(1)Collin Black

5 Jahre später

Leonie P.O.V.

„Jetzt komm schon! Es ist ja nicht so, als würde ich dich irgendwohin schleppen, wo wir noch nie waren."bettelte mich meine ältere Schwester Jocelyn an. Sie zog ihre knallroten, vollen Lippen zu einem perfekten Schmollmund und stemmte die frisch manikürten Hände in ihre schmale Taille. „Nein. Ich hab morgen Früh eine wichtige Prüfung und darf nicht zu spät kommen." erklärte ich und tippte weiter meinen Lernstoff in meinen Laptop ein. „Aber Lenchen, wir müssen doch meine Verlobung mit Hannes feiern. Bitte! Ohne dich werde ich auch nicht gehen." erwiderte Jocy und spielte mit ihren hübsch gemachten, wasserstoffblonden Haaren.

Ihre himmelblauen Augen schlug sie langsam auf und wieder zu. Manchmal glaubte ich kaum, dass wir Schwestern waren. Sie war einfach zu... girly. Sie ging fast täglich shoppen, heulte rum, wenn ihr ein Nagel abbrach, klatschte sich Tonnen von Make-Up ins Gesicht und dauerte frühs gefühlte fünf Stunden im Bad. Ich hingegen wollte lieber Medizin studieren, Kickboxen und ab und zu einen Mädelsabend mit meiner besten Freundin Skyla machen. „Na gut." willigte ich schließlich brummend ein und fragte mich schon jetzt, wie ich das überleben wollte.

Meine ältere Schwester war, wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, seit kurzem verlobt und wollte mich in irgendeinen dämlichen Club mitschleifen, der mir immer viel zu überfüllt war. „Yayy!" kreischte sie und zog mich von meinem Schreibtischstuhl. Wir waren in meinem Zimmer ihm Wohnheim der Uni, an der ich studierte. Seit knapp drei Jahren wohnte ich nicht mehr bei unseren Eltern. Sie waren mir einfach zu versnobt und ich hatte nur noch Kontakt zu ihnen, wenn meine Schwester einen Familienabend veranstaltete oder sie mir mal wieder ungebeten meine Taschengeld erhöht hatten.

Versteht mich jetzt bitte nicht falsch. Gegen das zusätzliche Geld hatte ich nichts, aber ich mochte es nicht, so verdammt reich zu sein. Es hatte mir einfach schon zu viele falsche Freunde eingebracht. „Ich mach mich schnell fertig, dann können wir gehen." erklärte ich Jocelyn und verschwand mit ein paar Klamotten im Badezimmer. Meine Schwester folgte mir nicht. Mittlerweile hatte sie akzeptiert, dass ich mit meinen einundzwanzig Jahren ihr wenigstens in Sachen Mode die Stirn bieten konnte.

Schneller, als Jocy es je geschafft hätte, zog ich mich um, schminkte mich dezent und machte machte mir die Haare. Fertig ging ich nochmal in mein kleines Arbeitszimmer und schaltete den Laptop aus, bevor ich mir meine Schuhe holte und ins Schlafzimmer ging, von dem eine Tür aus meinem Zimmer führte. „Ich versteh immer noch nicht, wieso du lieber hier wohnst, als bei Mum und Dad in der Villa. Die sind doch eh nie da." meinte meine Schwester, die mittlerweile ungeduldig an meiner Zimmertür Stand. „Ich will nichts mehr mit ihnen zu tun haben." brummte ich nur und schnappte mir Haus-, Zimmer- und Autoschlüssel.

Jocelyn verdrehte die Augen, aber sie konnte mich nicht verstehen. Sie war zwar zwei Jahre älter als ich, hatte aber dennoch keine Ahnung, was Mum mit mir in dem Jahr gemacht hatte, in dem sie in Spanien war. Ich schüttelte den Kopf, um die negativen Gedanken aus meinem Kopf zu bekommen. Schließlich feierte meine Schwester ihre Verlobung. „Lass uns gehen. Bist du mit dem Auto da?" fragte ich sie und ging hinaus auf den Gang. Jocy folgte mir und ich sperrte hinter ihr ab. 50. Das war meine Zimmernummer. Meine Lieblingszahl. „Nein. Hannes hat mich nur schnell raus gelassen und ist dann zur Arbeit." erklärte sie und lächelte bei dem Gedanken an ihren Verlobten.

Wie sich das anhörte... meine Schwester ist verlobt. Ich wünschte nur, ich hätte so viel Glück, aber jetzt musste ich mich erst mal auf mein Studium konzentrieren. Morgen noch, dann hatte ich erst mal zwei Monate Semesterferien und würde im zweiten Monat mit Skyla nach Italien fliegen. Das wird ein Spaß werden. „Dann fahren wir mit meinem R8. Der Maserati ist noch in der Werkstatt." erklärte ich und lief vor meiner Schwester durch den Gang und dann die Treppe runter in die Tiefgarage. „Das du dich so gut mit deinen Autos auskennst ist nicht normal, Lenchen." meinte sie nur und folgte mit ihren meterhohen Absätzen.

