9

Eigentlich wollte Oliver mir nur sein neues Haustier, einen kleinen waran zeigen - aber letztendlich war es das ehrlichste und schonungsloste Gespräch seit langem, das wir führten. Ich weiß nicht mehr genau, wie wir von diesem schönen und spannenden Gesprächsthema plötzlich zu so ernsten Themen wie der Drogenmissbrauch seiner Mama oder seinen selbstmordversuch kamen, aber ich glaube die Überleitung, war ein gewisser Hang zu extremen, den sowohl er als auch seine Mama hatten. Er hatte die letzten Jahre bis zu seiner Volljährigkeit, die Zeit, wo wir gar keinen Kontakt mehr hatten in einer Art Kinderheim verbracht - weil seine Mama nach rund 15 Jahren halbwegs clean sein einen herben Rückschlag in ihrem Drogenkonsum erlitten hat und sein Papa zu diesem Zeitpunkt erstmal noch Interesse an ihm zeigen musste. Er zeigte mir auch einige alte Dokumente von dieser Zeit, beispielsweise einen vaterschaftsnachweis und mehrere Schriftstücke mit Anordnungen, die auf Basis eines psychiatrischen Gutachters erstellt wurden. Ich wusste, dass diese Papiere sehr vertraulich waren und, dass Oliver wohl kaum jemanden so richtig offen davon erzählt. Es war für ihn definitiv eine schwere Zeit gewesen - die ihn auch gewissermaßen kaputt gemacht hatte. Das, was er daheim bei seiner Mama durchmachen musste, hatte ihn geprägt und verändert, er war noch nachdenklicher und sensibler geworden. Ich will mir gar nicht vorstellen, welche Szenen sich in ihrer Wohnung oder später dann im Kinderheim abgespielt hatten. Es waren Bilder, die wohl noch oft vor seinem inneren Auge abrennen, dann in der Nacht, wenn die Albträume kommen. Sein Papa hatte versucht ihn zumindest in ein besseres Institut zu stecken, was ihm nach langem hin und her auch gelang bevor er ihn endlich zu sich nehmen konnte. Doch nun war Oliver zwar in seinem sicheren Hafen angelangt gewesen - doch wie ein zuhause fühlte es sich für ihn nicht an. Das Verhältnis zu seinem Papa war geprägt von Misstrauen und Streit, worunter beide sehr litten. Oliver entwickelte Depressionen während sein Papa seiner miesen Laune und seinem Versagen mit Wutanfällen Luft machte. Olivers psychischer Zustand verschlechterte sich immer weiter, er rutschte in eine regelrechte existenzkrise. Er war unzufrieden und unglücklich mit seinem Leben, er litt gefühlt jeden Tag unter seinem eigenen Körper und seinem Geist. Als sein Papa ihn nach seinem selbstmordversuch fand, brach auch für ihn seine gesamte Welt so zusammen wie einige Wochen zuvor schon für Oliver. Oliver erholte sich mit viel Hilfe von Psychologen und der Liebe seines Papas wieder - aber dennoch würde diese Phase für immer ein Teil seines Lebens bleiben. Mittlerweile war Oliver daheim ausgezogen und wohnte in seiner eigenen, wenn auch sehr desolaten und alten wohnung, doch schon allein wegen der Arbeit hatte er noch sehr viel und auch recht guten Kontakt mit seinem Papa. Es war für mich ein Zeichen, dass Dinge besser werden können, dass Zeiten sind ändern können und manchmal sogar zum guten hin. Mit seiner Mama hat Oliver kaum noch Kontakt, sie wohnt am Stadtrand in einer kleinen Wohnung - fast über 1 Stunde entfernt von Oliver. Ich würde alles dafür geben, um all diese schlimmen Erinnerungen aus seinem Kopf radieren zu können.

Was sagt ihr zu der Vorgeschichte von Oliver?

Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top