28 | ein brief.
In den kommenden Tagen bemühte sich Corben sehnlichst darum, die neu über Hogwarts verhängten Regeln für sein Quidditchteam aufzuheben. Doch wann immer er nach den Unterrichtsstunden bei Umbridge auf ein Gespräch zurück blieb, kam er anschließend bloß mit knatschiger Miene aus dem Klassenraum geschlurft. Und nachdem am Donnerstag ihr zweites Training ausgefallen war, während die Slytherins als einzige Mannschaft längst wieder spielten, mussten sie Tina den Mund zuhexen, damit sie nicht zu laute Beleidigungen über Umbridge durch die große Halle schrie.
Die Hufflepuffs waren jedoch das Quidditchteam, das die neuen Regeln am ungünstigsten traf. Auch sie mussten die gesamte Woche um eine Trainingserlaubnis betteln, was ihnen die vorletzte Vorbereitungswoche vor ihrem ersten Saisonspiel kostete. Denn das nächste Match eilte auf sie zu und es war erst Freitag, als Corben endlich mit zufriedener Miene und von Umbridge unterschriebenem Wisch durch die Luft wedelnd ihr Klassenzimmer verließ.
Und so hatten sie schließlich Mitte November, der Winterwind hatte auch die letzten, bunten Blätter aus den Baumkronen von Hogwarts' Ländereien geschüttelt und Logan verließ kaum noch ohne zwei Paar Wollsocken ihren Gemeinschaftsraum. Corben, Rob und sie machten bei ihren sonntaglichen Treffen einige Fortschritte mit Trenn- und Spaltungszaubern, hatten sich bisher aber noch nicht an den Kompass gewagt.
Erst, als es Corben gelang, Robs Feuerzeug-Flamme vollkommen erstarren zu lassen und Rob es als erster von ihnen schaffte, die zwei Schwebezauber auf einem Spikoskop zu trennen, das Corben und Logan in unterschiedliche Richtungen zerrten, kehrte so etwas wie Entschlossenheit ein.
„Glaubt ihr nicht, dass wir es langsam probieren können?", mutmaßte Rob am Ende der zweiten Woche und rieb sich dort den Ellenbogen, wo er auf die Tischkannte aufgeschlagen war. Den Surgito zu nutzen, um zwei Zauber zu spalten, erzeugte ein Energiefeld, von dem es sie jedes Mal einige Schritte zurück jagte.
„Nach und nach", erwiderte Corben und langte nach dem Spikoskop, das auf den Boden gefallen war. „Erst müssen wirs schaffen, die gespaltenen Zauber getrennt zu lassen. Grad halten wir das Ganze wie lang?"
„Fünf Sekunden." Logan schielte auf die schiefhängende Wanduhr. „Das reicht nicht."
Rob schnappte sich das Spikoskop und ließ es in die Luft sausen. „Alles klar, dann nochmal."
Corben zielte ebenfalls darauf, die Augen schmal. „Logan, du wieder."
Wenn man mit einem Trennfluch auf einen Gegenstand zielte, der von zwei gegeneinander arbeitenden Zaubern unter zerreißender Spannung stand, fühlte es sich ein klein wenig so an, als wenn man an den elektrischen Zaun einer Pferdekoppel griff. Zumindest hatte es sich bei den Macauleys auf ihrem Hof immer so angefühlt, wenn Logan Reed damals in den Sommerferien besucht hatte.
Jetzt umklammerten ihre Finger aber keinen Draht, sondern ihren Zauberstab. Und sie konnte auch nicht mit schallendem Gelächter loslassen. Sie musste festhalten, selbst wenn es bis in ihre Ellenbeuge kribbelte - Surgito.
Ein grellgelber Strahl schoss wie in Zeitlupe auf das Spikosop zu, das sich unter den beiden Schwebezaubern gefährlich dehnte. Rob zog nach rechts, Corben nach links. Der Spaltungszauber bohrte sich wie eine Pfeil in das Metall und wenn Logan die Kraft in ihren Fingern drallte, konnte sie die Energiefelder beider Zauber gegeneinander kämpfen spüren. Sie entschloss sich für den rechten von ihnen, das gelbe Licht ummantelte Robs violetten Schwebestrahl wie Gusseisen seine Form. Die Konzentration trieb ihr ein Pochen in die Ohren.
