15 - conclave elementum / Raum der Elemente




Als ich das Haus betrat, schaute ich nur noch blöd aus der Wäsche. Ich ahnte zwar, dass es nicht dieses zerfallene Haus war, wie man von außen vermutete, ich hatte die Magie ja gesehen. Aber dass mich so etwas erwarten würde, hätte ich nicht gedacht. Von dem Betonhaus war nichts mehr zu sehen, Stein um Stein ragte das Schlösschen in die Höhe. Prachtvolle Gemälde, von normalen Menschen;- von denen die Welt nichts wusste, hingen an den Wänden. Nach jedem Bild war ein üppiger Kerzenständer an der Wand angebracht. Genug Licht, um die Gemälde genau zu betrachten, aber zu wenig um die breiten Gänge vollends zu beleuchten. Eine düstere und geheimnisvolle Atmosphäre umgab uns. Man fühlte sich in die Zeit zurückversetzt, in der die Menschen noch auf Pferden und mit ausgestreckten Schwertern kämpften. Der Jaikyn, dessen menschlichen Namen ich noch immer nicht kannte, ließ mich alles in Ruhe betrachten. Von dem Steinboden, der mit edlen Teppichen überzogen war, bis zu den gebogenen Deckenwänden, die durch Wandmalereien, eine eigene Geschichte erzählten. Ich bewunderte alles. Normalerweise würde es mich nicht interessieren, doch der Kontrast zu dem, was man sich zu sehen erwartete und dem, was ich nun hier vor mir hatte, war einfach zu groß, um es nicht staunend zu betrachten.

„Es ist wunderschön, nicht wahr?", riss mich eine Stimme aus meiner Bewunderung heraus. Erschrocken drehte ich mich um und war sofort in Angriffsposition. Der Mann, der sich vor mir befand, hob beschwichtigend die Hände. „Ich entschuldige mich, das war nicht gerade das richtige Verhalten eines Gentlemans. Nur habe ich sie vor dem Gemälde gesehen und konnte der Versuchung, sie zu erschrecken, einfach nicht wiederstehen." Mit einer tiefen Verbeugung und einem verführerischen Lächeln auf dem Gesicht stellte er sich vor. „Mein Name ist Sir Jefferson von Lichtenstein und ich bin der Besitzer dieses Schlosses." Sir Jefferson, was für ein ausgelutschter Name. Ich entspannte mich wieder, ignorierte aber seine ausgestreckte Hand. Ich konnte ihn jetzt schon nicht leiden.

„Und was sind sie?". Ich schätzte ihn ungefähr zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt. Er sah nicht übel aus, schwarze kurze Haare, ein markantes Kinn und grüne Augen. Amerikaner, aber er passte nicht ganz in mein Beuteschema.

„Gleich aufs Ganze, Miss?". Ich rollte die Augen, seine arrogante Stimme und das ganze geschwollene Händegefuchtel bei jedem Satz, zehrte an meinen Nerven. Nach einem kurzen Räuspern redete er weiter. „Nun denn, ich bin stellvertretender Anführer der Jaikyn." Nochmal eine Verbeugung. Ist der nervig. „Es tut mir leid, falls ich sie zu Tode langweile. Wenn ihnen meine Anwesenheit solch ein Unbehagen beschert, kann ich mich auch zurückziehen." Ich verstand nicht gleich, was er damit meinte, doch sobald ich den weiblichen Jaikyn in meinem Kopf hörte, ging mir ein Licht auf.

Etwas mehr Anstand wenn ich bitten darf!", erklang die rauchige Stimme der alten Frau in meinem Kopf. Ich hasste es, wenn jemand meinte mir Dinge vorschreiben zu können. Trotzig hob ich das Kinn.

„Ihr seid nicht besser, wenn du meinst, lauschen zu müssen..."

„Ich habe es dir doch schon gesagt, eure Gedanken sind..."

