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Im Gymnasium hatte ich in der Schule schon um einiges mehr Kontakt mit Oliver - wenn es auch meistens keine schönen Zusammenkünfte waren. Oliver war in meinen Augen ein Schlurf und verblödet noch dazu, das war eine Anspielung auf seine Legasthenie. Damals war ich noch so blöd Menschen nach dem aussehen zu beurteilen und dabei auch noch falsch einzuschätzen. Ich selbst war zwar nie eine der schönsten gewesen und auch meine besten Freunde fielen da nicht drunter, und doch war es ein Ideal nach dem ich strebte. Oliver war damals wahrscheinlich gar nicht hässlich gewesen - aber in meinen Augen war er es, einfach aus Prinzip. Und ich war sehr damit beschäftigt vor allem meiner besten Freundin klar zu machen, wie verkommen er aussieht und wie blöd er ist. In den Pausen kam es auch manchmal zu leichterer körperlicher Gewalt, ich zog ihn beispielsweise auf eigenen Wunsch an seinen Händen so, dass sein Körper längs über den dreckigen Schulboden rutschte, er war meine fiesen Spielchen schon so gewöhnt, dass er freiwillig dabei mitmachte und dies auf eine kranke Art und Weise sogar genoss. Mich irritierte seine geringe Gegenwehr zwar damals schon - aber ich sah es als ein Zeichen meines Triumphs. Ich nutzte jede Gelegenheit, um ihm meine Überlegenheit klar zu machen, ich war aus einer Familie mit doch alles in allem liebenden Eltern, während er bei seiner Alleinerziehenden und mit ihrem Leben heillos überforderten Mama aufwuchs. Ich tat alles, um Oliver zu blamieren und vor anderen blöd da stehen zu lassen, beispielsweise bei einem Wettbewerb von Mädchen gegen jungs in verschiedenen kleinen Sport-Challenger, wo ich ihn haushoch schlug und er dann dazu verdammt war meine Schultasche für den ganzen restlichen Tag zu tragen. Es gab nur ein einziges Erlebnis, wo wir traut zusammen saßen und wo es zwischen uns sogar ein klein wenig Magie gab - das war bei einer deutschschularbeit, wo wir zusammen sitzen mussten und ich ihm anbot mein Wörterbuch zu verwenden da er seins mal wieder vergessen hatte. Zu diesem Zeitpunkt gab es schon zig Gerüchte, dass Oliver nun in mich verliebt war und tatsächlich leuchteten seine Wangen ganz rot, wo ich das Wörterbuch in die Mitte zwischen unseren Tischen hinüber schob und ihm noch viel Glück für die Schularbeit wünschte. In seinen dunklen Augen war ein Strahlen und auch ich lächelte wissend zurück. Dieser kurze Moment gab mir genügend Kraft und glücksgefühle, um die Schularbeit gut zu überstehen. Bis heute denke ich noch oft an diese Augenblicke zurück - vielleicht war das lang unsere beste Zeit gewesen, so lächerlich es auch klingt. So nah und zufrieden hat man uns wohl noch nie nebeneinander gesehen. Lang hat mich Olivers vertrauensvoller und hoffnungsfroher Blick noch verfolgt, in meinen Träumen und in meinem Leben. Im Nachhinein gesehen, hätte ich ewig neben ihm so sitzen bleiben können, im Nachhinein hätte dieser Moment nie enden sollen. Denn wir sollten lange Zeit nicht mehr so engen Kontakt haben, jahrelang nicht. Wir würden uns fast aus den Augen verlieren - aber nie aus dem Herzen. Räumliche Trennung ist das eine, aber Sehnsucht ist das andere, und die endet nie.
Glaubt ihr Oliver hat sehr unter den kleinen Hänseleien von Margot gelitten oder hat er selbst diese negative Form von Aufmerksamkeit von ihr genossen?
Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen
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