49 | ist er nicht.

Als Logan das Büro ihres Schulleiters verließ, schimmerte die fortgeschrittene Dämmerung hinter den milchigen Glasscheiben des fünften Stockwerks. Die Sohlen ihrer Schuhe hinterließen ein verräterisches Klacken auf dem Stein und sie fühlte sich schwummrig; als hätte man ihr den Hals aus einer viel zu engen Schlinge gezogen, dabei aber auch jegliches Quäntchen Realität von ihr gestreift.

Die Gänge Hogwarts' waren leer und die schemenhafte Idee, wer Robert Pierce eigentlich war, verfolgte sie genau so wie Dumbledores eindringliche Worte, sein Nein; Nein, nein, nein. Ich habe die Ehre, Mr. Pierce viele Jahre zu kennen. Er hat nie Charakteristika offenbart, die mich zweifeln ließen.

Und spätestens nun brannte Corbens Blick, den er ihr beim Frühstück zugeworfen hatte, wie ein Schuldfeuer unter Logans Haut.

An diesem Abend herrschte in dem Gemeinschaftsraum der Ravenclawsreges Treiben. Dumpfes Feuerholz knisterte im Kamin, blaue Schattenspiele tanzten an den Wänden und Drittklässler schnippten Papierflieger durch die Luft.

Und Corben stand am Fußende der Schlafsaaltreppe und wandte sich grade von Paul Bochholt ab; mit Klemmbrettern unter dem Arm und Haaren so zerzaust, sie erzählten von den Taktikplänen, die er eben noch durchgegangen war. 

„Corben."

Sie sprach seinen Namen, noch bevor er nah genug war, um sie zu verstehen. Bevor er sie überhaupt gesehen hatte - er blickte auf.

Und für einen Moment fürchtete Logan, sein Ausdruck vom Morgen könnte sich nicht verändert haben, doch die Kälte in seinem Grau fehlte. Und Logan blieb Platz zum Atmen -

„Hey, Corben."

Beinah wäre er an ihr vorbei gelaufen. Doch noch bevor er ihre Schulter streifte, hielt er an. Starrte an ihr vorbei auf die Gemeinschaftsraumtür. 

„Lass uns reden. Bitte", hauchte sie.

Die Sehnen an seinem Hals spannten. Und seine Fingerknöchel waren sandsteinweiß. 

„Ich muss in die Bibliothek", war alles, was er sagte. 

Und zum ersten Mal ließ Corben McLaggen Schwere in Logan zurück. Das, und ein größerwerdendes Druckgefühl in ihrem Hals, das vielleicht auch nur die Gewissheit war, dass sie etwas in ihm gebrochen hatte.

Anne und Naome erzählte sie an diesem Abend beim heimtückischen Licht des Kaminfeuers eine Lüge über Snapes Standpaucke und ihren plötzlich wieder aufgetauchten Aufsatz, die sie bis zum nächsten Morgengrauen wieder vergessen haben würde.

Und während Anne über ausbleibende Valentinstagseinladungen herzog, scannten Logans Augen ununterbrochen den Gemeinschaftsraum. Doch Corbens Silhouette tauchte mit keiner verstreichenden Minute wieder auf. Und spätestens nun, als sie die losen Fäden des Sesselpolsters knetete, wusste sie, dass sie sich dringend bei ihm entschuldigen musste.

Er war ein Ravenclaw, kein Slytherin?

Die Intentionen eines Menschen lassen sich nicht an seinem Haus herleiten, Logan.

Der folgenden Morgende verging mit einer ähnlichen Realitätsferne wie die Zeit zwischen den Weihnachtsfeiertagen. Beim Frühstück saß Corben ihnen nicht gegenüber, sondern diskutierte mit Paul, Cho und Tina, oder brütete über seinen Spielzugtabellen. Mittags war er der erste, der zur nächsten Unterrichtsstunde verschwand, Abends tauchte er meist gar nicht auf und Logan war sich sicher, dass es irgendwo einen Knopf geben musste, der all diese schrecklich schieflaufenden Tage revidierte. Nur, dass sie ihn partout nicht fand.