„Wie ein offenes Buch, ja ja, hab verstanden.", unterbrach ich sie. „Dann hört auf, mich anzusehen oder kommt mit dem klar, was ich denke." Mit verschränkten Armen bewegte ich mich ein paar Schritte weiter. Ich spürte einen leichten Windhauch durch meine Haare streichen. Als ich mich gerade umdrehen wollte, um die Quelle dessen auszumachen, traf mich schon ein Schwall Magie. Ich flog gegen die Mauer und auf ein Gemälde. Der Rahmen zerbrach unter meinem Aufprall und schepperte mit mir auf den Boden.

„Das hier ist mein Heim, ich habe angeboten dir weiterzuhelfen, dir deine Bestimmung zu offenbaren. Du hast dich hier nicht aufzuspielen. Hier bist du nicht Satans Tochter, du bist ein normales Wesen wie alle hier. Entweder du akzeptierst dies oder du verschwindest wieder!", ihre Stimme hatte sich gegen Ende hin in ein lautes Grollen verwandelt. Sie hatte leicht zu schweben begonnen. Die Tür wurde mit einem Knall geöffnet und die kühle Abendluft drang herein. Trotz des Luftzugs rührte sich keine einzige Kerzenflamme Ich hatte sie beleidigt. Eigentlich sollte es mir egal sein, ich brauchte mir von niemandem etwas sagen zu lassen. Doch ich musste an diese Informationen rankommen, keiner außer ihr war dazu bereit, mir mehr über mich selbst zu verraten. So musste ich meinem Ego Einhalt gebieten und mich ihr unterordnen. Ich stand wieder auf. Die Hände zu Fäusten geballt sah ich ihr ins Gesicht. Zwischen zusammengebissenen Zähnen sagte ich:

„Es tut mir leid. Es wird nicht wieder vorkommen." Nach nicht einmal einer Sekunde war die Tür geschlossen, der Jaikyn auf dem Boden und ihr Gesicht wieder mit dem gewohnten neutralen Blick. Jefferson war, sobald die Show losgegangen war, sofort auf ein Knie niedergesunken und hatte den Kopf tief gesenkt gehalten. Weichei. Die alte Frau sah mich noch einmal tadelnd an. Ich verdrehte die Augen, hob die Hände und drehte mich dann um. Nun erhob Jefferson sich wieder. Ich konnte einen kurzen Augenblick lang Kränkung in seinem Gesicht erkennen. Sofort war dieser Blick jedoch verschwunden, doch den, den er mir jetzt zuwarf, konnte ich nicht einordnen. Ich wusste nicht ob es Überraschung oder Verachtung war, aber das war mir jetzt auch egal. Sobald das alles vorbei war, musste ich unbedingt zu Jason gehen, um mein Ego wieder aufzubauen. Nur ein einziges anderes Mal war mein Ego in Grund und Boden getreten worden. Das erste Mal als mich mein Vater vor der gesamten Dämonengemeinschaft zusammengestaucht hatte. Danach habe ich mich auf den Weg in die Menschenwelt gemacht und mir ein paar schöne Knaben für mein Spielzimmer ausgesucht. Das hatte mein angeknacktes Ego wieder ordentlich aufgebaut. Nur konnte ich mir anschließend, bei jeder jährlichen Dämonenversammlung, ihre idiotischen Sprüche anhören.

„Nun, lass uns in den Meditationsraum gehen. Du hast ein paar Prüfungen zu bestehen." Mit ineinander verschränkten Händen schritt sie voran ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen.

