Kapitel 3: Dame
Am Dienstagmorgen hatte Mia wieder sehr schlechte Laune.
Das lag nicht an dem Fach, das sie in den ersten beiden Stunden hatte, obwohl Verwandlung nicht zu ihren Favoriten zählte.
Es lag am Wetter.
Über Hogwarts türmten sich große graue Wolken und während die Mädchen und Jungen beim Frühstück saßen, setzte ein leichter Nieselregen ein.
"Ich verstehe das einfach nicht. Es sollte schneien, wir haben Winter! Stattdessen könnte man denken wir haben Herbst!", schimpfte Mia und stopfte vor lauter Frust direkt zwei Toastscheiben auf einmal in ihren Mund.
"Es wird garantiert bald schneien. Du kannst ja Professor Trelawney fragen, wann es aufhört zu regnen!", schlug Rose grinsend vor.
"Auf gar keinen Fall!", meinte Mia, die manchmal Schwierigkeiten hatte, Ironie zu verstehen. "Immerhin sind wir nicht in der Quidditch-Mannschaft. Die müssen doch verrückt sein, bei so einem Wetter trainieren zu wollen!"
"Wir wollen gewinnen.", sagte Rose. "Wer gewinnen will, muss trainieren. Die Hauptsache ist aber, dass wir gegen Slytherin gewinnen!"
"Und wir sind wieder beim Damespiel! Hat Sam dir schon gesagt, ob er annimmt?"
"Mia, du fragst mich das jetzt zum dritten mal innerhalb von drei Minuten. Nein, hat er nicht!", antwortete Rose.
Mia starrte auf ihren leeren Teller: "Sollte er nicht annehmen verwandel ich ihn in eine Kröte!"
"Als ob du das kannst. Wir erinnern uns daran, was passiert ist, als du versucht hast, deinen Kürbissaft in Orangenlimonade zu verwandeln!"
"Es war nicht meine Schuld, dass der Tisch explodiert ist!", widersprach Mia murrend und nahm sich eine weitere Scheibe Toast.
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Vor dem Klassenzimmer für Verwandlung standen Sam, Elias und zwei weitere Slytherins.
"Warum geht ihr nicht rein? Findet ihr die Tür nicht?", fragte Mia. "Sie ist hinter euch!"
Sam ignorierte sie und trat einen Schritt vor, auf Rose zu: "Du möchtest also gegen mich spielen?!"
"Wow, du hast den Zettel also entziffert. Ich wusste gar nicht, dass du so gut lesen kannst.", meinte Rose.
"Pass lieber auf. Ich bin besser als du und das weißt du auch. Aber gut, wenn du so gerne verlieren möchtest ... sieben Uhr, in der Bibliothek! Deine Freundin weiß in welcher Abteilung!"
"Einverstanden!", sagte Rose eisig. "Aber du bringst nicht deine ganze Gruppe mit. Eine Person, sonst gehe ich von Anfang an davon aus, dass du schummelst!"
Sam grinste: "Keine Sorge, ich werde dich nach allen Regeln der Kunst schlagen!"
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Nach dem Abendessen (es gab Gemüsesuppe mit Brot) liefen Rose und Mia zur Bibliothek.
Rose war ziemlich nervös, ihre Hände zitterten. Es ging um nichts, außer um Ehre.
Aber genau diese Ehre war Rose so wichtig. Sie konnte es nicht leiden, wenn jemand ihren Stolz verletzte, auch wenn Mia in der Hinsicht noch weniger aushielt.
"Welche Abteilung meinte er?", fragte Rose.
"Da, wo wir immer spielen. Zwischen Büchern, die nie jemand ausleiht.", antwortete Mia. "Das sind Bücher über die Gründer und so langweiligen Kram."
Sie betraten die Bibliothek und liefen die mit Büchern vollbepackten Reihen ab, bis Mia links abbog.
Sam und Elias waren bereits da, Sam saß vor dem aufgebauten Spielfeld.
"Pünktlich zum Verlieren!", begrüßte Sam sie hochmütig. Rose atmete tief durch und setzte sich Sam gegenüber.
Sie hatte gute Nerven, während ihr Herz immer schneller schlug, wurde sie äußerlich immer ruhiger.
"Möchtest du weiß oder schwarz sein?", fragte Sam sie.
