Fourty-two
Fourty-two:
seine beste Freundin
Seufzend fuhr Lennox sich durch sein Haar und ließ den Kopf danach hängen, damit ihm das Shampoo aus den Haaren laufen konnte. Er war erschöpft und wollte eigentlich nur noch ins Bett.
Er zuckte zusammen als das Gefühl hatte Hände würden seinen Oberkörper umschlingen. Schmunzelnd drehte er seinen Kopf.
„Tut mir leid", murmelte ihm die Frau hinter ihm zu. „Ich wollte nicht streiten, Will."
Er ergriff ihre Hand, hob sie an und zog sie so näher zu sich an den Körper, ehe er der Handfläche einen Kuss aufdrückte.
„Ich auch nicht", sagte er ihr und drehte sich um.
Egal was er gerade träumte, es verwirrt ihn ausgerechnet jetzt an Sarah zu denken.
„Annabelle und ich vermissen dich." Ihre Mundwinkel zuckten. „Kannst du nicht wieder für einige Zeit nach Hause kommen?"
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Ein Klopfen ließ ihn ruckartig die Augen öffnen.
Die Sorge um Teddy hatte bei ihm wie eine Bombe eingeschlagen – ebenso die Wut auf seine Mutter. Und anscheinend auch die Müdigkeit, wenn man bedachte, dass er noch in der Badewanne lag.
Er seufzte.
Ihre Probleme beiseitegelegt verletzte es den dreiundfünfzigjährigen, dass Rachel ihn aus genau diesen Gründen nicht an seinen Sohn ließ. Ob der Kleine es wusste oder nicht, er sorgte sich bereits um ihn und er wollte ihn endlich näher kennenlernen.
Allein dieses Projekt, an dem sie arbeiteten, verzögerte es. Und es fuchste ihn, dass er nicht für ihn da sein konnte, jetzt wo er die Wahrheit wusste. Er wollte nicht, dass Teddy länger im Ungewissen leben müsste. Er wollte diese Bindung und er dachte er hätte Rachel das klargemacht.
Es ging ihm hierbei nicht um ihre Beziehung, es ging ihm um die zu seinem Kind, die sie ihm offensichtlich gerade verwehrte.
„Dad?", fragte Annabelle leise. „Du versuchst nicht gerade beim Baden Selbstmord zu begehen, oder?", scherzte sie und der Soldat fuhr sich durchs nasse Haar, atmete einmal laut auf.
Er musste definitiv eben weggenickt und unters Wasser gerutscht sein.
„Nein, alles gut." Er schüttelte sich, erhob sich und griff nach dem Handtuch.
„Okay." Man hörte wie Annabelle an der Wand runterrutschte. „Du, Dad?", fragte sie ihn.
„Hm?"
Er griff ins Wasser und zog den Stöpsel, damit das warme Wasser ablief.
„Darf ich mich jetzt nicht mehr mit Teddy treffen?", fragte sie ihn. „Ich mag ihn nämlich sehr."
Lennox seufzte und wickelte sich das Handtuch um die Hüfte.
Das war ihm auch noch ein Dorn im Auge. Er wollte unbedingt dass sich die beiden kennenlernten – und mochten. Doch so wie es jetzt war, war er sich nicht sicher, ob es Annabelle nicht den Boden unter den Füßen wegziehen würde, würde sie erfahren, er hätte ihre Mutter betrogen und ihr momentan bester Freund wäre so entstanden.
„Ich weiß es nicht, Annabelle", sagte er ihr wahrheitsgemäß. „Aber wenn dir das so wichtig ist, dann rede doch mit Rachel darüber", schlug er ihr vorher. „Sie lässt bestimmt mit sich reden."
„Aber sie schien vorhin so wütend", murmelte Annabelle und strich sich über den Oberarm.
Vom vorigen Tag hatte sie einen kleinen blauen Fleck davongetragen als sie mit dem Skateboard gestürzt war. Sie lächelte leicht als sie darauf blickte und sich daran erinnerte, wie besorgt ihr Kumpel gewesen war. Sie selbst hatte nur gelacht und den Kopf geschüttelt.
Sie bestand nicht aus Zucker, hatte sie behauptet.
Lennox seufzte, öffnete die Badezimmertür und lief an seiner Tochter vorbei.
„Dann lass ihr etwas Zeit und rede dann mit ihr." Er öffnete seine Schlafzimmertür. „Du bist alt genug, um das selbst zu regeln, Süße."
„Aber wieso?", rief Annabelle ihm nach und stemmte sich ächzend an der Wand hoch. „Du hast doch offensichtlich Streit mit ihr", sagte sie ihm.
„Nicht offensichtlich." Er seufzte. „Mich hat eine andere Frau geküsst."
„Oh", machte Annabelle und runzelte die Stirn. „Wolltest du das, Dad?" Er schüttelte den Kopf. „Also ich würde ihr das erklären."
Er schüttelte nochmal den Kopf. „Sie lässt nicht mit sich reden", sagte er ihr. „Nicht darüber. Aber das ist eine andere Geschichte." Er lief zu seiner Kommode. „Du bist diejenige, die sich mit Teddy treffen möchte." Er schob eine Schublade auf und zog eine Boxershorts heraus. „Also wirst du auch mit Rachel darüber reden müssen, Annabelle."