„Was soll das heißen, Prüfungen?", schrie ich ihr nach. Doch sie ignorierte mich und schritt einfach weiter den langen Gang entlang. Tief seufzend folgte ich ihr. Ich merkte Jeffersons Blick in meinem Rücken, doch ich ignorierte ihn. Das war alles seine Schuld, dafür schenkte ich ihm nun keine Beachtung mehr. Wir waren ein paar Mal nach links und rechts abgebogen und waren dann drei Stufen hinuntergestiegen Die Atmosphäre war die gleiche wie im Eingang, mit Gemälden und Kerzenständern. Auf einen Menschen würde dies wohl gruselig wirken aber ich fühlte mich wohl. Nach einer gefühlten Stunde kamen wir endlich vor einer großen Holztür an. Sie war mit Sicherheit über zweieinhalb Meter hoch und zwei Meter breit, doch obenrum verlief sie spitz zu. Silberne Türknäufe, jeweils drei Metallschienen, die waagerecht die Bretter zusammenhielten und ein silberner Rahmen drumherum, der alles zusammenhielt, war das Einzige, was man auf der Tür zu sehen bekam. Doch irgendetwas an der Tür zog meine Aufmerksamkeit an. Es war eine schlichte, altertümliche Tür dessen Holz schon etwas modrig war, doch sie hatte etwas... Magisches an sich.

„Sie wurde vom ersten Jaikyn hergestellt. Er hatte sie in seiner Geistgestalt hergestellt, das Holz stammt nicht von hier. Baru, der erste Jaikyn, hatte eigens einen Baum dafür gezüchtet. Die Samen stammen von der Erde, doch wurde er auf der Geisterebene gepflanzt und zu einem großen Baum gezüchtet. So stammt er von beiden Ebenen. Kräftig, magisch und zugleich mit der Erde verbunden." Sie machte eine kurze Pause, damit ich das gerade gehörte verarbeiten konnte. Ich musste mich unbedingt mal besser über die Jaikyn informieren, das hatte ich nämlich nicht gewusst. „Dies wird deine Prüfung sein. Wenn du diejenige bist, von der ich überzeugt bin, dass du es bist, wird sich die Tür öffnen."

„Und falls ich es nicht bin? Was geschieht dann?".Ich war etwas beunruhigt, ich wollte nicht verbrutzelt oder etwas dergleichen werden.

„Dazu wird es nicht kommen."

„Das hat sich vorher aber nicht so angehört.". Ihr nachdenklicher Blick gefiel mir ganz und gar nicht. Ich machte ein paar Schritte auf die Tür zu. Nun sah ich auf den Türknäufen kleine, verschnörkelte Verzierungen und auf dem silbernen Rahmen waren alle fünf Elemente eingraviert. Feuer, Erde, Wasser, Luft und Metall. „Jaikyn?", ich wartete immer noch auf eine Antwort.

„Dazu kommen wir, falls es soweit sein sollte." Ja du hast gut reden, du musst ja schließlich nicht grade als Versuchskaninchen herhalten, schnaubte ich in Gedanken. Doch dieses Mal wurde ich wegen meiner Gedanken nicht gerügt. Das machte es nur noch schlimmer. Bei jedem Schritt, den ich auf die Tür zumachte, rumorte es in meinem Bauch immer mehr. Die Aufregung und Nervosität war mir regelrecht ins Gesicht geschrieben. Als ich dicht vor der Tür stand, spürte ich etwas. Es fühlte sich wie ein Verlangen an, Verlangen nach etwas, besser gesagt, etwas hatte nach mir Verlangen. Ich verstand es nicht ganz, kam es von dem Holz, oder aus dem Raum, der sich dahinter befand? Oder war es etwas von einem ganz anderen Ort? Das Holz stammte aus der Geisterwelt. War dort etwas, das nach mir schrie? Fasziniert von den Gefühlen, die von der Tür ausgingen, legte ich ohne weiter darüber nachzudenken, meine Hände auf beide Türknäufe und drehte sie um. Mit einem Klicken öffnete sich die Tür und schwang nach innen auf. Ich konnte erleichtertes Seufzen von den beiden Jaikyn hören. Leicht empört drehte ich mich zu ihnen um, musste aber selbst einen tiefen Atemzug nehmen. Aber sie hätten wirklich vorher irgendeinen Test machen können, der ihnen dies bestätigt. Ohne mich hier einer solchen Gefahr auszusetzen.