Ich rollte mit den Augen, was sie sicher wieder als nicht ladylike kritisiert hätte, hätte sie es gesehen. „Ich hab dich auch lieb, Schwesterherz." erklärte ich und schon standen wir bei meinem schwarzen Audi R8. Daneben war noch ein Parkplatz für meinen roten Maserati, aber der hatte ja leider kaputte Bremsen. „Hab ich nicht gesagt." murrte sie und stieg in mein Auto. „Aber du tust es trotzdem." erklärte ich grinsend und setzte mich hinters Steuer. Sie lächelte leicht. Wir hatten eben immer nur uns, weil unsere Eltern immer weg waren.

Doch jetzt verliere ich sie, dachte ich verbittert. Ich weiß, wie egoistisch das war, aber ich wollte wenigstens meine Schwester noch für mich haben, aber das war jetzt offiziell vorbei. Hannes hatte sie jetzt zu seinem gemacht. Wieder musste ich die dummen Gedanken abschütteln. „Musst du nochmal heim?" fragte ich Jocelyn und parkte geübt aus. „Nein. Hab alles dabei." meinte sie und ich düste Grinsend aus der Garage. Ich liebte einfach die Geschwindigkeit und raste jetzt durch die Straßen Los Angeles'.




Knapp zehn Minuten später parkte ich mein Auto und stieg mit Jocelyn aus. Wir standen vor dem angesagtesten Club in ganz L.A. und mussten uns nicht wie die massenhaft anderen Leute in die Schlange stellen. Der Club gehörte nämlich einem guten Freund von Jocy und mir, weshalb wir schon Stammgäste waren, obwohl ich nur sehr selten in Clubs ging. Lächelnd gingen wir an den Menschen vorbei und direkt zum Türsteher. „Hey Carlos." begrüßte ich ihn und er grinste meine Schwester und mich an. „Hey ihr Süßen. Hab schon gehört, dass ihr kommt. Viel Spaß." meinte er mit einem Zwinkern und ließ uns rein.

Da es mitten im Sommer war, hatten wir keine Jacken dabei und gingen direkt zum Tresen. „Das übliche?" fragte uns der Barkeeper, der glaube ich, Mikael hieß. „Ja und bitte noch ein Bier. Samuel kommt noch." meinte meine Schwester und da kam auch schon besagter Kindergartenfreund meiner Schwester zu uns. „Hey ihr hübschen." grinste er und legte die Arme um unsere Schultern. Jocy gefiel es zwar, aber ich hasste es, wenn er das tat. Es kam so besitzergreifend rüber. Als würde ich ihm gehören. Hätte er wohl gerne, brummte meine innere Stimme und ich nahm mit finsteren Blick seinen Arm weg.

Samuel war wirklich heiß und viele Mädchen standen auf seine blonden Haare und Teddybär-Augen, aber ich garantiert nicht. „Grab jemand andres an." flüsterte ich ihm ins Ohr, weil ich wusste, dass er mich sonst wieder den ganzen Abend belästigen würde. Es war zwar schön, begehrt zu werden, aber ich hasste es trotzdem, wenn man zu aufdringlich war. Genervt lies der Idiot auch von meiner Schwester ab. Er war ein verdammter Player, also würde er sich jemand anderes zum vögeln suchen.

Wir bekamen unsere Drinks und gingen dann in den VIP-Bereich, in dem nicht weniger los war, wie im restlichen Club. „Kommt Hannes auch noch?" fragte Samuel und ich wusste, dass er auf ein 'Nein' hoffte. „Ja. Ungefähr in einer Stunde." meinte Jocy lächelnd und ich sah Samuel mit einem triumphierenden Grinsen an. Er schenkte mir einen bösen Blick, den ich jedoch gekonnt ignorierte und stand dann von dem Platz auf, auf den ich mich nur Sekunden zuvor gesetzt hatte.

Ich sah mich kurz auf der Tanzfläche um und meinte dann „Ich geh tanzen. Kommst du mit, Jocy?" „Klar." antwortete sie und ließ somit Samuel alleine auf unserem Platz sitzen. „Kommt sonst noch wer?" wollte ich auf dem Weg zur tanzenden Menge wissen. „Ja, Camil, Haven, Jamie und Sebastian kommen noch." erklärte sie und zählte ihre drei 'beste Freundinnen' und einen weiteren Player auf. „Cool." sagte ich gespielt fröhlich und fing an, mich zur Musik zu bewegen. „Wieso lädst du nicht mal einen von deinen Freunden ein?" nervte meine Schwester. „Die nehmen das Studium zu ernst." meinte ich ausweichend und ließ sie dann alleine.




