09 | corben mclaggen.
Logans erste Tage an der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei zerflossen in einem Wirbel aus einbrechender Dunkelheit und dünsenem Morgengrauen. Nebel lag bei jedem von ihren morgendlichen Wegen in die große Halle auf dem feuchten Gras der Ländereien. Selbst die hohen Gänge des Schlosses waren klamm, bis sich die Sonne über die Dächer erhob.
Den Kompass trug Logan vom ersten Tag an in der Tasche ihres Schulumhangs. Wann immer sie die Klassenräume wechselte, baumelte er gegen ihren Oberschenkel und erinnerte sie daran, darauf zu schielen. Allerdings veränderte er sich nicht. Seit ihrer ersten Nacht in den Schlossmauern zitterte er weiterhin im Kreis - etwas wilder als im Grimmauldplatz vielleicht -, doch mehr hatte er ihr nicht zu sagen.
Wie sich herausstellte, hatten sich Naome und Anne ähnliche Wahlfächer aufgehalst wie auch Logan. Also lauschten sie direkt am Montag gemeinsam dem vollbärtigen Wildhüter, während er triefend nasse Wasserhühner im Kreis laufen ließ.
Einige der Gesichter, die Logan in den vergangenen Wochen durch Tonks Wohnung oder den Grimmauldplatz hatte huschen sehen, begegneten ihr nun in hohen Klassenräumen und in den Fluren. Professor McGonagall führte ihren Verwandlungs-Unterricht mit derselben Strenge, mit der sie am Tag von Logans Erscheinen auch auf Albus Dumbledore eingeredet hatte. Doch von dem Mitleid in ihrem Blick war kaum etwas geblieben und nie ließ sie vermuten, dass sie Logan Ainsley jemals irgendwo außerhalb dieser Mauern gesehen haben konnte.
Der einzige, der dieses Spiel nicht begleitete und sie mit tönendem Subtext wissen ließ, dass er mehr über sie wusste als über den Rest der Klasse zusammen, war Severus Snape. Und es war Logans dritter Tag in dem großen Schloss, als sie sich das erste Mal mit ihren Hauskammeraden und den Gryffindors vor säuberlich aufgereihten Kesseln wiederfand.
Naome hatte beim Frühstück große Töne darauf gegeben, dass ihre kommende Doppelstunde in den Kerkern grausam werden würde. Corben, der neben Logan gesessen und das Spektakel äußerst amüsiert beobachtet hatte, hatte sich zu ihr gebeugt und geraunt: „Genau das sagt sie immer, aber am Ende ist sie die Klassenbeste."
Und während ihres Weges in die Kerker hatte Logan ununterbrochen daran denken müssen, wie Professor Snape sie angesehen hatte. In dem Moment, in dem sie sich dazu hatte entscheiden müssen, sterben zu wollen: Sie sind in sicheren Händen, Miss Bolton.
Damals hatte sie ihm geglaubt. Doch nun fühlte sie sich vor ihm nicht mehr so sicher, als sie mit einer noch immer mürrisch schauenden Naome und einem angespannten Corben sein Klassenzimmer betrat.
Snapes glatte Miene zuckte nicht, als er sie sah, und doch verfolgte sein Blick Logan, bis sie saß. Als überlegte er, was er sagen wollte. Und wieder einmal fühlte sich Logan, als hinge ihre gesamte Existenz an einem Faden, den zahlreiche Menschen jederzeit durchtrennen konnten, wenn sie nur wollten.
Und Snapes Hand hing gefährlich nah an diesem imaginären Faden, als er später seine erste Frage stellte und Logan sich meldete.
„Miss Ainsley?", hallte seine schnarrende Stimme nämlich durch den Kerkerraum, nachdem er seinen Vortrag über Wiederbelebungstränke beendet hatte. Seine pechschwarzen Augen bohrten sich auf Logans Gesicht und sie wusste nicht, ob es wirklich Süffisanz war, die seine Lippen kräuselte. „Richtig, der Name? Ainsley?"
Verdutzt ließ Logan ihren Arm sinken. Kurz überlegte sie, ob er wirklich der Mann war, der auch im Salon des Grimmauldplatzes gestanden und ihr angeboten hatte, eine falsche Maden Bolton für sie sterben zu lassen.
