45 | doxies im keller.

Die Weihnachtstage verstrichen als hätten sie sowieso nie lange in ihre Realität gehört. Arthur Weasley erholte sich mit jedem weiteren Tag in Mollys sorgenvoller Pflege prächtig und verbrachte bereits die Feiertage damit, die ihm geschenkten Telefonschnüre als Girlanden im Haus zu verteilen.

Der Weihnachtsmorgen brachte ihnen eine flaue Schneeschicht im surreal erscheinenden Garten der Blacks und auch über dem Tanenbaum im Wohnzimmer hatte Molly es die ganze Nacht über schneien lassen. So dass Logan den einzelnen Zuckerstangen beim Versteckspiel in den Ästen zusehen konnte, während die Weasleykinder über ihre Geschenke herfielen.

Zu Logans Erleichterung hatten sich die Zwillinge an ihre Bitte gehalten und so war alles, was sie an diesem Tag auspackte, ein Paar äußerst kratziger, selbstgestrickter Wollsocken von Molly und eine kleine Schachtel voller schwarzer, fingernagelgroßer Kieselsteine, die Fred ihr klammheimlich zuschob.

„Das ist unsere neue Erfindung", raunte er, als seine Mutter fürs Frühstück in die Küche davonwuselte. Er war mitten drin, sich den tannengrünen Strickpullover über den Kopf zu zwängen. „Desillusionierungsdrops."

George ruckte an dem Saum und Freds Haarschopf schoss hervor.

„Damit kannst du verschwinden, wenn's mal dringend nötig wird."

Er schmiss sich auf den Sofaplatz neben ihr und pickte eine dunkle Perle aus dem Schächtelchen hervor. Das rote Lametta des Baumes spiegelte sich auf der glänzenden Oberfläche.

„Du lässt es auf den Boden fallen, ganz unauffällig." Er drehte den Desillsionierungsdrop zwischen Daumen und Zeigefinger.

George beugte sich vor: „Aber schon kräftig genug, damit die Hülle zerplatzt."

„Dann wird ein Zauber freigesetzt, der dafür sorgt, dass deinem Gegenüber schwummrig wird, als hätte er sich im Kreis gedreht." Fred ließ die Kugel zurück in die Box plumpsen, sichtlich zufrieden: „Und dann hast du zwanzig Sekunden Zeit, um zu verschwinden. Falls McLaggen dich mal nervt."

„Damit du die Box leer kriegst, muss er dich zwar ziemlich oft nerven, aber bekanntlich ist ja alles möglich."

„Solange du nicht probierst, sie zu essen, ist alles bestens."

George runzelte die Stirn: „Da sind bei einigen Probanden Gedächtnislücken entstanden."

Die Abendessen, die Molly an den Weihnachtsabenden servierte, hingen auch noch nach den Feiertagen in der Wohnzimmerluft. Währenddessen waren ständig Ordensmitglieder mit Windböen und Eiseskälte hereingeschneit, brachten Neuigkeiten, von denen der Tagesprophet nicht berichtete, und bedachten Logan mit zurückhaltenden Blicken.

Den Brief, den sie an Corben hatte schreiben wollen, versendete sie nie und wann immer sie an ihn dachte, bemühte sie sich einzubilden, dass es der Gedanke an Verrat war, der für sie wie Herzschmerz schmeckte - so als hätte sie den Jungen, der für sie dagewesen war, nie gekannt.

Dabei wusste sie, dass es, wenn sie morgens beim Frühstück Freds Blick auffing oder er sich bei einem Schachspiel etwas zu eng über ihre Schulter beugte, an etwas anderem lag.

Mit dem Silvestermorgen kam schließlich auch der erste Tag, an dem Molly Arthur wieder durch die Gegend scheuchte und aus der Küche donnerte Geschirklirren, während Logan auf ihr Geheiß im Speisesaal die langen, Doxyfreien Vorhänge glättete.

„Wie geht es dir?"

Sie hatte Sirius zwar nicht kommen hören, aber dennoch hatte sie sich in den letzten Tagen genug an seinen besorgten Blick gewöhnt um zu wissen, wann er in der Nähe war.

Logan seufzte: „Ich weiß, dass ich nach den Ferien zurück muss."