Mittlerweile waren Jocy's restlichen Leute da und ich blieb nur noch auf der Tanzfläche. Sebastian ließ sich nämlich nicht so einfach abschütteln, wie Samuel und solange er mich nicht sah, konnte er auch nicht nerven. Ich hatte mittlerweile sogar mein Getränk auf dem Tresen und unterhielt mich mit dem Barkeeper, der doch nicht Mikael, sonder Joshua hieß. Der andere Barkeeper, war Mikael, hatte er mir schmunzelnd erklärt. Als ich jetzt zurück an den Tresen kam, sah ich einen Typen, der vor meinem Getränk saß.

Genervt ging ich auf ihn zu. „Entschuldigung. Könnte ich vielleicht wieder auf meinen Platz?" fragte ich freundlich und er drehte sich mit einem seltsamen Grinsen zu mir um. Ohne ein weiteres Wort verschwand er. Komisch. Ich nahm mir mein Glas, da wurde es mir plötzlich aus der Hand gerissen. Empört sah ich auf und mir stockte der Atem. Vor mir stand ein wirklich heißer Typ, der ungefähr in meinem Alter war. Seine dunkelbraunen Haare waren gekonnt verwuschelt und man sah durch sein schwarzes Shirt deutlich seinen Sixpack. Die hübschen grün-blauen Augen zu Schlitzen verengt und die vollen Lippen leicht geöffnet.

Dennoch ließ mich das vollkommen kalt, als ich meinen Drink in seiner Hand sah. „Könnte ich dann meinen Drink wieder haben?" zischte ich und bemühte mich nicht mal um einen freundlichen Tonfall. „Ich glaub nicht. Dieser Waschlappen dahinten hat dir da nämlich K.O. Tropfen rein." meinte der Fremde und seine tiefe Stimme ließ mich schon fast erschaudern. „Und woher soll ich wissen, dass du nicht einfach in ein Gespräch mit mir kommen willst?" erwiderte ich zickig, winkte aber Joshua zu, dass ich einen neuen Drink wollte.

„Du könntest ihn ja trinken, nur wär das dann nicht besonders toll für dich." meinte der Fremde und stellte meinen Drink zurück auf den Tresen. „Wie heißt du?" fragte ich und sah ihn jetzt mal wieder neugierig an. Ich wusste, wie K.O. Tropfen wirkten. Das hatte ich schon einmal am eigenen Leib erfahren müssen, nur hatte meine beste Freundin mich da nach Hause gebracht. „Du weißt nicht wer ich bin?" fragte der Typ sichtlich belustigt. „Woher sollte ich? Arrogante Arschlöcher gibt es hier ziemlich viele." schnaubte ich.

Er zog eine Braue in die Höhe und musterte mich genau, wobei sein Blick für meinen Geschmack etwas zu lange an Brust, Beine und Po hängen blieb. „Noch nie etwas von Collin Black gehört?" fragte er und seine Stimme triefte nur so vor Arroganz und Selbstsicherheit. „Nein. Wer ist das?" log ich. Wollte mir dieser Typ etwa weiß machen, dass er der reichst, begehrteste und schlimmste Player im ganzen Land war?! Naja, heiß ist er auf jeden Fall. „Also ich glaub ehrlich nicht, dass ein so heißes Mädchen, wie du mich nicht kennt." meinte er mit einem dreckigen Grinsen.

Zum Glück kam da aber Joshua mit meinem Drink. „Sonst noch was, Süße?" fragte er mit einem feindseligen Blick auf den Player neben mir. „Nein, danke, aber kannst du ein Auge auf den Typen werfen? Er hat mir K.O. Tropfen in den Drink gemischt." erklärte ich lächelnd und zeigte auf das Schwein. „Klar. Viel Spaß noch, Süße." meinte er mit einem sympathischen Lächeln. Ich nickte leicht und fing an an dem Drink zu nippen. „Schön, dass du mir doch glaubst, Honey." meinte der Typ, der behauptet Collin Black zu sein.Ich rollte nur genervt die Augen und flüchtete wieder auf die Tanzfläche.

Na toll. Jetzt war ich nicht mal am Tresen sicher. Ich tanzte noch ein bisschen, dann ging ich schweren Herzens zu meiner Schwester und ihren Leuten. „Lenchen! Da bist du ja! Wo warst du denn?" fragte ein leicht angetrunkener Sebastian und ich hätte ihm am liebsten eine gescheuert. Ich hasste diesen Spitznamen und akzeptierte ihn nur bei Jocelyn. „Jocy? Ist es okay, wenn ich jetzt geh? Ich sollte ausgeschlafen sein, wenn ich einen wichtigen Test schreibe." redete ich meine Schwester an, die wild mit ihrem Verlobten knutschte.

Hannes war mit seinen dunkelbraunen Haaren und grauen Augen zwar ganz süß, aber ich verstand trotzdem nicht, was meine ältere Schwester an diesem Milchbubi fand. „Okay. Wir sehen uns morgen. Ich muss dir unbedingt was erzählen, was ich vorhin von Haven erfahren hab." meinte sie und ich war kurz davor mit den Augen zu rollen. „Klar. Bis dann, Schwesterherz." sagte ich mit einem breiten Fake-Lächeln und flüchtete dann förmlich aus dem Club.



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