33 | entschuldigungen.

„Endlich."

Als Naome es am Donnerstagmorgen erfuhr, stöhnte sie. So energisch, dass sie die Bowtruckle in den Glaskästen vor ihr zu Tode erschreckte.

„ENDLICH." Sie donnerte Erde in einen Krug - sah auf und ihre Augen strahlten, auch wenn die Häme auf ihren Lippen blieb. „Merlinverdammt, du glaubst gar nicht, wie schwer es ist, Corbs an die Frauen zu bringen."

Verheißungsvoll ließ sie ihre Schaufel fallen und hob den Zeigefinger. So sah sie immer aus, bevor sie jemanden nachahmte: „'Nein, heute kann ich nicht zu einem Date, da hab ich noch Training. Morgen muss ich sieben Berichte über die Wochenendspiele lesen, wie soll ich da ein Mädchen ausführen? Oh, sie hat mich angesehen? Gar nicht aufgefallen, ich hab zu verschossen auf meinen Feuerblitz gestarrt."

Brixton prustete in seinen Bowtrucklekasten.

„Naome."

Corbens echte Stimme klang nicht halb so tief und schlaksig, wie sie immer nachgemacht wurde.

„Du weißt schon, dass ich dir gegenüber stehe?"

Naome schnappte sich ihre Schaufel zurück und machte eine wegwerfende Handbewegung. Die Zufriedenheit in ihrem Ausdruck blieb.

„Ziemlich krasse Annahme, dass ich dir gegenüber überhaupt noch Schamgefühl besitze, Corbs."

Und damit, und mit einem tiefgehend entschuldigenden Blick, den Corben Logan schenkte, ließ sie es auf sich beruhen. Auch, wenn Logan bis zum Abend fest davon überzeugt war, einen Fehler begangen zu haben, als sie auf Annes leichtsinnige Frage: "Wann gehen wir morgen zum Platz?" mit "Corben und ich gehen früher" geantwortet hatte.

„Glaubst du, sie wird uns je wieder normal ansehen?", raunte Logan Corben zu, als sie sich nach dem Abendessen vom Ravenclawtisch erhoben und zum Training aufbrachen.

„Nein", befand Corben und begegnete Naomes schamlosen Grinsen mit einem eisigen Ausdruck. „Niemals."

Und da war vielleicht tatsächlich was Wahres dran.

Mit Corbens verstohlenem Lächeln in ihren Augenwinkeln, einer guten Aufsatzbewertung in Zaubertränke und dem ersten richtigen Schneefall des Jahres, konnte der kommende Samstag mit seinem Häuser-Derby kaum schneller näher rücken.

Die Tage verstrichen mit einem zu schnell über das Ziffernblatt ratternden Stundenzeiger und schon am Donnerstag Morgen kam es Logan vor als hätte sie seit dem Gespräch mit Naome und Anne im Gemeinschaftsraum bloß einmal blinzeln müssen. Dabei hatte sich Robs winterkalter Ausdruck gemeinsam mit dem Schneeregen so fest in ihr Gedächtnis gebrannt, dass sie ihn am Ende jeder Unterrichtsstunde wegblinzeln musste. Corben fragte sie trotzdem nicht noch einmal danach. Er summte viel zu gut gelaunt die Hogwartshymne, wenn sie zwischen den Unterrichtsstunden über die Korridore schlenderten.

Dabei hielt Logan sich an ihr halbherziges Versprechen: Sie hatte den Kompass noch am selben Abend, als Corben ihn ihr im Dämmerlicht zugeworfen hatte, in der Schublade neben ihrer Kommode verschlossen. Und anstelle ständig verhalten auf sein rotierendes Ziffernblatt zu lugen, schielte sie nun zu Corben und das fühlte sich selbst dann, wenn er sie erwischte, wesentlich befreiender an.

Auch, wenn ihr Blick meist nahezu im selben Atemzug durch die große Halle huschte, immer wieder den Slytherintisch nach Rob scannte und sie bloß zu genau wusste, dass Naome ihr dabei zu sah.

