Kapitel 4
Wieder einmal befinde ich mich mit zitternden Händen vor dem Stadtzentrum. Die beeindruckende Fassade des antiken Gebäudes strahlt ein ominöses Gefühl aus, sodass ich mich am liebsten wieder unter meiner Decke verkriechen würde. Mit einem unguten Gefühl begebe ich mich in die Eingangshalle. Dort sitzt wieder die gleiche Frau, wie vom letzten Mal als ich hier war. Ihre knalligen Haare hat sie diesmal glatt nach hinten frisiert. Ich steuere auf sie zu. Da sonst kaum Geräusche zu hören waren, ertönen meine leise Schritte umso lauter. Sie blickt auf und lächelt mir einladend zu.
„Was kann ich für dich tun, Liebes?"
Ich bin für meine Berufeinteilung hier. Ich habe gestern den Brief bekommen."
„Ach ja. Kalia, richtig?" Ich nicke als Antwort, worauf sie sich wieder ihren Unterlagen widmet und zu blättern beginnt. Sie reicht mir einen kleinen geblichen Zettel mit der Nummer zwölf. „Du kannst dich schon mal auf dem Weg zu Raum Zwölf machen. Dort wirst du dann in Kürze aufgerufen.
Nach kurzem Herumsuchen finde ich auch schon Raum zwölf. Davor befinden sich einige alte Lederstühle. Ich lasse mich auf einen nieder und warte geduldig. Ich vertreibe mir die Zeit die Menschen zu beobachten, die an mir vorbeieilen. Nachdem ich mir schon zig Geschichten für all die Vorbeikommenden Leute ausgedacht habe, öffnet sich neben mir die Tür.
Heraus kommt eine Frau mittleren Alters. Ihr strenger Blick findet mich sofort und sie fordert mich auf ihr zu folgen.
Dieses Zimmer ist ebenfalls kahl und relativ unmöbliert. Die Ausstattung besteht lediglich aus einer braunen Sitzgruppe und einen kleinen Tisch auf dem sich auch ein hässlicher Kaktus befindet. Keine Ahnung was die hier mit ihren Kakteen haben. Wenn man schon eine Pflanze haben muss, dann wenigstens eine schöne, aber naja. Sie räuspert sich und reißt mich aus meinen Gedanken. „Setz dich doch bitte", befiehlt sie mir lächelnd, doch ihr Ton klingt genervt.
Wir setzen uns und sie fängt an mich abwertend zu mustern. Nach einer Minute sagt sie noch immer nichts. „Also, ehm. Ich bin hier wegen meiner Berufeinteilung", sage ich unsicher.
Mit einem hochnäsigen Schnauben fängt sie an zu sprechen. „Wir haben deine Trance erfolgreich gemessen und überwacht, jedoch ist das Ergebnis nicht eindeutig. Viele deiner Halluzinationen waren von einer lang verstorbenen Königin. Viele wissen nicht einmal wer Königin Sylarie ist. Hast du schon einmal von ihr gehört?"
Auf ihre Frage schüttle ich meinen Kopf. Ich hatte noch nie von Königin Sylarie gehört.
„Habe ich mir schon gedacht", sagte sie kritisierend. „Da du über einige frühere Herrscher halluziniert hast, haben wir dies schließlich als ein Zeichen genommen und deine Fähigkeiten mit den erforderten Fähigkeiten der freien Angebote verglichen. Du hast in vielen Bereichen sehr hoch abgeschnitten," den letzten Satz sagt sie mit einem kleinen Augenrollen, als ob ich sie persönlich beleidigt hätte. „daher haben wir beschlossen dich dem Königshaushalt zuzuteilen. Du bist ab nächster Woche die persönliche Zofe der Prinzessin Valaia."
„Was?", frage ich völlig verwirrt. Wahrscheinlich ist mein Gesichtsausdruck im Moment das perfekte Beispiel von Dummheit, aber das war mir egal.
Erneut schnaubt sie genervt. „Vielleicht sollten wir uns doch eine andere Stelle überlegen, so wie du dich benimmst, werden wir uns wegen dir fremd schämen müssen."
„Wie meinen Sie das? Ich werde im königlichen Schloss arbeiten? Aber ich habe doch keine spezielle Ausbildung, wie kann ich mich dafür qualifizieren?"