Dabei konnte man, wenn man von all dem nichts wusste, vielleicht auch keine Anomalität in diesen Tagen finden. Vielleicht war Corben einfach Corben, der der Panik vor ihrem kommenden Spiel verfiel. Aber trotzdem warf er Logan diese bedeutungsschwere Blicke zu, die weder straften noch verurteilten, sondern über allem nur eines zeigten: Du hast mir weh getan

Und manchmal, wenn er nach dem Frühstück an ihnen vorbeizog oder sich während Zaubertränke bloß knapp mit ihr unterhielt, war Fred da und sah ihnen dabei zu. 

Bis das Ende der Woche kam und er nicht mehr im Unterricht auftauchte. Genau so wenig wie George. 

„Die anderen Weasleys sind aber hier", beteuerte Naome, als sie sich in Zauberkunst setzten und Fred und George genau so wie in Geschichte ebenfalls fehlten. 

„Gestern bei Wahrsagen waren sie auch da", raunte Katie ihnen über die Sitzbank zu. 

„Und ich hab sie heute Morgen im Korridor gesehen." 

„Bei den beiden verlier ich noch jeglichen Verstand", war alles, was Angelina dazu sagte. Trotzdem grinste sie Logan zu, als sie zurück an ihren Sitzplatz sank: „Wenn die ihren eigenen nicht schon lange losgeworden sind."

Und in dem Moment wusste Logan, dass sie beide eine Ahnung teilten, wohin es die Zwillinge selbst zu Unterrichtszeiten verschlug. Denn die Vorfälle, in denen Schüler beim Abendessen mit blutender Nase oder pink anlaufenden Haaren die Große Halle verließen, waren seit Neujahrsbeginn häufiger geworden. 

Der einzige, der sich darum nicht kümmerte, war Corben. Oder zumindest verzog er nicht auch nur das Gesicht, als Brixton bei einem Mittagessen quer über ihren Haustisch blutete. Nur für einen Augenblick glaubte Logan, ihn lachen zu sehen. Das Zucken eines Mundwinkels vielleicht. Doch als er seinem Instinkt folgte und zu Logan empor sah, wurde er wieder stumm. 

Als würde sie beobachten, der nicht greifbarer hätte sein können, und doch zeitgleich vollkommen unerreichbar war. Und als der Donnerstag kam, hielt sie es nicht länger aus.

„Corben." 

Es war ein milder Morgen, als sie ihn in der Eingangshalle abfing.

Der Stoff seines Quidditchpullovers lag seltsam rau unter ihren Fingern und Corbens Blick war schälern.

„Logan."

Ihr Name hatte sich aus seinem Mund immer wie Beistand angehört. Jetzt klang er seltsam fern. 

„Ich möchte das nicht", sagte er, während sich eine Gruppe Hufflepuffs an ihnen vorbeidrängte, in der Großen Halle roch es bereits nach herbem Tee. „Noch nicht."

„Corben, ehrlich -"

Er straffte seine Schultern.

„Ich möchte mich auf das Spiel konzentrieren, in Ordnung?"

Sein Blick war harsch. Stählern und unglaublich undurchdringbar.

Für einen Augenblick glaubte Logan, dass er vielleicht gar nichts mehr sagte und für einen noch absurden Augenblick hoffte sie, dass er sie einfach küsste. Doch das tat Corben McLaggen nicht. Er sah sie einfach nur an und sie verstand. Also ließ sie ihn los. 

„Sei gleich einfach pünktlich am Platz."

Ihre Finger glitten von seinem Oberarm.

Als Corben die Halle verließ, sah Logan ihm nicht nach. Stattdessen starrte sie zu Fred, der an dem Marmorbogen lehnte und sie beobachtete. Und wünschte sich, sie hätte das Aufblitzen in seiner grüner Iris nicht gesehen. Denn so langsam hatte sie begonnen, die Bedeutung hinter seinen Ausdrücken zu verstehen. Du hast dich für McLaggen entschieden - oder etwa nicht?

„Habt ihr euch eigentlich gestritten?", fragte er sie am selben Abend, als er nach ihrer Verwandlungsstunde neben ihr einscherte.

Logan war bloß halbherzigen Schrittes auf dem Weg zum Abendessen gewesen und sie beide konnten gerade noch sehen, wie Corben am anderen Ende des Korridors zum Gemeinschaftsraum einbog.