Und klammheimlich fragte Logan sich, ob Naome, die seit ihrem gemeinsamen Gespräch ähnlich oft das Nichts fixierte wie Logan,  auch ähnliche Gedankengänge führte. Allerdings kam sie kaum dazu, sie darauf anzusprechen. Entweder versanken sie in Schulaufgaben oder die Schulkorridore explodierten in Farbbomben aus rotgoldenen oder grünsilbernen Konfetti; schon am Donnerstag liefen einige Schüler Schlachtgesänge jaulend und Häuserschals schwenkend durch die Gänge.

Und beim Frühstück, während Logans Tee abkühlte und ihr Müsli sich mit Milch vollsog, musterte sie den Gryffindortisch und die identisch erscheinenden Rotschöpfe daran. Ihre Gesten, ihre Erzählungen, ihr Lachen. Die gereckten Daumen, wenn jemand an ihnen vorbeilief und ihnen viel Erfolg am Samstag wünschte. Und beinahe war es ihr als wenn sie ihren Missmut mittlerweile zu sehr verstehen konnte, um tatsächlich noch wütend auf sie zu sein.

Wobei diese Tatsache nicht bedeutete, dass sie ihren Stolz auch gleich hinunterwürgte wie ihr später matschiges Frühstück. Denn auch Georges Lächeln bei Binns war an diesem Tag nur ein vorsichtiges Herantasten an seine heutigen Reichweiten.

„Logan?", flüsterte er ihr zu, nachdem sie einander die ganze Stunde eisern angeschwiegen hatten. „Wie geht es dir?"

Überrascht sah sie zu ihm hinauf. Beinah hatte sie vergessen, wie luftig seine Stimme klang.

„Wie?"

Georges Brauen zuckten. „Naja -", er machte eine ausladende Handbewegung „- wie's dir geht."

„Gut", erwiderte sie gedehnt und musterte, wie er sein Pergamentpapier zusammenrollte. „Und was -"

„Wie wütend bist du noch?"

Sie hatte gar nicht schnauben wollen und gerade deshalb war sie umso erleichterter, dass es in dem Zurückrutschen der Bänke vor ihnen unterging. Anne deutete mit einem Kopfzucken, dass sie draußen warten würden, und Logan nickte, bevor sie wieder in George Weasleys Gesicht sah.

Sie hatte sie trainieren sehen, jeden Abend von ihrem Gemeinschaftsraum aus, und nun, wo sie ihm erstmals seit einigen Tagen im hellen Licht des Klassenzimmers gegenüber saß, konnte sie die Anstrengung auf seiner fahlen Haut erkennen. Dass er Nachts zu wenig schlief, dass er zu viel nachdachte und dass dort irgendetwas an ihm anders war als vor Schuljahresbeginn noch.

„Ich hab's Fred nicht gesagt, um dir eins reinzuwürgen", sagte er schließlich, als Logan ihn bloß angestarrt hatte, anstatt ihm zu antworten.

Wenn sie zur Seite schielte, konnte sie sehen, wie Angelina Fred das Geschichtsbuch abnahm, kaum hatte er schmerzhaft das Gesicht verzogen - der Verband an seiner Hand sollte mal gewechselt werden.

„Er hat sich das selbst schon gedacht und ich hab - Mann, Logan, er ist die einzige Person, die echt schwer anzulügen ist."

„Ich weiß", entgegnete sie und hievte sich ihren schwarzen Stoffrucksack auf den Schoss, dessen Nähte unter den vielen Büchern schon lange ächzten. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, was sie Fred erwidert hätte, wenn er sie ohne diesen anklagenden Zorn in der Stimme gefragt hätte. Ob sie ehrlich gewesen wäre - Du und McLaggen?

Doch so wirklich, glaubte sie, würde sie nie eine Antwort darauf finden. Und als Fred schließlich aufstand, wandte sie sich von ihm ab und fixierte George.

„Ich hab gehört, dass ihr Corben und Rob letztes Jahr aus dem Schloss geholfen habt."

Sie sprach es aus wie die Feststellung, die zwischen ihnen lange gefehlt hatte.

George hob die Brauen.

„Oh", so klang bei ihm unverkleidete Verblüffung. „Du kennst also die Geschichte?"