Denn in diesem Moment, an dem ihre Blicke sich kreuzten und nur ruchlose Kälte Snapes aalglattes Gesicht spiegelte, war sich Logan nicht mehr sicher. Ainsley, richtig?
„Absolut, Professor."
Snape spannte die Schultern. „Also, Sie haben sich gemeldet."
Logan stemmte die Unterarme auf den Tisch. „Sie hatten eine Frage gestellt, Sir."
„Und Sie wissen die Antwort, Miss -?"
Beklommenheit stieg in ihr empor. „Ainsley. Ja. Ich weiß die Antwort."
Snape hob eine Braue. Abwertend. „Nun?"
Logans Blick huschte zu ihrem Sitznachbar. Corben sah aus, als hätte er die Luft angehalten.
„Dreiwurzelkraut, Sir, und es muss drei Wochen lang in Weidenharz ziehen."
Den Bruchteil einer Sekunde lang war es still in dem Kerkerzimmer. So still, das Fallen eines Zauberstabs wär donnernd laut gewesen.
Snapes Augen bohrten sich auf Logan und sie fürchtete, es müsse in jeder Sekunde etwas aus ihm hinausbrechen - da spitzte er nur die Lippen, wandte sich auf dem Absatz um und schritt zurück zum Pult. Sein „Annehmbar" ging in dem Quietschen der sich selbst beschriftenden Tafel unter.
Logan sank zurück in ihren Stuhl. Corben pfiff durch seine Zähne. „Wow."
„Was?"
„Er hat annehmbar gesagt." Auf Corbens Miene zeichnete sich Bewunderung. „Es gibt normalerweise keine annehmbaren Antworten bei Snape."
Und in der folgenden Doppelstunde bekam Logan das mehr als bloß einmal bewiesen. Wenn einer der Gryffindors sich meldete, zuckte Professor Severus Snape nicht auch nur mit einem Nasenflügel und als Lees Gebräu den Boden seines Kessels zerfraß, verfiel ihr Lehrer in eine zweiminütige Schimpftirade.
Wahrscheinlich entschied Logan deshalb, für den Rest der heutigen Sitzung nicht mehr auf sich aufmerksam zu machen. Stattdessen rührte sie in ihrem zerdellten Silberkessel aus dem Schülerschrank und genoss stillschweigend ihr Glück, diesen Trank im letzten Jahr schon einmal gebraut zu haben. Gemeinsam mit der Trankmeisterin Reed, die sich zu jedem Jahr eine glattes Ohnegleichen bei ihrer Professorin in Irland gesichert hatte.
„Du weißt, dass du sie zerdrücken und nicht zermatschen musst?", raunte Logan Corben halbwegs durch die Doppelstunde zu, als die ersten Dämpfe die Luft um sie verschleierten. „Du brauchst den Saft der Pflanze, nicht den Brei."
Mit gerunzelter Stirn hob Corben den Marmorstift empor und begutachtete das Alraunenmus, das er angefertigt hatte. Dann schielte er zu Logans vorbildlich durchsichtig blubberndem Gemisch.
„Bist du ein Zaubertrank-Genie?"
Logan schnaubte. „Vergiss es. Den Trank hatten wir bloß letztes Jahr in Irland." Sie schob ihm die Reste ihres Alraunensaftes zu und nahm ihm seine Schale aus der Hand. „Und genau denselben Fehler hab ich auch gemacht."
Einen Augenblick lang zögerte Corben, dann träufelte er ihre grüne Flüssigkeit in seinen Kessel hinein. Prompt wurde auch sein Gebräu klar.
Sein Ausdruck sprach von Verblüffung, doch er schmunzelte, als er ihr zuraunte: „Angeberin."
Logan tat das bloß mit einer unwirschen Handbewegung ab, bevor sie sich schon vor den prüfenden Blicken ihres Professors schirmen mussten.