Krampfhaft versuchte sie, allen Willen darauf zu lenken, den Schwebezauber von dem Spikoskop zu lösen. Klemmte ihre Zähne aufeinander, bis sie knirschten, hörte Corbens jauchzen: „Ja, ich habs glich bei mir!"
Und im nächsten Moment geschah es schon. Robs Zauber brach. Zumindest die Verbindung zu seinem Zauberstab. Der Spaltungsfluch hatte ihn gänzlich umschlossen und das lila Licht tänzelte in dem gelben Zauberschein, mitten in der Luft. Losgelöst vom Spikoskop.
„Merlin!", rief Rob und war drauf und dran, ein Buch aus dem Regal zu reißen - „Hier, versuch, ihn da einzuschleusen -"
Doch schon im nächsten Augenblick verpuffte die Verbindung, die Kraft in Logans Armen ließ nach und das gelbe Licht verschwand urplötzlich in der Luft, die gebündelte Energie des Schwebezaubers entlud sich an der Decke - ein pfeifender Knall, sie alle zuckten. Die Deckenlampe taumelte gefährlich.
„Wir kommen der Sache näher", befand Corben und fischte das Spikoskop aus der Luft. Bei Logans schwergehendem Atem musste er grinsen. „Brauchst du mehr Konditionstraining, Ainsley?"
Behände schnappte sie ihm das Spikosop aus der Hand und warf es in die Luft: Leviosa!
„Zeig erst, ob dus besser kannst, McLaggen."
Die Zeit verging in einem Wirrwarr aus Regenschauern und gleißendem Sonnenschein. In den kommenden Wochen versiegte die Kälte aus den Korridorwänden und laue Wärme kehrte auf die Schlossgründe zurück. Wann immer sie konnte - zwischen den Freistunden oder abends, wenn alle schliefen - versuchte Logan sich an Lähmflüchen, reakpitulierte die Theorien, die sie schon tausend Mal durchgegangen war und bemühte sich so sehr es ging, bei all dem nicht aufzufallen, während Umbridges neugierige Krähenaugen beim Essen durch die große Halle spähten.
Von der Geheimvereinigung hörte Logan derweil gar nichts mehr.
Nur manchmal, wenn sie nach Zaubertränke die Kerker verließen, sprachen Fred und George es flüchtig an. Naome hingegen schwieg dazu wie ein Grab.
Und so kam es, dass sie am Freitag vor dem nächsten Quidditchspiel mit Fred, George, Lee Jordan und einigen anderen Mädchen ihres Jahrgangs am Gryffindortisch saß und sich von den beiden Weasley-Zwillingen die neueste ihrer Erfindung zeigen ließ.
„Es ist ein Kopfloshut", ließ Fred sie bedeutungsschwer wissen und drehte den schwarzen Stoff flux in seinen Händen. „Wird der Knüller, sag ich euch."
Katie ihm gegenüber hob skeptisch eine Braue. „Und wofür soll das gut sein?"
„Sag nicht, du hast deinen Eltern noch nie einen Mordsschrecken einjagen wollen?", erwiderte George non-chalant.
„Gutes Argument." Amüsiert versuchte Alicia, nach dem schwarzen Stoff zu schnappen, aber Fred wich aus.
„Na na, das obliegt dem Meister."
Theatralisch setzte Fred den Hut knapp über seinen haarspitzen an und grinste, als wolle er fragen: Bereit?
„Glaub mir, das Ding funktionieren zu sehen ist nicht halb so gut, wie es nicht funktionieren zu sehen", raunte Logan Katie zu, während George eine ihrer dramatischen Reden hielt, so dass die Schülertraube um sie wuchs.
Katie lachte. „Genau das gleiche gilt für ihre Nasenblutnougats."
„Logan", hörte sie ihren Namen plötzlich durch das schallende Gelächter am Gryffindortisch klingen. George hatte Freds Kopf gerade abrupt im Nichts verschwinden lassen. Freds Arme wedelten dramatisch durch die Luft, als jemand Logan an der Schulter packte.
Cho Chang war erschienen, Paul Bochholt neben ihr. Beide blickten äußerst verunsichert drein.
„Logan, weißt du wo Corben ist?"