„Naja", Logan zuckte mit den Achseln. „Nur das, was man mir erzählen will."

„Glaub mir, wir hatten keine Ahnung, dass Pierce wirklich abhauen wollte." Jetzt deutete auch George Fred, dass er draußen auf ihn warten sollte. Und flüsterte, als die restlichen Gryffindors sich an ihnen vorbei schoben: „Wir dachten, es wär 'ne Spritztour nach Hogsmead und er käm an nächsten Morgen wieder. Aber er war ganze sechs Tage weg. "

Logan rückte ihren Stuhl zurecht. „Was gabs im Gegenzug?"

George zuckte die Achseln. „Rob konnte uns bei einer Erfindung helfen."

Beinah musste sie lachen - „Ich glaubs nicht." Verkniff es sich dann aber noch im selben Atemzug. Trotzdem kroch ein Hauch Erleichterung auf Georges Gesicht. Ein Anfang.

Auch, wenn Logan nachsetzte, während sie sich aufmachten, um als letzte das Klassenzimmer zu verlassen: „Rob meinte, Corben wär aufgeflogen?"

„Hmmm." Georges Mine verfinsterte sich. „Snape hat ihn erwischt."

Unter dem Türrahmen blieben sie stehen und wenn George so vor ihr stand, seine Schultern straffte und die Stirn in Falten warf, hatte er kaum noch etwas mit Freds Ausdruck gleich. Und in diesem Moment erleichterte es sie.

„Sie haben den Gang noch am selben Abend zugeschüttet", erklärte er und krallte seine Faust in die Träger; starrte düster in den Korridor als läge dort die Erinnerung. „Ich hätte McLaggen am liebsten an die Wand ge -"

„Wisst ihr, was Rob getan hat?", grätsche Logan dazwischen, um nicht eine neue Schimpftirade gegen Corben relativieren zu müssen. „Außerhalb des Schlosses?"

„Nein", seufzte er und zum ersten Mal glaubte Logan, so etwas wie Schuld auf seinem Ausdruck zu sehen. „Aber wir hätten ihn fragen sollen." Draußen fiel der Schnee und George spannte sein Kinn - „Wer hätte wissen können, dass vier Tage später Du-Weißt-Schon-Wer aufersteht?"

Der Kloß in Logans Hals dehnte sich in die Breite.

Und dann sprach sie aus, was sie sich schon seit den letzten vierundzwanzig Stunden unaufhörlich fragte, seitdem Rob sie auf der Holzbrücke zurückgelassen hatte: „Du glaubst doch nicht wirklich, dass das was miteinander zu tun hat, oder?"

„Nein." George war schnell. Und er klang ehrlich dabei.

Trotzdem lag dort immer noch die Sorge in seinem Blick, auch wenn sie so schrecklich wenig zu ihm gehörte. Wie eine Verkleidung, die nicht mal auf zynische Weise passte.

„Nein. Weil ich's nicht glauben will." Er sprach aus, was Logan die Eingeweide verknotete, bevor er nachsetzte, was noch viel schwerwiegender war: „Und, weil ich mir das nie verzeihen könnte."

Dann stieß er sie mit seinem Ellenbogen an. Grinste, endlich wieder, und ein klein wenig hatte es ihr in den letzten zwei Wochen gefehlt. Es sollte aufmunternd sein und das, was er sagte, half: „Und weil ich nicht glaube, dass Corben ihm dann den Rücken gedeckt hätte."

Eine Bestätigung, die sie mehr als alles andere brauchte.

„Glaubst du wirklich, dass er ein schlechter Mensch ist?"

„Corben McLaggen?" George schmunzelte. Vermutlich, weil er wusste, was er gerade für sie tat. „Nein. Nein, das glaube ich nicht."

Auch, wenn der Hauch an Besorgnis in seiner Miene blieb, während Professor Binns ihnen vom anderen Ende des Raumes signalisierte, dass sie aus der Tür verschwinden sollten.

Georges Worte hörte sie ob der zuschlagenden Tür trotzdem: „Bei Robert Pierce bin ich mir allerdings nicht so sicher."