„Man braucht keine spezielle Ausbildung, man muss einfach gut genug bei dem Eignungstest abschneiden und nicht allzu hässlich sein. Leider hast du äußerst gut abgeschnitten und dein Aussehen ist anscheinend auch genügend,", leise fügt sie noch „was ich nicht nachvollziehen kann.", hinzu, aber da konnte ich mich auch verhört haben.
Verdutzt starre ich sie wortlos an. Ich hätte nie gedacht, dass ich tatsachlich für die königliche Familie arbeiten muss. Für sie zu kochen war eigentlich nicht ernst gemeint. Jetzt soll ich sogar die Prinzessin jeden Tag begleiten und ihr persönliches Dienstmädchen sein.
Sie räuspert sich und sieht mich erwartend mit gehoben Augenbrauen an. „Und?"
„Wie bitte? Ich war gerade mit meinen Gedanken woanders."
„Habe ich gemerkt," erwidert sie kalt. „Ich habe dich gefragt, ob du dich der Aufgabe gewachsen fühlst, oder wir dich lieber in ein einfacheres Berufsfeld einteilen sollen. Meiner Meinung nach wärst du woanders besser aufgehoben."
Genervt von ihrer hochnäsigen Art nehme ich den Job lediglich aus Trotz an. „Ich glaube ich schaffe das schon, aber danke für die Fürsorglichkeit", erwidere ich sarkastisch.
„Wenn du meinst," sie reicht in ihre schwarze Ledertasche und holt einen Umschlag heraus. „In diesem Umschlag befinden sich alle Informationen, die du wissen musst. Lerne sie bis Sonntag. Montagmorgen wirst du von zuhause abgeholt und von dort sofort nach Kabisera ins Schloss gebracht. Am Dienstag beginnst du offiziell mit deinem Dienst."
Ich übernehme den Umschlag, doch bin zu überfordert um Wörter zu bilden. „Worauf wartest du noch? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit", erklärt sie mir während sie aufsteht und sich zur Tür bewegt. Wortlos öffnet sie diese und blickt mich erwartend an.
„Oh, okay", sage ich mehr zu mir selbst als zu ihr. Ich bewege mich ebenfalls zur Tür. Als ich heraustrete, drehe ich mich noch um, um mich zu verabschieden, doch sie hat die Tür bereits geschlossen. Mit offenen Mund stehe ich noch etwas langer vor der geschlossenen Tür herum bevor ich meine Beine schließlich dazu bringen kann sich zu bewegen. Wie in Trance mache ich mich auf den Weg nachhause. Als ich die gewaltige Ausgangstür erreiche, ruft mir die oranghaarige Frau noch ein 'Wiedersehen' zu. Abwesend hebe ich meine Hand bevor ich endlich aus dem Gebäude draußen bin.
Der Weg nachhause vergeht wie im Flug. Sobald die Haustür hinter mir geschlossen ist, reiße ich den Umschlag auf. Darin befinden sich etwa zwanzig Seiten mit Valaias Anforderungen und Wünschen. Als ob das nicht schon genug wäre, sind die Seiten doppelseitig bedruckt.
Sie muss jeden Morgen um punkt 8:20 Uhr geweckt werden. Sie will zwischen vierzehn und sechzehn Uhr keine Besucher haben, außer es wurde vorher von ihr genehmigt. Dazu gesellen sich noch viele weitere Anforderungen, welche meiner Meinung nach etwas Überflüssig sind.
Bevor ich jedoch alles fertig lese, gehe ich schnell in die Küche und schalte die eingebaute Gesprächsanlage ein. Fast jedes Haus hat einer dieser Anlagen. Somit können alle Bewohner sich gegenseitig kontaktieren.
Durch ein Piepsen werde ich darauf hingewiesen, dass Die Anlage nun bereit ist. Mit zittrigen Fingern tippe ich Sahiras Adresse ein und bestätige die Kontaktaufnahme.
Es piepst einige Male bevor sich eine tiefe Stimme meldet. „Hier bei Mentiago."
„Hallo Mister Mentiago. Hier ist Kalia, ist Sahira zuhause?"
„Ja, ich hole sie schnell", sagt Sahiras Vater. Ich höre entfernte Stimmen und schließlich näherkommende Schritte.