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„Dad!"
Lennox zuckte zusammen und ihm fiel das Handy aus der Hand.
„Was ist denn jetzt schon wieder los?" Er seufzte, erhob sich und lief zu seiner Zimmertür, ehe er sie öffnete. „Ja?!", rief er laut.
„Hast du die Halskette von Mom gesehen?"
Er zog die Augenbrauen zusammen und lief über den Flur zu ihrem Zimmer hinüber.
„Wessen Kette?", fragte er nach.
„Moms Kette!", rief sie hysterisch und sah ihn kurz an und kramte in ihrem Schmuckkästchen weiter herum. „Sie hat mir die Kette zum letzten Weihnachtsfest geschenkt. Da ist ein A drauf."
Er schüttelte den Kopf. „Entschuldige, nein. Ich habe sie nicht gesehen."
Seufzend lief Annabelle an ihm vorbei und auf das Badezimmer zu. „Ich kann sie doch nicht beim Unfall heute verloren haben, oder?", fragte sie sich selbst.
Lennox zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, Annabelle."
„Och, nö!", rief sie nörgelnd. „Nicht die Kette, klar?!", rief sie gegen die Decke. „Jede Kette, nur nicht die, Gott!"
„Annabelle." Er seufzte erneut und fuhr sich mit einer Hand über sein Gesicht. „Mal doch nicht gleich den Teufel an die Wand."
„Doch!", widersprach sie ihm.
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„Morgen, Annabelle."
Grummelnd hob diese den Kopf vom Esstisch.
„Morgen, Dad." Sie gähnte und tippte lustlos auf ihrem Handy herum.
„Was ist los?"
Er machte die Kühlschranktür auf und griff sich den Orangensaft aus dem Kühlschrank. Für heute Morgen hatte er keine große Lust auf einen Kaffee. So war es häufig an freien Tagen, dass er weniger Kaffee trank.
„Alle meine Freunde sind gerade irgendwo auf Hawaii oder so", erzählte sie ihm und deutete mit einem Finger kurz auf ihr Handy. „Teddy hat Hausarrest und ich weiß nicht, was ich bei solch gutem Wetter heute machen soll." Sie seufzte frustriert.
„Wieso?" Er zog die Augenbrauen zusammen und nahm sich ein Glas.
„Naja, eigentlich wollten Teddy und ich heute an den Strand, aber... naja." Sie zuckte mit ihren Schultern. „Das hat sich nun erledigt. Vor allem mit dem gebrochenem Arm."
„Und wieso gehen wir nicht schwimmen?" Er goss sich Orangensaft ein.
„Was?" Annabelle lachte kurz auf und hob den Kopf. „Dad, du hast seit über einem Jahr nichts mehr mit mir unternommen. Wieso jetzt auf einmal?"
„Stimmt nicht", widersprach er. „Wir waren vor zwei Wochen im Kino."
„Ja, aber der Film war langweilig", sagte sie. „Und in Manhattan hatte ich ihn schon gesehen, weil er da schon lief."
Er seufzte resigniert. „War nur ein Vorschlag, Schatz", sagte er ihr. „Wir müssen auch nicht schwimmen gehen."
Sie schaute skeptisch als er das Glas Orangensaft trank.
„Du würdest wirklich mit mir schwimmen gehen?", hakte sie nach.
Er, noch am Trinken, nickte.
„Wir können gleich los, wenn du möchtest", schlug er ihr vor, sobald er das Glas ausgetrunken hatte.
„Ehrlich?"
„Ehrlich." Er nickte.
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Dezember 2008
„Dad?", nuschelte sie müde und schreckte kurz hoch.
Lennox' Mundwinkel zuckten, ehe er seine Lippen gegen ihre Schläfe drückte und die Decke über ihren kleinen und zierlichen Körper zog.
„Schlaf, Schatz."
Er seufzte als er nach draußen trat und die Tür anlehnte.
„Wir hatten noch keine Zeit", murmelte Sarah und rieb sich den Arm.
Sie wollte sich nicht von hinten anschleichen, doch Lennox hatte geahnt, dass sie dringend würden miteinander sprechen müssen.
Er atmete einmal tief ein, bevor er sich zu ihr umdrehte.
„Ich weiß", sagte er. „Ich habe mich nur um Annabelle gekümmert."
Sarahs Mundwinkel zuckten, ehe sie ihr Zopfgummi vom Handgelenk zog und sich einen Zopf machte.
„Will?"
„Hm?" Er hob den Kopf und lehnte sich gegen die Wand.
„Was ist in letzter Zeit mit dir los?", fragte sie ihn besorgt.
„Was soll los sein?" Er zuckte mit den Schultern.
„Was los sein soll?" Sarah lachte freudlos. „Du rufst mich nicht mehr an", erklärte sie. „Nicht einmal, um Annabelle zu sprechen."
„Es war in letzter Zeit viel los", sagte er ihr. „Das habe ich dir doch schon gesagt."
„Das erklärt aber nicht, wieso du mir gegenüber so kühl geworden bist", stellte sie klar. „Du sagst mir nicht mehr, dass du mich liebst." Sie klang resigniert in seinen Ohren. Vermutlich, weil sie selbst schon länger ahnte, was ihnen beiden graute – die Trennung. „Du weißt, du kannst mit mir über alles reden", merkte sie an, in dem Versuch, eine Versöhnung zu starten.