Wenn sie später in ihren Kesseln rührten, die Zutaten wegräumten oder konzentriert versuchten, spöttische Kommentare seitens Snape zu überhören, erzählte ihr Corben von seinen vergangenen Jahren auf Hogwarts. Oder viel mehr erzählte er ihr, was sie verpasst hatte. Von ihren Mitschülern, dem legendären Weihnachtsessen am Abend vor Ferienbeginn, den Sonnenuntergängen über dem verbotenen Wald vom Ravenclawturm aus. Und wenn er das tat, wenn er erzählte, dann beugte er sich mit einem verschwörerischen Blick an sie heran, und Logan konnte sehen, wie das Grau in seinen Augen mit dem Kesseldunst zu einem Sturm verschmolz.
Als es am Ende läutete, hatte Logan nicht das Gefühl, dass zwei Stunden vergangen wären.
„Bist du jetzt auch draußen bei Kräuterkunde?", wollte Corben wissen, noch während er seine Unterlagen zusammenklaubte.
„Nein, ich bin bei Bins in Geschich - vorsicht!"
Doch Logan hatte rechtzeitig reagiert - beinahe wären Corbens Ampullen auf dem Kerkerboden gelandet. Flink fischte Logan sie aus der Luft und hielt sie vor Corbens schmale Nase.
Der hatte jedoch bloß anerkennend die Brauen gehoben. „Nicht schlecht." Er zupfte die Gläser aus ihrer Hand. „Gute Reaktion."
Logan schulterte ihren Rucksack. „Danke."
Bevor sie sich allerdings abwenden konnte, griff Corben sie am Arm. Er wirkte äußerst konzentriert, als wäre ihm etwas Wichtiges eingefallen.
„Vielleicht 'ne blöde Frage", er raffte sich seine lederne Umhängetasche zurecht, „aber hast du schon mal überlegt, Quidditch -"
Logan konnte spüren, wie sich ihre Galle zuschnürte. „Nein." Das war zu plump und zu plötzlich, das erkannte sie an Corbens überraschtem Ausdruck, deshalb setzte sie nach: „Nein, ich meine - bei Merlin - nein."
Sie machte sich auf, das Klassenzimmer zu verlassen, doch er hielt mit ihr Schritt.
„Wieso das? Wir könnten dich vielleicht als Jä-"
Noch bevor sie die Schwelle des Kerkers übertraten, blieb Logan stehen. „Das ist nett, Corben", erwiderte sie und bemühte sich, so viel Nachdruck wie nur irgend möglich in ihre Aussage zu legen. „Aber ich möchte wirklich nicht."
Und aus irgendeinem Grund respektierte Corben das.
Er vergrub daraufhin nämlich bloß die Hände in seinen Umhangtaschen und deutete eine ausladende Geste an. „Alles klar."
Aber trotzdem hielt er inne, bevor er in die entgegengesetzte Richtung zu den Gewächshäusern abbog. In der kühlen Luft der Korridore und klarer als im benebelten Klassenraum von Snape konnte Logan seine blasse Haut über die scharfen Kannten seines Kiefers gleiten sehen. Ihr war noch nie ein so markantes Gesicht begegnet.
„Danke dir für deine Zaubertrankdienste. Ich werde mich revanchieren."
Logan deutete einen theatralischen Knicks an, was Corben grinsen ließ. „Das Angebot nehm' ich gerne an."
Die schwachen Lachfalten, die sich um seine Lippen legten, konnte sie sehen, noch bevor er verschwand.
„Ich wusste gar nicht, dass Professor Snape auch Lieblingsschüler außerhalb von Slytherin haben kann", flötete Fred kurze Zeit später, triefend vor Sarkasmus, als sie gemeinsam Professor Binns Geschichtsräume ansteuerten.
Erst bei der frischen Luft in den oberen Fluren fiel Logan auf, wie sehr sie der Trankdunst in den Kerkern benebelt hatte.
„Er hat dich ja quasi in den Himmel gelobt, da -"
„Ach quatsch doch nicht -"
Die Zwillinge warfen sich über Logans blonden Haarschopf bedeutungsschwere Blicke zu.
„Er hat dich eine seiner Fragen beantworten lassen." George sprach als müsse dies Antwort genug sein. „Und am Ende hat er dir sogar fünf Hauspunkte gegeben."
