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Als ich ein paar Tage später Olivers zu Tode schockierten und verzweifelten Gesichtsausdruck sah, wusste ich sofort, dass etwas schreckliches passiert sein musste - mein Brustkorb wurde eng und seine Panik übertrug sich viel zu schnell auf mich. Bis jetzt war es mir gar nicht aufgefallen, dass sein Papa heute gar nicht im Büro war, aber das hätte auch ganz lapidare Gründe haben können. Doch die Wahrheit war, dass die Polizei ihn heute zuhause abgeholt hatte und in Gewahrsam genommen hatte, seine schwerwiegenden finanzstrafen und die bestehende verdunklungs- beziehungsweise Fluchtgefahr sprachen für sich. Wenn er dann erst richtig seine Haftstrafe nach der Verurteilung antreten würde, hieß das viele einsame Tage für Oliver - zusammen mit Thomas neuer Frau, die er ohnehin nie ganz leiden konnte, der er nun aber zur Seite stehen sollte. In Olivers Gesicht war so viel Schmerz und so viel auswegslosigkeit, dass ich mir direkt sorgen um ihn machte. Was, wenn er damit nicht klar kommen würde? Was, wenn er sich allen wieder komplett entzieht und auch ich den Kontakt zu ihm verliere? Ich sah die ganze Misere schon auf eine große Eskalation hin zu laufen, und das machte mir Angst. Ich fürchtete mich sogar Oliver zu berühren und ihn zu trösten - zu groß war die Chance, dass er mich weg stoßen oder anderweitig abweisen würde, ich weiß, dass ich feig war, aber das war nun mal nicht zu ändern. Ich wusste, dass ich derzeit den besten Draht zu Oliver hatte und, dass es mehr oder weniger meine Verpflichtung war ihm zur Seite zu stehen. Doch die Wahrheit war, dass ich mir diese Aufgabe nicht zutraute, die Gefahr zu versagen, war zu groß. Ich war deprimiert über all die Entwicklungen, die so negativ und so schnell plötzlich über uns herein gebrochen sind, und ja, ich war auch ein Bisserl egoistisch. Am liebsten hätte ich mich jetzt gleich wieder hinter meinem Laptop verkrochen und weiter gearbeitet - aber Oliver brauchte mich jetzt und mich musste mich dieser Aufgabe stellen, ob ich wollte oder nicht. Noch bevor wir ganz aus dem Bürogebäude draußen waren, brach er zusammen, er war ein einziges Häuflein elend aus Tränen und leid. Ich konnte nichts weiter tun als ihn einfach zu umarmen und ihm zu signalisieren, dass ich für ihn da war, dass ich ihn nie los lassen würde. Fast heulte ich mit ihm mit, aber dann riss ich mich doch noch zusammen da es einfach nicht angemessen wäre wie ein Schlosshund zu flennen, wenn ich ihm eigentlich vermitteln wollte, dass wir die Situation schon irgendwie zusammen hin kriegen würden. Ich musste jetzt stark sein - auch, wenn ich mir selber nicht sicher war, ob ich das konnte. Ich war immer der Typ von Person gewesen, die lieber zu anderen schutzsuchend angekrochen kommt. Ich war nie die Person gewesen, die sich Konfrontationen und schweren Situationen freiwillig gestellt hat, im Gegenteil, ich habe das immer bis auf die letzte Sekunde aufgeschoben. Und, dann war da noch jener kleine, böse Gedanke im Hinterkopf, dass ich an all dem jetzt hier wohl nicht ganz unschuldig war...
Was glaubt ihr ist damit gemeint, dass Margot auch nicht ganz unschuldig dran ist, dass Thomas jetzt ins Gefängnis muss?
Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen
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