13 | propheten.
Corben brauchte drei Tage, bis er einen zusammengeschnürten Berg an Zeitungen auf Logans Geschichtsbuch patschen ließ.
Der Gemeinschaftsraum der Ravenclaws war verlassen, bloß in der hinteren Ecke beugten sich zwei Drittklässler über ein Schachbrett.
„So", hörte Logan Corben seufzen, doch ihre Augen waren vor Verblüffung ausschließlich auf den Stapel gepinnt „das ist alles, was ich kriegen konnte."
Sie musste sich zwingen, ihren Mund nicht offen stehen zu lassen. „Ich glaube, ich schulde dir was."
Mit einer unwirschen Handbewegung fuhr Corben durch sein dunkles Haar.
„Höchstens mal ein Butterbier."
Amüsiert musterte er, wie Logan den Batzen an Ausgaben beiläufig unter den Tisch gleiten ließ.
„Oder wir gewinnen einfach direkt das erste Spiel, dann wär deine Schuld auch beglichen."
Jetzt schielte sie zu ihm empor. „Wann ist denn das erste Training, steht schon ein Termin?"
Seine Mundwinkel verzogen sich. „Bin noch in der Diskussion mit Johnson und McGonnagall, dass die Gryffindors Montags erst nach uns dran sind. Die hinterlassen immer ein Chaos im Besenschrank." Er raffte sich die Ledertasche zurecht, die er über seine Schulter geworfen hatte. „Glaub mir, ich lass dich wissen, wann's losgeht."
Mit einer Hand auf den vielen Zeitungen, die sich bis an ihre Wade stapelten, sah Logan dabei zu, wie Corben ging. Und fragte sich, ob es ihm nicht vor Neugier in den Fingern juckte, herauszufinden, wonach sie suchte. So ähnlich, wie es ihr in den Fingern juckte, zu erfahren, was für ein Geheimnis er mit Robert teilte.
Allerdings fragte Corben kein Mal danach, was Logan mit einem solchen Berg an Zeitschriften von vor füfzehn Jahren wollte. Er schenkte ihr bloß manchmal einen Blick, während dem Mittagessen oder nach Zauberkünste, der sie wissen lies, dass sie von nun an Verbündete waren. Verbündet in nichts Besonderem, aber verbündet.
In Hogwarts hatte sich derweil das Thema der bald startenden Quidditchtrainings zum Lieblingsthema auf den Fluren entwickelt und nun, da alle Mannschaften ihre Mitglieder ausgewählt hatten, waren die ersten Wetteinsätze über den diesjährigen Meisterschaftstitel längst über die Haustische geschoben worden.
„Du weißt schon, dass du uns noch eine Erklärung schuldig bist?", erklang am Dienstag Georges belustigte Stimme, als Logan sich grade auf den Weg zu Wahrsagen gemacht hatte.
Er und sein Bruder waren aus den Verwandlungskorridoren ausgeschert und balancierten verräterisch volle Pappkisten unter ihren Armen.
Überrascht sah Logan zu ihnen auf, doch Fred warf ihr bloß einen zynischen Blick zu.
„Du kannst nicht einfach McLaggens Trumpfkarte im Quidditch werden, ohne uns einzuweihen. Das grenzt an Hochverrat."
Logan nahm ihm einen Karton ab, den er zwischen Kinn und Brust eingeklemmt hatte. Zahlreiche Kügelchen rappelten darin umher.
„Ich kann schon, wenn ihr meint, den Meisterschaftspokal so sicher zu haben."
Theatralisch verzog Fred die Miene. „Und ich dachte, wir würden dich in voller Gryffindormontur auf den Rängen erleben. Als größter Fan!"
George seufzte in den Korridor hinein. „Wie du uns anfeuerst. Zujubelst. Anschmachtest -"
Dumpf donnerte Logan ihm den Pappkarton auf seinen Stapel und versperrte ihm so die Sicht - George musste einen Ausfallschritt wagen, um die Balance zu halten.
„Aber jetzt mal ernsthaft", beteuerte Fred und beugte sich an Logan heran. Seinen taumelnden Bruder ignorierte er „das war ein cleverer Schachzug von McLaggen. Die Neue zu nehmen. Verdammt, keiner weiß wie gut du bist, nichtmal wir können dich einschätzen."
