- burning desire ღ - L.

Louis P.o.V.

"...ja, man. Natürlich hab ich sie abgeschleppt. Und Dude... Das Äußere hat gehalten was es versprochen hat." "War gut?" "Aaaalter, es war der Hammer, die Alte konnte Dinge mit Ihrem Mund, Bro, da träumst du von.."

Entgeistert beobachte ich die Jungs, wie Sie über Jasons letzte Eroberung debattieren. Ich knibble an dem Bierdeckel herum, bevor ich das noch halbvolle Bier darauf in einem Zug leere. Der Bedienung, die gerade an mir vorbei kommt, symbolisiere ich, dass Sie mir noch eins bringen soll. Mein Blick wandert an den Jungs vorbei durch den Pub. Es sind die gleichen Leute da, die schon die letzten 3 Jahre in unseren Stammpub gehen. Es ist alles wie immer. Es kotzt mich an. 

Ich hole mein Handy aus der Hosentasche und sehe darauf. Kurz nach 1 nachts. Im Kopf rechne ich zurück, in LA müsste es gerade 5 Uhr Nachmittag sein. Vermutlich hat er gerade seinen Soundcheck, normalerweise ist der grob um diese Uhrzeit. Ein paar Mal wische ich in unserem Chat nach oben, in der Hoffnung, dass dann eine neue Nachricht von ihm erscheint.

Seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, sind nun exakt 3 Wochen vergangen. 3 Wochen, die für mich die absolute Hölle waren. Wie er versprochen hatte, hat er sich so oft gemeldet, wie er konnte - aber auch das war leider wahnsinnig selten. Er tourt aktuell durch Amerika und hat jeden Tag ein Konzert, oft tagsüber noch Promotermine. Häufig schickt er mir Fotos von Hotelzimmern aus den unterschiedlichen Orten, an denen er ist. Viel mehr als das & die Konzerthallen sieht er in der Regel nicht. 1-2 mal am Tag schickt er mir zwischendurch eine süße Nachricht oder wünscht mir einen schönen Tag oder eine gute Nacht. Immer, wenn er nicht schlafen kann, ruft er mich an. Durch die Zeitverschiebung muss ich mich dann oft auf der Arbeit rausschleichen, wofür ich bereits eine Abmahnung kassiert habe. Das juckt mich allerdings nicht, sollen sie mich doch rausschmeißen...

Er sagt, meine Stimme ist das Einzige, was ihn zu Ruhe kommen lässt. So schön es auch ist, das zu hören, tut es mir gleichzeitig so unfassbar weh. Ich hasse, wie es aktuell ist. Auch wenn es nur 2 Nächte waren, die wir zusammen hatten, vermisse ich jede einzelne Sekunde davon so unendlich. Sein Hoodie, den ich zuhause 24/7 getragen habe, hat mittlerweile seinen Geruch verloren. Manchmal frage ich mich, ob ich mich überhaupt noch daran erinnern kann, wie er gerochen hat.

"Was ist denn mit dir, du hast schon ewig nichts mehr von Weibern erzählt? Als ob bei dir nix läuft, Louis?" Ich blicke hoch von meinem Handy und schaue in 6 Augenpaare, die auf eine Antwort von mir warten. "Uff.. weiß nicht, irgendwie ist mir das alles zu stressig im Moment." sage ich emotionslos. "Unverbindlicher, guter Sex ist dir zu stressig? Wo ist da der Stress? Das macht man doch grade, um Stress zu vermeiden, Bro." Jason sieht mich verwirrt an. Leise seufzend lasse ich mein Handy unterm Tisch wieder in meine Hosentasche gleiten. Ich hab kein Bock auf so ein Gespräch, können die sich nicht einfach wieder über den Arsch der Frau am Nachbartisch unterhalten und mich einfach in Ruhe mein Bier trinken lassen? "Mit der Fresse, die er seit Wochen zieht ist doch klar, dass er Keine aufreißt." mischt sich dann Alex ein. Ich werfe ihm einen genervten Blick zu. "Das ist allerdings wahr." stimmt Jason ihm zu. "Seit du bei deiner Tante in London warst bist du voll ruhig geworden, so richtig... langweilig irgendwie."

