[05]

Jisung PoV

"Welchen Teil von 'Ruinier mein Image nicht' hast du nicht verstanden?!"

Wir standen auf dem Schulflur und Minho funkelte mich wütend an. Seit unserem ersten Aufeinander Treffen war inzwischen eine Woche vergangen und ich war ihm grundsätzlich aus dem Weg gegangen. Doch als der ungeschickte Mensch, der ich nun mal war, musste natürlich irgendwann etwas schief gehen.

"Ich hab halt nicht aufgepasst, wo ich hingelaufen bin, okay? Das passiert jedem mal."

"Das ist kein Grund, um dein halbes Frühstück auf meinem Shirt zu verteilen!"

"Du hast doch genauso wenig aufgepasst, weil du zu beschäftigt damit warst, alle Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen! Genau deshalb hab ich jetzt nichts mehr zum Essen! Oh seht mich an. Ich bin Lee Minho und ich bin der Schönste hier. Jeder bewundert mich, obwohl ich nicht mal 1+1+1x0 richtig rechnen kann und eigentlich ein komplettes Arschloch bin. Fick dich einfach, Minhoe."

"Was hast du gerade gesagt?", knurrte Minho wütend.

"Hast du es nicht verstanden? Ich sagte Fick dich, Min-"

"Bist du lebensmüde, Jisung?!", rief Felix mir aus der Menge zu und drängte sich zu uns durch, wo ihm jedoch einer von Minho's Freuden, von dem Felix und ich inzwischen wussten, dass er Changbin hieß, den Weg versperrte. Außer seinen englischen Schimpfwörtern bekam ich von Felix nicht mehr wirklich viel mit, da Minho mir eine Backpfeife verpasste.

"Jetzt entschuldige dich und mach was gegen mein dreckiges Shirt, Eichhörnchenfresse!"

"Lieber eine Eichhörnchenfresse als ein arrogantes eingebildetes Arschloch!", erwiderte ich, zog mir meinen oversized Hoodie aus, den ich über ein Shirt gezogen hatte, da es schon recht kühl draußen war, und schmiss ihn ihm vor die Füße.

"Behalt ihn einfach! Die große Menge Waschmittel, die ich bräuchte, um deine Überheblichkeit da wieder raus zu spülen, kann ich mir auch sparen!"

Damit ließ ich ihn stehen und ging einfach in den Klassenraum. Seine Reaktion bekam ich nicht mehr mit, ebenso wenig, wie das was mit Felix passierte. Ich hoffte einfach, dass sie ihn verschont ließen. Machte mich das zu einem schlechten Freund? Wahrscheinlich. Ich war jedoch deutlich beruhigt, als Minho ein paar Minuten nach mir als letzter Schüler den Klassenraum betrat. Er trug meinen Hoodie und würdigte mich keines Blickes.

"Mein Hoodie steht dir übrigens super, Babe.", grinste ich provokant und gab ihm einen Luftkuss. So leicht würde ich mich von ihm nicht unterkriegen lassen und das sollte er auch wissen. Nun sah er mich an und ich hatte Angst, dass seine Augen gleich Laser auf mich schießen würden, doch versuchte mir davon nichts anmerken zu lassen.

Minho kam auf meinen Tisch zu und stützte sich mit beiden Händen darauf ab. In einer hielt er das dreckige Shirt. Ich sah den Tisch brechen und auch, wenn ich genau wusste, dass das nur ein weiterer kleiner Alptraum sein könnte, der gleich wieder vorbei war, zog ich schnell meine Füße unter meinen Stuhl und kippelte.

"Hör zu, Kleiner. Wenn du denkst, du kommst einfach mit allem davon, dann hast du dich geschnitten. Das Ganze hat gerade erst begonnen."

"Was hab ich denn gemacht? Ich hab doch nur gesagt, dass du verboten gut in meinen Sachen aussiehst. Aber ich wette in meinem Bett siehst du noch viel besser aus. Wenn du dich über mich lehnst. Deinen nackten, trainierten Oberkörper an meinem... Deine Lippen, mit denen du immer weiter von meinen Lippen meinen Hals runter küsst...
Woah, ich wette, du bist ein fantastischer Top. Aber ich könnte dich genauso gut toppen, wenn ich wollen würde."

Was genau das gerade werden sollte, wusste ich auch nicht. Vermutlich machte es mir einfach viel zu viel Spaß ihn zu provozieren.

"Such dir für deine kleinen Fantasien lieber deinen Aussie-Freund und halt mich gefälligst aus deinen dreckigen, kleinen Fantasien raus."

"Wieso? Keine Lust auf einen Ständer im Unterricht? Ich könnte dir auch einfach helfen, ihn wieder los zu werden. Du musst mich nur lassen~"

Ich legte eine Hand in seinen Nacken, um ihn ein Stück zu mir  runter zu ziehen.

Minho schubste mich jedoch von sich weg, was ich vermutlich hätte ausbalancieren können, wenn nicht im gleichen Augenblick ein Teil der Decke zusammen zu brechen schien und ich vor Schreck nach hinten umkippte, wobei mein Hinterkopf auf die Kante des Tisches hinter mir knallte und ich scharf die Luft einzog. Mein Tisch und die Decke waren wieder heile. Mein Traum war vorbei.