"Schwarz.", antwortete Rose, ohne zu zögern und baute ihre Hälfte des Spielfeldes auf. Sam warf ihr einen undeutbaren Blick zu und nahm sich die glänzend weißen Spielsteine.
"Du weißt, dass-"
"Du anfängst.", unterbrach ihn Rose. Sam nickte und bewegte den ersten seiner Steine.
Rose machte fast dengleichen Spielzug auf ihrer Seite.
Die ersten zehn Züge lang passierte nichts, dann erst konnte man die Spielstrategien durchschauen.
Das heißt, Rose konnte die von Sam durchschauen. Er spielte so wie Mia, zog mit allen Steinen nach vorne.
Sam achtete nicht besonders darauf, dass auch alle Steine geschützt waren, er war bereit Risiken einzugehen um Rose' Steine zu schlagen.
Wenn sie gewinnen wollte, musste sie dafür sorgen, dass er auch genau das schaffte.
Also schob Rose einige ihrer Steine so, dass Sam sie schlagen konnte. Sein Grinsen wurde immer breiter. Als er einen weiteren ihrer Steine nahm, sagte er: "Möchtest du vielleicht abbrechen, damit die Blamage nicht allzu groß wird?!"
Rose sah ihn lächelnd an: "Oh, ich denke die Blamage wird nicht auf meiner Seite sein. Wir spielen weiter!"
Sam nickte amüsiert.
Es wurde ernst. Die Steine auf dem Spielfeld wurden weniger, an den Seiten stapelten sie sich währenddessen immer höher.
Sams Lächeln war verschwunden, die Denkpausen zwischen den Zügen wurden immer länger.
Dann erreichte Rose mit einem ihrer Steine den Spielfeldrand.
"Dame.", sagte sie betont ruhig und lächelte Sam zu. Als Sam ihr nach zehn Sekunden noch keinen der schwarzen Steine zurückgegeben hatte, hielt sie ihm ihre Hand hin. "Du kennst hoffentlich die Regeln, oder?"
Sam sah sie an, bemühte sich, weiterhin hochmütig zu wirken, während er ihr einen der Spielsteine gab: "Es ist noch nicht vorbei."
Aber nur wenige Züge später war es vorbei.
Und Rose hatte gewonnen.
Sie hielt Sam ihre Hand hin, er schüttelte sie.
"Gutes Spiel.", sagte Rose eisig, aber zufrieden.
"Glückwunsch.", meinte Sam. Rose zog ihre Hand aus seiner und stand auf: "Bevor du sagst "Anfängerglück": Akzeptier einfach, dass du verloren hast!"
Damit gingen sie aus der Bibliothek und Mia winkte den beiden Slytherins noch einmal schadenfroh zu.
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"Das war der Hammer, Rose! Ich hatte am Anfang so richtig Panik, dass du verlierst, ich wollte schon das Spielfeld umkippen, damit ihr neu anfangen müsst!
Aber dann - oh gott, du hast ihn mit deinem Blick gekillt Rose! Und ich schwöre, in Elias Augen glitzerten Tränen!", erzählte Mia begeistert, während Rose an die Tür des Ravenclaw Gemeinschaftraumes klopfte und das Rätsel beantwortete.
"Das muss-".
"Mia!", unterbracht sie Rose, den Blick auf etwas Dunkles gerichtet, das reglos im Gemeinschaftsraum lag. Mia verstummte, als sie die Person sah.
Die beiden Mädchen liefen auf sie zu und knieten sich neben sie.
"Es ist Nora. Und sie atmet!", bemerkte Rose erleichtert.
Das Mädchen, Nora, zuckte und riss ruckartig die Augen auf. Sie röchelte.
"Es war meine Schuld!". Rose und Mia warfen sich einen verwirrten Blick zu.
"Was meinst du?", fragte Rose drängend.
"Ich ... ich wollte es nur ansehen. Es war so schön!", murmelte Nora, ihr Blick ging träumerisch in die Ferne.
"Nora, NORA!", rief Rose und schüttelte sie, aber Nora antwortete nicht mehr. Sie war wie in Trance.
"Wir müssen sie in den Krankenflügel bringen.", meinte Rose, Mia nickte und gemeinsam schleppten sie ihre Mitschülerin zu Madame Pomfrey.
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