Natürlich habe ich ihnen nichts von dem Camp erzählt. Sie hätten es sowieso nicht verstanden und es geht sie ehrlich gesagt auch gar nichts an. Ich hatte kein Bock auf dumme Kommentare. Schulterzuckend nehme ich einen großen Schluck aus dem neuem Bier, das mir die hübsche Bedienung mit süßem Lächeln gerade vor die Nase gestellt hat. Den ganzen Abend flirtet sie schon mit mir und wäre meine Situation eine andere, wäre ich vermutlich auch nicht abgeneigt gewesen. Sie ist ein wirklich atemberaubend schönes Mädchen und scheint auch wirklich süß zu sein - aber in meinem Kopf gibt es nur noch Harry, mich auf jemand anderen einzulassen käme mir vor wie Betrug - obwohl wir nicht mal zusammen sind. Ich habe keine Ahnung, was wir sind, aber trotzdem denke ich nicht mal im Traum daran, etwas mit einer anderen Person anzufangen. 

"Brooo, guckt Euch die Granate an, die gerade reingekommen ist!" 5 Köpfe drehen sich gleichzeitig zur Tür und begutachten nahezu sabbernd die junge Frau, die den Pub betreten hat. Nur Anton, der wie so oft noch fahren muss, sieht stattdessen mich mit hochgezogener Augenbraue an. Ich möchte brechen wegen des frauenfeindlichen Kommentars, aber bin trotzdem froh, dass es nicht mehr um mich geht. "Alter, guck dir den Arsch an. Meinst du die Titten sind gemacht?" "Kein Plan, aber ich weiß was ich damit anstellen will.." Ich koche innerlich und würde am liebsten was sagen, aber ich weiß, dass es sinnlos ist. "Ja man, stell dir mal vor, die kniet vor dir, die Aussicht wäre traumhaft. Aber da müsste ich auch nicht lange überlegen, welche Stellung ich wähle, da musst du von hin-.." 

Dann platzt mir plötzlich der Kragen und ich brülle ihnen "Alter, könnt Ihr vielleicht auch einmal keine sexistischen Arschlöcher sein? Das ist ja ekelhaft, wie respektlos Ihr seid, meine Fresse!" entgegen. "Wow, was hast du denn fürn Problem? Juckt dich doch sonst auch nicht, bist du jetzt son scheiß Feminist, oder was?" "Das hat nichts mit Feminismus zutun, du ungebildeter Affe. Was ihr macht nennt sich Sexualisierung und ist einfach nur abartig. Ist ne Frau für Euch überhaupt mehr wert, als ein Stück Fleisch, wo man einmal reinlunzt und dann nie wieder anruft?" Ich bin aufgesprungen, sodass der Hocker hinter mir mit einem lauten Krachen zu Boden gegangen ist. "Hey, was ist da hinten los?" ruft Karl, der Besitzer des Pubs, hinter der Theke in unsere Richtung. "Was soll der Scheiß, Bro? Hat die Alte in London bei dir ne drecks' Gehirnwäsche gemacht oder was?" Ich merke, wie das Blut in meinen Venen zu brodeln beginnt und ich balle die Fäuste. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Karl auf uns zukommt.

"Komm, Louis, das bringt doch nichts." sagt Anton ruhig und zieht mich am Arm in Richtung Ausgang. "Ich hab so die Schnauze voll davon, Frauen sind doch keine fookin'Trophäen!" brülle ich, während er mich, nun deutlich bestimmter nach Draußen zerrt. Im Vorbeigehen sehe ich unsere Bedienung, die mich mit großen Augen ansieht.

Draußen angekommen, zieht er mich noch ein paar Schritte weiter, bevor er mich entgeistert loslässt. "Was ist denn in dich gefahren, Lou? Willst du, dass die uns wegen 'ner Kneipenschlägerei einbuchten und Hausverbot geben oder was?" Auch wenn er sichtlich aufgebracht ist, ist seine Ausstrahlung noch immer extrem ruhig. Das habe ich schon immer an Anton bewundert. Er war schon immer der ruhige Part unserer Gruppe. Wenn ich ehrlich bin, frage ich mich manchmal sogar, warum er überhaupt zu uns gehört, eigentlich ist er ganz anders als der Rest. Aber das bin ich ja eigentlich auch, auch wenn das bis vor 5 Minuten nie jemandem aufgefallen ist.