George ließ auf der anderen Tischseite seine Jubelrufe verstummen.
Überrascht schwang Logan ihre Beine über die Bank. „Nein, wieso?"
„Er war nicht in Arithmantik und auch nicht beim Frühstück", erklärte Cho „Wegen dem Training heute, ob -"
„Wir haben ihn gesehen."
Auch Katie und Alicia hatten mit dem Johlen aufgehört, Lee wandte sich nun ebenfalls um.
„Nach Pflege Magischer Geschöpfe. Er lief von der Eulerei zum Schloss zurück. Ist fast gerannt."
Herzhaft biss Alicia in ihren Apfel hinein: „Ja, hatte 'nen Brief dabei."
Wie vom Blitz getroffen schoss Logans Blick zu ihren Mannschaftskameraden. „Meint ihr -"
Cho hatte sich die Hände vor den Mund geschlagen, nuschelte: „Der Ligavorstand."
Logan wandte sich um und alle Gryffindors starrten sie an, aus den Augenwinkeln konnte sie Freds Kopf zehrend langsam wieder aus dem Nichts erscheinen sehen.
„Wo ist Angelina?"
„Sie hat noch Verwandlung."
Logan spang rauf. Cho hatte sich schon zum Ausgang der Halle gewandt, Paul dicht bei sich.
„Vielleicht ist er im Gemeinschaftsraum."
Doch dort war er nicht. Und auch ihrer in nächsten, gemeinsamen Verwandlungsstunde fehlte von Corben McLaggen jede Spur. Und spätestens, als sie nach ihrer letzten Stunde in den Westturm zurückkehrte und noch immer kein Zeichen ihres Mannschaftskapitäns fand, wurde die Innenseite ihrer Wange vom Malmen ihres Kiefers wund.
„Irgendwo muss er ja sein", beteuerte sie Brixton, als sie sich ihren dunklen Pullover über das Hemd warf und die Krawatte ächzend darunter hervorzog. Die Nachmittagssonne fiel sanft durch das Turmfenster und tanzte in Brixtons stoppeligem Haar. „Ich schau am Quidditchfeld."
„Gute Idee", grinste Naome aus ihren Arithmantikbüchern hervor „wenns 'ne Absage war, musst du ihn davon abhalten, sich vom höchsten Turm zu stür-"
Logan strafte sie mit einem solch piercenden Blick, dass sie den Rest des Satzes lieber verschluckte.
Die Dämmerung hatte sich bereits über das Schloss gelegt und der Wind auf Hogwarts Länderein war lau. Der Rest brüchigen Laubs türmte sich in kleinen Pforten neben dem schmalen Erdweg und warf erste Nachtschatten an die Steinwände. In der Scheinwerferluft über dem Quidditch-Feld schwebte kein einziger, weit entfernter Punkt.
Der Rasen war noch feucht vom morgigen Tau, doch die Regenpfützen, die am Montag noch die Wiese um die Torstangen verziert hatten, waren vertrocknet und auch sonst lag der trügerische Hauch nach warmen Tagen in der Luft, als hätte der Winter sich in den Wochen zuvor gar nicht erst so brachial angekündigt.
Aus den Umkleidekabinen neben dem Quidditchfeld drang kein Laut und auch die Trainingstafel vor dem Stadioneingang war unberührt - Freitag, 18 - 21 Uhr, belegt durch Gryffindor.
Von den Spielern in Scharlachroter Sportmontur fehlte jede Spur, also schlängelte sie sich zwischen den Holzhütten und der Besenkammer vorbei zum Spielfeldeingang - und dort hielt sie inne.
Das Rascheln ihres Umhangs verriet sie. Und die Silhouette, die in das gleißende Scheinwerferlicht getaucht war, fuhr herum.
Die endlosen Weiten des Quidditchfeldes thronten hinter ihm und nicht zum ersten Mal hatte Logan das beruhigende Gefühl, dass die Welt genau so gehörte.
„Corben?"
Dort, wo Fred sie einst nach ihrem eigenen Spiel überrascht hatte, lag nun blasse Dunkelheit und Logan ließ den Besenschrank zurück als hielte sie sich an der Erinnerung nicht länger fest.