Hastig hatte George zu ihnen aufgeholt und schielte an seinen Kisten vorbei: „Die Slytherins flippen grad aus, weil sie nicht wissen, ob ihr jetzt nicht doch 'ne ernsthafte Konkurrenz seit."
„Angelina hat mich beim Frühstück einem dreißigminütigen Verhör über dich unterzogen", lachte Fred, während sie sich in die Schülermenge einordneten, die sich im Treppenhaus staute. Und bevor sie sich trennten und zum Gryffindorturm abbogen, war er wieder ganz nah an ihr dran, Fred Weasley, und hauchte amüsiert: „Herzlichen Glückwunsch, du bist ein richtiges Mysterium, Logan Ainsley."
„Da hat er nicht ganz unrecht."
Anne war so dicht hinter Logan aufgetaucht, dass sie beinahe zusammengezuckt wäre. Sie hatte ihren Mondkalender vor die Brust gedrückt und schaute besorgt.
„Smith aus Hufflepuff hat mich eben mit vier Trickzauberstäben bestechen wollen, damit ich ihm was über unser Team verrate."
Verwundert wandte Logan sich von Fred Weasleys Haarschopf ab, der rechts von ihnen in der Menge verschwand. Ein unangenehmes Ziehen hatte sich in ihrer Magengegend bereit gemacht. „Aber wieso sind denn alle so scharf drauf?"
„Na weil Corben ein verdammt guter Spieler ist und euer Team komplett aus Neuzugängen besteht. Niemand kann euch einschätzen." Sie warf einen Blick auf die nachtblaue Uhr an ihrem Handgelenk, vermutlich kamen sie für Trelwanys Stunde zu spät, doch die Traube vor ihnen löste sich nicht. „Und alle hätten gedacht, er wär nach dem Auswahltraining total frustriert. Stattdessen ist er irgendwie - gut drauf?"
Und damit, das musste Logan zugeben, hatte Anne sogar Recht - gestern Morgen hatte Corben auf dem Weg zu ihrer Zaubertrankdoppelstunde sogar die Hogwartshymne vor sich her gepfiffen, die ihr seit jeher nicht mehr aus dem Kopf ging.
Doch während Anne sich schon wieder darüber ärgerte, dass die Viertklässler vor ihnen die Wendeltreppe blockierten, hörte Logan gar nicht hin. Stattdessen dachte sie an das Treiben in den anderen Gängen des Schlosses. Die Worte, die sich verbreiteten, und die Leute, die jetzt vielleicht wieder über sie nachdachten. Und Sirius Blacks Stimme tanzte durch ihre Gedanken, übertrumpfte die Erinnernung an Corbens Pfeifen wie eine laute Sirene: Fall einfach bloß nicht auf und nichts wird geschehen.
Letzten Endes setzte Corben das erste Training der Saison auf den kommenden Mittwoch an. Logan verbarg die vielen Tagespropheten unter ihrem Bett und zog immer dann einzelne Ausgaben hervor, wenn sich Anne und Naome schlafen gelegt hatten und nur noch Naomes Schnarchen zu hören war.
So richtig fündig wurde sie allerdings nicht, was aber auch daran lag, dass ihr die Zeit für jegliche Nachforschungen fehlte. Manchmal, wenn sie ein Freistunde hatte, durchblätterte sie die Kurzmeldungen des Januars vor fünfzehn Jahren; las davon, dass das Ministerium eine neue Abteilung für die Strafverfolgung vom Missbrauch Magischer Artefakte gegründet hatte oder welches Quidditch-Team an welchem Wochenende das Spiel gewann. Wann genau Kalgan in diesem Jahr verhaftet worden war, wusste sie nicht. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als alles durchzuschauen und geduldig zu sein, während sich ihr Kompass in ihrem Nachtschrank weiter lustig um seine eigene Achse drehte.
Bis endlich ihr erstes Training begann und Logan die Chance hatte, ihren Kopf ein klein wenig frei zu bekommen. Denn für sie war das Gefühl, sich durch die Luft winden und die letzten Sonnenstrahlen des Tages aufnehmen zu können, das nächste Bisschen, das sie in den vergangenen Monaten an ihrer Heimat dran gewesen war. Und ein klein wenig mochte sie den Gedanken, dass sie, wenn sie nur hoch genug steigen würde, bis nach Irland sehen konnte. Bis nach Irland und bis zu ihrer Familie hinan, weil jeder von ihnen bei ihr war. Gus ganz besonders, als flöge er zu jeder Wendung neben ihr her.