"Ganz ehrlich, das ist mir echt scheißegal. Soll Karl mir doch Hausverbot geben.." sage ich aufgebracht und fummle meine Zigarettenschachtel aus der hinteren Hosentasche. Ich habe versucht, es mir abzugewöhnen - auch, weil ich weiß, wie scheiße Harry Rauchen findet. Aber gerade habe ich Angst, irgendwas zu zerschlagen, wenn ich nicht gleich Nikotin durch meine Adern pumpe. "Was ist denn im Moment los mit dir, dass du plötzlich so ausrastest? Die Jungs machen das doch schon seit Jahren so.." Antons Stimme ist leise und ruhig, was auf mich irgendwie zusätzlich zu dem Nikotin eine beruhigende Wirkung hat. "Willst du mir sagen, du findest gut, was die da von sich geben, oder was?" sage ich, bevor ich einen tiefen Zug meiner Zigarette nehme. Es schmeckt absolut beschissen, was mir früher irgendwie nie aufgefallen ist. "Nein, natürlich nicht.." murmelt er. Er hat bei dem dummen Gelaber nie mitgemacht und hatte als einziger von uns auch bis vor kurzem noch eine Freundin. "Aber ich weiß halt, dass es nichts bringt, da was zu sagen. Die werden sich nie ändern." Er legt mir die Hand auf die Schulter und übt kurz leichten Druck aus. "Komm, ich bring dich mal nach Hause. Heute gehst du da besser nicht mehr rein." 

Ich trete den Rest meiner Zigarette aus und gehe mit Ihm in Richtung seines Autos. Da wir dadurch noch einmal am Pub vorbei müssen, sehe ich, dass das hübsche Mädchen mit suchendem Blick vor der Tür steht. Als sie mich sieht, lächelt sie mich an. "Hey.. ich wollt' dir noch eben deine Jacke wieder geben, die hast du drinnen vergessen.." sagt sie leise. "Danke dir." sage ich und lächle zurück, als ich ihr die Jacke abnehme. "Was du da grade gesagt hast.." setzt sie dann an. "Danke dafür. Es ist schön zu wissen, dass es noch Männer gibt, die Frauen zu schätzen wissen und nicht nur Objekte in uns sehen." Sie streicht mir leicht über den Arm. "Ich konnte mir das einfach nicht länger anhören, ich hasse es." sage ich. Anton kickt bloß ein Steinchen zur Seite, beteiligt sich nicht an der Unterhaltung. "Aber wo ich dich gerade sehe, ich muss auch noch bezahlen." Ich krame einen 20er aus meiner Hosentasche und drücke ihn ihr in die Hand. "Der Rest ist für dich." sage ich und lächle sie an. "Aber.. d-das ist viel zu viel.." stammelt sie. "Nimm dir davon nachher ein Taxi nach Hause, ich will nicht dass du laufen musst, wenn Sowas draußen rumläuft. Pass auf dich auf, ok?" sage ich leise, streiche ihr nun ebenfalls kurz über den Arm, bevor ich mich zu Anton drehe und ihm symbolisiere, dass wir gehen. "Danke." höre ich ihre Stimme leise, als wir um die Ecke biegen. 

Auf der Fahrt zu meinem Elternhaus reden wir nicht. "Darf ich?" frage ich irgendwann und deute auf das Radio. Anton nickt nur. Um die Uhrzeit läuft oft nur Mist, aber heute ist die Musikauswahl überraschend gut. Ich lehne meinen Kopf, in dem sich durch die Aufregung nun langsam ein pulsierender Schmerz breit macht, an die kalte Scheibe und schließe die Augen. Nach 3 Liedern ohne Unterbrechung hintereinander meldet sich zum ersten Mal die Radiosprecherin zu Wort. 

"Ohne vorher irgendwas angekündigt zu haben, hat Sänger Harry Styles gerade eine neue Single released. Er befindet sich momentan auf großer Tour durch die USA und hat soeben über Twitter einen Link veröffentlich, der den neuen Song zum kostenlosen Download anbietet. Dazu hat er geschrieben 'Ich will damit nichts verdienen, ich will Euch nur diesen Song schenken, denn er bedeutet mir wahnsinnig viel.' Wir hören jetzt mit Euch zusammen das erste Mal rein und sind gespannt, wie es Euch gefällt!"  Ich drehe meinen Kopf zum Radio und mein Herz beginnt zu rasen. Als das Lied beginnt, bleibt es allerdings fast stehen.

