(25) Talking

„Klar." antwortete er und stand wieder auf. Ich seufzte und tat es ihm gleich. Ohne zu zögern zog ich mir mein Kleid über den Kopf und lief dann auf das Meer zu. „Warte doch!" rief mir Deirdre hinterher und ich blieb seufzend stehen. Dann musste das kühle Nass eben noch ein paar Sekunden warten. Ich drehte mich um und sah direkt in ein paar grün-blaue Augen. Collin grinste leicht und bevor ich wusste, wie mir geschah, hatte er mich über seine Schulter geworfen und lief mit mir ins Wasser. „Collin! Deirdre hat gesagt, dass ich warten soll!" versuchte ich, ihn dazu zu bringen, mich runter zu lassen. Was sollte ich nur machen, wenn ihm Mike die Wahrheit sagte?, war mein letzter Gedanke, bevor ich im Wasser landete.

Die ganze letzte Stunde machte ich mich noch etwas mehr mit Arline und Holly bekannt und obwohl einige der Tussen ziemlich nervten, machte es Spaß, Zeit mit Collin und den drei Mädchen zu verbringen. Deirdre und ich schickten den Player immer mal zu ein paar der anderen Kandidatinnen, damit die sich nicht so vernachlässigt vor kamen und tauchten dann ein wenig. Die Korallen und Fisch, die wir gesehen hatten, waren teilweise wirklich faszinierend und wegen diesen vielen Lebewesen im Wasser, blieben uns zum Glück einige der anderen Mädchen fern. Jetzt mussten wir jedoch langsam wieder zurück und ich trocknete meinen Körper schnell ab.

Meine Haare würde ich an der Luft trocknen lassen, selbst wenn sie dann sicher ziemlich durcheinander aussahen, aber für mehr hatten wir eben keine Zeit. Mein Strand Kleid streifte ich mir noch schnell über den Kopf und ignorierte die abschätzigen Blicke der anderen. Dann hinterließ mein nasser Bikini eben Flecken auf dem Kleid. Na und? „Wieder mal in Gedanken, Leo?" fragte da Deirdre und schnippte vor meiner Nase herum. „Jap. Wollen wir dann?" sagte ich und bemerkte, dass wie vorhin schon alle anderen mit den Autos weg waren. „Wir warten nur noch auf dich." meinte Collin grinsend und nahm mir unaufgefordert meine Strandtasche ab.

Ich rollte mit den Augen, was alle zum lachen brachte und zeigte dann auf meine Tasche. „Da ist der Schlüssel noch drin." erklärte ich und er hielt sie auf, damit ich rein sehen konnte. Ich beugte mich darüber und wühlte darin herum. Collin's Nähe war ich mir dabei durchaus bewusst. „Wozu brauchst du eigentlich diese riesige Tasche? Das alles hätte auch in eine gepasst, die nur halb so groß ist... In dieser würdest du wahrscheinlich sogar komplett verschwinden, wenn du hinein fallen würdest." meinte er in neckerischem Tonfall und ich prustete ungehalten los. „Ernsthaft? Wenn du wüsstest. Meine beste Freundin Zuhause hat eine Tasche, wo ich rein passe. Wir haben das mal ausprobiert." erzählte ich und seine Braue schoss in die Höhe.

Er schüttelte den Kopf und ich fand endlich den Schlüssel. „Euch Frauen werde ich wohl nie verstehen." seufzte er und schulterte meine Tasche wieder richtig, als ich mit dem Schlüssel daraus hervor kam. „Wir sind eben nicht so einfach gestrickt wie ihr Männer. Bei euch geht es nur um Sex." meinte ich und steuerte jetzt auf's Auto zu. „Ist doch gar nicht wahr!" protestierte Collin sofort und packte unsere Taschen in den Kofferraum. „Ach nicht? Und worum geht's bei euch dann?" fragte ich herausfordernd und er biss sich auf die Unterlippe. Anscheinend dachte er angestrengt darüber nach.