Lennox' Mundwinkel zuckten.
„Darauf würde ich nicht wetten." Er schnaubte und stieß sich von der Wand ab.
„Und wieso?" Sarahs Sicht verschwamm. „Ich stand immer zu dir, Will. Egal was war."
Er seufzte und schloss kurz die Augen als Sarah ihre Hand hob und ihm über die Wange streichelte.
Er wusste, sie hatte nicht verdient, was kam. Sie hatte nicht verdient, dass er sie betrog und sich in eine andere Frau verliebte.
Nur wieso musste es Rachel sein und nicht seine Frau? Für Sarah müsste er so empfinden, nicht für die sechsundzwanzigjährige.
„Ich weiß", murmelte er als er die Augen wieder öffnete und in ihre braunen Augen sah.
„Dann rede mit mir", bat sie ihn. „Ich will wissen, was los ist." Sie lächelte leicht. „Ich will meinen Mann zurück."
Er biss sich auf die Unterlippe, verfluchte sich für seine Gefühle.
„Ich hätte eine bessere Idee als zu reden", meinte er.
„Nein." Sie schüttelte den Kopf als er sich von der Wand löste. „Wir sollten das klären." Sie schluckte als er sie an der Taille packte und zu sich zog. „Bitte, Will", bat sie ihn.
Er seufzte, lehnte seine Stirn mit geschlossenen Augen an ihre.
„Ich will nicht reden, klar?", behauptete er leise murrend. „Ich will gerade überhaupt nicht reden", wiederholte er und drückte seine Lippen gegen ihre. „Also lass uns nicht reden."
Sie nuschelte und schluckte.
Sie wusste es – und sie wusste sie konnte nicht mit dem Gewissen leben, jetzt mit ihrem Mann zu schlafen.
„Nein." Sie drückte ihre Hand gegen seinen Brustkorb und drückte ihn von sich.
Er zog die Augenbrauen zusammen.
„Sarah", sagte er ihren Namen.
„Will, wir müssen darüber reden", stellte sie ernst klar. „Vor allem darüber, dass du eine andere liebst."
Er erstarrte mitten in der Bewegung. „Wovon redest du?", hakte er nach ein paar schweigsamen Sekunden nach.
Sie löste sich von ihm und deutete still auf Annabelles Zimmer und dann auf seins nebenan. Dann lief sie ihm voraus.
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Er fühlte sich schlecht.
Alles was er gedacht hatte, ihr sagen zu können, um das Ganze zu erklären, hatte sich in Luft aufgelöst, weil sie es bereits wusste.
„Du weißt, mein Dad war nicht gerade subtiler."
„Sarah." Er schüttelte den Kopf und stützte sich mit seinen Händen auf seinen Oberschenkeln ab. „Ich wollte dir nie wehtun."
„Ich weiß." Sie nickte, presste die Lippen aufeinander. „Ich hatte Zeit, mir darüber Gedanken zu machen." Sie sah auf ihre Beine. „Aber ich weiß auch, dass ich Besseres verdient habe."
„Das hast du." Er seufzte und ließ den Kopf hängen. „Es tut mir so leid, Sarah."
Sie atmete tief ein. „Bitte hör auf, das zu sagen", bat sie ihn. „Damit möchtest du nur dein Gewissen erleichtern und wir beide wissen, dass du dich nicht schuldig fühlst."
„Nein, das stimmt nicht." Er sah auf. „Ich fühl mich schuldig. Weil ich dich verletze. Das wollte ich nicht."
„Und trotzdem ist es passiert", sprach sie aus und runzelte ihre Stirn. „Wir können uns jetzt nur noch überlegen, wie wir es Anna sagen."
„Wie bitte?" Er schnaubte. „Wir sagen unsere sechsjährigen Tochter nicht, dass ich-"
„Wie willst du ihr dann erklären, dass wir uns scheiden lassen?" Er schloss seinen Mund und starrte sie an, ehe sie schnaubte und den Kopf leicht schüttelte. „Was hast du erwartet, Will?", fragte sie ihn. „Das ich nicht die Scheidung möchte? Du hast mich betrogen. Mit einer anderen Frau."
„Sarah-" Er schüttelte ebenfalls den Kopf und stand von seinem Stuhl auf. „Ich wollte dir das nicht antun."
„Das sagtest du bereits." Sie stand ebenfalls auf und sah zu ihm auf. „Wir können es beide nicht rückgängig machen und ehrlich gesagt möchte ich das auch nicht", behauptete sie und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. „Wir beide leben uns auseinander. Es ist nicht so als würden wir beide noch die perfekte liebevolle Ehe führen. Und vielleicht wird es Zeit, dass wir Klartext sprechen und uns überlegen, wie wir unserem Kind erklären, dass wir nicht mehr zusammen sind."
„Herr Gott nochmal." Er sah gegen die Decke. „Dass ich dich nicht mehr liebe, habe ich nicht gesagt."
„Aber deine Gefühle haben sich geändert. Punkt." Sie seufzte. „Und meine auch", gestand sie ihm. „Wir beide haben uns darin verschätzt, wie stark unsere Liebe ist. Ende der traurigen Geschichte. Wir müssen ein Vorbild für Anna sein und den Mumm haben, weiterzugehen."
