52 | frei.
Die Grundübelkeit, die sich mit Robs Wiederkehr in Logans Eingeweide verankert hatte, verging nicht. Stattdessen wuchs sie bloß, um so näher das Spiel gegen die Hufflepuffs kam.
Und bis zum Morgen jenen Samstags erlebte Logan all ihre Stunden in Surrealität: Wie durch einen milchigen Schleier, der sie nicht klar sehen ließ. Als wäre und bliebe ihr Blick auf die Welt verfälscht.
Ähnlich wie bei ihren Vorbereitungen zum Spiel gegen die Gryffindors überlud Corben sie an den letzten beiden Tagen mit Taktiken, Spielzügen und Motivationsreden. Und als am Morgen des Spieltages die Decke der großen Halle bloß einen wolkenverhangenen, aber keinen regnerischen Himmel zeigte, bedankte sich Cho bei Merlin mit einem Stoßgebet.
Der Zug der Vorfreude und Aufregung war allerdings an Logan vorbeigefahren.
„Wenn du weiter so öde guckst, machst du mir nicht grad Freude aufs Spiel", witzelte Fred, als er sie auf ihrem Weg zum Frühstück abfing. „Ich trag sogar 'nen Ravenclaw-Schal, lass es mich nicht bereuen."
Selbstzufrieden surrte er den blau-silbernen Stoff um seinen Hals fest. Logan kam es vor als hätte sie schrecklich lange nicht mehr in sein verschmitztes Gesicht gesehen. Und beinahe glaubte sie, wenn sie es nur lang genug anstarrte, dann würde es sie in Sicherheit bringen. Auf den Astronomieturm, in einen Seitengang, auf ihren Schreibtisch am Grimmauldplatz, in den Keller, wo niemand war – irgendwohin, weit weg von allem, so wie es Fred Weasley immer tat. Immer, nur diesmal nicht.
„Du weißt schon, dass wir euch den Hauspokal abknüpfen, wenn wir gewinnen?" Sie versuchte so selbstlos wie möglich zu klingen. Und auch, wenn Fred mitspielte, wusste sie, dass er es nicht kaufte.
„Naja, wenn ihr gegen Slytherin spielt, werdet ihr bestimmt verlieren", scherzte er.
„Wie, dann wechselst du die Seite und feuerst Slytherin an?"
Fred bemerkte den Fehler in der Matrix. „Nein, dann zünde ich das Spielfeld an, denn so weit kann ich nicht denken."
Logan lachte und zum ersten Mal seit Robs Wiederkehr fühlte es sich ehrlich an.
„Weißt du was?", neckte Fred sie, noch während er George, der sich aus einer innigen Unterhaltung mit Tracie Warwick löste, zu sich herüber winkte „Ich schau gleich auch nur hin, wenn du gut spielst. Ich kann wegschauen, wenn du versagst."
„Pass auf, Weasley", sie zupfte an seinem Schal und zum ersten Mal kam ihr der Spielbeginn in nicht mehr wie ein Parkour des Unmöglichen vor. „Nachher kannst du gar nicht den Blick von mir nehmen."
Die Fältchen um Freds Augen dehnten sich, als er ihr hinterher rief: „Wär das so tragisch?"
Logan hatte gar nicht die mentale Kapazität, um an das Spiel gegen die Hufflepuffs zu denken. Nicht einmal als es bloß noch zwei Stunden bis zum Spielbeginn war und sie alle gemeinsam in der Umkleidekabine saßen, um ihre Abschlussbesprechung zu halten. Das Frühstück lag ihr unendlich schwer im Magen und der Stiel ihres Besens war klammer, als er bei ihrem letzten Spiel gewesen war. Denn schließlich hatte es damals noch keine Zeitbombe gegeben. Niemand, der das ganze Feld ihrer Existenz in die Luft jagen konnte.
Dafür brannte an diesem Morgen die Winterluft, als sie das Stadion betraten. Die Menge, die die Ränge füllte, toste wie ein einbrechender Orkan über sie hinweg und Blau und Gelb biss sich auf den meterhohen Rängen, bis die tiefhängenden Wolken sie schluckten.
„Bereit?", raunte Corben hinter ihr, doch Logan konnte das Geschehen gar nicht filtern, sie nahm es gar nicht war. Denn ihre Augen scannten die Tribünen, das Meer aus Bannern und Schals, Wintermänteln und Mikrofonen – und erstarrten.