„Das war eine gute Einheit", befand Corben, als er und Logan nach ihrem ersten Training die Klatscher in die Kiste sperrten, während hinter ihnen die Sonne den Himmel entbrannte.
„Hab ich dich also nicht enttäuscht?"
Logan genoss, wie heiß ihr noch immer vom Umherrasen war und wie schlapp sich jeder Muskel ihres Körpers fühlte.
Corben grinste sie an, als er die Kiste zuschnappen ließ. „Ich glaube, enttäuschen kannst du mich gar nicht."
Also drohte der September langsam zu verstreichen, Corben entpuppte sich als äußerst fokussierter und strategischer Trainer, den Tina Bigsteins Gemotze kein bisschen störte. Ganz unberührt setzte er in der ersten Woche durchweg Sprints am Boden an, damit sie ihre Kondition verbesserten, bevor sie sich langsam erst in die Höhen wagten.
Und jedem Montag lösten die Weasley-Zwillinge Logan mit einem neuen Witz von den Umkleiden ab, wenn das Training der Gryffindors nach dem der Ravenclaws begann.
„Und Logan, heute das erste Mal 'nen Quaffel gefangen?", neckte Fred sie in der letzten Septemberwoche, als sie mit ihrer geschulterten Sporttasche den Platz verließ. Er und seine identische Kopie eines Bruders waren so schnell bei ihr, dass Corben, der eben noch hinter ihr her geeilt war, eine andere Richtung einschlug. Mit gehobenen Brauen sah George ihm nach.
„Unterschätz mich ruhig, Weasley, das wird witzig."
Fred zog eine Grimasse. Und Logan musterte, wie die Scheinwerfer über den Tribünen aufflammten, während es um sie herum immer dunkler ward.
Sie wusste, dass die beiden mit ihren Neckereien blufften. Denn immer dann, wenn sie zwischen den Stunden gemeinsam durch die Gänge liefen, tönten sie ganz andere Dinge durch die Korridore, sobald ein Slytherin in der Nähe war – Starjägerin der Ravenclaws. Achtung, Achtung, nicht berühren, sie ist die einzige Hoffnung, die das arme Haus noch hat!
„Wir werden's ja sehen, wenn es soweit ist." Fred schulterte seinen Sauberwisch. Für einen Moment sah es aus, als wolle er noch etwas sagen, das matte Grün seiner Augen war an ihr hinabgehuscht, doch George packte ihn an der Schulter.
„Zur Not sperren wir dich das Wochenende zuvor im Honigtopf ein, das senkt die Konkurrenz", grinste George und zwang Fred in Bewegung.
„Honigtopf?", wiederholte Logan vollkommen verständnislos, „was ist das denn?"
Doch die beiden Jungen waren schon an ihr vorbei den Platz hinab verschwunden.
Die schwarzen Bretter im Gemeinschaftsraum der Ravenclaws verkündeten das erste Wochenende in dem nahegelegenen Zaubererdorf Hogsmead noch am folgenden Morgen, als hätte Georges Sarkasmus sie dazu berufen. Naome und Anne waren endlich mal bei ein und derselben Sache Feuer und Flamme und sie beide gerieten bei der Auflistung des Butterbiers, der Süßigkeiten und der Landschaften ins Schwärmen. Eine Woche vor dem ersten Saisonspiel angesetzt, trafen Hogsmeads offene Tore jedoch den denkbar unpassendsten Zeitpunkt.
„Ich hab dich nicht ins Training geholt, damit du Lakritzstangen weghaust und dich in den Drei Besen besäufst", schnaubte Corben beim kommenden Mittagessen und stemmte seine Unterarme auf den Ravenclawtisch als hätte er damit ein Machtwort gesprochen.
Tina Bigstein rümpfte die Nase. „Du hast mich aber auch nicht für eine totalitäre Herrschaft ins Team geholt."
„Nein", feixte Paul Bocholt, ihr dritter Jäger im Bunde, und wedelte mit einer Bratwurst über ihre Teller hinweg „er hat dich ins Team geholt, weil er keine andere Wahl hatte."