Ich kenne diese Akkorde gut. Sehr gut. Es ist 'A.M.'. 'Er bedeutet mir wahnsinnig viel.' Ich muss mich zusammenreißen, mir vor Anton nichts anmerken zu lassen. Die Aufnahme klingt fast, wie als wir es gemeinsam auf meinem Bett gesungen haben. Seine Stimme klingt nahezu unbearbeitet. Kurz frage ich mich, ob er das eventuell sogar selbst aufgenommen hat, alleine in seinem Zimmer auf Tour, ohne großes Studioarrangement. Ich habe die Augen geschlossen und genieße es, ihm beim Singen zuzuhören, bis mir plötzlich der Atem stockt. 

Da-... da im Hintergrund, etwas leiser als seine Stimme.. da-das bin ich. Er hat die Aufnahme, wie ich ihm den Refrain eingesungen habe, einfach mit eingebaut. Ich starre das Radio an. Es besteht kein Zweifel, dass ich es bin. Ich merke, wie ich zu zittern beginne und stecke meine Hände schnell zwischen meine Beine, in der Hoffnung dass Anton so nichts mitbekommt.

 Als der Song zu Ende ist, höre ich noch einmal die Radiomoderatorin. "Wow, was ein schöner Song! Wer kennt sie nicht, die guten alten Late-Night-Talks? Schade nur, dass er uns nicht verrät, wer die zweite Stimme im Refrain ist, die beiden haben wirklich gut harmoniert. Aber vielleicht dürfen wir davon ja bald noch mehr hören? Wir hier im Sender sind auf jeden Fall schon jetzt große Fans." 

"Willst du gar nicht aussteigen?" reißt Anton mich aus meiner Schockstarre. Er hat angehalten und steht vor meinem Haus. "S-Sorry, ich glaube ich schlafe schon.. wird Zeit, dass ich ins Bett komme, glaube ich." sage ich und schiebe ein nervöses Lachen hinterher. "Ich meld mich morgen bei dir, dann quatschen wir nochmal in Ruhe über das in der Bar, ok?" Ich nicke und wünsche ihm noch eine gute Nacht, bevor ich aussteige. Ich bin gerade wirklich froh, dass er mich daraus geholt hat, vermutlich würde ich sonst wirklich jetzt in einer Zelle übernachten. Ich weiß, dass ich mich von den Jungs erstmal fern halten werde, aber bei ihm habe ich irgendwie das Gefühl, ich könnte eine bessere Freundschaft aufbauen, als wir bisher haben. So unscheinbar, wie er sonst immer war, habe ich da vorher nie drüber nachgedacht.

Nachdem ich meine Mum, die auf dem Sofa eingeschlafen ist, mit einer Decke zugedeckt und den Fernseher ausgeschaltet habe, gehe ich hoch in mein Zimmer. Seufzend lasse ich mich rückwärts aufs Bett fallen und reibe mir durchs Gesicht. Wie zu erwarten war, kreisen meine Gedanken um den Song. Die Schmetterlinge in meinem Bauch haben seitdem nicht aufgehört zu flattern. Die Tatsache, dass er meine Stimme auf dem fertigen Track eingebaut hat, macht daraus unseren Song. Es ist nicht bloß ein neuer Harry Styles Song, sondern etwas, wo alle drüber reden. Er hat es nicht normal released, sondern stellt es als kostenlosen Download zur Verfügung, damit es jeder hören kann. Als wollte er es in die Welt herausschreien. 'Er bedeutet mir wahnsinnig viel.'

Mein Herz pocht wie wild, als es leise an die Tür klopft. "Ja?" Die Tür geht auf und Lottie steckt ihren Kopf herein. "Darf ich noch kurz reinkommen, oder willst du schlafen?" fragt sie. Ich richte mich auf. "Ne, komm ruhig rein." Sie schließt die Tür hinter sich und setzt sich zu mir aufs Bett. "Ich muss dir was zeigen, Lou." sagt sie leise. "Ich hab's schon gehört." als sie mir ihr Handy vor die Nase hält. "Das bist du, oder? Die Stimme im Hintergrund, das ist deine, richtig?" Ich nicke. "Zwei Zeilen des Refrains waren meine Idee, deshalb hab ich die damals für ihn auf sein Handy gesungen. Nie hätte ich gedacht, dass er das mit reinnimmt." Sie nimmt meine Hand und sieht mich gerührt an. "Lou, das ist so eine schöne Geste. Er wollte aller Welt deine Stimme zeigen, dich zeigen." Langsam nicke ich erneut. Ein glückliches Glucksen kommt aus Ihrer Kehle und sie hält sich kopfschüttelnd die Hand vors Gesicht, während sie meine noch etwas fester drückt. 

