Fourty-one
Fourty-one:
„Du hast Hausarrest."
Ungeduldig tippte Rachel mit ihrem Fuß auf dem Boden auf.
Sie wusste sie machte in Teddys Kindererziehung wieder etwas falsch – und zwar verschwieg sie es erneut seinem Vater.
Doch auf ihn war sie zugleich so sauer, dass sie es durch ihre Besorgnis spürte. Und sie konnte es nicht ändern.
Sie hatte nun mal geglaubt, vielleicht wäre ihr selbst kein Happy End verwehrt. Sie hatte geglaubt, es könnte klappen – trotz der momentanen Situation.
„Wie lange noch?" Sie murrte und sah auf die Uhr am Ende des Flurs.
„Noch immer eine Viertelstunde, Rachel", murmelte Epps und schmatzte, ehe er seinen Kopf an der Wand anlehnte. „Die Ärzte geben sicherlich ihr Bestes."
„Niemand gibt hier sein bestes." Sie schaute mit böser Miene zur Empfangsdame. „Siehst du die da?" Sie zeigte kurz auf sie. „Wahrscheinlich lacht sie insgeheim über die Leute, die hier mit Wehwehchen reinkommen und denkt sich, was das doch für Weicheier seien."
„Du hast einen an der Klatsche", seufzte ihr Freund. „Bleib entspannt und mach nicht so ein Drama." Er sah kurz auf sein Handy.
Da sie Lennox nicht geschrieben hatte, hatte er es – denn er glaubte, er hatte das verdient. Teddy war auch sein Kind. Allerdings hatte der Soldat bis eben seine Nachricht noch nicht gelesen.
„Bist du seine Mutter?", fragte sie ihn. „Weißt du denn nicht genau, was passiert ist?" Sie stöhnte entnervt. „Ich verlange Details!"
„Gott, Rachel." Epps lachte freudlos. „Man sagte doch, er sei mit dem Skateboard über die Motorhaube eines Autos gefahren. Ist doch klar, dass er sich irgendwas gebrochen hat." Er rollte mit den Augen. „Es geht ihm doch ansonsten super."
„Super?!" Sie fuhr herum.
„Pscht!", machte Epps und hob den Finger an die Lippen. „Sonst weckst du noch die Kinder."
„Wie bitte?"
Er zog eine Augenbraue hoch. „Ich sagte, du weckst noch die Kinder." Er deutete ein paar Plätze weiter zu zwei schlafenden Kleinkindern mit ihrem Vater. Eins im Kinderwagen, eins im Schoß des Dads. „So gemein wärst du doch nicht, nicht wahr?"
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„Hey!"
Erschöpft seufzte er und drängte sich aus seinen Schuhen. „Bin Zuhause."
Da er von seiner Tochter keine Reaktion bekam, sie aber deutlich hörte, beschloss er, nachzuschauen.
„Annabelle?" Er klopfte gegen ihre Zimmertür, die sie angelehnt hatte.
Annabelle hob kurz den Kopf, schniefte und wischte sich einmal schnell über die Augen.
„Alles in Ordnung, Schatz?", fragte er als er ins Zimmer sah. Seine Stirn runzelte sich, ehe er das Skateboard vor ihrem Schreibtisch ansah. Es war entzweigebrochen. „Seit wann hast du ein Skateboard?", fragte er verwirrt.
Mit roten verweinten Augen hob Annabelle den Kopf und legte ihn gleich wieder auf einem Kissen ab. So sah sie zu ihrem Vater auf, den Mitleid durchfuhr.
„Hey." Er lief zu ihr und kniete sich vor ihrem Bett hinab. „Was ist los?" Er strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr und eine große Krokodilsträne stahl sich aus ihrem Augenwinkel.
„Ich hab kacke gebaut", gestand sie ihrem Vater.
„Wie?" Er deutete auf das kaputte Skateboard und schmunzelte – um zu versuchen, ihre Stimmung aufzulockern. „Hast du ein Skateboard geklaut und es kaputtgemacht?"
„Ich habe jemanden mit einer blöden Idee ins Krankenhaus gebracht", erzählte sie.
„Wie bitte?" Lennox setzte sich auf ihr Bett und tätschelte kurz ihr Knie. „Annabelle, ich bin mir sicher-"
„Ich hab meinen einzigen Freund in einen Autounfall verwickelt, weil ich dachte, es wäre lustig, Autoschilder umzustellen." Sie drehte sich auf ihren Rücken und hob ihre Hände, ehe sie ihr Gesicht verdeckte.