Ich stand auf und fasste mir an den Hinterkopf, wo warmes Blut herunter lief.  Minho sah mich schockiert an. Das war vermutlich nicht sein Plan gewesen.

"Ich geh dann mal... Krankenzimmer und so.", stöhnte ich schmerzerfüllt. Mein Schädel brummte wie sonst was und die Wunde pochte im Takt meines Pulses. Nicht gut. Gar nicht gut.

Der Lehrer kam rein und sah uns geschockt an.

"Lee Minho! Han Jisung! Zum Direktor. Sofort!"

"Darf ich zu erst ins Krankenzimmer? Ich hab echt was abgekriegt."

Während ich sprach, nahm ich Minho's dreckiges Shirt und hielt es mit dem sauberen Teil gegen meine Wunde, um die Blutung zu stoppen oder zumindest nicht alles voll zu bluten.

"Meinetwegen. Minho, du bringst ihn ins Krankenzimmer, bevor er unterwegs noch umkippt."

Normalerweise würde ich mich beschweren, aber da ich gerade einfach nur so schnell wie möglich etwas wollte, das meinen Schmerz betäubte. Auch Minho beschwerte sich zu meiner Überraschung nicht, sondern brachte mich ins Krankenzimmer. Er trug sogar meine Tasche und stützte mich, wenn ich drohte umzukippen. Seine eigene Tasche hatte er auch dabei. Vermutlich hatte er einfach vergessen sie abzustellen.

"Ich befürchte du schuldest mir tatsächlich ein neues T-Shirt.", meinte er, als ich mit einem Verband um den Kopf auf einer der Liegen saß und er sich sein Shirt ansah, das nun mehr Butter und Blut war als alles andere.

"Selbst Schuld wenn du weiß anziehst. Wieso bist du eigentlich noch hier? Du kannst gerne zurück in den Unterricht und mich alleine lassen. Meine Mutter kommt eh gleich und bringt mich ins Krankenhaus, damit die da die Wunde nähen können."

"Lass mich doch. Es sollte dir doch besser gefallen, wenn du nicht alleine bist."

"Lee Minho verbringt freiwillig Zeit mit dem Eichhörnchen? Das ich nicht lache. Du willst nur später besser da stehen, wenn wir zum Direktor müssen. Was habt ihr eigentlich mit Felix gemacht, nachdem Changbin ihn zurück gehalten hat?"

"Niemand hat ihm wehgetan. Keine Sorge. Changbin hat ihn gleich mit in die Klasse genommen. Außerdem mache ich es nicht für mein Image...", den letzten Satz nuschelte er, weswegen ich unsicher war, ob ich ihn richtig verstanden hatte.

"Wenn du lügst und es Felix schlecht geht, dreh ich dir den Hals um."

"Sagte der Junge, der sich an meinem ersten Tag in der Klasse von 'nem Mädchen fertig machen lassen hat."

"Das war ganz anders, als du denkst."

"Achja? Es sah nicht so aus, wie als hättest du gewonnen."

Es klopfte an der Tür und meine Mutter kam rein.

"Was machst du bloß für Sachen, Jisung? Man kann dich auch einfach nicht alleine lassen."

"Sorry..."

"Ist ja auch egal. Wo ist dein Pullover? Es ist kalt draußen."

Stumm zeigte ich auf Minho, der bislang einfach nur zwischen uns her geschaut hatte.

"Ach, du musst Felix sein! Schön, dass Jisung endlich einen Kumpel gefunden hat. Ich dachte schon er findet nie irgendwen."

"Ähhh.... Ich... Uhm...", stammelte Minho.

"Das ist nicht Felix sondern Minho. Von ihm hab ich dir auch erzählt."

"Hast du?", fragte Minho überrascht.

"Ja, hat er. Sehr viel sogar. Er könnte sich stundenlang über dich aufregen und gleichzeitig darüber reden, wie gut du aussiehst. Es ist einfach zu witzig."

"Können wir jetzt bitte einfach los, bevor du dich noch weiter mit Minho über mich lustig machst?"

"Klar, aber bist du dir sicher, dass die nicht zu kalt wird so? Es ist ziemlich windig draußen."

"Nimm die hier."

Minho hielt mir seine Jacke hin, die er in der Tasche verstaut hatte.

"Ich brauche deine Jacke nicht. Ich brauche gar nichts von dir. Denkst du, dass du mich einfach verletzen kannst, nur um mir dann deine Jacke anzudreh- ahh... Fuck..."

Dadurch, dass ich mich aufgeregt hatte, begann die Wunde wieder stärker weh zu tun und zu pochen.

"Nimm sie einfach, Jisung. Sieh es als Tauschhandel. Die Jacke gegen deinen Hoodie."

"Na schön."

"Das ist wirklich nett von dir Minho.", sagte meine Mutter freundlich.

"Ja, genau. Ganz nett bist du, Minho. Wir lieben dich alle, Minho.", meinte ich sarkastisch.

Ich nahm seine Jacke und zog sie mir an, dann ging ich ohne ein Wort des Abschieds mit meinen Sachen aus dem Raum und in Richtung des Ausgangs.

"Schön dich kennengelernt zu haben.", hörte ich meine Mutter noch sagen, bevor sie mir nach draußen folgte.

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