Corben hingegen regte sich nicht. Seine Sohlen ruhten bloß auf der für das morgige Spiel frisch gezogenen Grenzlinie. Er sah sie an. Silbern blauer Hausschal. Ausgewaschener Trainingspullover. Angespannte Brust. Und einen Umschlag in seiner Hand.
„Ist das -"
Sein Nicken sprach genug.
Ohne zu zögern hatte Logan Distanz überquert. Das Pergament war warm und dort, wo er es fest umklammert gehalten hatte, wellte das Papier; die obere Kannte hatte er aufgerissen.
„Das ist ein dicker Umschlag." Siedrehte ihn im Scheinwerferlicht. Hoffnungsvoll sah sie in sein Gesicht, doch in der im Schatten versinkenden Iris fand sie nichts. „Dicke Umschläge bedeuten immer etwas Gutes."
Coben McLaggen atmete tief und seine warme Luft streifte ihre Nase.
„Ich habe es."
Er sagte es einfach so. Und Logan starrte ihn an als hätte er zum ersten Mal zu ihr gesprochen.
„Sie wollen mich in York."
Prompt riss Logan den Brief heraus. Der Umschlag knisterte in ihrer Hand. Ein edles Beige mit glänzend grüner Tinte durchsetzt. Dabei hätte sie es gar nicht lesen brauchen, im Halbdunkel der verschwindenden Sonne und den Schatten der Umkleidekabinen konnte sie kaum einen der Sätze erfassen.
„Es ist ein Stipendium", sagte Corben und spähte mit ihr auf das Anschreiben hinab. Die Nüchternheit in seinem Tonfall verriet, dass es seine Wahrnehmung erreicht hatte, aber noch nicht bis auf seinen Verstand durchgedrungen war. Er erkannte, aber er begriff noch nicht.
„Ich spiel für das Team in York und gleichzeitig studier ich Internationale Sportkooperationen an einer Außenstelle des Ministeriums."
Es war als müsse er über jemand anderen sprechen; über jemanden, der irgendwer war, aber doch nicht Corben selbst.
Logan ließ die Zettel sinken und ihre Perplexision fesselte sie so sehr an ihren Gegenüber, dass sie gar nicht wahrnahm, wie behutsam er den Brief ihrem Griff entwand.
Als ihr Bruder seine Einladung nach Dublin bekommen hatte, hatte er sie auf den Schultern durch die Gänge ihrer Schule getragen. Er hatte zwanzig Butterbier an einem Tag getrunken und die nächsten Spiele besser gespielt als je zuvor. Er hatte gejubelt, geschrien. Doch Corben McLaggen, der stand nun vor ihr, so ganz anders als Augustus damals, und er schrie nicht und er sang nicht; er stand einfach nur da. Und in diesem Moment, in dem sie in Corbens fassungslose Augen sah, die so anders waren als Augustus', und in dem sie nicht verstand, was ihr das eigentlich sagte, spürte sie Hitze vor Freude und erdrückende Kälte in sich zugleich.
„Du gehst nach York", wisperte sie, so nah an ihm, dass ihr Fokus sich fast hinter ihm verlor.
„Ich geh nach York." Ein Lächeln zog sich auf eine Lippen und er straffte die Schultern, nun beständiger. „Ja, ich geh nach York."
Logan grinste. „Komm", forderte sie und griff nach seinem Handgelenk, „das müssen wir den anderen -"
„Nein." Er verharrte, fest an Ort und Stelle. „Warte noch."
Und dort stand er, Corben McLaggen, mit dem erreichten Lebenstraum in seiner einen und Logan Ainsley in seiner anderen Hand.
Belustigt ruckte sie an seinem Arm. „Corben, red keinen Stuss, wir sollten -"
Doch er wandte den Griff herum und nun war er es, der sie zog, geradewegs auf sich zu. Und er war warm, er roch nach herbem Duschgel, ein klein wenig auch nach feuchtem Gras. Er war ihr nah, die Haare an ihrer Stirn und die Nase an ihrer - und für einen Moment hielt er an. So nah an ihr, dass sie sein rasendes Herz aus seinem Atem schmecken konnte.
Er hielt an und starrte sie an. Für einen Moment. Als wolle er ihr eine letzte Chance geben, von ihm zu gehen. Doch das tat Logan nicht.