Auf Sirius Lippen kroch ein Grinsen, während er die Hände in seinem Morgenmantel vergrub.

„Das weiß ich. Ich hör ab heute auf, dich davon zu überzeugen." Das Versprechen klang hohl, wenn sie bedachte, wie oft er in den vergangenen Tagen beteuert hatte, wie wichtig Hogwarts jetzt für sie sei. „Ich möchte dich bitten, unauffällig zu bleiben, wenn du wieder da bist."

Logan schnaubte. „Hast du Angst, dass ich jemanden anfalle?"

Sirius war von dieser Idee nicht amüsiert.

„Wir haben keine stichhaltigen Beweise, die Robert Pierce auch nur irgendetwas zuschreiben", sagte er stattdessen.

„Ich habe ihm vertraut." Logan ließ die Vorhänge fallen. „Viel zu sehr." Sirius zog eine Grimasse. „Und das macht mir Angst."

„Solange du in Hogwarts bist, kann dir nichts passieren." Das war zu seinem neuen Mantra geworden. „Halt dich einfach von unsicheren Leuten fern. Handel dir keine Probleme ein, besonders nicht mit Umbridge -" irgendetwas in seinem Tonfall hatte sich verändert „- und verlier nicht im Quidditch."

Er sprach seine letzte Anweisung mit so einer Aufrichtigkeit, dass Logan diesmal wirklich schmunzeln musste: „Ich geb mein Bestes."

Selbstzufrieden schielte er zu ihr.

„Sirius", setzte sie nach und ihr Tonfall war deutlich gedämpfter. Wieder klirrte Besteck in der Küche, Molly schrie: Ronald Weasley! „Hat Dumbledore euch von dem Abend erzählt, an dem -"

„- Umbridge dich, Pierce und diesen anderen Jungen hopps genommen hat?"

Fast lag dort Belustigung in Sirius' Miene, doch er lächelte nicht. Stattdessen sagte er: „Nein, Snape hat es erzählt." Er war nun viel ernster als zuvor. „Was habt ihr dort getrieben? Mit Flüchen experimentiert? Sag nicht, du hast an diesem Kompass ge-"

Logan trat einen Schritt auf ihn zu. „Wieso war Arthur Weasley in der Mysteriumsabteilung?"

Sirius blieb unbeeindruckt. „Auf unseren Auftrag hin."

„Ging es dabei - ein Freund von mir hat gesagt -"

Seine Lippen schmälerten sich und seine mentorgleiche Zuwendung wurde zu Skepsis. Trotzdem blieb er sachlich: „Arthurs Auftrag hatte einen ganz anderen Ursprung als deine Geschichte."

Und vielleicht lag es an den sich schmälernden Augen oder an Sirius' Nachdruck in der Stimme, dass Logan sich entschied, ihm zu glauben.

Um so näher ihnen der Jahreswechsel an diesem Tag kam, desto entschlossener war Mollys Vorsatz, jede Ecke dieses Familienhauses auf Hochglanz zu polieren. Eine Vorstellung, die ausschließlich Sirius amüsierte. 

„Kann man die Verwirrdrops bei eurer Mutter einsetzen?", raunte Logan Fred deshalb am Nachmittag zu, als sie die Vitrinen im Flur mit Säuretinkturen entstaubten.

„Leider nicht, wir haben's versucht." Fred verzog das Gesicht, als er über die hölzerne Ablage kratzte - Bei Merlins Unterhose, hat Kreacher das da festgehext? „Wenn wir sie verwirren, wird sie noch schlimmer."

Logan grinste.

„Danke übrigens", raunte sie, als sie eine Weile nichts gesagt hatten und bloß aus dem Flur über ihnen lautes Getrampel die Wände erschütterte - Ron! Mum!

Fred hob eine Braue. Also stieß Logan ihm gegen den Arm: „Dass du letztens da gewesen bist."

Er nutzte den Scheuerschwamm für eine achtungheischende Geste, während Ginny die Treppe neben ihnen hinuntertrampelte. Trotzdem höre sie ihn: „Es war mir eine -"

Und dann zerriss ein Schrei die Luft.

Gellend. Hell und panisch und ganz klar Molly Weasleys.