„Nun denn, lasst uns eintreten.", mit einer leichten Handbewegung, wies Jefferson Schnarchtüte uns an, in den Raum einzutreten. Es war alles dunkel, so konnte ich nichts erkennen und ich versuchte, meine magischen Fühler auszubreiten, aber es funktionierte nicht.

„Deine Magie kannst du hier nicht einsetzen. Dieser Raum neutralisiert jegliche Magie, die nicht die seine ist.". Ich sah den weiblichen Jaikyn entsetzt an.

„Was soll das heißen?"

„Ganz genau das, was ich gesagt habe." Sie entfernte sich, öffnete irgendetwas und kam dann wieder zu mir.

„Hier, hilf mir dabei, die Kerzen anzuzünden.", forderte sie mich auf. Die Schachtel Streichhölzer, die sie mir in die Hände gelegt hatte, ignorierte ich und drückte sie Schnarchtüte in die Hände. Ich folgte ihr, wollte eine Antwort haben. Es war mir gar nicht geheuer, meine Magie nicht einsetzen zu können. Mein ganzes Leben lang hatte ich sie immer bei mir gehabt. Ich fühlte mich nackt. Ich hatte keine Sicherheit mehr. Wenn sie wollten, konnten sie mich so leicht umbringen. Was war ich nur leichtsinnig. Was, wenn sie mich wirklich hier hergelockt hatten, um mich kalt zu machen? Bevor es jemand merken würde, wäre alles schon zu spät. Ein ungutes Gefühl schlich sich in meinen Magen. Ich machte ein paar Schritte nach hinten, ich wollte aus dem Raum flüchten. Ich würde dies sicherlich nicht zulassen. Ich werde nicht den Tod eines lächerlichen Menschen sterben! Doch der Jaikyn sah, wie ich mich auf den Ausgang zubewegte, mittlerweile hatten sie schon die Hälfte des Raumes beleuchtet. „Du brauchst keine Angst zu haben, es wird dir eine Abwechslung verschaffen, einmal nicht auf deine Kräfte zu bauen."

„Ich steh nicht so auf Abwechslung." Ich war nur noch einen Schritt entfernt, um über die Schwelle zu treten. Dieser Raum machte mir Angst. Ohne meine Magie war ich ein Niemand. Ich konnte zwar auch so gut kämpfen, jedoch war das nicht das gleiche. Ich hatte ja keine Ahnung was die hier alles verborgen. Ich glaube, der Jaikyn wusste, was mich so bedrückte, denn sie legte nun die Streichhölzer beiseite und kam langsamen Schrittes auf mich zu.

„Fiona, ich werde dir hier kein Leid antun. Niemand hier wird dir etwas antun.", ihre Worte waren sanft und vorsichtig. Sie beruhigten einen auf eine Art und Weise, die mir nicht geheuer war. „Dies ist ein Raum des Friedens, des Wiederfindens mit sich selbst. Keiner der Jaikyn würde es jemals wagen, hier Blut zu vergießen." Auch wenn ich wusste, dass Jaikyns nicht lügen konnten, fühlte ich mich immer noch ein wenig unsicher. Doch ich lockerte meine Haltung etwas, blieb zur Sicherhet jedoch immer noch im Türrahmen stehen. Die beiden Jaikyns hatten mittlerweile fast den ganzen Raum beleuchtet. Vier Kamine befanden sich in dem Raum, jeweils einer an jeder Wand. Kein Wunder bei der Größe. Doch anders als in den Gängen bestand dieser Raum komplett aus Holz. Links und rechts von den Kaminen befand sich jeweils ein Fenster. In den vier Ecken des Raumes stand jeweils ein Wasserspender. Bei näherem Betrachten sah ich, dass die Kerzenständer aus Metall bestanden. Somit befanden sich alle Elemente, auch in dem Raum. Das Holz stand für Erde, die Kamine für das Feuer, die Fenster für die Luft, die Wasserspender für das Wasser und die Kerzenständer für das Metall. Erst jetzt bemerkte ich, dass der Raum vor Magie nur so strotzte. Dies ließ mich etwas besser fühlen. Ich machte ein paar Schritte weiter in den Raum hinein, wollte den Kamin an meiner rechten näher betrachten, doch sobald ich weit genug von der Tür entfernt war, schloss sie sich eigenhändig. Gänsehaut schlich sich meinen Rücken empor und ließ mich kurz innehalten. Dieser Raum war eigenartig. Ich hoffte wirklich, dies so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Nun blieb mir nichts weiteres übrig, als zu den beiden Jaikyn zu gehen. Die hatten es sich übrigens bereits auf dem Boden gemütlich gemacht.