Tina hatte schon mit Chos Verwandlungsbuch ausholen wollen, doch die riss es ihr gerade noch rechtzeitig aus der Hand, während Paul sich duckte und Tina fauchte: „Klappe, Bocholt."
„Leute", donnerte Corben über Gorden und Pauls Gelächter „ich meins Ernst. Das ist 'ne super Chance, das ganze Schloss ist leer."
„Ja, weil alle in Hogsmead sein werden, so wie es sich gehört." Cho lud sich gewissenhaft ihre Kartoffelsuppe auf und ignorierte Corbens Grimasse.
„Warten wir das nächste Training ab", war alles, womit er sich letzten Endes geschlagen gab. „Das Spiel gegen die Gryffindors ist für uns das Wichtigste."
Wie belustigt Tina daraufhin die Augen verdrehte, sah er nicht. Oder, er sah es eben doch, und überging sie ganz geflissentlich.
Logan war dieser Geschichte gegenüber derweil mit so viel Gleichgültigkeit wie nur möglich erfüllt – eine Besuchserlaubnis hatte sie nicht und so etwas würde sie auch nie erhalten, dachte sie ironisch, als sie mit Corben gemeinsam zu Zaubertränke schritt. Schließlich gab es auch niemanden, der sie unterschreiben würde.
Folglich weckten nicht einmal Fred und Georges ausführliche Beschreibungen von einem am Rande des Dorfes platzierten Scherzartikelladen ihr Interesse und sie hatte das Wochenende längst als Möglichkeit verbucht, endlich alle Tagespropheten von 1981 durchzulesen. Schließlich war sie seit Tagen irgendwo im März hängen geblieben.
Und so strich die Zeit dahin. Logan bemühte sich, den Quidditchgerüchten, die sich um jedes Team rankten, aus dem Weg zu gehen und genoss dafür umso mehr die Abende, an denen sie in der Dämmerung um die Torstangen flog. Zwischen den Schulstunden ließ sie sich von Fred und George die Gefüge der Schule erklären und manchmal, wenn niemand in der Nähe war, zog sie eine Zeitung aus ihrer Schultasche hervor und begann, in einer Ausgabe von 1981 zu lesen.
„Und der da, siehst du den?"
Es war Donnerstag, als Freds gedämpfte Stimme zu Logan hinüber schwappte und das Wochenende näherte sich ihnen schon in freudigen Sprüngen. Sie saß gemeinsam mit den beiden Zwillingen auf der Sandsteinmauer des Innenhofes und genoss die letzten Sonnenstrahlen, bis der Winter sie endgültig fand.
Fred deutete grade mit dem labbrigen Ende seiner Gummischlange quer über den Platz, zu einem Jungen mit schiefem Gebiss und aschigem Haar.
„Das ist der Kapitän der Slytherins. Der lässt sich immer was einfallen, um andere zu schikanieren."
Logan war sich sicher, sie bildete es sich ein, und trotzdem glaubte sie, die Knöchel des Jungen quer über den Hof knacken zu hören, als er seine Schultasche empor hob.
„Fred hat recht, vor dem nimm dich lieber in Acht", raunte George, ohne von dem Wirrwarr in seinem Schoß aufzusehen. Sie traute sich gar nicht, zu fragen, was die vielen kleinen Roboterkäfer mit den roten Miniatur-Tröten bewirken sollten, sondern musterte bloß die kleinen, roten Funken, die gelegentlich aus Georges Zauberstab zischten.
„Und das da, ganz hinten", hatte Fred derweil unberührt nachgesetzt und deutete nun in die ganz andere Richtung, während er Logan beiläufig ein Stück Gummischlange abrupfte „da vorne am Brunnen -"
„Das ist euer Hüter?" mutmaßte Logan mit vor Sarkasmus triefender Stimme.
Fred holte mit der Süßigkeitenpackung aus und patschte ihr gegen den Arm „Nein", lachte er. Galant wich er aus, als Logan sich ein Stück von seiner Gummischlange abkneifen wollte. „Das ist Filch, der Hausmeister."
„Mit seiner Katze Mrs. Norris", korrigierte George und schielte kurz von seiner Tüftelei weg „ziemlich gefährlich, die Gute."
„Absolut." Mit Achtung heischender Geste beugte Fred sich vor, so schrecklich geheimnistuerisch wie nur er es konnte. „Wenn sie dir mal über den Weg läuft, wenn dir lieber keiner über den Weg laufen sollte, rennst du lieber. Nur so ein Tipp."
