn er in meiner Nähe ist."
„Rachel, er ist keine Droge", sprach Marcel resigniert aus als die Haustür geöffnet wurde und der Transformer mit Teddy im Schlepptau hereinkam. „Du hast Teddy. Das kannst du ihm nicht antun." Er atmete tief ein, umklammerte den Stuhl, auf dem er zu Beginn seines Besuchs gesessen hatte. „Sein Vater ist kein guter Mann", sprach er aus.
„Er hat Fehler gemacht."
„Wer hat Fehler gemacht?" Sideswipe runzelte die Stirn als er mit Teddy eintrat. „Alles klar?"
„Teddy, du gehst bitte auf dein Zimmer", bat Marcel ihn kurzangebunden. „Die Erwachsenen müssen sich dringend unterhalten."
„Cool", sagte er trocken. „Ich bin neun, Marcel."
„Du kannst mitreden, wenn du achtzehn wirst, klar?"
Der neunjährige brummte, ehe er sich augenverdrehend umdrehte. „Du bist uncool", behauptete er.
„Was ist los?", hakte Sideswipe alarmiert nach als Stille eintrat nachdem das Kind gegangen war.
„Rachel hat wieder Kontakt zu William Lennox", verpetzte Marcel seine beste Freundin.
Der Autobot hob beide Augenbrauen. „Wie bitte?" Von ihm sah er zu ihr und sie atmete tief ein, schloss kurz ihre Augen.
„Er war auf der Beerdigung meiner Schwester", erzählte sie ihm. „Wir... sind so irgendwie wieder in Kontakt gekommen."
„Rachel", sprach Sideswipe ihren Namen aus. Allerdings mit mehr Gefühl als Marcel zum jetzigen Zeitpunkt. „Bist du dir da sicher, was du tust?"
Sie schüttelte ihren Kopf. „Ich fühle nur das... es anders ist und doch nicht."
Er seufzte, atmete kurz tief durch. „Er jagt Wesen wie mich."
„Ich weiß." Ihre Sicht begann zu verschwimmen. „Und ich möchte das auch logisch gesehen nicht, aber... ich kann es nicht ändern, dass ich ihn vermisse."
Sideswipe war klar, dass dieser Tag kommen würde. Er wusste von Anfang an, seit er ihren ersten Kuss beobachtet hatte, dass das zwischen ihnen nichts Leichtes gewesen war. Er hatte es in ihren Augen gesehen. Wie sie ihn ansah.
Er wäre ein schlechter Freund, würde er sich zwischen sie stellen.
„Möchtest du wieder mehr Kontakt zu ihm?"
„Ich möchte dich nicht verlieren", sagte sie.
„Aber das wirst du, wenn du dich auf einen Soldaten wie ihn einlässt, Rachel", sagte Marcel. „Ich will nicht die böse Mutter spielen, Rach. Er ist nur kein guter Mann."
„Das ist so nicht richtig", widersprach ihm Sideswipe und warf ihm einen Blick von der Seite zu. „Lennox hat Fehler gemacht. Fehler sind menschlich. Selbst solche. Man kann ihm nicht vorwerfen, er hätte nicht daraus gelernt, wenn man ihm keine Chance gibt."
„Alter, willst du es drauf anlegen, zu sterben?" Marcel drehte ihm seinen Kopf zu. „Junge, der Typ frittiert dich."
„Würde er mich umbringen wollen, müsste er an ihr vorbei." Er wies mit dem Kopf auf Rachel. „Sie ist seine Schwachstelle."
Rachel schnaubte. „Das stimmt nicht."
„Sagst du", merkte er an. „Rachel, ich bin nicht sauer." Er hob einen Finger. „Aber ich glaube, wenn du Kontakt zu ihm möchtest, sollte ich ausziehen."
„Was? Nein." Sie schüttelte schnell ihren Kopf. „Das ist es, was ich nicht möchte. Du gehörst hierher."
„Ich weiß." Er sah ihr in die Augen. „Ich möchte aber auch nicht zwischen dir und ihm stehen."
„Wir sehen uns nicht wieder." Sie schüttelte nochmal schnell ihren Kopf. „Ich verspreche es. Ich... werde mir Mühe geben."
„Rachel..." Er seufzte als sie aus Verzweiflung zu weinen begann und lief um den Tisch und umarmte sie. Er wollte nicht, dass sie sich mit ihren Gedanken und Gefühlen quälte.
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„Teddy, es tut mir wirklich unglaublich leid. Wie oft muss ich das noch sagen?"
Rachel goss ihrem Sohn Kaffee in den Morgenbecher, während dieser gähnte und sich durch sein braunes Haar fuhr, welches er von seiner Mutter geerbt hatte. Mit den Jahren war es deutlich heller geworden. Darüber war Rachel heute irgendwie froh.