„Ich mein, du und der Ligaprofi?"

Sie sah ihn nicht an. Erkannte allein an seiner Stimmlage, dass er die Worte nicht so neckisch gesprochen hatte, wie sie hätten sein können. Dabei trug er nicht einmal mehr seine Krawatte und die Tatsache, dass er nicht von den Gewächshäusern kam, verriet ihr, dass er auch den heutigen Nachmittag in keinem Klassenzimmer verbracht hatte. Stattdessen roch er nach verschmorrtem Feuerholz und Karamell.

Auch, als sie um die nächste Ecke bogen, ließ er nicht von ihr ab: Habt ihr euch gestritten?

„Warum seid ihr nicht im Unterricht?", stellte sie also bloß ihre Gegenfrage.

Fred zuckte mit den Achseln. „Zukunftsplanungen."

„Die wichtiger sind als eure Schullaufbahn?"

Er lachte. „Um Längen."

Dann folgte er ihr die Zentraltreppe hinab. Die Sonne brach tief durch das Eingangsportal hinein, schimmerte dunstig golden über den Marmorboden als wäre wieder Herbst.

Fred schirmte sie von der Großen Halle ab: „Du weißt, dass ich immer noch genau sehe, wenn du jemanden zum Anschweigen brauchst?"

Das sagte er, bevor sie sich an ihm vorbeischieben konnte und Logan spürte, wie sich der Nachdruck seines Tonfalls in ihr Mark bohrte. Er war beinah selbstzufrieden, als sie seinem Blick begegnete. Unersättlich ergeben. Und erst da sah sie, dass er ihr etwas entgegenhielt.

„Croissant?", fragte er und nickte auf die Schlossgründe hinaus.

Der Januarabend war lau, als sie auf die Wiesen der Ländereien traten. Einer der Tage, der inmitten der Kälte mit unglaubwürdiger Leichtigkeit kam und immer bloß für die Flüchtigkeit eines Atemzug blieb. Fast so als würde er ihnen bessere Momente versprechen, auf die sie bloß noch zu warten brauchten.

Und als gäbe die Welt ihnen in allem recht, reflektierte der See die unwirklich sanften Farben der untergehenden Abendsonne, als sie auf ihn zusteuerten.

Den gesamten Weg über schwiegen sie. Fred biss bloß genüsslich in einen Apfel und die Selbstzufriedenheit, mit der er einen Stein vor sich her kickte, ließ sogar Logan grinsen. Als hätte er die Schwere in ihr durch seine lang gefehlte Präsenz irrelevant gemacht. Und als wisse er dabei genau, dass das alles war, was Logan manchmal brauchte.

„Ihr wollt das wirklich durchziehen, oder? Diese Sache mit den Scherzartikeln." Das fragte Logan nach einer Weile, in der sie sich an dem Ufer des Sees niedergelassen hatten. „Ich hab die Bestellformulare so oft bei George in der Tasche gesehen. Läuft es wirklich so gut?"

Fred hörte auf, mit den Füßen im kiesernen Flussbett zu schaben.

Er hatte die Arme auf seine Knie gestützt und blinzelte in die Dämmerung hinaus. Die Luft war rein, der Boden nicht einmal kalt. Und Fred überlegte, was er sagen sollte. Runzelte die Stirn, zog sie dann wieder glatt. Öffnete die Lippen, bevor er sie wieder schloss. Und Logan ließ es zu. 

„Wir werden das richtig machen. Alles davon."

Das war, wofür er sich letzten Endes entschied. Und Logan hörte auf, an ihrem Croissant zu zupfen.

„Ich glaube, Mum fürchtet, dass George und ich's nie zu etwas bringen werden, weißt du?"

Diese Worte purzelten verräterisch leicht in die Welt hinein. Doch Logan wusste, dass Fred sie auch wirklich glaubte. 

Er schnaubte: „Weil wir nicht Bill sind, mein ich. Oder Percy - Merlin sei Dank bin ich nicht wie Percy." Mit einer laschen Fußbewegung kickte er einen Kiesel in den See, die Wasseroberfläche bebte. „Ich würde ihr trotzdem verdammt gerne das Gegenteil beweisen."