„Es klang zwar so als würde er daran ersticken -", Fred mimte Snapes Grimasse nach und traf sie überraschend gut - „denn das macht er nämlich eigentlich nicht. Niemals. Nie." Er ließ eine achtungheischende Handbewegung sehen, als sie die breite Steintreppe nahmen und der Lärmpegel vorbeirasender Schüler wuchs.
Logan musterte ihn aus ihrem Augenwinkel heraus; letzten Endes war ihr Trank der einzige gewesen, der am Ende tatsächlich funktioniert hatte, auch wenn Corbens ziemlich nah dran gewesen war. Und als die reglose Fliege in dem Reagenzglas plötzlich wieder zum Leben erwacht war, hatte Snape nicht anders reagieren können, als seine Brauen zu heben und ein wenig Anerkennung durch die harte Mine durchdringen zu lassen. Die fünf Punkte an Ravenclaw hatte er ihr allerdings nur gegeben, weil er Brixton für sein Gebräu zuvor zehn abgezogen hatte.
Aber das schienen die Zwillinge zu übergehen als bedeute es nichts.
George fuhr sich durch sein vom Kesseldampf geplättetes Haar. „Snape hasst dich schonmal nicht."
Da hob Fred theatralisch seinen Zeigefinger: „Oder er hatte Mitleid."
Logan war fast stehen geblieben. „Mitleid? Wieso das denn?"
George grinste zu ihr hinab als fehle ihr der Blick für Offensichtlichkeiten: „Na, weil du neben McLaggen saßt."
Allein bei Corbens Namen tat Fred als würde ihm schlecht.
„Was hat das bitte mit Corben zu tun?" Logan bemühte sich, gedanklich bloß kurz an ihm und seinen Anekdoten über ihre neuen Mitschüler zu verweilen, die die Zaubertrankstunde wesentlich erträglicher gemacht hatten. Oder daran, wie agil jede seiner Bewegungen war.
„Er ist ätzend", zerriss Fred die Gedankenblase, die sich um Logan aufgebaut hatte. Sie erreichten den bereits dicht gefüllten Klassenraum von Professor Bins, der in Geistergestalt über dem Mahagoniholz-Pult schwebte und auf einen Stapel Hausaufgaben schielte. „Der bildet sich was drauf ein, dass Ravenclaw unter seiner Leitung die letzten Male den Quidditchpokal gewonnen hat. Dabei war das nur Glück."
Mit belehrendem Blick spaltete Fred sich von ihnen ab und glitt auf den letzten freien Platz neben Angelina, die ihn durchrücken ließ.
Logan sah ihm hinterher, quetschte sich neben George in die letzte Reihe, direkt hinter Naome und Anne. Beide sahen auf, als Logan Fred hinterher rief: „Höre ich da etwa Neid?"
Doch Fred Weasley vernahm ihre Worte schon lange nicht mehr und auch George, der nun neben ihr sein Tintenfass hervor holte, wandte sich mit einem belustigten Augenrollen von seinem Bruder ab.
Logans Blick hingegen verharrte auf Fred. Er hatte sich die eng sitzende Gryffindorkrawatte um die Schultern geworfen und sein weißes Hemd trug einzelne Rußflecken vom Kesselfeuer. Keinen der um ihn herum sitzenden Schüler schien er wirklich wahrzunehmen. Stattdessen hatte er den Kopf mit Alicia und Angelina zusammengesteckt und ließ sich nur unter Gegenwehr einen Rest Schlangenhaut aus den Haaren ziehen.
„Sag mal", hörte sich Logan selber sagen, während Bins mit einem Räuspern die Kontrolle über die schnatternde Schülermenge zu gewinnen versuchte. George beugte seinen Kopf zu ihr hinab und folgte Logans fahriger Handbewegung. „Was genau ist das eigentlich zwischen den beiden?"
George seufzte, noch während er die Anweisungen von Professor Binns befolgte und den Geschichtswälzer, der eigentlich Logan gehörte - er trug scheinbar nie Schulbücher mit sich herum -, zwischen ihnen aufschlug.