Jammernd kniete sich Rachel vor ihrem Sohn hin und faltete die Hände zusammen, ehe sie ihn mit großer Schmolllippe ansah. „Bitte, bitte, bitte!", bat sie flehend. „Vergib mir. Soll ich dir denn auch noch die Füße ablecken, damit du mir nicht mehr böse bist?"
„Mom." Teddy drehte sich gähnend zu seinem Becher um. „Es ist noch zu früh, für ein Gespräch über das Ablecken meiner Füße", bemerkte er.
Rachel stöhnte entnervt und richtete sich auf. „Na, gut." Sie nickte und stemmte ihre eine Hand in die Hüfte. „Ich lass meinem Engel die Zeit, die er braucht, um wachzuwerden."
„Übertreib deine Rolle nicht." Sideswipe klopfte ihr plötzlich auf die Schulter und die sechsunddreißigjährige zuckte heftig zusammen, während sie hinzu auch noch kurz aufschrie.
„Sideswipe!", fluchte sie und schnappte sich das Küchenhandtuch von der Anrichte.
Sie warf es dem Autobot nach, während Teddys Mundwinkel zuckten.
„Ich werde wie ein König gehalten", sagte er seinem Ziehvater, den er zugleich für seinen besten Freund hielt.
„Von mir nicht", haute dieser trocken raus. „Und ich weiß, du hast die Hausaufgaben für Französisch nicht gemacht." Sideswipe schnipste und deutete zur Tür hinaus. „Ab." Er winkte mit der Hand. „Hausaufgaben sollen Zuhause und nicht erst in der Schule gemacht werden, Freundchen."
Es klingelte an der Haustür und Rachel langte nach ihrem Kaffeebecher.
„Mom?" Teddy sah seine Mutter an. „Ist es schlimm, dass ich die Französischhausaufgaben nicht gemacht habe?"
Rachel blinzelte und schüttelte den Kopf. „Aber das nächste Mal solltest du sie machen", merkte sie an.
„Okay, dann habe ich einen Deal mit dir, Mom." Der neunjährige verschränkte die Arme auf der Stuhllehne. „Du machst für einen Monat sämtliche meiner Hausaufgaben und Referate", sagte er ihr. „Und dann verzeih ich dir und alles wieder gut."
„Wirklich?"
Rachel war übermüdet und erschöpft.
Sie hatte kaum geschlafen seit Teddy so deprimiert gewesen war und sie ignoriert hatte, weil sie nicht zu seiner Aufführung erschienen war. Außerdem hatte sie die Diskussion am vorigen Abend mit Marcel sehr erschöpft. Sie hatte gedacht, bei ihm auf Verständnis zu stoßen.
Nur die Tatsache dass ihr Handy noch immer unauffindbar war, hatte ihr Zeit zum Schlafen eingebracht – auch wenn es nur wenige Stunden gewesen waren.
„In Ordnung." Rachel nickte als es nochmal an der Haustür klingelte.
Sie setzte sich in Bewegung. „Ich mach gleich die Hausaufgaben für Französisch, bevor du losgehst", sagte sie ihm. „Ich muss nur..." Sie zeigte in Richtung Haustür, während Sideswipe mit zuckenden Mundwinkeln seine Augen verdrehte.
Rachel war seiner Ansicht nach durchgedreht.
Ohne große Erwartungen zu hegen öffnete Rachel ihre Haustür. Weil sie dachte, es könnte der Postbote sein.
Sie musste aber feststellen, dass die Soldaten auch noch nach neun Jahren – und dem Fiasko von vor ein paar Wochen – nicht von ihr ablassen konnten.
Perplex zog sie die Tür bis zu ihrer Statue heran.
„Woher weißt du-" Er hob das Handy an, auf das Rachel sah, während sie verstummte.
„Du hast es bei mir liegen gelassen", teilte Lennox ihr mit und presste kurz die Lippen aufeinander, ehe er es ihr hinhielt. „Es klingelt ziemlich oft", erzählte er ihr als sie darauf sah. „Und als eine deiner Freundinnen heute früh angerufen hat, bin ich rangegangen und habe nachgefragt, wo ich es denn der Besitzerin zurückgeben könnte."
Wer auch immer das von den Mädels war, ist so gut wie tot, dachte sich Rachel.
„Vanessa sagte, ich soll zur Hölle fahren und sie würde es abholen, doch ich... wollte es dir persönlich zurückgeben."
Rachel nahm es entgegen.
„Ich habe... noch eine Menge zu tun, bevor ich zur Arbeit muss." Sie strich sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr und deutete mit dem Daumen hinter sich. „Ehm...ja." Sie winkte ungelenk mit ihrem Smartphone in der Hand und schloss dann die Haustür.