Rob stand in der vordersten Reihe der Ostkurve und sah ihr zu, das Gesicht ausdruckslos. Er war noch nie bei einem Spiel gewesen – Komm schon, Corbs. Ich kann mit was Besserem die Zeit verschwenden. Ich schau mir Quidditch erst an, wenns was gibt, das es spannend macht.
Corben gab dem Kapitän der Hufflepuffs die Hand bloß in Schlieren, Logan konnte es kaum wirklich sehen. Nicht halb so bissig, wie er es gegen die Gryffindors getan hatte.
„Und der Quaffel ist in der Luft", waren Lee Jordans erste Worte, als Madam Hoochs dröhnender Pfiff das Spiel eröffnete. Mit der Rückkopplung des Mikros hallten sie über den Platz hinweg.
Logans Füße lösten sich vom Boden.
„Alle sind hier, um zu sehen, ob McLaggen seinem Ruf als Ligaspieler gerecht werden kann. Wenn sein Team heute verliert, sind sie aus dem Rennen um den Hauspokal ausgeschieden."
Und Logan wartete sehnlichst darauf, dass die Erlösung begann. Genauso wie bei ihrem letzten Spiel, als sie bloß den ersten Ball fangen musste und sich dann in ihrem eigenen Film verlor. Als der Himmel eine Heimkehr war. Doch diesmal blieben die Türen zu. Und Logan trotz dröhnenden Stadions allein in ihrer Surrealität zurück.
„Ainsley am Ball. McLaggen, Bochholt, McLaggen. Chang und Smith suchen schon beide wild nach dem Schnatz, warum heute nicht zu einem kurzen Abenteuer machen?"
Logans Augen glitten über die Menge. Tausend bunte Punkte im Kampf gegen das eiserne Weiß des Winterhimmels. Irgendwo dort war Fred. Und Rob. Und sie war sich sicher, er starrte nun zu ihr empor.
Die Bälle zu fangen, die Corben ihr zuspielte, war eine Leichtigkeit. Pauls freie Hand in der Menge auszumachen reine Routine. Den Wurfpass zu spielen, der ihn jedoch erreichte, fiel Logan schwerer als jemals zuvor.
„Nein! Schwacher Pass von Ainsley, Godwick hat ihn abgefangen", trällerte Lee in der zwanzigsten Spielminute. „Wo ist das Jägertrio, das den Gryffindors die Hölle heiß gemacht hat?"
Sie waren da. Oben auf dem Platz, doch Logan gehörte nicht dazu. Nicht richtig, nicht wirklich. Auch, wenn sie zwei Mal die Ringe traf –
„Logan!"
Corbens Stimme drang schneidend zu ihr hindurch, irgendwann nach einer halben Stunde Spielzeit, als ihr Torhüter einen Gegenangriff der Hufflepuffs abgewehrt hatte und sie auf einen neuen Spielball warteten.
„Ich weiß", wehrte sie ab. Sie wusste, was er sagen wollte: „Auf dem Feld gibts die Sache zwischen uns nicht, also -"
„Ganz genau", Corbens Ausdruck festigte sich, „und deshalb muss ich dich jetzt auch fragen, was –"
„Was zum Geier ist los bei dir, Ainsley?" Tinas Stimme donnerte von oben auf sie herab wie das Unwetter, das sich mittlerweile im dunkler werdenden Himmel ankündigte. „Konzentrier dich mal mehr!"
Corben machte eine ausladende Geste. „Genau das wollte ich –"
„Du spielst, als hätte dich jemand mit 'nem Lähmflich belegt!"
Mit schneidender Stimme fuhr Corben herum: „Okay Tina, reicht, danke!" Dann sah er wieder zu Logan, eisgraue Iris, klarer als die Wolken selbst. „Logan."
„Ja, schon gut", versicherte sie und setzte sich ab, während Madam Hooch den neuen Ball zu ihrem Torhüter warf. „Ich bin jetzt wach."
Beinahe stimmte das auch. Die nächsten Pässe, die sie warf, waren klarer und um so mehr Zeit verstrich, desto besser wurde sie. An ihre Leistung beim Spiel gegen die Gryffindors kam sie jedoch nicht heran. Allerdings war sie dabei die einzige: Corben flog als hätte er sein Lebtag nichts anderes getan und auch Paul spielte sicherer als bei jeder ihrer Trainingseinheiten.