„Kalia! Wie ist es gelaufen?!"
„Ehm. Ganz gut glaube ich. Da bin ich mir aber noch nicht ganz sicher."
„Was meinst du? Welchen Beruf hast du bekommen?! Erzähl endlich!", fordert sie mich auf.
„Nun ja. Ich muss nach Kabisera umziehen. Dort werde ich das persönliche Dienstmädchen der Prinzessin.", erwidere ich etwas zögerlich.
Die Anlage bleibt still. „Was?! Du ziehst in das königliche Schloss ein?", ruft sie völlig außer sich. „Ich bin in zehn Minuten da, dann kannst du mir alles genauer erzählen", sagt sie aufgeregt.
Bevor ich noch etwas sagen kann hat sie ihre Anlage schon beendet.
Nicht einmal zehn Minuten spätere steht sie außer Atmen durch die Tür geplatzt.
„Du bist aber jetzt gerannt, oder? So schnell warst du noch nie", behaupte ich.
Nicht in der Lage zu antworten, nickt sie einfach nur. Nachdem sie sich endlich beruhigt hat, zeige ich ihr den Umschlag mit Informationen, den ich bekommen habe.
Wir verbringen die nächsten Stunden damit über alles zu reden, was im womöglich wissen müsste. Wir lernen die Namen, Geburtstage, und andere wichtige Daten aller Mitglieder der Herrscherfamilie. Nachdem wir auch über jegliche Neuigkeiten der Familie gelästert haben begeben wir uns in mein Zimmer. Dort hilft sie mir zu packen, da ich nur drei Tage übrig habe bis ich umziehe. Ich verlasse mich dabei völlig auf Sahira, sie weiß einfach viel mehr über Mode und weiß, was man auf keinen Fall anziehen sollte.
Plötzlich ertönt ein Klopfen und meine Eltern kundigen sich an. Überrascht, dass es schon so spät ist, lasse ich meine Eltern herein.
Sie sehen mich traurig an und setzten sich auf Lynks Bett. „Was ist los?", frage ich.
„Wir haben unten die Papiere mit den Informationen gesehen. Also hast du doch einen guten Beruf bekommen, nicht wahr?", fragt mein Vater mit trauriger Miene.
„Oh. Ja, das. Ich wusste nicht, dass ihr schon zuhause seid, sonst hätte ich euch sofort Bescheid gesagt."
„Liebling, das macht doch nichts. Wir sind so stolz auf dich", sagt meine Mutter während sie sich neben mich setzt und meine Wange streichelt. „Wir sind nur froh, dass du einen guten Beruf bekommen hast. Nicht jeder darf für unseren König arbeiten", ergänzt mein Vater.
„Theoretisch arbeite ich für seine Tochter", erläutere ich mit einem Grinsen.
Mein Vater lacht herzhaft auf und geht ebenfalls auf mich zu. Sahira macht meinem Vater Platz, sodass er sich neben mich setzen kann. Er legt seine Hand über meine Schulter und zieht mich zu sich. Meine Mutter legt ihren Kopf auf meine Schulter und streichelt mir über den Rücken. Vater küsst sanft meinen Kopf und flüstert mir nochmal zu. „Wir sind so stolz auf dich Kalia"
MeineEltern bleiben noch etwas länger in meinem Zimmer und zu viert Planen wir die nächstenTage.
Sonntagabend haben meine Eltern Sahira und Kerros zum Essen eingeladen, damitwir uns in Ruhe verabschieden können.
Nach einer Weile verabschieden sie sich auch wieder von Sahira und wünschen unseine gute Nacht. Sie gehen immer früher schlafen, da sie auch früh aufstehenmüssen. Also bemühen Sahira und ich uns nicht allzu laut zu sein.
Als es dann schon beinahe Mitternacht war, verabschiedet sich Sahira nurschweren Herzens und verspricht mir morgen wieder vorbeizukommen.
Ich habe nur mehr Freitag, Samstag und Sonntag bis ich mich in mein neues Lebenbegeben werde. Ganz zufrieden bin ich natürlich nicht, da ich doch lieber mitLynk zur Schule gehen würde, aber es wird sicher erträglich werden. Wer weiß, vielleicht wird mir mein neues Leben besser gefallen als gedacht.
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