"Louis, ich bin echt sprachlos. Harry Styles haut einfach einen Song raus, um zu zeigen, wie sehr er meinen Bruder liebt..." Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. "Naja, 'lieben' ist vielleicht ein bisschen übertrieben, findest du nicht?" "Nein, finde ich nicht. Ich spüre einfach, dass er das tut." "Lottie, pack deine Fangirl-Wunschvorstellung von dir als Harry's Schwägerin wieder ein, ich hab noch immer keine Ahnung, was das eigentlich ist zwischen uns..." "Mir scheint, als wäre er sich da aber schon recht sicher. Der Song 'bedeutet ihm wahnsinnig viel' - Louis, das ist verdammt laut." Ich habe versucht, diese Gedanken zu verdrängen. Ich habe es wirklich versucht. Aber da sie es mir jetzt nochmal so ins Gesicht schlägt, kann ich es schwer ignorieren. Ja, diese Worte gehen auch mir nicht aus dem Kopf. 

"Du hast ihm noch nicht deswegen geschrieben, oder?" Ich schüttle mit dem Kopf. "Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was. Ich bin einfach überwältigt.. irgendwie." "Dann sag ihm das. Schreib ihm, was du fühlst. Denn genau das hat er auch getan, wenn auch 'durch die Blume.'" Ich atme einmal tief ein und wieder aus. "Ich vermisse ihn so schrecklich, Charlotte." flüstere ich. Auch wenn ich natürlich nach meiner Rückkehr ausführlich mit ihr über das Ganze reden musste (unseren besoffenen Fast-Sex habe ich dabei allerdings für mich behalten), war ich was Gefühlsbekundungen angeht immer recht zurückhaltend. Auch wenn ich ihr zu 100% vertraue, wollte ich nicht, dass sie merkt, wie sehr mich das alles mitnimmt. Vielleicht auch, weil ich was getrunken habe, kann ich es gerade aber nicht für mich behalten.

"Ich weiß." Irritiert sehe ich sie an. "Louis, ich kenne dich. Du läufst seit Wochen wie ein Trauerkloß durchs Haus und hast seinen Hoodie nicht einmal ausgezogen, obwohl er mittlerweile aussieht wie Sau. Du bist wie ein Teenager mit furchtbarem Liebeskummer, denkst du, ich sehe das nicht?" Seufzend lasse ich die Schultern hängen. "Ruf ihn an, Lou." "Sein Konzert beginnt in ein paar Minuten." "Dann schreib ihm, er soll sich danach unbedingt melden. Ihr müsst miteinander reden, so geht das nicht weiter." Sie hat Recht. Ich muss ihm sagen, wie es mir geht. Und wenn ich mein letztes Erspartes zusammenkratze und nach Amerika fliege, ich halte es nicht mehr lange aus, ohne ihn zu sehen.

Als Charlotte wieder in Ihr Zimmer verschwunden ist, schreibe ich ihm, was sie mir geraten hat. Ich muss wirklich mit ihm reden. Nachdem ich mir anschließend den Song runtergeladen habe, scrolle ich kurz durch die Kommentare unter seinem Tweet. Es ist voll von Liebesbekundungen, jeder einzelne Kommentar ist positiv. Und natürlich, wie könnte es anders sein, wird auch fleißig darüber diskutiert, wem die 2. Stimme gehört. Viele vermuten, das sie dem mysteriösen Unbekannten gehört, um den sich seit 3 Wochen zahlreiche Mythen ranken. Es ist teilweise echt unterhaltsam, was ich alles über mich lese. Bis auf ein paar kleine Tweets, wo ich bis heute nicht verstehe, wie seine Fans an so viele Infos kommen - es sind wohl sogar Mitarbeiter des Hotels abgefangen worden, um sie auszuhorchen - war das Mädchen, dass mich auf dem Konzert gesehen hatte, bisher die heißeste Spur. Da auch sie aber weder meinen Namen kannte, noch mehr über mich wusste, als das ich da war, ist auch die ziemlich schnell im Sand verlaufen.