Und diese Worte klingelten selbst dann noch in Logans Hinterkopf nach, als sie am Freitag längst allen Unterricht beendet hatte. Ihr Kopf schwirrte noch ein wenig von den Verwandlungseinheiten mit einem Kanarienvogel und sie hatte so verbissen versucht, auch noch die letzte Feder in Drachenhaut zu verwandeln, dass ihre Schläfen zu pochen begonnen hatten.

Weil ihr in allem Überfluss auch noch die letzten drei angeforderten Seiten für Professor Trelawny fehlten, die sie Montag morgen direkt als erstes einreichen musste und ihr Sonntag schon mit Aufsätzen für Zaubertränke und Arithmantik belegt war, trat sie im Anschluss an das Abendessen den Weg in Richtung Bibliothek an.

„Bleib bloß nicht zu lange wach", feixte Naome schonungslos, als sie sich vom Ravenclawtisch erhob. „Du musst doch morgen für dein Date extra früh raus."

Eines Tages, nahm Logan sich vor, hatte sie für alle von Naome Kommentaren einen Konter parat. Auch wenn das nicht heute war.

An diesem Tag sickerte die Nacht nämlich bloß träge über das Schloss. Die eingezogenen Dezembernächte warfen erste Eiskristalle an die dünnen Fensterscheiben und das rege Treiben der großen Halle verfolgte Logan wie lebhafte Hintergrundmusik bis in den zweiten Stock.

Sie war grade dabei, ein klein wenig zu ambitioniert über eine Fallstufe hinweg zu springen, als ihr vollbeladener Rucksack herzhaft gegen eine Schulter knallte - Scheiße, sorry.

„Logan, zum Glück." Fred fing sie rechtzeitig auf, bevor sie auf die Fallstufe zurückprallen konnte und dirigierte sie neben sich.

Für einen Moment sah er unwirklich aus. Wie eine Fata Morgana. 

Trotzdem sprach er: „Hast du 'ne Minute?"

Logan brauchte einen Moment, bis sie seine Präsenz begriff - 

„Leider nein." Zu ihrer eigenen Erleichterung war da auch tatsächlich viel Wahrheit dran. „Ich muss noch 'nen Aufsatz fertig kriegen und - hast du nicht jetzt Training?"

Der knallrote Trainingspullover, der sich mit seinen Haaren verbiss, war Antwort genug. Trotzdem wischte Fred sie beiseite: „Halbe Stunde. Ich möchte nur kurz reden."

„Hast du das nicht gestern auch gewollt?", befand sie mit aller Nüchternheit, die sie bloß zutragen bringen konnte. Freds Blick standzuhalten, wenn sein Freimut zu Ernsthaftigkeit wurde, würde immer einer Meisterleistung gleichkommen. Also starrte sie auf sein Nasenbein. Und die im Fackelschein tanzenden Sommersprossen. „Du bist abgehauen."

„McLaggen -"

„Hat dich nicht gebeten zu gehen, Fred", erwiderte Logan auch wenn sie wusste, dass Corben es wahrscheinlich sehr wohl getan hätte, hätte er bloß die Chance dazu gehabt. Also setzte sie nach, was eigentlich viel wichtiger war: „Ich hab dich nie gebeten, zu gehen. Und trotzdem tust du's. Immer wieder."

Die Lippen, die er schon zum Konter geöffnet hatte, schloss er wieder. Und sah sie einen Moment lang nur an. Bevor Logan das Wahrsagebuch unter ihrem Arm zurecht raffte - 

„Dafür hab ich echt keine Zeit."

Und sich an ihm vorbeischob. Denn letzten Endes pulsierten ihre Schläfen zu sehr. Und ihr Innerstes fühlte sich zu leicht an, um sich wieder mit der Schwere auseinandersetzen zu können, die es bedeutete, Fred Weasley ansehen zu müssen, ohne ihn zu begreifen.  

Also eilte sie die Treppen empor. Und steuerte selbst dann noch geradeaus, als seine Präsenz mit einem warmen Windhauch zu ihr aufholte.