Logan konnte zusehen, wie Fred die Farbe aus den Wangen wich -

Ginny war auf der untersten Treppenstufe stehen geblieben. Was auch immer sie ihrer Mutter petzen wollte, hatte sich in Luft aufgelöst - stattdessen hastete sie auf dem Absatz herum, die Stockwerke empor. Geradewegs in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Und Logan und Fred folgten ihr.

„Molly!"

Remus stand als erster im Raum. Eine leere Ruine eines ehemaligen Schlafzimmers, voller verschlissener Kleiderschränke -

„Mum!"

Das rief Ginny, bevor sie verstand, was sie vor sich sah.

Molly Weasley hatte sich zusammengekrümmt. Und den Zauberstab hatte sie auf den Boden gerichtet, geradewegs auf die Person, die blutüberströmt auf den Dielen lag -

„Dad!"

Fred preschte an Logan vorbei, doch Remus hielt ihn auf -

Mollys Stimme zitterte: „Riddikulus."

Ein knallgelber Lichtstrahl und die Leiche am Boden verdoppelte sich. Ein rothaariger, junger Mann, der George in Lederkorsett und mehr Lebenserfahrung sein könnte, wäre sein Ausdruck nicht so strahlend leer -

„Riddikulus!"

Eine dritte Person, die leblos am Boden erschien.

„Charlie", wisperte Ginny, doch Logan verstand ihre Worte nicht, sie versanken in Mollys klagereichen Wimmern.

„Riddikulus, Riddikulus, Ridd -"

Ein Knall folgte dem anderen, ein toter Körper dem nächsten, Bill, Charlie, Percy und dann fuhr Logan zusammen -

Fred. Und dann George.

Ihre Augen starrten, ohne, dass sie etwas erfassten, an das Giebelkreuz. Und ihre Wangen waren fahl, ihre Lippen trocken wie Schlangenhaut, nichts an ihnen sah wirklich aus.

Logan musste nach Freds Arm greifen, um sich zu vergewissern, dass er neben ihr im Zimmer stand. Und sie fühlte den Stoff seines Pullovers und die Wärme seiner Haut, die verkrampften Muskeln und die pulsierende Angst, aber nichts von dem änderte etwas daran, wie leer der Blick des Freds am Boden war. Der Fred, der sich nicht regte, nie wieder sprach. Der genau so stumm da lag wie Augustus einst -

„Riddikulus -"

Molly brachte kaum noch einen Ton hervor. Also schob Remus sie beiseite.

Und die Leichen zerplatzten als wären sie aus Luft, dünnem Gummi und düsterem Qualm. Trotzdem sah Logan sie immer noch vor sich als hätten sie sich in ihre Wirklichkeit gebrannt.

Jetzt stand ein gleißender Mond im Zimmer, Remus rief: „Riddikulus!" Und als er platzte wie ein Ballon und glitzerndes Goldkonfetti in der Luft verteilte, öffnete Remus die Tür zum Kleiderschrank, holte aus - und pfefferte den Irrwicht in die Dunkelheit zurück.

„Merlin."

George war der erste, der sprach, als sie wieder im Flur standen. Er war mit Ron vom Dachboden hinuntergejagt und hatte bloß sich selbst gesehen. Und beinah war er genauso blass, wie das Abbild seiner Leiche.

„Das kannst du laut sagen." Fred schob sich die Ärmel in die Ellenbeuge zurück.

Logan hatte ihn losgelassen, verspürte aber dieses brennende Verlangen, sicher zu stellen, dass sein Körper wirklich noch warm und lebendig war.

Mollys Schluchzen versiegte im Hintergrund, als der humpelnde Arthur sie in die Arme nahm: „Es tut mir so leid, so leid -"

„Ich hoffe, dass ich nicht wirklich so aussehe, wenn ich sterbe", raunte Fred und George hob bedeutungsschwer die Hand.

„Ich hoffe, ich hab dann wenigstens auch so ein schickes Drachenlederding an."

Fred grinste. „Du meinst wie das von Charlie?"

„Was ein hammer Teil."

Und auch, wenn ihr Lachen Erlösung war, fühlte Logan das befreiende Kribbeln in ihrem Oberkörper nicht. Dafür vernahm sie Mollys Wimmern selbst hier im Treppenhaus noch viel zu stark.