„Gibt es hier auch alternative Sitzmöglichkeiten oder muss ich mich auf den magischen Boden setzen?", meine Stimme war etwas schnippischer als beabsichtigt, aber ich hatte wirklich schon genug mitgemacht in diesem Schloss. Ich wollte nicht auch noch auf dem Boden sitzen müssen.

„Es tut mir leid Fiona, falls dies nicht deinem Standard entspricht, aber für den weiteren Prozess wirst du dich auf den Boden setzen müssen. Es ist wichtig mit allen Elementen verbunden zu sein. Sonst können wir uns nicht entsprechend verbinden." Sie hielt mir ihre, vom Alter gezeichnete Hand, entgegen. Ich lehnte ab und setzte mich selbst im Schneidersitz auf den Boden.

„Ich habe eine Abneigung gegen Körperkontakt, außer natürlich intimer Natur.", sie sah mich tadelnd an. „Ja, ja, schon gut. Nicht passend." Sie hielt mir immer noch ihre Hand entgegen. Fragend sah ich sie an.

„Es wäre von Vorteil, wenn wir miteinander verbunden sind. So kann die Energie besser fließen." Demonstrierend hielt sie ihre Hand, die sie mit Schnarchnase verschränkt hatte, in die Höhe. Schnaubend nahm ich ihre in die meine. Als ich jedoch meine Finger immer noch nicht mit den ihren verschränkt hatte, sah sie mich nochmals tadelnd an.

„Schon gut, schon gut. Ich mach ja schon."

