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Da war jener Vertrag über die deckungs- und haftrücklässe mit dem Treuhänder gewesen, den ich durchchecken sollte - und bei dem mir natürlich aufgefallen war, dass hier einiges nicht stimmte, zu Lasten der Käufer der Eigentumswohnungen natürlich. Der Treuhänder, der ein langjähriger Freund von Thomas war, Unterfertigte die Vereinbarung ebenfalls, er wusste selbstverständlich Bescheid und war bereit sich ebenso die Hände schmutzig zu machen. Ich weiß noch, wo ich mit einer anderen Mitarbeiterin unten bei der treuhandskanzlei warten musste und Thomas informieren musste sobald der Käufer eingelangt sei - damit er herunter kommen und einen kleinen Teil der vereinbarten Summe gleich hier unten und vorbei am Vertrag und an der Steuer entgegennehmen konnte. Dass Thomas einen Großteil dieses Gelds jedoch in die eigene Tasche steckte und nicht den Rücklagen zuführte, konnten diese Kunden nicht wissen. Natürlich wusste Thomas, dass mir beim durchlesen dieses Vertrags einige Ungereimtheiten ins Auge fallen mussten, doch ihm war klar, dass ich drauf vorbereitet war und nichts anderes erwartete. Jetzt im Nachhinein wünschte ich mir, dass ich nicht geschwiegen hätte - sondern Thomas noch mal drauf aufmerksam gemacht hätte, was für folgen das haben könnte, wenn er den dubiosen Vertrag in Umlauf brachte und damit aufflog. Ich hätte zumindest meine Chance nützen sollen und ihm mitteilen, wie hoch die Gefahr war, erwischt zu werden und was er damit alles riskieren würde. Stattdessen habe ich dabei zugeschaut, wie er direkt ins offene Messer gelaufen ist. Ich hätte ihn stoppen müssen als es dafür noch nicht zu spät war, und notfalls hätte ich den Vertrag in sämtlichen Ausfertigungen vernichten müssen. Ich hatte gesehen, wie schlecht diese Vereinbarung manipuliert worden war - ich hätte wissen müssen, dass dies zu auffällig wäre, dass dies auch bald den Behörden, die ohnehin schon gegen ihn ermittelten, auffallen müsste. Aus einer Niederschrift des Gerichts, die Oliver mir gezeigt hatte, ging hervor, dass genau dieser Vertrag eine wesentliche Rolle bei der Anklage gespielt hatte bzw. Das missing-link war, warum sie ihn überhaupt so schnell dran gekriegt haben. Ich hätte all das verhindern können, wenn ich nur einmal den Mut gehabt hätte das richtige zu tun. Ich habe mir noch gedacht, dass ein Käufer, der sich auf das einlässt dümmer sein muss als die Polizei erlaubt - ich habe mir sogar noch gedacht, dass das „lustig" werden könnte bei der nächsten betriebsprüfung, aber irgendwie habe ich das alles doch nicht so ernst genommen. Eigentlich müsste ich bei Oliver zu Kreuze kriechen und meine Sünde gestehen, aber soweit war ich noch nicht, das brachte ich nicht über mich. Manchmal ist die Lüge schöner wie die Wahrheit, die viel zu sehr weh tun würde, die viel zu viel zerstören würde. Thomas hätte mich schon längst als mitbeteiligte vor Gericht zehren können, aber er hatte es nicht getan und draus erhoffte ich mir, dass Oliver nie davon erfahren würde. Doch, was wenn Thomas irgendwann im Gefängnis einknickte und Oliver bei einem seiner Besuche die ganze Wahrheit erzählte? Was, wenn er ihm die Augen öffnete, was für eine falsche und feige Person ich war?

Wie hättet ihr an Margots Stelle gehandelt?

Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen

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