Deirdre, Holly und Arline stiegen zu dritt hinten ein und ich ging nach vorn zum Fahrersitz. Collin ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und antwortete. „Na gut, du hast gewonnen." brummelte er und ich steckte den Schlüssel ins Zündschloss. „Natürlich. Ich gewinne immer." meinte ich gespielt arrogant und warf die nassen Haare über die Schulter. Das Wasser spritzte durchs ganze Auto und Holly und Arline kreischten erschrocken. Als sie jedoch merkten, dass das Wasser nur von meinen Haaren kam, wurden sie beinahe gleichzeitig rot und sahen verlegen aus dem Fenster. Ich kicherte vor mich hin und fuhr los.

Mittlerweile war ich wieder in meinem Zimmer und lief lernend darin hin und her. Ich wollte unbedingt dieses eine Kapitel in meinen Kopf bekommen, aber ich vergaß immer wieder alle möglichen lateinischen Begriffe. Wieso suchte sich die Medizin auch eine so veraltete Sprache aus?! Vor mich hin murmelnd lief ich durch mein Zimmer, als es plötzlich an der Tür klopfte. „Ich bin gerade beschäftigt." rief ich genervt und steckte schnell ein Lesezeichen in mein Buch, aus dem ich grad gelernt hatte. „Ach? Du weißt doch sicher schon alles auswendig." kam da auch schon von der Tür und ich sah lächelnd auf, als Mike herein kam.

Da kam mir in den Sinn, dass er ja mit mir reden wollte. „Es kann ja nie schaden, das Gedächtnis nochmal aufzufrischen." erwiderte ich. Er lächelte ebenfalls, aber hinter dieser Fassade sah ich die Schuldgefühle, die er noch immer hatte. „Wir können es ihm nicht sagen." seufzte ich und mein Freund sah weg. Er schloss die Tür hinter sich und ich hob fragend eine Braue, als er sich auf mein Bett fallen ließ. „Es ist nicht richtig, es ihm zu verheimlichen. Er ist mein Bruder." brummelte Mike und legte sich einen Arm über die Augen. „Ich weiß. Ich... ich würde dich auch nie darum bitten, ihn so zu hintergehen, nur... Ich glaube, ich will noch nicht gehen." murmelte ich und schlug die Augen nieder, als Mr. Number-One an seinem Arm vorbei spitzte. „Wie genau meinst du das, Leo?" wollte er wissen und stand auf.

Er legte den Kopf leicht schief und kam langsam auf mich zu. Ich zog die Nase kraus und wirbelte herum. „Leo? Sag mir die Wahrheit, bitte. Hast du Gefühle für meinen Bruder entwickelt?" er legte eine Hand auf meine Schulter und ich seufzte, bevor ich mich wieder zusammen riss. „Wir sind Freunde. Mehr nicht. Ich will ihn eben nicht verletzen." erklärte ich überzeugt, merkte aber selbst, wie... falsch sich das anhörte. Als sollte es so nicht sein. Als würde ich lügen. „Ja. Sicher? Ich will auch nicht, dass er verletzt wird, aber ich glaube sowieso nicht, dass das klappen könnte. Collin hat schon seit Jahren keine Gefühle mehr zugelassen. Wer keine Gefühle hat, kann auch nicht verletzt werden." meinte Mike.

Ich runzelte die Stirn und drehte mich wieder zu meinem Freund. „Ich hatte auch gedacht, dass ich keine solchen Gefühle mehr habe. Du weißt ja. Wegen meiner Mutter war es mir nicht mehr gestattet verletzlich zu sein." hauchte ich und er zog mich sanft in eine Umarmung. Ich vergrub das Gesicht an seiner Schulter und er strich mir beruhigend über den Rücken. „Du bist nicht mehr das kleine Mädchen von damals, Leo. Du musst nicht mehr in die Nähe deiner Mutter kommen. Sie hat dir nichts mehr zu sagen." redete Mister Number-One eindringlich auf mich ein.