„Ich hab bloß immer so Angst, Arthur, sie sind ständig in Gefahr."

Und als Fred lachte und zu Logan sah als lud er sie zur selben Fröhlichkeit ein, starrte sie mit einem anderen Wissen zurück.

Als sich der Jahreswechsel in Stundensprüngen näherte, füllte sich der Salon des Grimmauldplatzes mit mehr Ordensmitgliedern als sie je auf einer Stelle gesehen hatte. Und ausnahmslos alle, von denen sie die Namen kannte, trugen besorgte Blicke, als sie ihr zur Begrüßung die Hände schüttelten.

Sie wusste, dass sie ihnen dankbar sein sollte, hielt sie fest, als Molly einen Braten noch größer als der vom Weihnachtsabend auf die lange Tafel hievte und George die Finger vom Kartoffelpürree klatschte. Dabei war der einzige, dem sie die Sorge tatsächlich abnahm, Remus Lupin, als er ihr Rotkohl aufhievte.

„Wie geht es dir? Freust du dich auf Hogwarts?", war alles, was er fragte, und doch verstand Logan in dieser Frage schrecklich mehr - Denkst du noch an Pierce? Vertraust du uns?

„Freu ich mich aufs Quidditch? Ja. Auf den Unterricht? Nah."

Ginny stimmte ihr mit wedelnder Gabel zu, doch Remus nickte, weil er verstand - Ich glaube euch, aber mehr auch nicht.

Das gesamte Silvesteressen verbrachten sie damit, dass Mad-Eye Moody düstere Geschichten der letzten Wochen auspackte und Molly ihm jedes Mal das Wort verbat. Die Fabre war erst beim Kochen wieder in ihr Gesicht zurückgekehrt. Ron und Hermine stritten sich über die Portionsgröße des Nachtisches und Ginny warf Fred mit einem seiner eigenen Instant-Fleckkugeln ab, die er ihr zu Weihnachten geschenkt hatte, woraufhin Molly bloß noch mehr schrie. Dabei war die Aufruhr erst vergessen, als sich beim Abräumen des Tisches die Party in das Wohnzimmer verlegte, Mad-Eye unbehelligt über seine Erlebnisse sprach und irgendeine Sängerin aus dem Radio an der Fensterbank dudelte, wie traurig das Leben war, woraufhin sich Molly in ihren eigenen Armen lag.

Und so näherte sich die Jahreswende, Ginny und Logan wetteten mit Tonks, welche Verwandlungen sie in welcher Schnelle vornehmen konnte, Sirius und Arthur stürzten ein Feuerwhisky nach dem anderen und die Zwillinge klebten bei jeder rauen Erzählung, die nun nicht mehr bloß von Moody, sondern auch von Kingsley kam, an ihren Lippen. Wenn die Musik schneller wurden, lachten sie lauter und als das Butterbier wohlig warm wie eine Umarmung in Logans Adern sickerte, fühlte drückte sie sich schläfrig in dem Sessel des Salons, umringt von all den Menschen, die sie nur gegen vier andere tauschen würde, wenn man ihr die Chance gegeben hätte.

„Hey, es wird nicht eingeschlafen, bis Neujahr ist!", Sirius stieß mit einem deftigen Armhieb in Logans Rippen - sie hatte nur für einen kurzen Moment die Augen geschlossen. Irgendwo am anderen Ende des Raumes drehte Tonks das Radio auf und Sirius Aufmerksamkeit war verflogen -

„Nein, Nymphedora, wir hör'n hier nur gute Musik!"

„Nenn mich niemals -"

Doch weiter hörte Logan ihnen nicht zu.

Die Luft draußen auf dem Flur war mindestens fünf Grad kühler und ihre dünnen Socken fraßen sich in die Holzdielen. Das Rumoren der Feier hinter ihr war bloß ein dumpfer, basserner Hintergrundgeräusch. Sie atmete fest -

„Logan, Liebes?" Molly hatte ihren Kopf aus der Küche gesteckt, hinter ihr putzten sich Sektgläser im Akkord. „Unten im Keller ist noch Giggelsekt, wärst du wohl so gut?"

Diese Ausrede nahm sie dankend an. „Aber natürlich, Mrs. Weasley."