„Logan, komm", versuchte er und hielt um ein Leichtes mit ihr Schritt, während sie praktisch rannte. „Ich meins ernst -"

Sie waren an der Bibliothek angelangt. Die Deckenlampen in den hohen Hallen schienen als einzige in diesem Schloss noch gleißend klar. Logan fuhr mitten auf der Schwelle zu ihm herum. Stellte sich ihm, ein letztes Mal.

Er seufzte, auch wenn er dabei verhalten grinste. Am Ende war Fred Weasley eben doch jemand, der die Herausforderung liebte.

„Alles, was ich will, ist eine Minute", beteuerte er.

Sie zuckte wortlos die Achseln.

„Hörst du jetzt etwa auf mit mir zu sprechen?"

Wieder ein Achselzucken.

Er höhnte: „Wie erwachsen."

Doch Logan wandte sich zu den Bücherregalen herum. Ihre Schritte hallten auf dem Bibliotheksteppich nach.

„Komm schon, Logan, ehrlich jetzt."

Fast wäre sie wieder stehen geblieben. Doch Madam Pence kam ihr zuvor: Mit finsterem Blick zischte sie hinter ihrem Tresen hervor - Pssst!

Fred rollte die Augen. Doppelt, als Logan selbstgefällig grinste.

„Ich mein's ernst", blieb er starr, vielleicht weil ihr Lachen ihn lockte. Egal, wie entschlossen sie die Gänge entlanghastete, er folgte ihr, zog sie herum -

„Kannst du's mir bitte nicht so schwer machen, wenn ich mich entschuldigen will?"

Überrascht schossen Logans Brauen in die Höhe. Gestattete sich einen Wimpernschlag, bis sie die Ehrlichkeit hinter seinem belustigten Ausdruck verstand.

Trotzdem hatte sie ihre Hand schon zur Hälfte erhoben. Und Madam Pences knorpeliges Gesicht starrte wieder hinter dem Tresen hervor. Also legte Logan bloß penetrant den Zeigefinger an den Mund. Auch, wenn sie sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte - Pssst! - während sie in die nächste Sitzniesche glitt.

Fred sah ihr dabei zu. Warf einen Halbschatten auf den Mahagonitisch und kalkulierte. 

Logan hingegen ließ bloß bedeutungsvoll ihr Wahrsagebuch fallen. Blätterte so dramatisch die Seiten um,  dass sie sich fast in den Daumen schnitt.

Fred zögerte. Einen Moment lang. Öffnete seinen Mund, um ihn wieder zu schließen. Beinahe hörte sie: 'Komm, Logan' und meinte fast, er würde gehen - dabei tat Fred Weasley nie das, was man von ihm verlangte. Ob unausgesprochen oder nicht.

Also zog er den Stuhl ihr gegenüber zurück und ließ sich nieder. Die Sitzfläche knarrte.

Logan starrte ihn an. Dein Ernst? 

Dann deutete sie auf ihren Aufsatz, hob die Hände. Ist wichtig, entschuldige. 

Fred glitt unberührt an die Lehne zurück. Herausfordernd. Dann warte ich halt. 

Fast fragte Logan sich, ob er das ernst meinte. Schielte zwischen ihm und ihrer Arbeit hin und her. Wusste, dass sie starr bleiben musste - stemmte also den Kopf in die Hände und las.

Auch, wenn sie erst kein einziges Wort verstand.

- so stehen Jupiter und Venus nie in Korrelation zueinander. Selbst nach zehn Jahrhundertwenden sind Überschneidungen ihrer Horizontalstellungen ein selten dokumentiertes -

Irgendwo hinter ihnen raschelte Madame Pence im Zeitungsarchiv.

Fred verlagerte sein Gewicht. Wieder knarrte sein Stuhl.

Angespannt hielt Logan inne. Schließlich setzte sie ihre Feder an. Ihre Lippen kribbelten, so fest presste sie sie aufeinander.

Einzig der Mars schiebt sich regelmäßig vollständig vor den Jupi

Ein Quietschen riss sie aus dem Gedankenkonstrukt.

Fred hatte sich vorgelehnt. Und auch, wenn sie mit den Zähnen über die Innenseite ihrer Wange malmte, lehnte er sich fast bis in ihr Blickfeld. Das Grün seiner Augen durchbohrte sie.