„Ach, eines noch. Es wäre von Vorteil, die Verbindung nicht zu unterbrechen, bis wir nicht endgültig wieder von unserer Reise zurückgekehrt sind. Es könnte deinen Verstand zu Brei verarbeiten.", sie schloss die Augen und gab mir nun keine Beachtung mehr. Wie konnte sie so etwas sagen und dann seelenruhig dasitzen. Ich versuchte die Unruhe in mir zu ignorieren und klammerte mich einfach fester an ihre Hände. So saßen wir, im Schneidersitz und mit verschränkten Händen, mitten auf dem Boden im Kreis. Ich starrte die beiden an und wartete. Wartete, in der Hoffnung, einer würde mir mal sagen, was ich tun sollte. Doch sie sagten nichts mehr. Saßen reglos wie Statuen da. Die Zeit verging und keiner rührte sich. Mein Hintern tat schon unangenehm weh und fing an, taub zu werden. Mein Blick schweifte immer mal wieder zu meiner Umgebung ab. Die Kamine, die Fenster, die beiden vor mir. Manchmal in abwechselnder Reihenfolge. Es herrschte eine endlose Ruhe in dem Raum, sodass ich sie nicht zu brechen wagte. Nach einer Ewigkeit entschloss ich mich dazu, meine Augen ebenfalls zu schließen. Vielleicht seh ich ja auch etwas Interessantes. Einen tiefen Seufzer nehmend, entspannte ich mich. Und dann kam es über mich. Wie ein Orkan überfluteten mich die Gefühle. Nur am Rande nahm ich wahr, wie sich das Feuer in den Kaminen anzündete. Eine Leidenschaft erfüllte mein Innerstes. Die Fenster öffneten sich mit einem Schlag und ließen frische Luft in den Raum hereinwehen. Freiheit mischte sich mit der bereits aufbrausenden Leidenschaft in mir. Die Luft wirbelte umher und ein Geruch nach Wald und Erde erfüllte den Raum. Die Holzdielen waren nicht länger existent, an deren Platz befand sich nun frische Erde. Ich musste an Jak denken, ein kleines Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Ein Gefühl der Bodenständigkeit erfüllte mich. Noch nie hatte ich mich dermaßen mit der Welt verbunden gefühlt. Plätscherndes Wasser verriet, dass die Wasserspender sich eingeschaltet hatten. Eigentlich müsste ich ein klein wenig Angst haben, der Raum war magisch und somit das Wasser auch, es könnte mich zerstören. Doch für Angst war kein Platz, denn ich fühlte mich rein. Ich hatte keine Ahnung, weshalb ich wusste, wie ich mich fühlte. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich auch nur annähernd so gefühlt. Aber es war, als gäbe es etwas tief in mir, für das es eine Sache der Selbstverständlichkeit war, dies zu kennen. Meine Augen öffneten sich und die beiden Jaikyn sahen mich an. Ich sah mir das Spektakel an, das sich um uns herum abspielte. Von den Kaminen ging ein rot-oranges Licht aus. Der Lichtstrahl führte geradewegs zu uns, wie ein dickes Band bildete er einen Kreis um uns herum. Genauso war es auch bei den anderen drei Elementen. Vom Boden aus strahlte ein braun-goldener Lichtstrahl, der ebenfalls einen Kreis um uns, direkt unter dem roten, bildete. Von den Wasserspendern führte ein blauer Strahl zu uns, der bildete einen Kreis, über dem roten Strahl. Und dann war da noch der Lichtstrahl, der von den Fenstern ausging. Man konnte ihn fast nicht sehen, aber ein leichter hellblauer Strahl führte zu uns und schloss den Lichtball über uns zusammen. Es war ein herrlicher Anblick. Dann fiel mein Blick auf die Kerzenständer. Das Metall war das einzige, das sich noch nicht aktiviert hatte. Es schien, als hätte es nur darauf gewartet, dass ich es ansah. Sobald mein Blick sich auf einen der Kerzenständer gelegt hatte, gingen die Kerzen aus und das Metall fing zu glühen an. Ich konnte mitverfolgen, wie sich der graue Strahl langsam auf uns zubewegte und uns gänzlich umhüllte. Sobald wir komplett eingehüllt waren, fühlte ich mich... erwachsen. Ich fühlte mich eeif. All diese Gefühle in mir, wie hatte ich nur ohne sie leben können? Nun fühlte ich mich vollkommen, aber doch nicht ganz. Irgendetwas fehlte immer noch. Nur wusste ich nicht, was.

„Du hast die nächste Prüfung bestanden und wurdest somit belohnt. Alle Elemente haben sich in dir verbunden. Nun darfst du fühlen. Einem Dämon kommt dieses Privileg normalerweise nicht zu. Nun wurde es dir gewährt." Die Stimme hallte im Raum umher. Ich verstand nicht von wem sie ausging. Es schien, als würde der Raum selbst zu sprechen.

„Ich kann mich an keine Prüfung erinnern.", flüsterte ich, an den weiblichen Jaikyn gewandt. Doch es war nicht sie, die mir antwortete.

„Du hast Vertrauen gezeigt, als es verlangt wurde und dich in Geduld geübt, hast nicht deine herrische Seite an die Oberfläche gelassen, sondern ruhig abgewartet und dir deine Umgebung angesehen.", weich und zärtlich schwebte die Stimme im ganzen Raum umher. Als ich genauer darüber nachdachte, war ich selbst erstaunt darüber. Es lag nicht in meiner Natur zu Vertrauen oder Geduld zu üben. Aber etwas an dem Raum schien mich zu berühren. Noch dazu hatte er mich zu sehr eingeschüchtert, als dass ich es gewagt hätte, etwas anderes zu tun, als abzuwarten. Neugierig wartete ich ab. Als nichts mehr kam, sah ich den Jaikyn an. Sie hatte mich die ganze Zeit beobachtet, hatte gewartet bis ich meine Aufmerksamkeit auf sie lenkte.