Denn in einhundert Jahren hätte sie sich nicht aus der Behutsamkeit seines Griffes und dem Schutz seiner Präsenz geschält, die sich um sie legte wie eine Decke, die ihr ewig lang gefehlt hatte; nicht weg von seiner Haut, weg von seinem Atem, berstend heiß auf ihren Lippen, nur einen Moment lang - bis er sie endlich berührte.
Und er küsste sie, mit seinen Händen in ihrem Nacken und den kratzigen Kanten des Briefes irgendwo dazwischen. Er küsste sie, nur kurz, nur flüchtig, als taste er sich ran. Atem wieder auf ihren Lippen, wartete ab. Sah auf, geradewegs in ihr Gesicht. Und als läge dort alle Einverständnis der Welt, küsste er sie wieder und Logan ließ es mit der schwellenden Hitze in ihrem Kopf einfach zu.
Sie ließ es zu, die Finger in seinem Schal und die Körper aneinander, zurücktaumelnd, bis ihre Schultern den Besenschrank trafen und Corbens Lippen -
Ein Räuspern ließ sie auseinanderfahren als hätten sie sich vor sich selbst erschrocken.
Eine Gestalt war erschienen, im matten Licht zwischen den Umkleidekabinen, begleitet von Schritten aus weiter Entfernung. Und für eine Sekunde, einen Atemzug, der ihr fast die Luftröhre sprengte, glaubte Logan jemand anders zu sehen. Für eine Sekunde war alles, was sie erfasste, das flammend rote Haar, die drahtige Statur und der belustigte Blick, bis -
„Sorry, Mann, aber ich muss an den Schrank."
Heiße Luft verließ ihre Lunge und irgendetwas in ihr fiel. Es war George. Es war nur George. Und seine höhnische Miene, die seinem Bruder so ähnlich war, war ausnahmslos an Logan gepinnt.
Abrupt rutschte sie von der Tür und die fünf Armlängen, die Georges Erscheinen zwischen Corben und sie gesprengt hatte, ließen die Luft flimmern.
In aller Gemütlichkeit schob George sich zwischen ihnen hindurch, ließ das metallene Schloss klicken und zog rumpelnd einen Sauberwisch empor. Logan musterte jede Bewegung die er tat, die Brust rasend und den Blick ganz weit von Corben entfernt.
„Also, ich wollte eigentlich echt nicht stören", sagte George in die wabige Stille hinein und feixte. „Aber wenn ihr weitermachen wollt, solltet ihr euch 'nen anderen Ort suchen. Wir trainieren hier gleich."
Wo Logan noch vor vor vier Wochen, als die Zwillinge sie, Rob und Corben über die Flure schleichen gesehen hatten, gedacht hatte, sie hätte den zehrendsten Weg hinauf in den Gemeinschaftsraum ertragen müssen, stellte sie nun fest, wie gewaltig sie sich geirrt hatte.
Die gesamten einhundertvier Treppenstufen hinauf in den Turm der Ravenclaws sprachen sie und Corben kein Wort. Als sie Angelina, Alicia und Fred auf dem Weg der Ländereien passierten, mied sie so garstig jeden Blick als fürchte sie, irgendeiner von ihnen müsse sonst prompt erkennen, dass irgendetwas geschehen war.
Stattdessen hasteten sie bloß, Corben ihr einen Schritt voraus, mit dem Knistern des Pergamentes in seiner Hand als Begleitung, in den Ostflügel empor. Die gesamte Zeit über rasten Logans Gedanken um Worte, die sie finden, und Erklärungen, die sie sammeln musste. Dabei war ihr Verstand viel zu beschäftigt damit, die vergangenen zwanzig Minuten zu rekapitulieren, und bei jeder Stufe überlegte sie sich einen Grund, vorher abzubiegen, ihn nicht zu begleiten - die Bibliothek, die große Halle, die Eulerei - doch es gab keinen anderen, logischen Ort, an dem sie gehen konnte, als zurück zum Gemeinschaftsraum.