Logan hatte die Arme um ihre Knie geschlungen, Nachtwind kam auf. Wenn Fred über seine Zukunft sprach, kerbte sich eine Falte zwischen seine Brauen, die auch bei Ehrlichkeit zu finden war; nur bei Dingen, die er wirklich wollte.

„Lasst ihr euch deswegen von niemandem reinreden?", fragte Logan schließlich und beobachtete, wie sich sein Blick im Nichts verlor. Irgendwo hinter dem in der Ferne hängenden Schloss mit seinen langsam erleuchtenden Abendlichtern. „Nicht mal von Angelina?"

Beinah hätte Fred sich an gar nichts verschluckt.

„Angelina?", wiederholte er und verkniff sich ein Grinsen. „Sie ist nicht so verklemmt, wie man denkt, wenn man sie als Trainerin kennt." Er griff nach einem der Kiesel, der zu seinen Füßen lag. „Eigentlich ist sie locker drauf."

„Ich weiß", gestand Logan, „ich mag sie."

Und hoffte, ihre Miene wäre neutral, während Fred seinen Stein ins Wasser warf.

„Sie ist eine echt gute Freundin von mir", sagte er.

Noch ein Stein folgte

„Und sie ist mir wichtig."

Noch einer. Dann hielt er inne, inhalierte die Abendluft.

„Ich hab bisher wirklich jede Beziehung kaputt gemacht."

Logan drehte ebenfalls einen Kiesel in ihrer Hand. Musterte ihn jedoch, statt ihn wegzuwerfen.

„Wieso glaubst du das eigentlich?"

Freds Worte waren hohl: „Na, weil ich's gesehen hab."

Er lehnte sich auf seine Unterarme zurück, starrte in den klaren Himmel hinauf.

Dann holte er schrecklich tief Luft. Als lasse er sonst zu viel hinaus: „Aus irgendeinem Grund haben alle immer erwartet, dass sich etwas an mir ändert, sobald sie das mit mir Beziehung nennen. Dass mich irgendwer bessern kann. Hat bloß nie funktioniert." Er zog eine Grimasse. „Auch wenn ichs mal gewollt hab, hat's nie geklappt."

„Ist das der Grund, warum du Angelina nicht deine Freundin nennst?" Logan legte ihren Kiesel ins Gras zurück. „Damit du nichts kaputt machen kannst?"

Fred lachte. „Es hat kaputt angefangen, Logan. Es kann gar nicht kaputter werden."

„Warum macht sie das mit?"

Er seufzte. Tief und schwer aus seiner Lunge als hätte er diese Antwort schon oft gegeben. Dabei wusste Logan, er sprach sie gerade zum ersten Mal.

„Sie tut das nicht, weil sie mich liebt, Logan." Er sah sie an, als er das sagte. Unmittelbar, von seinem beißenden Grün in ihr blasses Blau. Weil diese Tatsache wichtig war. „Ich weiß, George beteuert das, aber es ist nicht so. Sie tut das auch, weil sie jemand anderen vergessen muss."

Logan blinzelte. „Wen?"

Er zuckte die Achseln. „Das hat sie mir nie gesagt."

Dann griff er nach dem Stein, der zwischen ihnen lag. Was Logan eben noch so sorgsam durch ihre Finger gedreht hatte, lag nun in Freds. Dabei hatte sie bloß Augen für ihn.

„Hast du schonmal drüber nachgedacht, dass du dich nicht ändern musst?" Aus irgendeinem Grund wusste sie, dass das etwas war, was er von niemandem je gehört hatte. Aber dass er es hören musste. „Dass du einfach so lieben darfst?"

Er sah sie an. Feixte, ein klein bisschen zu leichtfertig vielleicht, und warf den Kiesel in den See.

Als Logan an diesem Abend zu spät beim Quidditchtraining erschien, zuckte Corben nicht einmal mit der Wimper.

„Wann genau hattet ihr vor, euch wieder zu vertragen?", raunte Naome am nächsten Morgen in Zauberkunst über die Bank hinweg. Ihre Augen waren schon seit einer ganzen Weile zwischen ihr und Corben am anderen Ende des Raumes hin und her gesprungen.