Er schüttelte den Kopf. „Wie?" Er deutete zur Tür hinaus. „Die Frau, die ich liebe macht gerade Schluss mit mir und die Frau, die ich liebe hat bereits Schluss gemacht, weil ich ihr nicht die Wahrheit erzählt habe."
Sie runzelte die Stirn. „Das ist nicht mein Problem, William", sagte sie ihm. „Vielleicht solltest du dann einfach das nächste Mal beiden Frauen die Wahrheit sagen, wenn du nochmal in die Bredouille gerätst, mit zwei Frauen zu schlafen."
Er biss sich fest auf die Unterlippe und ballte die Fäuste.
„Das ist nicht fair", sagte er ihr.
„Das ich dir die Wahrheit sage?", hakte sie nach. „Du hast nie etwas anderes von mir bekommen als die Wahrheit."
Er schluckte. „Ich will mich nicht scheiden lassen", gestand er ihr ein.
„Ich aber", bemerkte sie. „Denn ich kann nicht mit dir weiterhin einen auf heile Familie spielen, während du deinen Schwanz in eine andere steckst." Er zuckte zusammen. „Ich hoffe wirklich für dich, dass sie es wert ist."
Wenn er nur selbst wüsste, ob Rachel ihm das wert war, was er gerade damit zerstört hatte...
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„Ich bring sie ins Bett."
Er seufzte, hob sie an und schmiss sie über seinen Rücken.
„Hey!", beschwerte sich Rachel betrunken bei ihm. „Ich hab ein kurzes Kleidchen an, Marcel!", lachte sie und zog an ihrem Kleid. „Nicht druntergucken, okay?", sagte sie ihm. „Das wäre sonst unfair."
„Ja, ja." Er rollte mit den Augen und gab ihr einen Klaps auf den Hintern.
„Ich versteh diese Frau nicht", gaben Will und Ironhide gleichzeitig wider.
Miranda schmunzelte. „Tut das überhaupt jemand?" Sie nahm sich die Flasche Whiskey. „Rachel gehorcht ihrem Herzen. Und nur ihrem Herzen." Sie sah vom Transformer zum Soldaten und ihre Miene wurde steif. „Ihre Meinung kann sich so alle fünf Minuten ändern", behauptete sie und sah dem vierundvierzigjährigen ins Gesicht. „Meine nicht."
„Mit dem Herzen zu hören, soll etwas Gutes sein", behauptete Nessa ruhig und hakte sich bei Miranda ein, während Ironhide und sie einen Blick tauschten.
Er schluckte, sah ihr dunkles Top hinab und kurz auf ihren flachen Bauch, den sie entblößte, weil das Top zu kurz war.
„Immer nur mit dem Kopf im Sand durch die Gegend zu laufen beschert einem ein langweiliges Leben."
Ironhide zog seine Augenbrauen zusammen. „Oder man hat damit nach Belieben seinen Spaß", widersprach er ihr.
„Das bezweifle ich." Ihre Mundwinkel zuckten. „Grüßen Sie Ihren Bruder von mir." Sie zwinkerte ihm zu und seine Stirn runzelte sich als sie sich mit Miranda zu entfernen begann.
„Irgendwas hat dieser Mensch an sich", gestand Ironhide nach ein paar Sekunden Stille zwischen ihm und seinem menschlichen besten Freund. „Irgendwie... gefällt sie mir, Will."
„Okay, das wird mir zu viel." Lennox hob mit hochgezogenen Augenbrauen die Hände und haute seinem Freund sachte gegen den Hinterkopf. „Sie ist ein Mensch, Ironhide", stellte er klar. „Überlege dir das gut."
Der Autobot schluckte. „Ich weiß", stimmte er ihm zu.
Er konnte nur auch nicht sagen, was ihn an Nessa so arg faszinierte, dass er den Blick diesen Abend kaum von ihr zu lösen wagte.
Er kam einfach nicht darauf, was ihn zu ihr hinzog.
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„Sarah?"
„Hm?"
„Lass uns das bitte erst machen, wenn ich im August nach Hause komme." Er hob ihre Hände an und küsste sie.
Wenn man behaupten müsste, sie wären in den letzten Tagen angespannt gewesen, dann wäre das untertrieben gewesen.
Er hatte mehrmals versucht, die Stimmung zu kitten. Doch Sarah war deutlich sauer auf ihn – zu Recht.
Ihre Mundwinkel zuckten leicht. „Okay", stimmte sie ihm zu und sah Epps an, der die beiden grinsend mit Annabelle ansah und ein Herz in die Luft malte.
Rachel befand sich nicht weit von ihnen entfernt und als Lennox' Blick abschweifte versteifte sich Sarah in seinen Armen.
„Sie ist es, oder?", hakte sie nach und zog leicht eine Augenbraue hoch.
Lennox atmete tief ein und löste seinen Blick wieder von der sechsundzwanzigjährigen. „Wir sollten jetzt nicht darüber sprechen."
Ohne groß darüber nachzudenken, versuchte er das Bild aufrecht zu erhalten, dass seine Frau und er abgaben. Deswegen küsste er sie.
Im Nachhinein betrachtet war das keine gute Idee.
Als er sich von seiner Frau löste liefen ihnen Rachel und ihre Freundin davon – die Liaison voran.