Sie holte Luft. Brachte ihre Feder an den Satz zurück.

- Jupiter. In den Monaten März und September lassen sich besonders -

Wieder spaltete ein Quietschen die Luft. Sie sah nicht auf.

- lassen sich besonders markante Finsternisse in den östlichen -

Quietsch - Logan verriss ihre Feder.

- in den östlichen Hemis -

Quietsch.

- Hemisphären, die -

Quietsch.

- die meist in den Lekto -

Quietsch.

„Kannst du's mal lassen?"

Jetzt starrte sie doch zu ihm empor. Fred Weasleys unverhohlene Selbstzufriedenheit ließ ihre Finger krampfen -

Fast wollte sie was sagen - da knatschte wieder der Stuhl.

Sie ließ die Feder fallen.

„Merlin verdammt, Fred, was willst du?"

Seine Lippen kräuselten sich. Mittlerweile hockte er auf der vordersten Kante, presste seine Oberarme fest gegen den Tisch.

„Dass du mit mir sprichst." Verstohlen hielt er Ausschau nach Madam Pence, doch die blieb in ihrem Zeitungsarchiv. Deshalb feixte er: „Hat's geklappt?"

Logan stöhnte - erstickte es aber noch rechtzeitig in ihrem Umhangsaum.

Freds Augenwinkel warfen sich in kleine Fältchen, aber trotzdem blieb seine Stimme ernst, als er viel sanftmütiger nachsetzte: „Hey, ich hab mich wie ein Idiot aufgeführt, ich checks. Ich kann nicht für dich entscheiden, wer das Zeug zu 'nem guten Menschen hat." Er schnitt eine Grimasse. „Auch wenn ich vielleicht mehr Erfahrung habe."

Verhalten schielte Logan unter ihrem Ellenbogen hervor. Wartete einen Moment, ob vielleicht nicht doch noch ein Witz folgte. Aber als Fred mit erwartungsvoll gehobenen Brauen schwieg, nuschelte sie gegen ihren Umhang: „Hat George dir die Worte in den Mund gelegt?"

Fred wog seinen Kopf. „Hat nur den Denkanstoß gegeben."

„Wie oft?"

Beiläufig zuckte er mit den Achseln „Vier Mal vielleicht."

Sie lachte. Und Fred musste wissen, dass sie es auch so meinte.

Also holte sie tief Luft und richtete sich auf. Sah an ihm vorbei in die Abenddämmerung hinaus. Von hier aus konnte sie nicht einmal die Oberfläche des großen Sees erkennen, dabei glaubte sie genau zu wissen, was zwischen ihr und Fred die Luft belegte.

Auch, wenn seine Entschuldigung festgezurrte Schnallen löste. Das war die Erleichterung.

Letztendlich sah sie ihn an. „Ich bin nicht mit Corben zusammen, Fred."

Seine Lippen zogen sich in die Länge.

„Er sieht dich an." Dieser Entschluss erschien seinen Mund zu vertrocknen. Seine Finger verbogen die Ecken ihrer Wahrsagebuch-Seiten. „Er mag dich."

Logan strich sie wieder glatt. „Ich weiß." Und weil der unergründliche Ton, der dort tief in Freds Stimme lag, fest gegen ihr Zwerchfell drückte und mit ihm über Corben zu reden immer bloß Schwere brachte, lenkte sie ein: „Es tut mir leid. Ich hab dich Arschloch genannt."

Jetzt war es an ihm zu lachen.

„Glaub mir, das verkrafte ich. Ich hab Ginny als Schwester."

Genüsslich schielte sie zu ihm empor. Schluckte das Kribbeln auf ihrer Zunge und diesen ständigen Drang, seine Wärme zu spüren. Als könne sie sich darüber hinwegsetzen, wenn sie nur konzentriert genug zu ihm sah.

„Du weißt es, hm?", sagte er schließlich nach einer Weile, in der sie einander angesehen hatten. Er brauchte seine Stimme kaum noch zu erheben, sie verstand ihn auch so. „Das mit dem Geheimgang im letzten Jahr, hat George erzählt."