„Sechzig zu sechzig, ein wunderschöner Ausgleich von Bochholt für Ravenclaw!", verkündete Lee und Logan klatschte ihren Torschützen ab, während sie zurück in ihre Formation flogen.
„Ein schönes Spielgeschehen liefern sie, die Ravenclaws! Die wollen unbedingt ins Rennen um den Pokal zurück. Vielleicht hat sich McLaggen seinen Platz in der Liga ja wirklich verdient."
Trotzdem lugte Logan, wann immer es das Spielgeschehen zuließ, zu Cho empor, die wie ein Adler um die Tribünen kreiste, Zacharias Smith in entgegengesetzter Richtung. Wenn sie den Schnatz einfach fing, wären sie erlöst.
„Angriff der Hufflepuffs, Goldwick und Truemann im Vormarsch."
Tinas Stimme donnerte von der Seite – „Logan, ducken!" – und schon sauste ein Klatscher an ihr vorbei, die Menge stöhnte –
An ihr vorbei, doch nicht an Truemann, der prompt den Quaffel fallen ließ.
„Jetzt Ainsley am Ball. Ainsley, Bochholt, McLaggen. McLaggen, Ainsley, McLaggen – Traumpässe, die beiden!"
Logan sah Corben über das Spielfeld grinsen.
„Da könnt man ja meinen, an den Gerüchten, die beiden hätten was am Laufen, ist was dran – ja Entschuldigung, Professor. Truemann hat sich von Bochholt den Ball zurück geholt, McLaggen auf den Fer-"
Zacharias Smith schnitt so haarscharf an Logan vorbei, dass er sie fast vom Besen warf. Und noch während sie herumfuhr, entdeckte sie den Schnatz in der Luft. Auf den Rängen am Ostflügel, ganz knapp flimmerte er über den Köpfen der Ravenclawanhänger.
„Smith hat zum Sprint angesetzt, der Schnatz hat sich blicken lassen!"
Doch Logan konnte ihm nicht nachsehen, Paul warf ihr einen Quaffel zu.
„Chang ist viel näher dran. Ainsley zeitgleich am Ball. Pass zu Bochholt, Pass zurück, sie spielen gleich den Hüter aus – Die Sucher noch immer im Sprint, Chang vorne. Komm schon, komm schon – Sie sausen hinter die Tribünen, Ainsley allein vor dem Tor, wirf doch endlich –"
Corben schrie: „Wirf, verdammt!"
Aber sie kam nicht mehr dazu. Ein plötzlicher Pfiff holte sie aus der Luft zurück –
Sie war frei vor den Torstangen, die Hand am Ball – und ließ den Quaffel fallen. Denn die Worte, die als nächstes durch Lees Mikorfon ebbten, schickten sie sofort in den Sturzflug.
„Chang hat den Schnatz gefangen! Chang hat ihn! Ravenclaw gewinnt!"
Logan war die erste am Boden. Und sie spürte den Aufschlag ihrer Füße erst, als er in ihren Knien widerhallte.
Die bahnbrechende Freude ihrer Mannschaftskammeraden überrollte sie; das Donnern um sie, das sie begrub, und Tina, die zuerst bei Logan war und ihr auf die Schultern sprang, grölende Jubelrufe, Pfeifengeschosse –
All das war noch nie haltloser von ihr abgeprallt. Wie ein Fremdkörper, der ihr nicht gehörte.
„Ja, Mann, ja!", schrie Tina in ihr Ohr, Trompeten dröhnten von den Rängen, Klatschgesänge feuerten Corben an, vielleicht auch doch ihr ganzes Team, bis Paul Cho empor hob, damit der goldene Schnatz in dem aufbrausenden Winterrregeln glitzern konnte.
Und das eiskalte Wasser setzte ein, fiel von oben auf sie nieder und Corben erreichte Logan, zog sie an sich, fest, das Gesicht glühend heiß voller Schweiß und Glücksrausch. Feuchtes Gras im Gesicht, Haare vom Wind aus der Stirn, Wangen kalt. Noch nie war er so froh gewesen, so fliegend leicht und sie konnte gar nicht anders, als das Grinsen zu erwidern, auch wenn sie es nicht wirklich spürte, auch wenn es nicht die Wahrheit war –
Auf den Rängen drängten sich die Ravenclaws die Tribüne hinab. Und Logan sah durch Corbens um sie geschlungenen Arme Fred Weasleys bohrenden Blick, der an den Treppen stand und sich entscheiden musste. Und das Lächeln, an dem er sich versuchte; Ich hab dir zugesehen und ich sehe dich jetzt. Bevor er mit George das Stadion verließ.