Er schluckte und schlug den Blick nieder.
„Annabelle!", rief Sarah und überspielte ihre Gefühle, indem sie breit zu lächeln begann. „Komm, sag deinem Dad auf Wiedersehen!", forderte sie sie auf.
Grinsend wandte sich seine Tochter an ihn und rannte auf ihn zu. „Tschüüüüüüss." Sie lachte und klammerte sich an ihn. „Ich lieb dich, Daddy."
Er lächelte, zog sie hoch in seine Arme und küsste mehrmals ihre Wange hintereinander. „Ich dich, mein Schatz." Er umarmte sie fest und sie seufzte. „Vergiss das nicht", bat er seine sechsjährige Tochter.
Sie kicherte und streckte ihre Hand nach ihrer Mom aus.
„Gruppenkuscheln!", rief sie auffordernd.
Schmunzelnd umarmte Sarah ihren Ehemann und ihre Tochter.
„Du bist mir auch so ein Gruppenkuscheltier." Lennox rollte mit den Augen und Annabelle lachte.
„Ich bin ein Gruppenkuscheltier, Partner?", entgegnete sie.
Er seufzte. „Jap, Partner." Er kuschelte sich noch etwas mehr an sie und Sarah.
Denn er wusste, ab jetzt würde sich sein Leben ändern. Und er musste das dringend mit Rachel wieder in Ordnung bringen.
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„Fühlst du dich nun besser?" Er sah aufs Telefon.
„Nein!" Rachel schmiss frustriert ihre Flasche zu Boden, wo sie in Einzelteile sprang. Der Soldat atmete tief ein. „Nicht ein bisschen!"
„Möchtest du noch mehr kaputtmachen?" Lennox hob ungerührt den Kopf.
„Es gibt nichts mehr, was zerstört werden muss." Rachel schluckte schwer und sah den Soldaten vor ihr an.
„Rachel, was ist los?"
Er legte den Kopf schief.
„Oh, wo soll ich anfangen?", lachte die siebenundzwanzigjährige und hob beide Hände in die Luft. „Damit, dass du Soldat bist." Sie schnaubte. „Ein Soldat spielt nach allen Spielregeln." Sie schluckte. „Hast du auch nach seinen gespielt?"
„Wie bitte?", entgegnete er verwirrt.
„Ob du auch nach seinen Spielregeln gespielt hast!", rief sie. „Hast du mir auch vorgelogen, alles was passierte, wäre real?!"
Er atmete nochmal tief ein. „Du bist betrunken. Vielleicht sollten wir dich eher zu Bett bringen und-"
Er hielt inne als er sich gerade in Bewegung setzte und sie zurückwich. „Rühr mich nicht an." Es war ihr Gesichtsausdruck, der ihn innehalten ließ.
Sie schaute ihn angewidert an, als würde sie die Person vor sich nicht kennen.
„Rachel, was ist los?", fragte er nochmal nach. „Ich kann dir nicht helfen, wenn-"
„War es gelogen?"
„War was gelogen?", hakte er nach.
„Alles", sagte sie und deutete zwischen sich. „Hast du mir genauso wie er vorgelogen, dich um mich zu sorgen und mich nach Strich und Faden verarscht?"
„Rachel, ich verarsche dich nicht." Er zuckte mit den Schultern. „Ehrlich gesagt bin ich jetzt ziemlich verwirrt."
„Es ergibt alles Sinn." Für sie wollte alles Sinn ergeben. „Ich bin nicht nur seine Hure."
„Was?" Seine Schultern verkrampften sich.
„Ich bin auch deine." Ihre Sicht verschwamm. „Du hast nie vorgehabt, mich in die Außenwelt zu zerren und preiszugeben, mit mir zusammen zu sein."
„Rachel-" Er machte einen Schritt vorwärts, doch die siebenundzwanzigjährige hob ihre Hände und wich noch einen Schritt zurück.
„Es ergibt alles Sinn", wiederholte sie als ihr Tränen übers Gesicht liefen. „Du bist loyal", zählte sie auf. „Du hältst dich an Regeln und versucht stets dein Bestes." Sie musterte ihn mit abfälliger Miene. „Du glaubst, deine Frau zu betrügen und mit deinem Boss zu schlafen, nur weil sie jung und naiv ist-"
„Ich habe nie gesagt, du wärst jung und naiv." Er wollte sich den Schuh nicht anziehen lassen, doch die Frau vor ihm in ihrem Wahnsinn aufzuhalten, war zu schwer.
Sie hatte sich bereits entschieden.
„Rachel, ich lass mir, wie du weißt, einiges gefallen, aber-"
Ihre Unterlippe bebte als sie das Kinn vorstreckte. „Major Lennox." Ihre Sicht verschwamm. „Sie sind hiermit offiziell vom Dienst suspendiert und gefeuert." Sie neigte ihren Kopf. „Und das, was zwischen Ihnen und mir auch immer war, ist vorbei."
Er schnaubte, sein Herz schlug unangenehm in seiner Brust. Dennoch glaubte er, ihre Entscheidung rührte durch die leere Whiskeyflasche her.
Er sah zur Seite und schüttelte den Kopf. „Wir reden morgen darüber", stellte er klar. „Wenn du deinen Rausch ausgeschlafen hast, Rachel."