„Wann immer er mir vergeben kann", sagte Logan.

Naome rümpfte daraufhin bloß die Nase. „Warum muss alles, was du sagst, immer so kryptisch und drastisch sein?"

„Weil ich nicht gerne drüber rede, wenn ich Mist baue."

Gegen die Wahrheit richtete auch Naome nicht viel aus. Deshalb ließ sie sich in ihren Stuhl zurückgleiten und konzentrierte sich wieder auf die Taschenuhr vor sich.

„Viel Zeit habt ihr auf jeden Fall nicht mehr", setzte sie trotzdem nach, während Flitwick vorne am Pult um ihre Aufmerksamkeit kämpfte. „Das Spiel gegen Hufflepuff ist in fünf Tagen."

Und dabei hatte sie zu Logans Missgunst leider recht. Zwar war Corben tierisch gut darin, sich auf dem Quidditchfeld keine Reibereien anmerken zu lassen - was, wovon sie felsenfest überzeugt war, an der Professionalität lag, an der er sich strengstens übte -, aber trotzdem waren ihnen die Pässe bei der vergangenen Trainingseinheit schwerer gefallen.

Trotzdem nahm Logan sich vor, Corben die Zeit zu lassen, die er brauchte. Auch, wenn seine Abwesenheit in stillen Gemeinschaftsraummomenten ein Loch in ihren innersten Schutzwall riss. Als habe er die Tür zu ihrem Herzen offen gelassen und als ströhme nun die ganze Kelte in den Rest ihres Körpers hinaus.

Einfach, weil es niemanden mehr gab, der die Bilder in ihrem Kopf erstickte. Einfach, weil Fred nie lange genug bei ihr blieb.

Also kam der Donnerstag vor ihrem zweiten Quidditchspiel. Und Logan stand mit feuchtem Haar, schweren Gliedern und tauben Wangen im Korridor des Ostturms und starrte die blaue Tür zum Ravenclawgemeinschaftsraum an.

Sie wusste genau, wo sie ihn finden würde. Sie hatte ihn an den vergangenen Abenden immer dort gesehen.

Und auch jetzt lehnte Corbens Feuerblitz an der Steinwand unter den Treppenstufen, seine Sporttasche lag vor dem Bücherregal und er hockte auf dem breiten Fenstersims. Klemmbretter auf seinem Schoss. Nasses Haar in seichten Wellen. Es war länger als Freds.

„Corben."

Sie flüsterte seinen Namen, weil das so am einfachsten war.

Überrascht sah er auf. Dann ließ Logan ihre Sporttasche neben seine fallen.

„Darf ich?"

Für einen Moment glaubte sie, er täte nichts. Doch dann zog Corben die Knie an seine Brust und Logan setzte sich ihm gegenüber auf den Fenstersims.

Mit jedem Tag war der Blick, den er ihr geschenkt hatte, milder geworden und jetzt rankten sich bloß noch keine Fältchen darum, als sprachen sie zu ihr - Du hast mir weh getan.

„Ich weiß, dass du noch wütend bist", sagte Logan und wusste, sie hätte ihn berühren können. Den Stoff seiner Jeans oder vielleicht sogar seine Hand, die die Klemmbretter umkrampfte Doch das tat sie nicht. „Und du hast jedes Recht dazu, aber -" sie versuchte wirklich nicht zu grinsen, auch wenn sie kläglich scheiterte: „So gewinnen wir nicht gegen Hufflepuff."

Spätestens jetzt schnaubte Corben. Auch, wenn er es sich noch so verkniff; auch, wenn sich die Sehnen an seinem Hals spannten. Seine Mundwinkel zuckten trotzdem.

„Du hast mich erschrocken, weißt du? Letzte Woche." Er klammerte sich an Endgültigkeit. So fest, wie an sein Notizbrett, aber die Bitterkeit schwang in jedem seiner Worte mit. Bis er sagte, was eigentlich entscheidend war: „Ich hätte nicht gedacht, dass ich irgendetwas von einem Todesser inne hätte."

Das Stechen in Logans Magengegend war das des Schuldgefühls.

Und erst, als sie Corbens schmerzverzogene Miene im flackernden Halbschatten des Kaminfeuers sah, verstand sie, was ihr Vorwurf eigentlich bedeutet hatte. Er war ein Kind. Sie alle waren Kinder.