Weil ich weiß, dass ich sowieso nicht schlafen können werde, bevor ich mit ihm geredet habe, setze ich mich mit meiner Gitarre ans offene Fenster. Gedankenverloren klimpere ich etwas vor mich hin, bis mir irgendwann Nialls Satz, den er uns im Camp ans Herz gelegt hat, durch den Kopf geisert. "Schreibt über das, was Euch bewegt. Jeder gute Song hat eine Geschichte voller Emotionen und Hingabe. Lasst die Gedanken raus und bringt sie zu Papier."

Ohne weiter nachzudenken, greife ich nach dem Block und dem Kulli auf meinem Schreibtisch und beginne, mein Innerstes aufzuschreiben. Innerhalb von einer Stunde habe ich einen kompletten Text verfasst. Ich lasse den Stift sinken und lese mir noch ein paar Mal durch, was ich mir da zusammengekritzelt habe. Tatsächlich geht mir dazu auch schon eine Melodie durch den Kopf und eine paar weitere Stunden später habe ich meinen ersten, richtigen Song geschrieben. Ich starte eine Aufnahme auf meinem Handy, dann beginne ich zu spielen.

Is it my imagination? Is it something that I'm taking?
All the smiles that I'm faking
Everything is great
Everything is fucking great

Going out every weekend, staring at the stars or the ceiling
Doncaster friends, got to see them
Such a good time, I believe it this time

Tuesday night, glazed over eyes
Just one more pint or five - Does it even matter anyway?
We're dancing on tables, 'til I'm off my face
With all of my people, and it couldn't get better they say
We're singing "til last call, and it's all out of tune
Should be laughing, but there's something wrong and it hits me when the lights go on
Shit, maybe I miss you

Just like that and I'm sober, I'm asking myself, is it over?
Maybe I was lying when I told you
"Everything is great
Everything is fucking great"

And all of these thoughts and the feeling, doesn't matter if you don't need them
I've been checking my phone all evening
Such a good time
I believe it this time

Tuesday night, glazed over eyes
Just one more pint or five - Does it even matter anyway?
We're dancing on tables, 'til I'm off my face
With all of my people, and it couldn't get better they say
We're singing "til last call, and it's all out of tune
Should be laughing, but there's something wrong and it hits me when the lights go on

Shit, maybe I miss you.

Als ich die Aufnahme beende, sitze ich einen Moment regungslos da. Dieser Song ist genau das, was ich Harry sagen will. Ich versuche, mein Leben normal weiter zu führen, aber ohne ihn fehlt immer etwas. Ein Blick aus dem Fenster sagt mir, dass es bereits wieder hell ist. Ich sehe auf mein Handy. Es ist bereits kurz vor 7 Uhr morgens, was mich echt überrascht. Als ich zum ersten Mal seit Stunden unseren Chat öffne, ist er online. Bevor er etwas antworten kann, schreibe ich eine weitere Nachricht.

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Louis 06:57am

»Erinnerst du dich, dass du mir gesagt hast, ich darf dir gerne was vorspielen, wenn ich mal nen Song geschrieben habe

Hazza <3 06:57am

»Natürlich weiß ich das noch..:)«

Louis 06:59am

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03:03 min

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Kommentarlos schicke ich ihm die Audio, die ich gerade aufgenommen habe. Mein Herz beginnt zu rasen, als ich sehe, wie der Playbutton sich blau färbt. Die nächsten 3 Minuten sind die vermutlich längsten meines Lebens. Ziemlich genau nach diesen 3 Minuten beginnt er zu tippen, stoppt dann allerdings und geht offline. Regungslos sitze ich vor meinem Handy. Was zur...? Erschrocken werfe ich reflexartig das Handy aus der Hand, als es wenige Sekunden später zu Vibrieren beginnt. Schnell nehme ich es wieder auf, um seinen Anruf entgegen zu nehmen.

"Louis?" höre ich seine leise Stimme. "Ja?" "I miss you, too."


When I feel it coming up I just throw it all away. Get another two shots 'cause it doesn't matter anyway.

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