Ich spannte mich leicht an und ließ mich einfach von ihm halten. Wie gut er mich doch kannte. „Gib mir noch etwas Zeit. Ich weiß, dass wir es ihm nicht für immer verheimlichen können. Alle Lügen werden irgendwann aufgedeckt." murmelte ich und Mike legte sein Kinn auf meinen Kopf. Er schien wirklich darüber nach zu denken. „Okay, aber du musst es ihm sagen, wenn es soweit ist, ja?" meinte mein Freund und ich nickte leicht. Ich würde keine Versprechen aussprechen, wenn ich mir nicht sicher war, ob ich sie halten konnte. Worte binden. Gesten können willkürlich sein.

Plötzlich wurde meine Tür aufgestoßen und Mike und ich stoben erschrocken auseinander. Collin kam herein und starrte uns stirnrunzelnd an. Ich setzte schnell ein grinsen auf, damit wir nicht so extrem verdächtig wirkten. „Hey Mister. Was gibt's? Musst du schon gehen?" fragte ich und sah kurz auf die Uhr. Ich hätte mir auch denken können, dass er noch vorbei kam, bevor er zu seinem Vater ging. „Ähm... Ja." meinte er und sah seinen jüngeren Bruder verwirrt an. „Ich geh dann mal. Bis später?" sagte dieser und sah fragend zu mir. „Jap. Wir sehen uns beim Abendessen." erwiderte ich und Mister Number-One rauschte davon.

Collin schloss die Tür hinter ihm und musterte mich dann. „Was war das?" wollte er wissen und ich ließ mich auf mein Bett plumpsen. Einfach so tun, als wäre alles okay! „Nichts wichtiges. Bist du zum Abendessen wieder da?" lenkte ich vom Thema ab und beobachtete aufmerksam, wie er zum Schreibtisch ging und das rote Kästchen mit dem Schlüssel in die Hand nahm. „Nein. Wahrscheinlich nicht. Ich gehe heute Abend mit Holly aus. Ich muss ja auch nächsten Freitag ein paar raus werfen und... Holly ist da in die engere Wahl gekommen." antwortete Collin und drehte sich wieder zu mir um.

Er wirkte nachdenklich und angesichts der Position, in der er mich mit Mike erwischt hatte, gefiel mir das gar nicht. „Oh... Was ist denn?" fragte ich und stand auf, um ihm das rote Kästchen aus der Hand zu nehmen. „Mein Vater ist ziemlich... kritisch. Warst du schon im Hobbyraum?" wechselte jetzt er das Thema und sah mir in die Augen. Okay. Er wollte nicht darüber sprechen. Akzeptiert. „Nein. Ich wollte es morgen mit Deirdre suchen. Du willst mir ja nicht sagen, wo es ist." erklärte ich und musste mich jetzt nicht mehr um ein kleines Grinsen bemühen, weil es von selbst auf meine Lippen kam.

Collin erwiderte es und klappte das Kästchen auf. Seine Augen flitzten zu mir hoch, als er bemerkte, dass der Zettel, den er mir geschrieben hatte, nicht mehr darin war. „Vielleicht verrate ich es dir morgen." murmelte er und sah wieder auf das Kästchen. „Wäre wirklich überaus nett... Den Zettel hab ich versteckt." sagte ich und er lächelte wieder. „Vor wem denn?" wollte er wissen und ich erinnerte mich, dass er ja eigentlich zu seinem anscheinend ziemlich strengen Vater musste. „Vielleicht vor dir, damit du ihn nicht weg wirfst. Musst du nicht los?" meinte ich und er sah erschrocken zur Uhr.

Er biss sich grinsend auf die Lippe und ging dann auf mich zu. „Ja. Ich muss los. Bis später. Stell nichts an, während ich weg bin. Ich will dich nicht nach Hause schicken, nur weil du die anderen Kandidatinnen terrorisierst." sagte er und umarmte mich. Wenn er wüsste, dass er schon lange einen Grund hatte, mich raus zu werfen... Ich erwiderte kurz den Druck und schob ihn dann zur Tür. „Keine Sorge. Wenn jemand sich von mir psychisch angegriffen fühlt, bring ich denjenigen sofort zum schweigen." scherzte ich und brachte ihn damit zum lachen, bevor er aus dem Zimmer ging.

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