Und so froh sie auch war, dass Corben nichts sagte, so sehr wünschte sie sich doch auch, er würde ihr all das erklären. Warum sich seine Lippen auf ihren so gut angefühlt hatten, warum seine Nähe zu ihr keine glühende Hitze in ihr hervor stieß, die ihr alle Konzentration nahm, so wie Fred es immer mit Leichtigkeit tat und warum sie gerade darüber so froh war. Warum es ihr gerade deshalb gefiel, dass er sie küsste und warum ein Teil von ihr genau das wieder wollte, während die andere Stimme in ihr nicht umhin kam, als sich selbst laut tosend anzuschreien.
Corben war Sicherheit. Fred war es nicht und zum ersten Mal sah Logan sie beide an, ohne einem von ihnen gegenüberzustehen.
Und der laue Gegenwind, der über ihre Haut hinwegstrich, konnte die tauben Stellen an Lippen und Hals nicht verschwemmen, die Corbens Berührungen dort hinterlassen hatten.
Die Holztür mit dem Adlerkopf am Treppenende auftauchen zu sehen, glich dem Freischlag einer Erlösung und doch bremste Corbens Füße ganz knapp vor der Türschwelle ab, verharrten, ließen ihn herum fahren. Und für einen Moment lang sah er Logan einfach nur an. Mit zusammengezogenen Brauen, die verrieten, dass er so viel zu sagen hatte, dass er nirgends beginnen konnte und sie könnte schwören, ihn bereits ein Wort sagen zu hören, da schwang die Tür hinter ihnen auf.
Brixton und Naome waren in ihre Hausschals und Wollmützen gehüllt, als sie noch auf der Schwelle stoppten - „Da ist er ja!"
Naome jubelte: „Endlich, wir wollten schon los und euch suchen."
Und im nächsten Augenblick hatten sie Corben über die Schwelle hinein in Mitten des Gemeinschaftsraums gezogen, wo ihn prompt unzählige Blicke und ein frühzeitig gefeuerter Konfettiknaller trafen.
An diesem Abend erzählte er ganze sechs Mal, wie er den Brief am Morgen auf dem Weg zur großen Halle von einem großen, starren Waldkautz überreicht bekommen hatte und wie er die ganzen Zeilen fünfzehn Mal hatte lesen müssen, um sie überhaupt zu begreifen. Dass er direkt an seine Eltern und seine kleine Schwester nach Hause geschrieben hatte; dass Flitwick ihm gratulierte; dass er eigentlich in den Unterricht gehen wollte, ihn Panik packte - Vielleicht war er ja gar nicht gut genug? - und er so lange auf den Rängen des Quidditchfeldes saß, bis die Sonne unterging; er aufstand, gehen wollte. Und Logan ihn fand.
Und während er erzählte, während sein Brief die Runde machte und Tina Bigstein mit dem Programmflyer seines neuen Studienplatzes durch die Menge wedelte - „Ui, Herr Mister Koordinator internationaler Sportangelegenheiten, was für schicke Trainingskabinen sind das denn?" -, da saß Logan zwischen einer neugirg lauschenden Anne und einer genüsslich Schokofrösche naschenden Naome und sah ihm zu. Musterte das Feuer auf seiner Haut, die Begeisterung in seinem Blick und das Grau darin, das immer wieder sie fand. Fast so, als wollte er sagen: Warte noch; warte noch ein Stück.
Doch alles, was Logan die Warterei und der gespielte Freimut brachte, war das Drücken in ihrer Magengegend, das sich bis Mitternacht in schiere Übelkeit gewandelt hatte. Also war sie die erste, die den Gemeinschaftsraum verließ. Mit dem deutlichen Wissen, dass Corben sie beobachtete, bis sie hinter dem Schutz der Marmortreppe verschwunden war.
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ICH KANN NICHT MEHR. Ich hab die Tage runtergezählt, uff.
Logan und Corbs. Corbs und Logan. And George knows. Was glaubt ihr, where do we go from here?
Eigentlich wollten wir doch im nächsten Kapitel mal den Kompass auseinandernehmen. Na das wird jetzt was.
Die obligatorische Frage kommt natürlich noch: Welches Team? Fred oder Corben? Und was glaubt ihr, wie Fred reagiert, wenn ers erfährt?
Als ich dieses Kapitel damals geschrieben hab, war ich noch gar nicht Team Corben und fünf Kapitel später konnte ich nicht mehr von ihm aufhören, so we're in for a wild ride of emotions. Lets brace ourselves.
See you next week. All the love x
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