„Oh", machte sie und spielte mit der Feder in ihrer Hand. „Jaah."

Freds Lippen spannten sich. Die Meter, die er in seinen Stuhl zurück gesunken war, setzte er sich wieder auf. Die Fläche quietschte, Logans Mundwinkel zuckten. Doch er nahm bloß die Finger von ihrem Wahrsagebuch. Und für einen Moment glaubte sie, er würde stattdessen ihre umschließen. Am Ende vergrub er sie jedoch nur in seinem Schoß. Und berührte sie stattdessen auf andere Weise: „Wenn du McLaggen und Pierce magst, wünsche ich dir ehrlich, dass sie nicht die sind, für die ich sie halte."

Ihre Hände ließ sie dort, wo sie seine beinah berührt hatten. Und hoffte, dass er verstand. „Danke, Fred."

Er lächelte. Auch, wenn es sich in einem Hauch Missmut verlor. Aber wenn das der Preis war, den es kostete, um ihn vor sich zu haben, war sie mehr als bereit ihn zu zahlen. Denn im Einklang mit der flutenden Erleichterung verstand sie, dass sie Fred Weasley nicht einfach so loslassen konnte. Und dass sie es beim besten Willen auch nicht wollte.

„Fred", flüsterte sie schließlich. In erster Linie, weil sein Name auf ihren Lippen Wagemut und Balsam zugleich war. Seine Augen schossen zu ihr, umtanzten sie. Alles war möglich. Also sprach sie es aus: „Was hast du mit ernsthaften Beziehungen für ein Problem?"

Für einen Moment entrüstete ihn die Verblüffung. Doch dann schien ihm Logans Neugier zu gefallen.

„Wieso fragst du?"

Wenn sie wollte, dass er ehrlich war, musste sie es ebenso sein.

„Weil ich es wissen möchte."

Für einen Moment schielte er den Gang entlang. Sah dabei aus als wenn er sich damit abgefunden hatte, dass Logan ihm manchmal zu viele Wahrheiten entlockte.

„Findest du nicht, dass sie einem die Kontrolle nimmt?", stellte er schließlich seine Gegenfrage.

„Was?", entgegnete Logan.

„Die Liebe", schlussfolgerte Fred.

„Die Liebe?"

Er zuckte mit den Achseln als bedeutete es nichts; war auch nur eine unerprobte Theorie.

„Kontrollverlust?", witzelte Logan und ihre Stimme tastete sich vorsichtig in die Stille hinein, die Fred mit seiner einfachen Existenz kontrollierte. „Der Meister des Chaos fürchtet sich vor Kontrollverlust?"

„Oh nein, nein, nein", protestierte er und lehnte sich mit erhobenem Zeigefinger vor „Ich streue liebend gerne Chaos. Aber wenigstens weiß ich dabei immer genau, was ich tue."

Und auch, wenn die Diabolie über seine Gesichtszüge schlich, glaubte Logan ihm das. Genau so, wie sie ihm damals am Platzrand alles geglaubt hatte - Ich kenne die Fehler, die ich begehe, Logan. Aber trotzdem begeh ich sie.

„Du glaubst, dass es blind macht, jemanden zu lieben", flüsterte Logan, nachdem sie seine Worte geschmeckt hatte wie flüssigen Honig. Freds Augen, die sich in den Bücherreihen um sie verloren, schmälerten sich. Und wenn Logan an sie dachte, an all die Menschen aus Fred Weasleys Leben, konnte sie ihn beinahe verstehen. „Und du willst nicht, dass man dich zu jemand anderem macht."

In diesem Augenblick erschien es wie seine Bürde, nur von Menschen geliebt zu werden, die die Pläne seiner Zukunft bis heute nicht verstanden. Und als er Logan die Schreibfeder abnahm und sie stattdessen durch seine Finger gleiten ließ, sah sie all das.

„Ich weiß nicht, ob sie blind macht", antwortete er und musterte die Tinte. Dann sah er auf. „Aber wenn, darf ich's mir echt nicht erlauben. Immerhin kann ich meine Zukunft glasklar vor mir sehen." Er grinste: „Und sie ist  verdammt glamourös."