„Warte, was?" Lennox schaute irritiert. „Schatz." Er wedelte mit den Händen. „Jetzt nochmal ganz ruhig." Er hob den Finger und strich ihr mit dem Daumen über die Wange und ein paar Tränen strich er ihr somit auch noch fort. „Erzähl mir die Geschichte ganz in Ruhe, okay?", bat er.
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„Sorry, Mom." Teddy seufzte. „Ich weiß, ich hätte Schützer tragen sollen", murmelte er als er auf seinen Arm deutete.
Seufzend schlang Rachel die Arme kräftiger um ihren Sohn.
„Hauptsache, dir geht's gut." Sie strich sich schnell mit einer Hand unter den Augen entlang. „Dir geht's doch gut, oder?", hakte sie nach.
„Ja." Teddy nickte und versuchte sich mit einer Hand etwas von seiner Mutter zu lösen. „Ich hab halt nur nicht aufgepasst."
Epps seufzte und fuhr sich über seine Glatze. „Er hatte Glück, oder?"
„Eine Menge", stellte die Liaison klar und sah zu ihrem Freund. „Die örtliche Polizei wird keine Anzeige erstatten." Sie seufzte schwer. „Sollte dies nochmal passieren, gibt's richtig, richtig Ärger."
Erleichtert schloss Rachel kurz ihre Augen.
„Kind, du bist irre", nuschelte sie gegen seine Schläfe.
„Tut mir leid, Mummy", murmelte Teddy an ihre Brust gedrückt. „Nur kannst du mich auch wieder loslassen?", bat er sie nuschelnd. „Ich ersticke gleich."
„Hättest du verdient, Hosenscheißer", haute Epps trocken raus als ihr Handy plötzlich klingelte. „Oh." Er sah darauf. „Das ist Colan. Der wird wohl wissen wollen, wie's dir geht." Er hielt dem neunjährigen das Handy hin. „Bitte, du erklärst ihm, was passiert ist."
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„Und naja, das ist die ganze Geschichte." Teddy zuckte mit den Schultern als seine Mom ihm ein Glas mit Eistee reichte. „Da war dann plötzlich diese Autofahrerin und ich bin über die Motorhaube gerollt, nachdem ich versuchte habe, noch zu bremsen."
Rachel seufzte. „Jap, du bist mein Sohn." Sie fuhr ihm durch sein dunkles Haar.
Dieser sah zu ihr hoch. „Es tut mir wirklich leid, Mom", entschuldigte er sich. „Es kommt nie wieder vor. Ich verspreche es dir."
„Wo ist dein Skateboard?", fragte Epps und klatschte kurz in seine Hände. „Das habe ich bei deinen Sachen, die deine Mutter hatte, nicht gesehen."
„Ich habe das Skateboard meiner Freundin mitgegeben, damit wir nicht noch mehr Ärger bekommen", erzählte er ihnen.
Rachel seufzte und schloss kurz nochmal die Augen. „Junge Autofahrerin, Freundin." Sie sah kurz gegen die Decke. „Teddy, in was hast du dich reingeritten?", fragte sie.
„Nein, ich mein's ehrlich." Er nickte. „Sie ist echt cool und meine einzige Freundin."
„E-einzige?" Rachel zog die Augenbrauen zusammen. „Teddy, du hast uns erzählt, du hast hier schnell Anklang gefunden."
„Ja, bei Anna", sagte er seiner Mutter. „Eigentlich mag mich keins der Kinder hier." Er sah kurz in seinen Schoß. „Weil Mom so lange Zuhause war und ich ja nicht wissen kann, wie es ist, ein Soldatenkind zu sein."
„Anna?" Epps und Rachel runzelten ihre Stirn. „Welche Anna?", fragte er nach.
„Ich kenne ihren Nachnamen nicht", sagte Teddy ihnen. „Ich weiß nur, dass sie sich Anna nennt."
„Kennt sie deinen Nachnamen, Kleiner?", fragte Rachel ihn.
„Wir haben uns nie gesagt, wie wir heißen." Er schüttelte den Kopf.
„Und eine Adresse?", fragte Epps. „Kleiner, wenn du nur eine Freundin hier hast, wundert es mich, dass du nicht weißt, wie sie heißt."
„Hey, ich habe mir das nicht ausgedacht, okay?!", rief er.
„Ist ja gut." Rachel strich ihm übers Haar. „Ich glaube dir, Teddy."
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„Ich werde Lennox nachher anrufen." Rachel strich sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. „Seine Tochter hat den Namen Annabelle. Vielleicht war sie das."