„Ich weiß es selbst nicht. Eigentlich waren sie Freunde -" Er musterte ebenfalls, wie Fred Anstalten machte, Notizen auf Angelinas Pergamentblätter zu krickeln, doch sie schnippte seine Feder weg - „Ich meine, eigentlich sind sie Freunde."
Ein Funken Besorgnis hatte sich auf seine Miene geschlichen und er wandte sich wieder ab, um die Überschrift von der Tafel zu übernehmen. Logans Feder tropfte auf den Tisch, sie bemerkte es nicht.
„Aber seit dem Weihnachtsball im letzten Jahr - puh, keinen Schimmer." Georges Wangen plusterten sich. „Ich mein, es ist schon seit einer Weile klar, dass Angelina auf ihn steht. Und erst hatte Fred echt Probleme damit. Als ers erfahren hat, hat er ihr direkt gesagt, dass das mit den beiden nichts wird, weil er eh nie 'ne Beziehung will." Nun senkte George die Stimme als fürchte er, auch das letzte Gemurmel könne gleich verstummen und dann wären seine Worte viel zu laut. „Und, weil er sie auch nicht liebt. Das hat sie akzeptiert. Aber trotzdem sind sie gemeinsam zum Ball gegangen und jetzt, keine Ahnung, dass weiß Fred nicht mal selber."
George hatte gar nicht gemerkt, dass er die letzten drei Worte auf seinem Pergament vollkommen falsch geschrieben hatte. „Ein Paar sind sie nicht, weil ers nicht will, aber trotzdem knutschen sie in Hogsmead in den drei Besen und am Ende -"
„- ist da nur eine Person, die verletzt wird", schloss Logan und George nickte.
„Fred sagt, Angelina wisse, was Sache ist und sie könne das ja wohl ganz gut trennen, aber wenn du mich fragst, sind die Grenzen für sie lange verschwommen."
Angelina hatte den Kopf in die Hände gestützt, den Blick in ihrem Geschichtsbuch vertieft; sie las. Und Logan sah ihr dabei zu, sah ihr wallendes Haar und manchmal, wenn sie sich zu Alicia drehte, ihr weiches Profil. Und dann dachte sie daran, dass Fred in den vergangenen Wochen, in denen er und Logan sich kannten, kein einziges Mal Angelinas Namen erwähnt hatte und was das wohl für die beiden bedeutete.
„Bei Merlins Bart", stöhnte Naomie vierzig Minuten später beim Mittagessen und pustete gegen ihren Löffel voller Kürbissuppe. „Hör kein bisschen auf diese beiden Vollidioten."
„Corbs ist super", pflichtete Anne ihr bei und dämpfte ihre Stimme erst, als sie Corben selbst, begleitet von zwei gleichalten Ravenclaws, an der anderen Tischseite vorbei schreiten sahen. Er winkte ihnen flüchtig zu.
„Er hat Fred bloß vorletztes Jahr beim Spiel mit 'nem Klatscher außer Gefecht gesetzt, dabei isser nicht mal Treiber. Fred lag 'ne Woche im Krankenflügel. Das haben die Zwillinge nie verkraftet. Angekratzter Stolz oder so."
Für den Bruchteil einer Sekunde huschte Logans Blick hinüber zum anderen Ende der Halle, zwischen den Hufflepuffs hindurch zum Tisch der Gryffindors, an dem die beiden Zwillinge Lee von irgendetwas wirklich Unglaublichem erzählten und Fred dabei wild gestikulierte.
„Außerdem ist er Kapitän unserer Mannschaft." Naomes Blick hingegen war ihren eigenen Tisch entlang gewandert, unweigerlich dem Jungen im nachtblauen Kapitänsshirt hinterher.
Im hellen Sonnenlicht der Hallendecke wirkte das Grau von Corbens Iris fast weiß, als es ebenfalls für einen kurzen Sekundenbruchteil zu ihnen hinüber huschte. Er lächelte, Naome wandte sich ab.
„Und keiner von uns ist blind, ich mein sieh ihn dir an."
„Und er ist tierisch gut in Verwandlung und Kräuterkunde." Anne schirmte die Sicht zu ihrem Gesprächsthema mit ihrer dürren Schulter ab.