Er lief bis zur Bürotür. „Und schrei deinen Vater in Zukunft nicht mehr so an", bat er sie. „Du hast nur einen Vater."
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„Tickst du noch ganz sauber?" Lennox zeigte ihr den Vogel, obwohl sie ihn nicht sehen konnte, und hämmerte erneut gegen ihre Tür. „Rachel, mach endlich die Tür auf."
„Hauen Sie ab!", rief Rachel in monotoner Tonlage. „Ich mag nicht mehr mit Ihnen sprechen."
„Weil ich etwas grob zu dir war?" Er lachte fassungslos. „Rachel, es ist doch wahr, was ich gesagt habe", beharrte er noch immer darauf. „Ich kann mich nicht darauf einlasse, dass wir das Ganze schon jetzt an die Öffentlichkeit tragen."
Rachel schniefte leise und drehte sich in ihrem Bett herum. „Ich muss mir nicht auch noch die Nötigung geben, von dir verpönt zu werden", sagte sie. „Es ist aus." Er zuckte zusammen. „Falls du das noch nicht gecheckt hast."
Lennox ließ stöhnend seine Stirn gegen ihre Zimmertür fallen und es rumste dabei etwas. „Rachel, es tut mir leid, okay?" Er atmete tief ein. „Ich weiß, du wünschst dir, ich würde offen dazu stehen", sagte er. „Aber ich kann nicht." Und dafür nannte er ihr auch keinen Grund.
„Wenn du jemandem wirklich den bösen Schuh anziehen möchtest, bitte." Er atmete tief ein und schloss die Augen. „Suspendier mich, von mir aus." Er schüttelte den Kopf. „Aber lass Epps und die anderen aus dem Spiel. Das geht nur dich und mich etwas an."
Rachel zog sich die Decke übern Kopf als er erneut zu sprechen begann. „Rachel, ich kann Sarah noch nicht verlassen, okay? Ich verstehe nur nicht, warum du nicht länger warten möchtest. Drei Monate vergehen wie im Flug."
Ihre Augen begannen zu brennen, so kniff sie sie zusammen und stülpte sich zusätzlich noch das Kissen über die Ohren. Sie wollte am liebsten nichts mehr hören. „Rachel, ich liebe dich." Er biss sich auf die Unterlippe und murrte, ehe er leicht gegen die Tür boxte. „Ich lasse mich scheiden. Ich wollte es dir gestern sagen." Er schluckte. „Bitte, mach die Tür auf und lass uns wie Erwachsene darüber reden."
Lennox stand draußen und wartete auf eine Antwort.
Doch anstatt einer Antwort erhielt er keine. Niemals.
Er hob beide Augenbrauen als er keinerlei Response mehr bekam.
„Rachel?", fragte er ein letztes Mal und sah die Tür an als wäre sie ein Transformer.
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Seine Mundwinkel zuckten, während er seiner Tochter dabei zusah, wie sie mit ihrer Mutter die Wäsche zusammenfaltete.
„Wir müssen später reden, Will", murmelte Sarah.
„Mummy?" Annabelle hob ihren Kopf. „Ihr könnt auch vor mir reden."
Sarah schmunzelte und legte ihre Hand an ihre Wange. „Das ist Erwachsenenkram, mein Engel."
Lennox' Mundwinkel zuckten erneut, wenn er sah, mit wie viel Liebe seine Tochter zu ihrer Mutter aufsah.
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„Ich weiß, wir müssen erst mal klären, wie wir die Kindererziehung fortführen und wie wir die Wohnsituation regeln."
Er legte seine Hände ineinander, während er auf und ab lief.
Er hatte sich in den letzten paar Stunden ein wenig was überlegt.
Nur weil er gerade frisch von sowohl seiner Frau als auch seiner Freundin getrennt war, hieß das nicht, dass er nicht für sein Kind da sein konnte.
Und das wusste noch nicht, worauf es sich in den nächsten Wochen einstellen müsste.
„Sarah?" Er hielt inne und runzelte die Stirn als sie ihre Schublade zu ihrer Unterwäsche aufzog und dort Papiere hervorholte.
„Ich muss dich um was bitten." Sie schluckte, traute sich gar nicht, ihrem Noch-Ehemann in die Augen zu blicken. „Ich kann mich nicht von dir scheiden lassen."
Er zog die Augenbrauen zusammen. „Hey, was ist los?"
Er sah auf die Papiere, ehe er sie ihr abnahm, sobald sie sie ihm hinhielt.
Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust, sah ihm zu, wie er Wort für Wort zu lesen begann.
Er brauchte keine Minute, um darauf zu kommen, warum sie sich nicht scheiden lassen wollte. Denn ohne ihre Ehe war sie nicht länger krankenversichert.
„Du hast Krebs?" Er klang ungläubig und schluckte schwer.
Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten. „Ich weiß es seit drei Wochen." Sie zuckte leicht mit ihrer Schulter. „Ich habe ein bisschen zu oft Nasenbluten bekommen und war beim Hausarzt und der verwies mich wegen zu hoher Leukozyten an einen Spezialisten und... naja."
Der Soldat schluckte schwer. „Okay." Er nickte. Sarah gab einen verquerten Ton von sich als er zu ihr lief und sie in seine Arme zog. „Mir ist die Scheidung egal. Und die Krankenversicherung auch." Er atmete tief ein. „Wir müssen dich nur wieder gesund kriegen."