Mit jedem Schritt, den sie sich von dem Salon entfernte, schoss ihr der Alkohol mehr in den Kopf und an anderen Tagen wäre es ihr vielleicht unangenehm gewesen, doch heute fühlte sich kaum etwas besser an.

Sie war gerade dabei gewesen, ihren Zauberstab in den spinnenumwobenen Gängen des Kellers zu erleuchten, da bemerkte sie, dass im Lagerraum Licht brannte. Ein abruptes Rascheln - neugierig schob Logan den Kopf um die Ecke - und stutzte.

„Was tust du denn hier?" Es sollte gar nicht anklagend klingen und doch ließ es den Jungen so hastig herumfahren, dass er sich den Kopf stieß - „Ist das ein Doxy?"

Energisch rieb sich Fred den Hinterkopf. Trotzdem stob sich auf sein Gesicht Erleichterung, als er Logan erkannte. Dabei sah er sie nicht lange an, denn der schwarze, staubige Stoffsack in seinen Händen strampelte und krächzte Zeter und Mordio -

„Erzähl das bloß nicht Mum."

Er tippte mit seinem Zauberstab gegen den widerspenstigen Sack und plötzlich verstummte das Tier.

Amüsiert schob sich Logan an ihm vorbei in den Raum hinein.

„Sag nicht, das ist Teil einer neuen Erfindung?"

Selbstgefällig verschränkte Fred die Arme vor der Brust. „Na gut, dann sag ich eben nichts."

Logan unterdrückte ihr Lachen. Besonders, weil sie sich sicher war, dass es unter dem ganzen Feuerwhisky viel zu hoch aus ihrer Kehle entkommen wär. Und, weil sie wusste, dass Fred ihr zusah.

„Ambitioniert", befand er nämlich, als sie eine dritte Flasche eiskalten Giggelsekt in ihren Arm hievte.

„Sind nicht für mich."

„Hast du schon drüber nachgedacht?"

Jetzt richtete Logan sich auf. Und Fred stand noch immer im Türrahmen und sah sie an. Wie viel zu oft war alles an ihm so unerträglich herausfordernd.

Weil Logan jedoch bloß zurückstarrte, fügte er hinzu: „Über das Angebot. Von jener Nacht. Patroni."

Sie seufzte. Diesmal wirklich und es kam gar nicht Oktaven zu hoch aus ihrer Kehle hinaus: „Fred -"

Trotzdem grinste er: „Hey" und trat demonstrativ einen Schritt auf sie zu, „über das Namenhauchen hatten wir gesprochen."

Mit der Hitze des Alkohols in den Adern war es noch viel unmöglicher, seine Nähe zu ertragen, dabei fühlte sich alles so unwirklich an.

„Dann solltest du nicht so aufdringlich sein, okay?"

Feixend schob sie sich an ihm Richtung Türrahmen vorbei. Auch wenn der Stoff seines Pullovers auf ihrer Haut kratzte und sie sich beinah einbildete, seinen Atem zu riechen. Sein Körper war warm, er war da.

„Du hauchst den Namen, also flirtest du."

Logan rollte mit den Augen. „Ernsthaft?"

Und weil er noch immer so ungeniert feixte, machte sie einen dramatischen Knicks: „Freeeed -"

Er lachte: „Du flirtest ja wirklich mit mir."

Belustigt schob Logan sich in den Flur hinaus. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, wäre sie sich sicher, dass er sie beobachtete, doch ihr Blut pochte heiß in ihren Adern und sie verstand nicht ganz wieso, doch aus irgendeinem Grund war selbst dieser Raum voll von seinem Duft.

„Logan?"

Entgegen aller Erwartung war seine Stimme sanft, als sie erklang. Weich vielleicht sogar und er hatte ihren Namen eine ganze Weile lang nicht mehr so ausgesprochen. Und auch, wenn seine Worte nicht danach klangen, schmunzelte er.

Irgendwo über ihnen war Tonks' dröhnende Bassmusik in eine von Molly geliebten Walzer übergegangen. In einem kurzen, waghalsigen Moment fragte Logan sich, was Fred als nächstes tun würde. Ein Augenblick wie jeder, in dem mit ihm alles möglich erschien.