George schnaubte so energisch, dass er sich den Finger verbrannte: „Und jahrelange Erfahrung."
Amüsiert sah Fred dabei zu, wie sein Bruder fluchend mit der Hand durch die Luft wedelte. Dann wandte er sich ab und sah wieder Logan an. Mit dieser Unverblümtheit, die ihr das Gefühl gab, es würde keine Mauern zwischen ihnen geben.
„Gehst du nach Hogsmead? Nächste Woche?"
Logan hatte den Kopf schief gelegt und rupfte ein Unkraut aus den Fugen als wäre es plötzlich das Spannendste der Welt - spannender noch als Fred Weasleys durchdringender Blick, der beinahe elektrischen Storm durch ihre Adern trieb.
„Corben will eine Trainingseinheit ansetzen."
Genüsslich hob Fred die Brauen. „Ist er so verzweifelt?"
„Nein, eher so fest entschlossen."
Freds Lippen schlängelten sich zu einem Schmunzeln und seine Augen wurden weicher. „Falls du Zeit findest, zeig ich dir Zonkos. Ist ein super Laden für Scherzartikel."
Ein klein wenig zu ambitioniert ruckte Logan das Blatt aus dem Stein. „Wenns dort sicherer ist als bei euch im Zimmer -"
Sie wusste, dass Fred etwas sagen wollte. Er hatte schon rechthaberisch seine Hand erhoben, doch sie kam ihm zuvor: „Umbridge", zischte Logan, kaum hatte sie den Pinken Hut auf der anderen Hofseite ausmachen können.
Und mit einem Mal waren sie von der Mauer gesprungen, die vielen kleinen Roboterkäfer verschwanden in Freds Schulrucksack, Georges Zauberstab in seiner Umhangtasche und bloß ein paar Gumischlangenreste blieben dort zurück, wo sie eben noch gesessen hatten.
Also distanzierte sich Logan schlussendlich vollsten Herzens von der Idee, Hogsmead jemals live zu erleben und unter anderen Umständen hätte sie das vielleicht gestört, doch nun nahm es ihr viel eher eine Last von den Schultern. Schließlich gab es bisher keine Information zu Rheinar Kalgans erster Festnahme, seiner Auslieferung oder seiner damaligen Flucht. Und sie hoffte, dass sich spätestens dann, wenn ihr Schlafsaal endlich leer sein würde, etwas daran ändern müsste.
Und das tat es letzten Endes auch. Allerdings wesentlich früher - noch lange, bevor das erste Hogsmeadwochenende über die Ländereien zog.
Es war spät nach ihrem Quidditchtraining und Logan hatte sich noch den Rest des Nachmittags Gummischlangenstücke aus dem Umhang gezogen, als sie Nachts als letzte den Schlafsaal erreichte. Naomes Schnarchen ebbte schon in zufriedenen Wellen durch den Raum und bloß hinter Chos zugezogenen Vorhängen brannte noch ein Licht.
Vorsichtig, und nachdem das Lattenrost unter ihr aufgehört hatte zu quietschen, zog Logan einen wahllosen Packen an Zeitschriften unter ihrem Bett hervor. Der Geruch nach welkem Pergament begleitete sie, bis sie tief in ihre Kissen sank.
Sie hatte sich grade damit abgefunden, auch heute wieder wahllos durch Artikel blättern zu müssen, als sie auf der vierten Seite des Tagespropheten vom 06. März 1983 fündig wurde.
Es war nur ein halbseitiger Artikel und eigentlich ging es auch gar nicht um Kalgan, aber dennoch erstreckte sich sein Name über den letzten Absatz, den Logan glatte sechs Mal las:
[...]Zwei Wochen zuvor erst war auch Rheinar Kalgan auf Grundlage diverser Hinweise als Spion im St. Mungos Hospital entlarvt worden, wo er sich kürzlich erst als Stationsleiter beworben hatte. Dabei soll er neue Forschungsergebnisse, schwarzmagische Bannbrüche und interne Informationen des Ministeriums an Sie-Wissen-Schon-Wen weitergereicht haben. Zudem belasten ihn die Aussagen 57 weiterer Patienten, nach dem Verlassen des Krankenhaus von dem Imperiusfluch belegt worden zu sein. Kalgans Aussage, er sei selbst damit belastet gewesen, wurde derweil von mehreren Quellen widerlegt. Roger Avery, Igor Karkaroff und Lucius Malfoy beteuern allesamt, Rheinar Kalgan habe unbeeinflusst und unter vollstem Bewusstsein gehandelt. Kalgans Prozess wird am 23. März beginnen, bis dahin ist er in Askaban in einer Einzelzelle verwahrt.