„Hast du nicht." Die Worte erlösten den Druck in ihrer Kehle nicht, versiegelten ihn nur. „Corbs du bist - du bist alles auf dieser Welt, aber niemals ein Todesser. Es tut mir leid."

Corbens Brust fiel in sich zusammen. Heiße Atemluft, die gegen die Fensterscheibe floh. Er presste seinen Hinterkopf gegen den Stein, blinzelte an den Giebel empor -

Dann sah er sie wieder an. Und Logan würde ihm auf ewig dankbar dafür sein, dass er keinen Hauch seines Schmerzes je vor ihr verbarg.

Nicht einmal, als er seine Hand hob und eine Haarsträhne hinter ihrem Brillengestell hervorzog. Behutsam kitzelten seine Finger ihre Haut, glitten bis an ihr Ohr. Warteten, ob sie ihm erlaubte, dort auch zu bleiben. Also schloss sie ihre Augen. Und Corben McLaggen hielt sie fest.

Dabei war alles, woran sie dachte, Fred - Ist das sein Move? Wenn ja, dann versteh ich's. Ehrlich.

„Mein Vater ist diesen Sommer gestorben."

Sie sagte es, bevor sie ihre eigenen Worte begreifen konnte. Und als sie ihre Augen öffnete, sah Corben sie immer noch an.

„Er hat hoch im Irischen Ministerium gearbeitet. War viel im Ausland."

Eigentlich hatte sie gedacht, diese Worte nie über ihre Zunge bringen zu können. Dass sie stolpern würden, wenn sie sie jemals jemandem verriet. Aber trotzdem waren sie da. Hingen wie diesiger Nebel in der Luft.

Corben nahm seine Hand von ihr.

„Was ist passiert?"

Ihn anzusehen half dabei, es auszusprechen.

„Manche sagen, dass es Todesser waren. Genau weiß man es nicht." Augustus Namen konnte sie nicht hinterher schreien. Und auch nicht Johns. Und erst recht nicht den ihrer Mum. Doch immerhin blieb sie nicht stumm.

Aus irgendeinem Grund war es wichtig, dass er es wusste. Dass er sie wenigstens ein klein Bisschen verstand.

„Ich bin nicht gut darin, darüber zu sprechen, Corbs", war alles, was sie sagte und Corben, ohne, dass er irgendetwas erwiderte, akzeptierte das.

Schließlich starrte er bloß in die Dunkelheit hinein; in das fahle Mondlicht, das durch die Schleierwolken auf die Baumwipfel brach.

Dass hinter ihnen Viertklässler Gobsteine spielten, war surreal.

„Meine Ma ist mal Aurorin gewesen." Als Corben sprach, lag dort eine Schwere in seinem Ton, die Logan sich an ihm nie erdacht hatte. Und während er den Kopf zu ihr drehte, musste sie sich eingestehen, ihn genau wie Rob vielleicht nie wirklich gekannt zu haben. Doch ihn auf eine ganz andere Art und Weise. „Damals, als der erste Krieg war."

Er reichte ihr seine Hand über die Knie hinweg. Logan nahm sie. Rau und warm.

„Dann ist ihre Partnerin gestorben, bei einem Todesserüberfall. Auch sie hätte es fast nicht geschafft. Sie erzählt bis heute nicht davon." Sein Daumen malte Kreise auf ihre Haut. „Manchmal ist ein Trauma so schwer, dass man nicht davon erzählen kann."

„Ich mach das nicht, weil du mir nicht wichtig bist."

Er lächelte. „Ich weiß."

Dann sah er auf ihre verschlungenen Finger hinab.

„Rob hat bis zum letzten Jahr wirklich nicht gewusst, wer sein Vater ist." Noch in dem Augenblick, in dem Corben das sagte, erkannte Logan, dass er es ihr sagen musste. Dass es in ihm pulsiert hatte wie Unaufhaltsamkeit. Und dass es ihm gut tat, sie loszulassen. „Er ist in dem Glauben aufgewachsen, sein Vater wäre tot."

„Wieso?"