Und alles, was blieb, war Rob. Rob, der zwei Reihen hinter Fred stand und sich um keinen Meter rührte.
„Wir haben gewonnen, wir haben gewonnen!", sang Tina, während Corben Logans Stirn küsste, bis sie glühte, und die Ränge über ihnen färbten sich königsblau – „Wir haben gewonnen, wir haben gewonnen!"
Logan war die letzte, die an diesem Tag die Kabine verließ. Die Stille kämpfte trügerisch gegen die letzten Siegesgesänge an, die von draußen in die Umkleide hallten. Tinas Stimme schmetterte über die ganzen Länderein hinweg. Und Logan stand dort, in der Dunkelheit der Umkleidebänke, sah auf die Holztür und genoss die Ruhe um sie herum. Die Abgeschiedenheit, den leise plätschernden Regen und dass sie endlich alleine war.
Erst mit dem Klopfen an der Holztür fiel ihr auf, wie dunkel es mit dem einsetzenden Regen geworden war.
Die Türschaniere knarrten.
„Logan?"
Corbens Kopf erschien im Türspalt. Und auf seine Miene zog sich Erleichterung, als er sie auf der Bank sitzen sah.
Mit einem mühevollen Lächeln stand sie auf, während er die Tür hinter sich schloss und die letzten Siegesgesänge aussperrte.
„Es tut mir leid", war das Erste, was sie flüsterte, bevor er sie erreicht hatte. Die halbnassen Haare klebten ihm in der Stirn und er roch nach herbem Shampoo.
Es tut mir leid, weil sie es meinte. Unbestimmt und doch das Einzige, was er wissen musste. Ihre Unkonzentriertheit, ihre Vorwürfe, die Unsicherheit um sie herum und alles, was dazwischen war. Er verstand sie genau.
Sanft legte er seine Hände um ihre; nichts stahl das Grinsen von seinen Lippen und beinahe steckte er sie damit an: „Wir haben gewonnen. Du weißt, dass ich dir nicht wütend sein kann?"
Logans Oberkörper spannte sich. „Hast du schonmal überlegt, dass das ein Problem ist?"
„Wie meinst du das?"
Regentropfen hatten sich in sein frisches Shirt gesogen. Er sollte nicht hier sein und Logan wusste es, während er sie bei sich hielt: Er gehörte nicht hier her. Und sie noch viel weniger.
„Corben", sie flüsterte seinen Namen so wie sie es immer tat, wenn sie die Ruhe darin brauchte. „Du wirst das nicht verstehen. Und ich weiß, ich verlange ziemlich viel von dir, aber –"
Corben hatte seinen Kopf schief gelegt und all seine Aufmerksamkeit lag auf ihr. Mit einer halben Armlänge zwischen ihnen, damit er jedes Zucken sah, als sie aussprach, was vielleicht unausweichlich gewesen war, doch für ihn aus dem Nichts aufkam: „Ich möchte das Quidditch-Team verlassen."
„Wie bitte?" Seine Hände fielen von ihr ab. Ein Laut, der vielleicht einmal ein Lachen hatte sein sollen, entwich ihm: „Logan, wir haben gewonnen." Dann griff er wieder nach ihrem Arm. „Hey, hey, du hattest einen schlechten Tag, sowas hat jeder mal."
Doch Logan kämpfte ihre Finger frei. „Daran liegt es nicht."
„Wenn ich dir als Trainer -"
„Bei Merlin, Corbs", lachte sie und presste ihre Handflächen gegen seine Brust, vernahm jede einzelne Regung unter dem dünnen Stoff. Als nähme sie Abschied von dem, was sie von jetzt an gehen ließ. Das letzte Bisschen Heimat, das sie gehabt hatte. Das letzte bisschen Gewohnheit, die das Quidditchfeld und mit ihm Corben McLaggen gewesen war. „Deine Küsse hinter dem Besenschrank herzugeben, ist nicht leicht."
„Dann tu's doch nicht."
Doch Logans Ausdruck verriet: Ihre Entscheidung war unverhandelbar. Und alles, was sie ihm nicht sagte, alle Entschuldigungen, die sie nicht sprach, lagen in ihren Händen, die seinen Herzschlag spürten. Und Corben trat davon zurück.