Epps schnaubte. „Ich bitte dich", lachte er und schloss den Kühlschrank. „Annabelle ist viel zu brav für solch ein Mist."
„Ach, aber Teddy nicht, oder wie?", haute sie raus. „Mal davon abgesehen, dass sie aus denselben Eiern kommen."
„Ih", sagte der Soldat und verzog die Miene. „Rachel, ich wollte gleich noch was essen."
„Wie auch immer." Die sechsunddreißigjährige rollte mit den Augen als es klingelte. Sie seufzte und sah Epps an. „Ich mach schon."
Sie lief in den Flur und schlüpfte dort endlich aus ihren Schuhen, ehe sie die Haustür aufriss
Sie wurde beinahe direkt überfallen.
„Wo ist er?" Sie schluckte als sie nicht beiseitetrat und Lennox in sie reinlief.
„Hi", sagte sie perplex und er sah sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
„Wo ist er?", wiederholte er.
Sie sah ins Haus zurück, ehe sie ihn nach draußen auf die Veranda begleitete.
„Was soll das, Rachel?" Er fuhr sich besorgt durch sein Haar. „Wir hatten nicht abgemacht, dass-"
„Wir hatten gar nichts abgemacht." Sie schüttelte den Kopf. „Und es geht ihm gut", erzählte sie ihm. „Er hat sich den Arm gebrochen, doch der Kopf blieb dran."
„Das ist nicht witzig!"
„Ich habe auch nicht gesagt, dass es witzig ist, oder?"
„Er ist auch mein Kind!" Der Soldat deutete nach drinnen. „Du kannst mir nicht einfach nicht Bescheid geben, wenn er ins Krankenhaus eingeliefert wird."
„Es war nicht lebensbedrohlich." Sie verschränkte die Arme vor der Brust, denn sie wollte nicht zugeben, dass sie ihm nur nicht Bescheid gegeben hatte, weil sie sauer auf ihn gewesen war. Denn das war alles andere als erwachsen von ihr gewesen – und das wusste sie.
Der Soldat murrte.
„Wie geht es ihm?", hakte er nach. Er musste es nochmal von ihr hören.
Denn er konnte nicht glauben, dass seine beiden Kinder solch einen Unsinn veranstaltet hatten – und sich mittlerweile kannten. Das war so alles gar nicht geplant gewesen. Er hatte sich noch nicht darüber Gedanken gemacht, aber nun war ihm diese Chance ebenfalls genommen.
„Er kann schon wieder fluchen", sagte Rachel ruhig und ballte die Faust zusammen. „Also muss es ihm gut gehen."
Lennox seufzte und presste kurz die Lippen aufeinander. „Kann ich ihn sehen?"
Sie schüttelte den Kopf. „Nicht mehr heute. Du weißt, er ist nicht gut auf dich zu sprechen."
„Rachel-"
Sie hob die Hand. „Will, ich sage das nicht, weil ich dir den Umgang mit ihm verbieten möchte", stellte sie klar. „Sondern weil er Ruhe benötigt. Und wir uns noch immer überlegen müssen, was wir ihm sagen."
„Es tut mir leid."
Rachel runzelte die Stirn und sah hinter den Soldaten.
Die Entschuldigung kam von Annabelle, die vor der Verandatreppe stand und die Hände ineinander knetete.
Ihre Augen waren gerötet und sie schämte sich sichtlich, Rachel ins Gesicht zu blicken.
Rachel atmete tief ein, ehe sie Lennox ansah.
Jetzt war sie sich gar nicht mehr so sicher, von welchem Elternteil Teddy seinen Wahnsinn hatte.
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„Es tut mir wirklich sehr leid, Miss Dumblin", murmelte Annabelle und reichte ihr das kaputte Skateboard. „Ich hätte niemals auf diese blöde Idee kommen sollen."
Verwirrt zog die sechsunddreißigjährige ihre Augenbraue hoch. „Blöde Idee?" Rachel sah zu Lennox auf. „Von welcher Idee spricht sie da?"
Sie sah kurz zu Epps, der nicht minder verwirrt wirkte seit er an die Haustür getreten war.
„Na, die Idee, die Straßenschilder blöderweise umzustellen, damit den Hügel keiner mehr hoch- und runterfährt, um ihn selbst mit dem Skateboard hinunterzufahren."
„Moment." Rachel zuckte perplex zurück. „Das war deine Idee?!"
„Ja?", fiepste Annabelle mit hoher Stimme und ergriff die Hand ihres Vaters, der seufzte.
„A-aber hat Teddy nicht gesagt-" Epps deutete mit dem Daumen nach drinnen.