„Weil seine Mutter das dachte. Weil alle das dachten." Corben setzte sich gerader auf. „Nach seiner ersten Flucht vor fünfzehn Jahren hat niemand jemals wieder von Kalgan gehört. Inoffiziell war er wirklich tot. Robs Ma hat ihm das also erzählt, um ihn zu schützen."

„Wie hat Rob ihn dann gefunden?"

„Er hat ihn nicht gefunden." Corben lachte fast. „Es war Zufall."

„Zufall?"

„Er tauchte eines Tages einfach in Hogsmeade auf. Kalgan, meine ich. Und Rob war da, weil er die Gormocks sowieso ständig besuchen wollte. Er ging also hin und dort stand er dann."

„Einfach so?"

„Einfach so." Auf Corbens Blick lag immer noch Unglaube, doch diesmal war er fliegend leicht. Er lächelte fast, als er den Kopf schüttelte, dabei starrte er in die Dunkelheit hinein, wie er es immer tat - wie es auch Dumbledore getan hatte -, weil er versuchte, sich an etwas zu erinnern.

„Kommt Rob eines Tages aus Hogsmeade wieder und sagt mir, er hätte seinen Vater gesehen. Ich hab ihm kein Wort geglaubt."

Dann schnippte er mit dem Finger gegen das Glas und sein Lachen erstarb.

„Ich hätte ihn nicht gehen lassen sollen", sagte er.

„Corben, all das hier ist nicht deine Schuld."

Trotzdem blinzelte er in den Gemeinschaftsraum hinein. Als helfe ihm das bunte Treiben einer leichteren Welt, die Schwere in seiner eigenen zu verstehen.

„Als Rob so lange weg war, dachte ich, ich hätte den Fehler meines Lebens begangen. Hab ihn in die Arme eines Todessers geschickt und ihm sogar den Rücken gedeckt."

Jetzt war es Logan, die ihm die Hand hinhielt. Corben sah darauf hinab.

„Du kannst nicht für jeden um dich herum Verantwortung übernehmen, Corbs. Das ist nicht dein Job."

Er seufzte und legte seine Finger an ihre. Und sie wünschte sich, sie hätte in diesem Moment dieselbe, ungebrochene Hingabe gefühlt, von der sie wusste, dass sie sie fühlen konnte. Dass Corben sie verdiente und dass Logan sie für ihn hatte, aber dass da noch etwas anderes in ihr war.

„Wichtig ist nur, dass du mir vergibst", sagte sie also, als sie eine Weile geschwiegen hatten.

Corben sah sie an. Sanft.

„Das tu ich."

Sie lächelte: „Dann ist ja gut."

Und sie hätte Corben McLaggen lieben können. Das wusste Logan in diesem Moment. Denn sie wusste auch, dass sie zu ihm gehörte, in einer anderen Welt. Wäre Fred nicht da und sie sich nicht selber fremd. Doch sie gehörte nicht hier her, auch wenn sie Corbens Hand im Mondlicht hielt. Sie gehörte in ein anderes Herz. Denn so lange Fred Weasley auf dieser Welt existierte, und Logan wusste das, als Corben ihr an diesem Abend einen Kuss auf die Schläfen gab, würde sie für immer nur an ihn denken, wenn irgendjemand anders ihre Lippen berührte.

„Du siehst übrigens nicht mehr wie eine wandelnde Leiche aus." Das stellte Naome am Wochenende bei dunsenem Kaminfeuer fest, während sie eine handvoll schaler Erdnüsse über einer Schüssel zerbröselte. „Und Corben auch nicht. Glückwunsch, ihr habt euch gerade gepolt."

Logan, die den ersten Absatz ihrer Leseaufgabe für Verteidigung Gegen Die Dunklen Künste bereits zum fünften Mal überflogen hatte, sah auf.

„Danke."

„Rechtzeitig fürs Spiel. Wenn ihr nicht in Topform wärt, na dann Prost-Mahlzeit"

Energisch wedelte sie mit einer fein gepellten Erdnuss und reflektierte dabei den Flammenschein.

Logan grinste. „Wir werden die Hufflepuffs schon fertig machen."

„Besser ist's."