Und das bekamen sie.
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September 2015
„Was ist los, Sarah?"
Seufzend hob Lennox den Brief an.
„Wollte Annabelle nicht auf die Columbus High?" Er runzelte die Stirn. „Das ist ein Brief der Benjamin Franklin High School." Er sah auf und hielt in der Bewegung inne.
Er sah die geröteten Augen seiner Frau und stand sofort auf.
„Was ist los?", fragte er nach und legte den Brief der Schulanmeldung seiner Teenagertochter beiseite.
Sarahs Mundwinkel zogen sich nach unten.
Lennox war noch nicht einmal bei ihr als sie zu weinen begann und er schloss sie sofort in seine Arme.
„Hey", murmelte er und strich ihr durch ihr kurzes Haar. „Du kannst mir alles sagen."
Er schluckte und hielt sie. Selten hatte er sie seit ihrer Genesung so fertig erlebt.
Er grübelte – und da kam ihm die Erleuchtung, ohne dass sie es aussprach.
„Er ist wieder da, nicht wahr?"
Sie schluchzte lauter auf und klammerte sich an ihn.
Er atmete tief ein und drückte seine Lippen gegen ihre Schläfe. „Es wird alles wieder gut", murmelte er. „Ich verspreche es dir, Sarah."
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Dezember 2016
„Cool!" Annabelle lächelte breit. „Danke, Mom!" Sie schlang vorsichtig die Arme um ihre Mom, um den Katheter nicht zu beschädigen.
Lennox schmunzelte und drückte seine Lippen gegen die Schläfen seiner Frau. „Hast du wieder super ausgesucht, Sarah."
Sie lächelte leicht und kuschelte sich in seine Arme. „Danke, William."
Seufzend strich er über ihren Arm. „Ist dir kalt?", fragte er sie als er spürte, wie kalt ihre Haut war.
Sie schüttelte ihren Kopf. „Alles gut", sagte sie ihm und lächelte matt.
„Sarah", ermahnte er sie und zog sich die Decke von der Couchlehne. Er faltete sie über dem Körper seiner Frau aus. „Du lügst."
„Mom?"
Aus dem Konzept gerissen sah Sarah auf und zu ihrer vierzehnjährigen Tochter.
„Hier." Lächelnd reichte Annabelle ihrer Mutter ein großes Paket.
„Ach, Schätzchen." Sie schmunzelte. „Du hättest mir doch nichts schenken müssen." Sie lächelte und richtete sich ächzend etwas auf.
„Doch." Annabelle nickte und setzte sich vor die Couch. „Ich wollte es."
Annabelle war ganz gespannt, wie ihre Mutter das Geschenk finden würde.
„Was ist das?", fragte Sarah stirnrunzelnd als sie es auspackte und ein selbstgebasteltes Puppenhaus zum Vorschein kam.
„Wenn dir demnächst langweilig im Krankenhaus ist, dann kannst du mit diesen hier spielen."
Lennox zog hinter seinem Rücken zwei Puppen hervor.
„Ach, ihr seid doch doof!" Sarah lachte und entriss ihrem Ehemann eine Puppe. Damit haute sie ihn.
„Aber, Mom?" Annabelle grinste. „Guck mal ins Bett."
Lächelnd zog Sarah das kleine Tuch vom selbstgebautem Bett und rollte mit den Augen als sie ein kleines Armband entdeckte. „Ach, Schätzchen."
Ihre Sicht verschwamm leicht, während sie den Kasten beiseitestellte und sich vorbeugte, um ihre Tochter zu umarmen. „Danke."
„Gerne doch", lächelte die vierzehnjährige. „Ich weiß nämlich nicht, ob das unser letztes Weihnachtsfest zusammen ist und-"
„Denke nicht dran." Sarah strich ihrer Tochter über ihr dunkles Haar. „Nächstes Weihnachten bin ich bestimmt noch immer hier und wir lachen darüber, was wir uns für Sorgen gemacht haben. Ihr kennt das doch."
Lennox lächelte matt, sah seine Frau und seine Tochter an, wobei Annabelle ihr Gesicht an der Schulter ihrer Mutter vergrub. „Ich liebe dich, Mom."
Sarah seufzte und atmete den Duft ihrer Tochter tief ein. „Ich liebe dich auch, mein Engel."
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Annabelle wünschte sich, man hätte sie früher angerufen. Es war ihr egal, dass die Sommerferien bevorstanden und sie gerade eine Klausur nach der anderen schrieb.
Sie könnte ihrem Dad den Hals umdrehen, weil er ihrer Lehrerin viel zu spät Bescheid gegeben hatte, dass ihre Mom ins Krankenhaus eingeliefert worden war.
„Dad?"
Annabelle erhob die Stimme, während Fiona hinter ihr hechelte.
Sie hielt ihre Nichte für zu schnell.
Lennox hob den Kopf und atmete tief ein, ehe er sich von der Wand löste, an die er sich gelehnt hatte.
Er war nicht annähernd bereit für das, was er seiner Tochter gleich sagen musste. Denn er war nicht annähernd damit fertig, zu begreifen, dass bei seiner besten Freundin die Atemwege ausgesetzt hatten und ihre Lunge nicht wieder von alleine arbeiten wollte.