„Er ist sowas von tot", grummelte Rachel und drehte sich mit dem Skateboard in den Händen auf der Stelle um. „Teddy Dumblin!"
Lennox hob beide Augenbrauen und sah Epps Hilfesuchend an.
Dieser zuckte mit den Schultern. „Absolutes Neuland für mich", gestand er seinem ehemals besten Freund. „Sie und er streiten nicht und brüllen sich auch nicht an", erzählte er und Annabelle sah ruckartig zu ihrem Vater auf.
„Was hab ich falsches gesagt?", hakte sie leise nach.
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„Hast du der Polizei ehrlich gesagt, es war deine Idee?", fragte Rachel nach.
„Ehm... naja, Annabelle hatte so Angst und-"
„Hast du?", schnitt sie ihm das Wort ab.
„Ja", murmelte er und sah kurz auf seine Hände im Schoß hinab. „Aber nur weil ich ja auch die Idee in die Tat umgesetzt habe."
„Wirklich, es tut mir leid, Miss Dumblin", sagte Annabelle. „Ich war total hyperaktiv und der Meinung, uns würde niemand erwischen, wenn wir es danach wieder normal hinstellen und so tun, als wäre nie was passiert. Aber dann war da dieses Auto und, naja, dann ging alles so schnell." Sie strich sich ihr Haar nach hinten. „Teddy hat versucht, auszuweichen. Das Auto hat versucht, auszuweichen. Und plötzlich rollte er über die Motorhaube."
Rachel biss die Zähne fest aufeinander, um nicht loszubrüllen – so wütend war sie. Und so wütend war sie auf Teddy noch nie. Die Sorge von vorhin war wie weggeblasen.
„Teddy?", sagte sie nach einigen Sekunden angespannt.
„Ja, Mom?" Teddy sah vorsichtig zu seiner Mutter. Denn mit diesem Blick auf dem Gesicht hatte er sie noch nie gesehen.
„Hast du mich angelogen?", fragte sie ihn.
„Ich hatte Angst, dass Annabelle sonst-"
„Hast du mich angelogen?", wiederholte sie sich und krallte ihre Hand in die Polster des Sofas.
„Ja, Mom", murmelte Teddy reuevoll.
„Auf dein Zimmer", haute sie raus. „Du hast Hausarrest."
„W-was?" Teddy schüttelte den Kopf. „A-aber, Mom, es sind Sommerferien!", widersprach er. „Und es war doch nur ein einmaliger Unfall." Er schüttelte den Kopf weiterhin. „Es kommt wirklich, wirklich nie, nie wieder vor!", versicherte er ihr.
Sie lachte freudlos und schüttelte den Kopf ebenfalls. „Teddy, du kriegst kein Hausarrest, weil du Scheiße gebaut hast", sagte sie ihm. „Du kriegst Hausarrest, weil du mich angelogen hast." Sie schnaubte. „Und jetzt ab. Ich möchte, dass du in dein Zimmer gehst."
Lennox zog eine Augenbraue hoch.
In ihrem momentanen Modus wollte er ausnahmsweise nichts dazu sagen.
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Seufzend vergrub Lennox die Hände in den Hosentaschen.
„Annabelle, geh doch bitte schon mal vor", bat er sie.
„Ja, Dad", nuschelte sie nickend und lief schnell die Treppe hinab.
Rachel ergriff den Türrahmen. „Ihn jetzt auch noch zu bestrafen ist ziemlich hart, oder?", fragte er sie. „Er hat immerhin schon einen gebrochenen Arm." Er deutete nach drinnen.
Rachel blinzelte erschöpft und schaute resigniert als sie ihn betrachtete.
„Halte dich aus meiner Kindererziehung raus", sagte sie und schloss die Haustür vor seiner Nase.
Er atmete tief ein. „Du bist sturer als ein Esel", beleidigte er die Liaison.
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„Dad?"
„Hm?"
Lennox bog in die Straße ein, in der sie ihr Apartment momentan bewohnten.
„Ich habe Miss Dumblin noch nie so wütend gesehen", sagte sie. „War das wegen Teddy?"
Er seufzte und parkte ein. „Ich glaube nicht, nein." Er zog die Autoschlüssel und tätschelte kurz ihr Knie. „Aber mach dir keine Gedanken, das wird schon wieder."
„Dad?" Sie ergriff seine Hand als er sich abschnallte und gerade die Autotür öffnen wollte. „Was hast du getan?", fragte sie ihn.
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Datum der Veröffentlichung: 03.10.2022 13:05 Uhr
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