„Nun musst du in dich fühlen, du musst deine Mitte finden. Nur so kann ich dir zeigen, was ich selbst gesehen habe." Leise sprach sie zu mir. Keiner wagte es, in dieser mit Magie aufgeladenen Atmosphäre, die Stimme mehr zu heben als ein Flüstern. Ich verstand zwar nicht, wieso sie mir nicht einfach das sagen konnte, was ich wissen wollte, aber ich hatte nun schon dies alles über mich ergehen lassen, ich musste nicht erneut alles in Frage stellen. Zufrieden über meine fehlende Rebellion, nickte sie mir grinsend zu. Erneut schlossen beide die Augen, ich tat es ihnen nach. Nun war es an mir, zu mir zu finden. Das war schwieriger als es sich anhörte. Ich versuchte einfach dasselbe zu machen, als würde ich mich mit Jak verbinden. Letztendlich war es dasselbe Prinzip. Ich wusste, er war da, doch ich kam nicht wirklich an ihn heran. Kurz überkam mich Panik, doch ich erinnerte mich gleich wieder daran, dass ich hier keine Magie besaß. Dieses auf und ab der Gefühle würde mich noch umbringen. Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, konzentrierte ich mich weiter. Ich drang tiefer und tiefer in mein Innerstes. Ich versuchte etwas zu sehen, fühlen oder spüren, was mir weiterhelfen konnte. Ich wusste ja nicht einmal, wonach ich suchte. Meine Mitte sollte ich finden, hatte sie gesagt. Wo war meine Mitte? Wann war ich angekommen? Ratlos suchte ich umher, versuchte krampfhaft danach Ausschau zu halten, doch es war einfach zwecklos. Ich hatte keine Ahnung, was ich noch tun konnte. Die Zeit verging und mit jeder Minute wurde ich hibbeliger. Ich wusste genau, das musste ich alleine herausfinden, der Jaikyn würde mir nicht helfen. Ich überlegte, wie würden sich Menschen verhalten? Ich hatte schon oft gesehen, dass die solche Sachen öfters machten. Doch die mussten sich nie so anstrengen, waren immer entspannt. Vielleicht war es das. Ich war zu sehr darauf aus, etwas zu sehen. Vielleicht musste ich einfach ruhig bleiben und warten, dass meine Mitte mich fand. So entspannte ich mich erneut und öffnete mich, die Tatsache ignorierend, dass ich jetzt jedem Angriff ausgesetzt war. Langsam fühlte ich mich besser, Hektik und Anspannung waren verflogen. Ruhig saß ich da und genoss die Stille. Keine Ahnung wie lange ich da gesessen und den Frieden genossen habe, der uns umgab. Nach einer Weile sah ich den weiblichen Jaikyn vor mir. Strahlend lächelte sie mich, mit einem Stolz in den Augen an. Ich erwiderte das Lächeln, ich war selbst Stolz auf mich. Uns umgab helles Licht, es fühlte sich so warm und geborgen an.

„Du hast es geschafft. Nun komm zu mir, ich werde dir zeigen, was ich sehen durfte.", mit ausgestreckten Händen wartete sie, bis ich bei ihr war. Sobald ich nah genug an sie herangetreten war, legte sie ihre Hände auf meine Schläfen. „Nun schließ die Augen, mein Kind." Ich tat wie mir befohlen. Es störte mich nicht mehr wie sie mich nannte oder was sie tat. Ich fühlte mich gut! Das hatte ich nur ihr zu verdanken.