Denn er wusste, was das bedeutete. Sie würde nicht wieder aufwachen. Ihr Gehirn hatte zu wenig Sauerstoff über den Zeitraum bekommen, in dem er versucht hatte, sie zu reanimieren als sie Zuhause kollabierte.
„Hey, Schatz." Er rieb sich kurz über die Augen.
„Du bist ein Arsch", beleidigte seine Tochter ihn. „Ich habe dir gesagt, wenn es Mom schlechter geht, sollst du mich anrufen."
Lennox sah zu seiner Schwägerin und atmete tief ein. „Schatz, möchtest du dich nicht setzen?"
„Nein, will ich nicht." Sie presste ihre Lippen aufeinander. „Ich will zu Mom."
Er hob ruckartig den Arm als sie an ihm vorbeiwollte.
„Schatz, du solltest dich setzen", murmelte er und ergriff ihre Hand fest.
„Was?" Sie drehte ihren Kopf und sah zu ihrem Vater hoch.
Fiona verschwamm die Sicht als sie nochmal einen Blick mit dem Soldaten tauschte, ehe sie sich die Hand auf den Mund drückte.
„Oh Gott", gab sie wieder und Annabelle sah schnell zu ihrer Tante und dann zu ihrem Vater.
„Wo ist Mom?" Sie spürte, wie sich Druck hinter ihren Augen aufbaute. „Dad?" Sie drehte sich zu ihm um.
Er atmete mehrmals tief ein, wischte sich einmal nochmal über die Augen. „Die Atmung deiner Mom hat ausgesetzt, Schatz."
„Was?" Ihre Sicht begann zu verschwimmen. „Heute Morgen ging es ihr doch noch super." Sie sah zu ihrer Tante, die sich an der Wand abstützte.
„Schatz..." Lennox schüttelte den Kopf. „Sie ist-"
„Nein." Annabelle sprach es laut und entscheidend aus. Denn die Wahrheit zu akzeptieren... dafür war sie nicht bereit.
Sie löste sich von ihrem Vater. „Ich gehe jetzt zu Mom."
Lennox zog seine Tochter zu sich und umarmte sie fest – für seine nächsten Worte.
„Schatz, sie ist tot", sprach er aus.
„Nein!" Sie boxte ihn und schluckte.
Er kniff die Augen zusammen als er Epps' Stimme zu hören begann.
„Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte."
Er blickte von Fiona zu seinem ehemals besten Freund – und realisierte innerhalb Sekunden, zu spät zu sein.
„Nein", sagte er und Lennox schluckte schwer als Annabelle ihn erneut boxte und dann zu schluchzen begann.
„Nein." Sie schluchzte und er schlang die Arme stärker um seine Tochter.
„Es tut mir so leid, mein Schatz." Seine Sicht verschwamm. „So leid", wiederholte er sich.
Epps schloss die Augen und atmete tief ein.
Das durfte nicht wahr sein. Er hatte gestern noch mit ihr gesprochen. Die letzte Chemo schien Erfolg zu bringen. Wie konnte es so schnell so schieflaufen?
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„Ja?"
Seufzend öffnete Lennox die Tür und blinzelte müde als er dem Postboten gegenüberstand.
„Guten Morgen, Sir." Er nickte ihm zu und reichte ihm drei Briefe. „Eine persönliche Zustellung, Sir."
„Danke." Lennox zog die Augenbrauen zusammen. „Glaub ich zumindest", nuschelte er hinterher als der Postbote sich auch schon wieder umdrehte.
„Ich wünsche noch einen schönen Mittwoch!", rief dieser ihm zu.
„Wer war das?"
Müde rieb sich Annabelle über die Augen und kam die Treppe polternd herunter.
„Die Post."
Er runzelte die Stirn und sah auf die Briefe hinab.
„Von wem?"
Sie gähnte müde und streckte sich.
„Von deiner Mom", haute er überrascht raus und seine Augenbrauen hoben sich.
„Wie bitte?!" Annabelle hielt mitten in der Bewegung inne.
„Ja." Lennox' Mundwinkel begannen zu zucken. „Die muss sie für nach ihren Tod an uns adressiert haben." Er hob einen an. „An mich." Er nahm sich den zweiten. „Deiner." Er hielt ihr diesen hin, runzelte beim letzten aber die Stirn.
Wieso sollte Sarah einen Brief an Rachel schreiben?
„An wen ist der letzte, Dad?", fragte Annabelle und fuhr sich müde durch ihr unordentliches Haar.
„Ist nur ein Brief von der Bank", winkte Lennox es ab und tat beide Briefe wieder zusammen. „Willst du deinen nicht lesen?", fragte er sie und hob den Kopf.
„Ehm, nein?", sagte sie nachdem sie einen Moment darüber nachdachte. „Ist das komisch?", hakte sie bei ihrem Dad nach. „Denn irgendwie... habe ich Angst."
Die letzten Wochen waren sehr hart für sie. Sie war nicht bereit, sich von ihr zu verabschieden. Deswegen war sie auch nicht bereit, den Brief zu lesen.
Lennox schüttelte den Kopf. „Du musst ihn nicht lesen, wenn du nicht möchtest", sagte er ihr. „Deine Entscheidung, Schatz."
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Datum der Veröffentlichung: 03.10.2022 13:07 Uhr
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