Doch dann tat er, was eigentlich kaum möglich war: Er tat einen Schritt auf sie zu. Einen langsamen, ruhigen, und erst jetzt erkannte sie, dass sein Grinsen nicht belustigt war, es war weich.

„Dein Lachen steht dir. Du solltest es öfter tun", sagte er und die Hand, die er ihr entgegenhielt, hatte er ausgestreckt. Und noch immer klang er schrecklich belegt, als wären sie ein Geheimnis. „Tanz mit mir."

Verblüfft starrte Logan auf seine warmen Finger hinab. Sie wollte das Butterbier aus ihrem Körper verdrängen: „Was?"

„Ob du mit mir tanzt." Er hatte noch einen Schritt gewagt und nun war er ihr beinahe so nah, dass sie wieder die Fasern seines Pullovers sehen konnte. „Du warst auf unserer Siegesfeier nicht da. Und wie du weißt, hat mich das sehr getroffen."

Er nahm die eisgekühlten Sekt-Flaschen entgegen, stellte sie neben den erschlafften Stoffbeutel neben die Tür.

„Ich warte immer noch auf die Entschädigung."

Alles an ihm war surreal. Und die Musik, die in den Wänden über ihnen vibrierte, drang bis an Logans Haut. Hier, wo niemand sie fand.

„Keine Angst, ich kann wirklich tanzen", lachte Fred, weil Logan noch immer nichts sagte und als sie sich auch dann nicht regte, lud er sich selbst ein: Umgriff ihre Hand, legte sie an seine Seite, die andere hielt er fest.

Alles in ihr lähmte sich. Aber trotzdem versuchte sie mitzuhalten, als er sich in Bewegung setzte: „Ich dachte, du lässt mich nie erfahren, was für ein guter Tänzer du bist?"

Freds Lippen kitzelten in ihrem Haar. „Wenn es um meine Talente geht, bin ich gerne nachsichtig."

Er bewegte sich sicher und leicht, hielt sie sie so nah an sich, dass Logan kaum atmen konnte. Er tat einen Schritt, dann noch einen. Der Walzer wog sich bis in ihr Herz. Und Logan wusste, spürte es mehr als alles andere, sie hatte sich in den letzten Monaten an keinem anderen Ort sicher gefühlt. Und die Art und Weise, wie er den Rhythmus des Liedes in ihr Ohr summte, wie ein beruhigendes Schlaflied und eine Einladung zur Heimkehr, da wusste sie, er fühlte es auch.

„Er hat sich mächtig ins Zeug gelegt, oder?", hauchte Fred und fast fürchtete Logan, dass es vorbei war - doch die Musik war nicht verklungen und Fred bewegte sie immer noch. Langsam vor, zurück, im um sie tanzenden Deckenlicht als hülle die Welt sie in ihr reinstes Gold.

„Wer?"

Freds Mundwinkel zuckten, er sah sie nicht an, starrte an ihr vorbei ins unauffindbare Nichts. 

„Weiß McLaggen, dass du hier bist?"

Logans Gaumen war lange trocken geworden. „Nein, er - Wieso?"

Doch anstatt ihr zu antworten, schloss Fred selbstzufrieden die Augen und wog sie stumm um sich herum. Und Logan wusste es, verfluchte sich dafür, doch sie konnte nicht anders: Er war alles, was sie wollte.

„Fred?"

„Hm?"

Er öffnete die Augen. Und folgte ihrem Blick zur Decke empor.

Seine Bewegungen versiegten und sein warmer Atem strich ihr Gesicht. 

„Hat nicht mal wer gesagt, dass Weihnachtstraditionen grässlich sind?", wisperte Logan gegen sein Kinn.

Der Mistelzweig über ihnen wog sich Stumm von der Decke hinab. Als hätte er sie beide erhört.

Fred lachte, tief und kratzig. Dabei sprach er gedämpft, beinah sachte gegen ihre Lippen als wollte er ankündigen, was gleich folgte: „Hab ich nie von gehört."

Und dann ließ Fred sie los. Er ließ sie los, ohne es wirklich zu tun. Denn plötzlich glitten seine Hände an ihr Gesicht, seine Haut schmiegte sich an sie und sie schmeckte seinen Duft, bevor sie einander fanden, und endlich, Logans Körper wäre unter der Spannung fast zerbrochen, küsste er -

„'n Abend."