Ohne groß nachzudenken, ließ Logan den Artikel in ihren Schoß fallen und schob den Stapel vergilbter Ausgaben wie ein Memorydeck über ihre Decke hin und her. Die Ausgabe, die am nahestehen dran war, stammte von zwei Tagen nach der Anhörung im selben Jahr. Und diesmal prangte Kalgan auf der Titelseite.
Ein Mann, gehüllt in ein mattgraues Gewand, das ausgemergelte Schultern einschloss wie ein Leichentuch, starrte regungslos in die Kamera. Eisenketten baumelten von seinen Handgelenken und sein Haar war abrasiert, er erschien nicht auch den Ansatz eines Muskels zu verziehen. Und wenn Logan es sich nicht gleich wieder ausgeredet hätte, wenn sie es nicht besser erahnte, dann lag dort in seinen Augen, die hell waren wie neufallender Schnee, blanke Reue.
Die Überschrift hingegen war nachtschwarz und war das Nächste, das sich in ihr Sichtfeld brannte. Flucht über dem Atlantik.
[...]Gegen 09:18 Uhr war der Wagen laut Augenzeugenberichten in grünen Flammen über dem Westen Londons aufgegangen, bevor er das Ministerium hatte erreichen können. Einer der beteiligten Auroren starb, zwei wurden leicht verletzt. Von Rheinar Kalgan oder einer Leiche fehlt jegliche Spur. Jolanda Pierce, die als einzige Nahestehende neben Kalgans Eltern vernommen werden sollte, wird bezüglich seines Verschwindens ebenfalls untersucht.
„Es ist eine Schmach", ließ Benton James, amtierender Vizeminister, am selben Morgen noch verlauten „ein Spion, der unter der Nase von sechs Auroren flieht. Wie es scheint, haben wir ihn maßlos unterschätzt."
Die Suche nach Rheinar Kalgan wurde prompt aufgenommen. Das Ministerium setzt für Hinweise rund um seinen Aufenthaltsort ein Lösegeld von zweitausend Galeonen aus.
Vor vierzehn Jahren noch war Rheinar Kalgans Verschwinden siebzehn Paragraphen und eintausendsechzig Wörter wert gewesen, schloss Logan, als sie die Ausgabe zufallen ließ. Und zweitausend Galleonen oben drauf. Heute erschien die Welt ihn zu vergessen. Und diese Tatsache, das wusste sie, als sie sich später endlich zu schlafen entschloss, stank bis in den Himmel.
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Hm, Kalgan war früher also eine große Sache und heute ist er keinen Ton mehr wert. Habt ihr eine Meinung dazu?
Und nur so vom Bauchgefühl: Glaubt ihr Gryffindor oder Ravenclaw wird das erste Spiel gewinnen?
Ist zwar noch ein bisschen bis dahin, aber auf eure Einschätzungen bin ich ja sowieso immer gespannt.
Die Widmung geht heute an die liebe Alina von theartistress, weil sie die Kapitel hier in einer Geschwindigkeit aufgeholt hat, dass ich mit den Kommentarantworten kaum hinterher komme.
Apropos hinterherkommen: Verzeiht verspätete Antworten bitte allgemein. Ich arbeite grade 10h Stunden, 6 Tage die Woche, (kein Joke) für ein Projekt und da geht mir die Freizeit etwas aus. Das ist in zwei Wochen aber durch und endlich hab ich mein Watty-Abendritual wieder.
Wie immer danke ich euch unendlich, für die ganze Liebe, die ihr hier dalasst. Es bedeutet wahnsinnig viel und ich hoffe, das wisst ihr.
Morgen wachen wir übrigens more or less zu einem neuen Präsidenten in der USA auf. Ihr könnts wahrscheinlich alle schon nicht mehr hören, aber trotzdem: Lets pray.
Ganz viel Liebe und in dem Glauben an eine bessere Welt, Ally x
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