Logan grinste zurück. Weil sie wusste, dass das die größte Menge an Ehrlichkeit war, die jemals jemand von ihm bekam.

„Morgen geht's für euch gegen Slytherin", sagte sie also, weil sie wusste, dass ihm wenigstens das die Selbstgefälligkeit zurückgeben würde. „Bist du bereit?"

Freds Blick, der an ihr vorbei auf die Regalreihen geschweift war, fand zu ihr zurück. Die Mundwinkel, die für einen Moment gesunken waren, zogen sich wieder nach oben.

„Bist du auf der Tribüne?", wollte er wissen und Logan sah die Aufregung in ihm tanzen, die sein ganzes Haus nun schon seit Tagen umtrieb.

Schließlich wogen ihr auch Tinas Worte von ihrem letzten Training noch immer durch die Ohren - Gryffindor gegen Slytherin ist die Begegnung schlecht hin; da gibts immer Verletzte, keine einfachen Siege; das wird genial.

Fred fing ihren Gedankenstrom auf.

„Feuerst du an?"

Logans Lippen kräuselten sich.

„Die Slytherins, damit sie dir einen Klatscher auf den Hals schicken? Na logo." Entblößt griff sich Fred an die Brust. „Hey, ich mach Witze."

Verschmitzt verschränkte sie die Arme vor der Brust. Irgendwo hinter ihr passierte eine Gruppe an Schülern die schmalen Gänge und für einen Moment wünschte sie sich, er würde gar nichts mehr sagen; niemand von ihnen.

Dass nichts mehr folgen, ab hier nichts mehr geschehen musste. Dass die Zeit anhalten und sie weiter hier sitzen konnte, für einen klein wenig längeren Moment noch. Einfach so, die Hände auf ihrem unfertigen Wahrsageaufsatz, gegenüber von Fred, in lockerer Trainingskleidung und verwegener Frisur; wie sie aneinander vorbei ins Nichts und doch zueinander starrten, weil sich ihre Gedanken vielleicht um nichts als umeinander drehten.

„Wenn wir gewinnen", raunte Fred plötzlich und prompt wusste sie, dass die Zeit nicht stehen geblieben war „kommst du diesmal zur Siegesfeier?"

Es war eine vorsichtige Annäherung und seine Brauen versperrten fast seinen Blick, so knapp lugte er aus ihnen hervor.

Logan tat so, als müsse sie überlegen und schnappte sich ihre Feder zurück. „Gibts Feuerwhisky?"

Freds Stimme triefte vor Sarkasmus: „Natürlich nicht. Niemals."

„Dann vielleicht schon."

Und mehr als diese Eventualität hatten sie voneinander womöglich nie gebraucht. 


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Liebe dieses Gespräch. Es war wirklich seit Anbeginn in meinem Kopf. Fred und Logan bieten gute Voraussetzungen für schöne Wortwechsel and they're gonna break and mend our hearts.

Passend dazu ist auch endlich Zeit für Freds Theme, ihr findet es verlinkt über dem Kapitel. Es wird uns noch die ganze Geschichte über verfolgen. Tell her you love her, what could be more accurate? 

Samstag brechen wir auf zum nächsten Quidditchspiel. Wisst ihr noch, was im Buch beim Spiel Gryffindor gegen Slytherin passiert? Falls ja: Dann könnt ihr vielleicht schon was ahnen. Danach müssen wir uns aber dringend wieder um den Kompass kümmern, es wird Zeit.

Vorher aber noch fix die Widmung an Jo, , aus zwei Gründen: a) weil sie mich mit ihren Kommentaren immer berührt. Sei es, dass ich herzlich lachen oder vor Glück halb weinen muss. Und b) weil ich mir zu 90% sicher bin, dass sie in diesem Kapitel wenigstens einmal die Phrase "Windhund Weasley" kommentieren und mich dabei zum Cringe-Schütteln bringen wird. Außerdem ist ihre neue Geschichte der Oberhammer, you better check that out. Thank you, Jo, you have my heart.

Jetzt aber: Wir sehen uns Samstag. Logan und Corbs treffen sich um zehn, also bitte alle schick anziehen.

See you there, Ally x

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