Fred schreckte so ruckartig von ihr zurück, dass Logan schwindlig wurde und das grelle Deckenlicht drehte sich -

„Verzeiht mir die Störung, aber ich hatte schon Angst, der Doxy hätte dich in die Knie gezwungen, Bruderherz."

George stand auf dem untersten Absatz der Kellertreppe und lachte sie an. Fred starrte zurück. Einen Moment Stille, bis -

„Der was? Ach ja, nein -", Fred durchquerte den Raum und hob den Sack hinauf, den er neben dem Türrahmen zurückgelassen hatte.

„Nein, ich hab ihn hier, ich bring ihn -", er hielt inne, drehte sich auf dem Absatz um als wolle er sicher gehen, dass er nicht zu dem Moment zurückkehren konnte, der soeben verblasst war. Er sah zu Logan, dann zurück zu George, wartete, bis: „Ich bring ihn hoch, den Doxy. Ist besser so."

Und erst, als er ging, bemerkte Logan, dass sie Fred Weasley noch nie in seinen Worten hatte stolpern sehen.

„Guck mich nicht so an!", fauchte sie, als Georges Feixen nicht von seinem Gesicht verschwand. Nicht einmal, als Fred schon lange gegangen war.

Die eisgekühlten Sektflaschen schmerzten auf ihren Fingern, solch ein Kontrast waren sie zu seiner warmer Haut.

George räkelte sich genüsslich im Türrahmen. „Wieso, wie guck ich denn?"

Mit verzerrter Miene schob Logan sich an ihm vorbei. „Das weißt du genau."

Allerdings war George schneller, versperrte ihr den Weg. Jetzt auf einmal ernst: „Logan, du musst wissen, dass Fred -"

„George, wo bleibt das Butterbier?" Sirius dröhnende Stimme klang schiefer als Mollys Gezetere am Frühstückstisch und über ihnen hatte die ruhige Musik längst ein neuer Rocksong abgelöst, zu dem irgendjemand durch den Salon tanzte - das Rumgehüpfe ließ die Decke über ihnen vibrieren.

George ließ Logan passieren, schnappte sich sechs verschlossene Krüge und folgte ihr die Treppe hinauf. Was er sagte, entging ihr nicht: „Wenn ich noch einmal einer deiner Knutschereien in die Quere komme, bei Merlin, ich –"

Doch weiter hörte sie ihn nicht. Denn spätestens jetzt war jedes Bisschen Alkohol aus ihrem Körper verschwunden. Nur das Versprechen von Freds weichen Lippen blieb zurück.


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I'm frozen. I swear, my heart just stopped beating. Das hier ist wirklich mein Lieblingskapitel (gemeinsam mit vier anderen). Musste nach dem Schreiben erstmal an die frische Luft. Gute Güte, wie soll das denn noch weitergehen? 

Ums besser zu machen (not really) gibt es oben den Song, den ich bei allen Fred-Logan-Szenen gebinged habe. Und ganz besonders bei dieser. 

Langsam müssen wir aber nach Hogwarts zurück. Was denkt ihr, was passiert jetzt:

Wird Logan sich von Corben trennen?  

Wird Rob alles auflösen oder doch eher verwirren? 

Und was wird Fred tun? I mean, he's with Angelina, actually.

We're in for a wild ride, my friends. Übrigens, zur groben Orientierung: Das restliche Jahr wird schneller laufen als alles vorherige. Wir machen jetzt ein bisschen Zeitstrecke. Soooooo viele Kapitel haben wir ja gar nicht mehr. 

Eure Kommentarantworten zum letzten Kapitel kommen übrigens jetzt direkt. Diese Woche ist ein neues Projekt auf der Arbeit gestartet, deshalb bin ich heute hintenan. Aber ich lese und grinse und weine jedes Mal, wenn ich von euch höre. Ihr macht immer meinen Tag, danke!

Ich wollte dieses Update eigentlich dringend wem widmen, konnte mich dann aber nicht entscheiden. Jessy (jessysbooksworld) und Alina (theartistress), you both share this one, weil ihr beide die Mistelzweig-Sache erraten habt.

Wir sehen uns Samstag, on our way to Hogwarts!

Alles Liebe, Ally xx

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