„Ich versteh das nicht. Ich versteh nicht – erklär es mir."
Logan wusste es. Sie kannte den Schaden, den sie anrichtete. Und doch beging sie ihn.
„Mir ist das zu viel Trubel", sagte sie. Spürte keinen Herzschlag mehr, keinen warmer Atem. Sie nahm nicht nur ihm etwas, genau das selbe entriss sie auch sich selbst. „Rob ist zurück und er – Es ist – es ist so viel los in meinem Leben und ich kann meine Aufmerksamkeit nicht mehr spalten, ich glaube – ich glaube ich explodiere."
„Dann lass mich teilhaben." Sein Nachdruck war nicht lauter als das aufbrausende Regentrommeln und doch bohrte es sich wesentlich tiefer in ihr Herz. „Lass mich dir was abnehmen, was auch immer es ist."
„Nein, nein – ich hab schon lange darüber nachgedacht. Und ich bitte dich, das einfach zu verstehen."
„Dann denk noch etwas länger nach. Zwei Wochen oder sowas. Denk drüber nach, ob du das wirklich willst."
Logan atmete fest.
„Zwei Wochen, Logan, du kannst – Bitte schmeiß das nicht weg, ich meins Ernst." Es war absurd, dass er sie noch immer berührte. Und dass er es wirklich ernst mit ihr meinte. „Du bist gut, lass das nicht los."
„Corben ich –"
Sie brach ab. Musste ihre Augen schließen, da sie dem Druck dorthinter sonst nicht standhielt. Sie konnte es nicht noch klarer sagen.
„Hey, zwei Wochen nur", hauchte er, als er ihr näher kam. Sie spürte ihn, bevor er da war. „Zwei Wochen nur und sonst lass ich dich gehen."
Dann berührte er sie.
„Ich mag dich nämlich", flüsterte er. Heißer Atem auf ihrer Wange, das Glas ihrer Brille beschlug. Wenn das ein Teil seiner Überredungskunst war, war Logan darauf eingestellt. Und trotzdem brauchte sie ihn viel zu sehr. Ihn und die behutsame Art und Weise, wie er ihren Hals küsste.
„Ich mag dich", raunte er in ihr Ohr, hob sie auf die Liege hinter ihr empor, die Arme fest und die Küsse bestimmt. Seine Hände tief in ihrem Haar bestätigten, was Logan lange ahnte: „Ich mag dich viel zu sehr."
Letzten Endes fühlte sich die Welt ein wenig leichter an, als sie in Corbens Arm in den Gemeinschaftsraum trat. Als hätte sie eine Bürde von sich losgeschnitten. Als wäre das Quidditchteam kein Teil mehr von ihr. Und als täte ihr das kaummehr weh.
Kaum, dass sie die Schwelle überschritten, schlug ihnen ein heilloser Ausnahmezustand dröhnender Musik und tosenden Gejohles entgegen – Corbs, da ist er ja!
Corben hätte sich gar nicht wehren können, da wurde er schon in den Sessel gepresst, belagert von ihren Mitschülern, bejubelt von Klatschgesängen und beworfen mit durch die Luft sausendem Popkorn und lametternem Konfetti, Tina Bigstein allen voran: Ich liebe dich, McLaggen, du Genie von einem Trainer!
„Schön die Stille in der Kabine genossen?", feixte Naome Logan ins Ohr, als sie ihr ein frisches Butterbier reichte.
Mit genugtuender Geste ließ Logan den Deckel aufploppen – „Neidisch?"
Daraufhin antwortete Naome nicht mehr. Stattdessen bevorzugte sie ein dumpfes Würgegeräusch.
Für den Rest des Tages bemühte Logan sich fröhlich zu sein. Und sie bemühte sich, sich zu freuen, dass Gryffindor ihnen nur mit vierzig Toren voraus und nun kein unschlagbarer Gegner mehr war; dass der Pokal greifbar und Corben an seinen Ruf herangewachsen war.
Doch wann immer die Musik wechselte, sich das Bier in ihren Händen leerte oder einfach bloß niemand hinsah, dann fühlte sie den Winter draußen, die Kälte in ihr und alles, was sie nach und nach zu verstehen begann: Der Kompass, der nicht mehr bei ihr war, die Zeitbombe, die durch die Kerker marschierte und alles, was an Weihnachten gewesen war.