„War sogar Vertrauensschüler, letztes Jahr." Naome rührte wichtigtuerisch in ihrer Kürbissuppe. Es klang, als hätten sie die Lobeshymne um ihren Quidditchkapitän nicht erst einmal singen müssen. „Als könnte der in gar nichts irgendwie schlecht sein - außer vielleicht Zaubertränke."
Logan bemühte sich, all das zu begreifen, und folgte Naomes Blick, der wieder zu Corben am anderen Ende des Tisches zurückgehuscht war. Tief in ein Gespräch mit zwei jüngeren Hausmitgliedern vertieft, mit dem zerzausten Haar und dem kantigen Gesicht, sah Corben McLaggen viel zu offensichtlich nach all dem aus, als was ihre beiden Mitschülerinnen ihn ehrenvoll betitelten. Als spiegelte die markante Reinheit seines Äußeren sein Inneres.
Und da dachte Logan an ihre gemeinsame Zeit in Zaubertränke, dachte an sein Schmunzeln, an ihren Weg nach dem Frühstück in die Kerker und daran, wie flink er mit den vielen Schnittexemplaren umgegangen war - ob er als Jäger spielte?
Und dann, während zwei Hufflepuffmädchen sich zwischen den Tischen vorbei drängelten, nur um Corben aus einer bereits existenten Unterhaltung zu reißen und in eine neue zu verwickeln, da verstand Logan es. Er war beliebt.
„Wenn du mich fragst, könnte ers mal wirklich zu was bringen." Naome holte sie mit dem Patschen ihres Löffels in die Gegenwart zurück. „Die Ligascouts werden sich bestimmt eines seiner Spiele ansehen."
Anne lud sich Pudding auf. „Nächste Woche sind auch die Tryouts." Sie schielte an Logan hinab. „Kannst du spielen?"
Logan ließ eine unwirsche Handbewegung sehen. „Nicht wirklich -"
Doch Naome war schneller gewesen: Eine Orange sauste durch die Luft, Logan fing sie ohne zu zucken, nur ein Reflex -
„Aha!" Machte ihre Hausgenossin. „Du lügst! Du kannst fangen, hab ich eben bei Zaubertränke gesehen." Dann rückte sie vor. „Hör zu, wir brauchen echt dringend Jäger, letztes Jahr wars eine Katas -"
„Nein danke."
Überrascht lehnte sich Naome auf der Bank zurück. „Komm schon!"
Sie tat so, als wolle sie Logans Chancen einschätzen, doch die Konkurrenz entlang des Tisches erschien ihr nicht sonderlich groß, also fügte sie hinzu: „Unser halbes Team ist letztes Jahr von der Schule gegangen. Es ist echt rar bei uns."
Logan schnalzte desinteressiert mit der Zunge. „Nein, ich hab genug am Hut."
Naome wirkte als hätte Logan sie derbe im Stich gelassen. „Ist nicht dein ernst, Logan! Corbs ist auch kein strenger Trainer."
„Darum mach ich mir keinen Kopf."
„Worum dann?"
„Mir fehlt einfach die Zeit."
Naome prustete.
„Wir sind in der ersten Schulwoche", argumentierte sie, bevor sie durch ihre spitzen Schneidezähne pfiff: „Du hast Lampenfieber."
Logan schnaubte. „Quatsch."
Die Lippen ihrer Freundin kräuselten sich. „Ich kanns riechen."
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Corben McLaggen, der eingebildete Quidditch-Kapitän, oder Fred und George Weasley, die nachtragendsten und schlechtesten Verlierer in ganz Hogwarts? Das ist wohl alles eine Frage der Perspektive. Wie seht ihr das?
Glaubt ihr, es wird Logan zum Auswahltraining locken? Wird sie hingehen? Sollte sie?
Und denkt ihr, dass sie in Hogwarts wirklich zu einem normalen Leben zurückkehren kann, während sie das Rätsel um den Kompass zu lösen versucht?
Finden wirs heraus, nächsten Samstag.
Bis dahin gibt's oben Corbens Theme zu hören. Ergibt natürlich jetzt noch keinen Sinn, but later on you'll understand.
See you soon and chin up, butter cup.
Alles Liebe, Ally x
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