Zuerst konnte ich nicht erkennen um was es sich handelte. Doch nach und nach wurde es immer deutlicher. Es sah aus wie eine Versammlung. Ich sah mehrere Gestalten. Sie schienen aber alle von diverser Herkunft zu sein. Es waren nicht viele, ungefähr sechs oder sieben Wesen. Doch da war noch etwas, eine weitere Gestalt, anders als alles, was ich bisher gesehen habe. Von dieser ging eine Kraft aus mit der es keiner aufnehmen konnte, den ich kannte. Weder mein Vater, noch Gott. Doch was konnte das sein? Ich hatte noch nie von jemandem gehört, der in der Rangordnung höher als die beiden war. Ich konnte es nicht sehen. Ich sah nur einen grauen Schatten Irgendwie kam er mir bekannt vor, doch ich konnte mich nicht erinnern, jemals ein solches Wesen gesehen zu haben. Als es dann anfing zu sprechen, kam es mir nochmals mehr bekannt vor. Es hatte solch eine eigenartige Stimme, teils weiblich, teils männlich, teils animalisch, noch nie zuvor gehört. Aber irgendwoher musste ich sie doch kennen. Ich versuchte nicht mehr darüber nachzudenken, sondern konzentrierte mich auf das, was sie sagte.

„Nach langer Zeit habe ich euch nun wieder herbeigerufen. Die Zukunft steht auf wackeligen Beinen. Eine Botschaft gebe ich euch mitgebracht, die...", es hielt mitten im Satz inne und sah mich an, sah mir direkt in die Augen, jedenfalls fühlte es sich so an. Schwebend kam es auf mich zu. Kurz musterte es mich. Es schien sogar den Kopf, oder bessergesagt die Rauchwolke, die ihm als Kopf diente, schief auf die Seite zu legen.

„Du hast nicht das Recht dazu, dies weiterzugeben. Ich habe euch allen schon damals mitgeteilt, dass man die Zukunft nicht beeinflussen darf." Die Stimme war eindringlich, bedrohlich und doch gleichzeitig ruhig und gelassen. Ich verstand nicht, was sie da zu mir sagte, wusste nicht ob dies Teil der Vision war, die mir der Jaikyn zeigen wollte. Doch ich wüsste nicht, wie so etwas möglich wäre. Man kann nicht den Ablauf einer Vision ändern, jedenfalls niemand außer der Person, die einem diese mitteilte. Dann musste sich das wohl so abgespielt haben. „Nein, Fiona, diese Worte hatte ich an den Jaikyn gerichtet. Nun spreche ich zu dir. Diese Worte, die vor Ewigkeiten gesprochen wurden, sind nicht für deine Ohren bestimmt. Der Jaikyn hatte nicht die Erlaubnis, dich darüber zu informieren. Die Zeit wird kommen, in der du alles, was dich betrifft, erfahren wirst. Nun geh wieder an deinen Platz und führe dein Leben fort. Deine Zeit wird noch kommen, wie ich dir schon einmal gesagt habe. Du wirst noch Großes vollbringen. Doch bis dahin vergehen noch viele Monde." Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Verwirrt sah ich es an. Noch bevor ich überhaupt alles verarbeiten konnte, was es gesagt hatte, wurde ich mit ungeheuerlicher Geschwindigkeit wieder in den Raum zurückversetzt, sodass mir schwindelig wurde. Alles, jegliche Gefühle, die ich vorher empfunden hatte, waren weg. Der Raum schien ausgelaugt und leer. All die Magie war verschwunden und in mir herrschte nur noch Leere. Als hätte sie sich verbrannt, ließ die Frau meine Hand los und kauerte sich in einer Ecke des Raumes zusammen. Verdutzt starrte ich sie an und versuchte zu verstehen, was gerade geschehen war. Die Stimme dieses Wesens hallte noch lange in meinem Kopf nach.

„Du wirst noch Großes vollbringen."



Hi alle zusammen. Da binn ich wieder! :) Ich hoffe es hat euch gefallen.

Wie findet ihr eigentlich den Jaikyn? Also ich finde sie total Sympathisch, überhaupt weil sie Fiona mal ein bisschen in die Schranken weist hihi

Ok, das wars auch schon von mir.

Lg und schönes Wochenende!

Eure Fantasy_Love92

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top