„Anstrengende Feier gehabt?", witzelte George am Sonntag, als er und Fred sie auf dem Weg zum Frühstück trafen.
Logan war gerade dabei gewesen, sich die Schläfe zu massieren. Ihre Worte gingen in einen Seufzen über: „Wahnsinnig."
Ob von zu viel Butterbier, zu viel Gedanken oder zu sehr schmerzenden Gliedern wusste sie nicht.
„Immerhin habt ihr gewonnen." Freds erster Impuls war, ihr aufmunternd gegen die Schulter stoßen, doch er ließ es bleiben. Stattdessen las sie, dass er sie gesehen hatte, jedes Bisschen von ihr und jeden Moment, in seinem dünnen Ton: „Glückwunsch."
„Danke."
„Nicht deine Woche gewesen, hm?", mutmaßte George, während er sich eine Plastikfolie aus dem Haar zupfte, die viel zu sehr nach Nasenblutnougats aussah.
Logan schielte ihr nach, als sie auf den Boden segelte, und murrte: „Kannst du laut sagen."
„Wo ist denn dann unser Jägertraum?" Fred sah sich theatralisch im verlassenen Korridor um. „Sollte er dir nicht seine tröstende Schulter anbieten, oder ist er zu beschäftigt damit, durch die Gänge getragen zu werden?"
„Ich möchte gerade keine Nervenbewältigung von ihm verlangen", beteuerte sie und meinte es auch so. Corben hatte sie während ihrer Feier gestern kein weiteres Mal auf ihren Austrittswunsch angesprochen und sie wollte ihm auch nicht noch einmal beteuern müssen, wie ernst es ihr war. Da wartete sie lieber zwei Wochen ab. „Und von euch auch nicht. Also Themenwechsel, bitte."
George gluckste: „Oh, so mies ists also?"
Doch Logan reagierte nicht. Stattdessen starrte sie den Weg geradeaus, wo sich hinter den letzten Treppen schon die große Halle und ein heiß ersehntes Frühstück auftaten. Mit angestrengtem Gesicht kaute sie auf der Innenseite ihrer Wange. Sie hatte sich den ganzen letzten Abend Gedanken gemacht. Auch dann, als noch immer Musik aus dem Gemeinschaftsraum in den Schlafsaal gedrungen war und Cho sich im Bad von zu viel Feuerwhisky übergeben hatte.
„Fred?", sagte sie schließlich, bevor sie den Entschluss wirklich gefasst hatte und er blieb gerade rechtzeitig stehen, um nicht mit George zum Gryffindortisch abzubiegen. Der starrte ihnen bloß neugierig nach.
Fred schürzte die Lippen. „Ja?"
„Erinnerst du dich noch an dein Angebot?"
Verdutzt zog sich eine Falte über seine Stirn. Er beugte sich zu ihr und Logan war froh, dass sie noch nicht in der Halle standen; Corben und Anne hatten sie noch nicht gesehen.
„Welches Angebot?"
Logan stellte sich auf Zehenspitzen, um leiser sprechen zu können.
„Vom Weihnachtsabend."
Freds Pupillen weiteten sich, ein gewinnerisches Grinsen folgte.
„Ich würde gerne Schutzzauber lernen."
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Well... this is it, glaubt ihr mir das? Logan und Fred, das geht jetzt richtig los.
Habt ihr Lust auf eine ordentliche Ladung Fred-Weasley-Content? Eine Runde Humor, Herzschmerz und Duelle? Oh dann sind die nächsten paar Kapitel was für euch.
Findet ihr es übrigens nachvollziehbar, dass Logan aus der Mannschaft austreten will?
Wird Corben sie in den zwei Wochen überreden können, doch noch zu bleiben?
Wie ihr vielleicht merkt, ist sie ganz kurz davor, einzuknicken. Jetzt hat sie ihre Lügen wirklich bis zum Ende ausgereizt. Viel weiter gehts nicht mehr. Gut, dass Fred rechtzeitig die Bühne betritt.
Die Widmung diesmal geht an frqnzii, die ebenfalls diese ganze Geschichte mit so lieben Votes und Kommentaren aufgeholt hat, ich kanns kaum begreifen.
Danke euch allen für eure unendliche Liebe. Samstag schauen wir uns mal nach dem Raum der Wünsche um.
See you there, Ally xx
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