Der Samstag war mit einer Bequemlichkeit über das Schlossgelände gerollt, die die einzelnen Schülergruppen kaum aus ihren Türmen vertrieben hatte. Lediglich die Ravenclaws hatten sich aufs Trainingsgelände geschleppt, um sich von Corben durch den Nieselregen quälen zu lassen. Doch nun war Logan in ihren Schlafanzug gehüllt und genoss die Müdigkeit, die sich zurück in ihre Glieder schlich. So penetrant, sie hätte beinahe Naomes nächste Stichelei überhört.

„Naja, vorausgesetzt, du passt diesmal mehr auf die Klatscher auf als bei den Gryffindors."

Anne schlürfte geistesabwesend ihren Tee. Obwohl sie Naome bei ihren Späßen ansah, driftete ihre Aufmerksamkeit irgendwo hinter ihnen ins Nichts.

Naome selbst störte das nicht, ihre Mundwinkel streckten sich und sie sah ausschließlich Logan an, den Mund voller Erdnüsse: „Diesmal gibts nämlich keinen waghalsigen Fred Weasley, der dich retten kann."

„Was soll das denn heißen?"

Selbstzufriedenheit zauberte sich auf Naomes Gesicht, ihre Wangen glühten.

„Dass du dich nächste Woche mehr konzentrieren musst." Und als würde sie ihr gleich ein ganz großes Geheimnis verraten, beugte sie sich quer über den Tisch. „Und, dass er damals vielleicht ein ziemliches Manöver hingelegt hat, um dir den Krankenflügel zu ersparen."

Die Müdigkeit in Logans Gliedern war wie verfolgen. In Naomes Ausdruck tanzte der Schalk und Logan spürte ihren Puls unangenehm warm an ihrem Hals.

„Du weißt schon, dass Fred -"

„Hey, ich mein ja nur."

Mit einem lauten Plumpsen fiel Naome auf ihren Platz zurück. Und Logan folgte ihr. Und sie dachte an ihn. An Fred, an Weihnachten und alles, was dazwischen war.

„Außerdem", Naome schnippte eine Schale vom Tisch, „wenn ich an deiner Stelle die Wahl zwischen Fred Weasley und Corben McLaggen hätte, würde ich mich sowieso immer für Corben entscheiden." Logan hatte nicht die Wahl. „Soweit ich weiß, hat's Fred mit noch niemandem je ernst gemeint."

„Das ist sowieso egal." Logan schlug ihr Schulbuch zu und schob den Stuhl zurück. Sie wollte nicht länger nachdenken müssen. „Schließlich ist er mit Angelina zusammen."

Naome hatte den Kopf schräg gelegt, ein klein wenig zu amüsiert. Und sie hatte schon den Mund aufgemacht, um etwas zu erwidern, da war es Anne, die plötzlich in die Realität zurückkehrte - Schließlich ist er mit Angelina zusammen.

„Ist er nicht."

Logan starrte sie an.

„Ist er nicht?"

„Wie, ist er nicht?" Naomes kippelnder Stuhl purzelte nach vorne, sie saß aufrecht.

Anne zuckte mit den Achseln, rührte in ihrem Himbeertee.

„Ich hab's eben erst gehört."

Und dann sah sie Logan an, geradewegs, als dachten sie in diesem Augenblick beide das Gleiche.

„Er hat sich von ihr getrennt."

________________________________

hearts: mended. 

bomb: dropped. 

Logan: Kind of with Corben? 

Fred: Single. 

Great. That screams drama. Ich mag aber, dass Fred den ersten Schritt wagt. Oder wagen wird. Nachdem Rob wieder da ist. 

Der kommt nämlich Samstag zurück ins Schloss. Und Merlin, auf diesen Moment habt ihr alle gewartet. Including me. Excluding Logan. Aber da muss sie durch. 

Was glauben wir übrigens, wen hat Angelina wohl mit ihrer "Beziehung" zu Fred vergessen wollen?

Und wie hilfreich ist es, dass Logan Corben jetzt so eine "Halbwahrheit" erzählt hat? Eher gar nicht, I know.

Oben ist übrigens der Song, der Logan und Corbens Beziehung nicht besser hätte zusammenfassen können. In this world, they're just not working out.

Die Sonne kommt raus, also immer schön eincremen, my friends. 

All the love, Ally x



Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top