Gegen ihre Haustür gelehnt, sah sie seufzend auf ihr Handy hinab.
„Wer war das?", fragte Sideswipe und streckte den Kopf aus der Küche in den Flur.
Rachel blickte auf und zog ihre Augenbrauen zusammen.
Sie starrte ihm in seine hellen Augen, ehe ihre Sicht verschwamm.
Er seufzte. „Rachel", sprach er ihren Namen aus. „Bitte, mach es dir nicht schwerer als es ist."
Sie schüttelte den Kopf, wischte sich schnell über ihre Augen als ihr Sohn den Flur betrat.
„Was ist los?" Er sah seine Mom besorgt an und lief einige Schritte in ihre Richtung. „Mom?"
„Kleiner", sagte Sideswipe und legte seine Hand auf seine Schulter. „Ich glaube, wir lassen deiner Mom Mal ein paar Minuten."
Teddy schrie auf als der Transformer ihn scherzhaft über seine Schulter wuchtete.
„Hey! Lass mich runter du Maschine!", rief er lachend und ließ sich forttragen.
Mit zusammengepressten Lippen sah Rachel auf ihr Handy erneut hinab. Sie drehte es in ihren Händen, während sie die Nase dann auch noch krauszog und die Stirn runzelte.
Wenn sie diesen Schritt tat, gab es kein zurück mehr. Sie würde den Soldaten an ihr Leben binden – und Sideswipe auf lange Sicht verlieren.
Außer sie würde lügen. Doch sie war eigentlich niemand, der log.
Die ehemalige Liaison entschied sich, ihre endgültige Entscheidung nach hinten zu schieben. Sie wollte erst herausfinden, warum die Anziehung zu Lennox noch immer so stark war, dass sie dachte, sie würde ersticken, wenn er nicht in ihrer Nähe war.
Ruckartig drehte sie sich um und öffnete die Haustür wieder.
Sie hatte schauen wollen, ob der Soldat noch in der Nähe sein könnte.
Doch kaum war sie auf ihre Socken nach draußen gelaufen, stellte sie fest, dass er ihren Kieselweg entlang zurückkam. Offensichtlich hatte er vorgehabt, nochmal bei ihr zu klingeln.
Er hob beide Augenbrauen und hielt vor ihr.
Rachel lächelte leicht und sah zu ihm nach oben. „Mal Lust, was Essen zu gehen?"
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„Und?"
Sideswipe rang sich ein aufrichtiges Lächeln für seine Freundin ab, die die Hände hinter dem Rücken verschränkte.
„Wir... gehen was essen."
Er nickte. „Das ist gut."
Sie lief zu ihm, strich den Kragen seines Shirts glatt. „Bitte, zieh noch nicht aus", bat sie ihn leise. „Ich... möchte erst gucken, was das ist."
Er neigte den Kopf. „In Ordnung", stimmte er ihr zu. „Aber bitte sei ehrlich. Ich werde es dir nicht übelnehmen."
Rachel nickte. „Deal."
Sideswipe atmete tief ein. „Ich muss dann gleich los zur Arbeit."
„Ich dachte, auf die Toilette." Ihre Mundwinkel zuckten.
„Nein, da war ich heute früh und habe ein etwas stinkendes Häufchen hinterlassen", erzählte er ihr scherzhaft.
Sie verzog ihre Miene und Teddy in seinem Zimmer fing zu lachen an, ehe sie sich in die Küche begab und zurück an den Abwasch machte.
„Sogar männliche Aliens haben die Angewohnheit, von Zeit zu Zeit widerlich zu sein", murmelte sie leise. „Wieso habe ich mich für einen Haushalt mit Männern nochmal entschieden?"
„Mein Erzeuger hat allein durch seine Spermien entschieden, was ich werde." Teddy betrat die Küche wieder und sah kurz zu Boden. „Aber wie ihr das unter euch ausgemacht habt, will ich gar nicht so genau wissen." Er schüttelte sich.
„Es wurde jedenfalls in der Nacht nicht viel geschlafen." Sideswipe hielt ihm die Hand hin, ehe Teddy auf ihn zulief und die Hand ergriff. „Und hopp, hol die Hausaufgaben", bat er ihn. „Deine Mutter hat sie noch zu machen."
Rachel stöhnte auf. „Das habe ich sogar bereits wieder vergessen gehabt." Sie schnappte sich wenige dreckige Teller, die noch übrig waren.
„Tja, er wird dich tagtäglich nun einen Monat daran erinnern", schmunzelte Sideswipe.
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Datum der Veröffentlichung: 02.10.2022 13:22 Uhr
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